Der Leuchter-Report: Auschwitz-Lüge und Leugnung des Holocaust V

[Im Auftrag von Zündel und Faurisson] reiste Leuchter in Begleitung seiner Frau, eines von Zündel engagierten Kameramanns, eines Konstruktionszeichners und eines Dolmetschers für eine Woche nach Polen. Die Gruppe besichtigte Auschwitz, Birkenau und Majdanek. In Anbetracht der Tatsache, dass Zündel Leuchter ungefähr 35.000 Dollar an Reisekosten erstattete, [28] Man fragt man sich unwillkürlich, wie wohl die Reaktion ausgefallen wäre, wenn Leuchter bei seiner Rückkehr die Realität der Gaskammern bestätigt hätte. Leuchters Präferenzen verrieten sich allerdings sogleich durch seine Bemerkung, Zündel und Faurisson seien offizielle Mitglieder der Gruppe, deren Geist "bei jeder Etappe" über ihnen schwebte, obwohl sie an der Exkursion nicht teilnahmen.[29]

Das Team brachte drei Tage in Auschwitz-Birkenau und einen in Majdanek damit zu, heimlich und verbotenermassen in mehreren Gebäuden, unter anderen solchen, in denen aller Erkenntnis nach das systematische Morden stattfand, von Leuchter so bezeichnete "forensische Proben" - Ziegelsteine und Zement - einzusammeln. Nach seiner Rückkehr liess Leuchter die Proben in Massachusetts chemisch untersuchen. [Dem Labor hatte er mitgeteilt, es handele sich um Beweismaterial für einen Prozess, bei dem ein Arbeiter auf Entschädigung geklagt hatte.]

Leuchter gelangte zu dem Schluss, an keinem der besuchten Orte sei es je zu tödlichen Vergasungen gekommen. Er nahm für sich ein "Fachwissen" über die Konstruktionskriterien für die Inbetriebnahme von Gaskammern in Anspruch: Seine Resultate beruhten sowohl auf diesem "Fachwissen" wie auch auf persönlicher Anschauung in den ehemaligen Gaskammern sowie der Begutachtung von "Originalskizzen und -bauzeichnungen für einige der Vorrichtungen". letztere, versicherte er, seien ihm von Vertretern des Auschwitz-Museums übergeben worden. [30]

Leuchter gemäss liessen Entwürfe und Bauweise der Anlagen es als unmöglich erscheinen, dass sie als Exekutionsstätten fungieren konnten. [31] Unter Berücksichtigung und Grösse und zeitlicher Ka- pazität der vermeintlichen Todeskammern in Auschwitz und Majdanek hätte es überdies - so Leuchters nächstes Argument - achtundsechzig Jahre gedauert, um die "angebliche Zahl von sechs Millionen Menschen" hinzurichten. [32] [Eine für die Verwirrungstaktiken der Holocaust-Leugner typische Aussage: Niemand behauptet, in den Gaskammern von Auschwitz oder Majdanek seien sechs Millionen Menschen ermordet. Millionen starben durch die Einsatzgruppen oder in anderen Todeslagern.]

Die Holocaust-Leugner betrachteten Leuchters Auftritt während der Verhandlung gegen Zündel als "historisches Ereignis". Faurisson liess sich lang und breit ddarüber aus, inwiefern er das Ende des "Gaskammer-Mythos" markiere. [33] Alle wurden von Gefühlen überwältigt, als Leuchter den "Schleier üer dem unermesslichen Betrug" entzweiriss. Seine eigenen Empfindungen beschrieb Faurisson als Mischung aus "Erleichterung und Melancholie: Erleichterung, weil eine von mir seit Jahren verfochtene these endlich restlos bestätigt wurde, und Melancholie, weil es ursprünglich meine Idee gewesen war". [34] Die Gerichtsakten indessen offenbaren etwas ganz anderes. Falls irgendein Schleier zerissen wurde, dann der, welcher Leuchters Kompetenz verhüllte. Im Zeugenstand wurde Leuchter als "Experte" blossgestellt, dessen technische Ausbildung mehr als unerwünscht war; er hatte gar nicht fundiert zu derlei Ergebnissen gelangenkönnen. Der Richter verspottete einzelne Schritte seines analytischen Vorgehens als "grobe Spekulationen"; Leuchters Ansichten besässen keine nennenswertere Gültigkeit als die eines Normaltouristen und seien zu vernachlässigen. [35]

Vielleicht wurzelte Faurissons Erleichterung auch in seiner konkreten Ahnung, dass der Leuchter-Report trotz der Erkenntnisse über Leuchters dubiosen Werdegang und sein verworrenes historisch-wissenschaftliches Vorgehen eine Eigendynamik entwickeln würde, darin den "Protokollen der Weisen von Zion" [1] ähnlich, deren Unechtheit mehrfach demonstriert worden ist. Als das ursprüngliche Werk Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich erschien, tauchten nicht einmal Juden darin auf. Es wurde erst zu Beginn dieses Jahrhunderts neu geschrieben, mit Juden als Hauptschuldigen. Diese mühelos dokumentierbare Information hat nicht verhindert, dass Menschen auf der ganzen Welt die "Protokolle" blindlings als authentischen Nachweis für die schändliche Absicht des "internationalen Judentums" betrachten, die Erde zu beherrschen. Entsprechend mag Faurisson realisiert haben, dass Leuchters "Forschungsbericht" zur Plausibilität der Holocaust-Leugnung beitragen würde, obwohl er nachgewiesenermassen auf völlig abwegigen wissenschaftlichen Methoden basierte.

In Abwesenheit der Geschworenen machte sich das Gericht daran, über Leuchters Qualifikation als Fachmann im Zeugenstand zu urteilen. Als ein Anklagevertreter ihn nach seiner Ausbildung in puncto Mathematik, Chemie, Physik und Toxikologie befragte, gab Leuchter zu, lediglich über "Grundkenntnisse" der Chemie zu verfügen, "auf dem Niveau eines College-Studenten". In Physik hatte er ebenfalls gerade zwei Seminare absolviert, und zwar im Zuge eines geistes-, nicht eines naturwissenschaftlichen Studiums an der "Boston University", das er mit dem "Bachelor of Arts" abschloss. Er gestand ein, weder Toxikologe noch Ingenieur zu sein, meinte allerdings ungeniert, das sei auch gar nicht nötig. [36]. die ungnädige Replik des Richters hierauf lautete:

Das Gericht: Wie können Sie als Ingenieur arbeiten und auftreten, wenn Sie keinen Abschluss als Ingenieur haben?
Der Zeuge: Euer Ehren, ich würde gerne hinterfragen, was ein Ingenieurabschluss ist. Ich habe einen "Bachelor of Arts" und die erforderliche Grundausbildung sowohl vom College als auch von der Praxis her, um als Ingenieur arbeiten zu können.
Das Gericht: Wer befindet darüber? Sie? [37]

Richter Ronald Thomas machte während des gesamten Prozesses keinen Hehl aus seinem Missfallen: sowohhl an Leuchters mangelhafter Befähigung als auch an dessen despektierlicher Haltung, die Notwendigkeit einer qualifizierten Ausbildung abzustreiten. Am schärfsten rügte der Richter Leuchters wiederholte Beteuerung, jeder College-Absolvent verfüge über genügend "Mathematik und Naturwissenschaft", um die Aufgaben eines Elektroingenieurs zu erfüllen und die Tests nachzuvollziehen, die er in Auschwitz durchgeführt hatte. [38] Der Richter verfügte, Leuchter dürfe nicht als Experte über Konstruktion und Betrieb der Gaskammern in den Zeugenstand treten. die Meinung des Richters über Leuchters Eignung als technischer Sachverständiger fiel mehr als unmissverständlich aus:

Das Gericht: Ich werde ihn nicht darüber reden lassen, was in einem Ziegel, in Eisen, in usw. ist - auf diesem Feld verfügt er über keinerlei fundierte Kenntnisse. Er ist Ingenieur, weil er sich höchstpersönlich zu einem Ingenieur erklärt hat. und zwar auf einem äusserst begrenztem Gebiet [39]

Das Gericht wusste nicht, dass Leuchter, der seinen "Bachelor of Arts" unter Eid zu Protokoll gegeben hatte, hinsichtlich seines Studiums nicht aufrichtig war. Er liess dem Gericht gegenüber durchblicken, ein Ingenieur-Diplom habe er deswegen nicht erwerben können, weil die "Boston University" im Zeitraum seiner immatrikulation kein solches Diplom anbot. Das stimmte allerdings nicht, es gab sogar drei entsprechende Studiengänge. [40] Zu einem späteren Zeitpunkt der Verhandlung, nachdem die Jury in den Gerichtssaal zurückgekehrt war, überspielten Zündels Anwalt und Leuchter die Dürftigkeit seiner Ausbildung:

Frage: Sie haben also einen "Bachelor of Arts" an der "Boston University", und zwar auf einem Fachgebiet, das sie berechtigt, als Ingenieur zu arbeiten. Ist das korrekt?
Antwort: Ja. [41]
Bei dem Fachgebiet handelte es sich um Geschichtswissenschaft.

In Zusammenhang mit seiner methodischen Vorgehensweise war Leuchter ebenfalls nicht gerade offen. Mehrmals versicherte er, den "Grossteil" seines Untersuchungsmaterials aus den Lagern, unter anderem Karten, Grundrisse und "Original-Blaupausen" der Krematorien, habe er aus den offiziellen Archiven in Auschwitz-Birkenau und Majdanek erhalten. Er sagte aus, dass diese Zeichnungen und Entwürfe bei der Genese seiner Schlussfolgerungen eine wesentlich bedeutendere Rolle gespielt hatten als die Gesteinsproben, die er in den Lagern sammelte. [42] Nach dem Prozess betonte der Direktor des Auschwitz-Museums, Kazimierz Smolen, ausdrücklich, dass Leuchter seitens des Museums niemals Pläne oder Skizzen zur Verfügung gestellt worden waren. [43] Möglicherweise hatte er sich Touristenbroschüren beschafft, wie sie in den offiziellen Lagersouvenirläden verkauft werden. [Vermutlich handelt es sich um dasselbe Material, welches Tausende von Besuchern, unter anderem ich selbst, anlässlich einer Besichtigung der Gedenkstätte erworben haben.]

Abgesehen von der Frage, wer ihm die Dokumente überliess, erwähnte Leuchter, er "habe keine Veranlassung gesehen", den Verwaltungsbüros der Gedenkstätte mitzuteilen, dass er seine Erkundungen einzog, um Unterlagen für eine wissenschaftliche Analyse bzw. ein Gerichtsverfahren zusammenzutragen. [44[ Die Antworten, die man vom Personal einer Gedenkstätte oder eines Museums erhält, können inhaltlich beträchtlich differieren, das weiss jeder Besucher von stark frequentierten Touristen-Attraktionen, wie Auschwitz-Birkenau es mittler- weile geworden sind ]es bleibt dahingestellt, ob das gut oder schlecht ist]. Wenn die Leute davon ausgehen, dass es sich bei ihrem Gegenüber um jemanden handelt, der sich von Berufs wegen mit dem Ort auskennt, tendieren sie in der Regel zu grösserer Präzision. Im übrigen hielt Leuchter es auch nicht für nötig, sich seine Übertretung der polnischen Gesetze gegen die Verunstaltung nationaler Monumente und Denkmäler genehmigen zu lassen. [45]

Die Ungeduld des Richters stieg sichtlich, während Passagen aus dem Leuchter-Report zitiert wurden. Er bezeichnete Leuchters Methoden als "lächerlich" und "absurd". [46] Der Richter ordnete an, "den Bericht nicht zu den Akten zu nehmen", und verwarf viele der darin enthaltenen Ergebnisse als irrelevant, weil sie auf "Informationen aus zweiter Hand" beruhten. Er verweigerte Leuchter die Erlaubnis, über die Wirkung von Zyklon-B auf Menschen zu referieren, da er weder Toxikologe noch Chemiker sei und keine Erfahrung mit dem Gas besitze. [47] Immer wieder befasste sich der Richter mit Leuchters Befähigung und Glaubwürdigkeit: "Seine in dieser Abhandlung formulierte Ansicht lautet dahingehend, dass in dieser Anlage keine Vergasungen bzw. irgendwelche Tötungen stattfanden. In meinen Augen ist er nach allem, was mir vorgetragen wurden, mitnichten qualifiziert, ein solches Urteil zu fällen- ... Er befindet sich nicht in der Position, entscheiden zu können - wie er es in seinem Bericht so unbekümmert tut -, was in jenen Räumlichkeiten nicht vor sich gegangen ist." [48]

Bezüglich der Krematorien und ihrer Betriebsabläufe blieb der Richter unerbittlich, obwohl der Verteidiger Einspruch erhob. Auch hierzu durfte Leuchter aus einem ganz simlen Grund nicht aussagen: "Er ist nicht kompetent." [49]

Hätte der Richter geahnt, dass Leuchter das Ausmass seiner Kenntnisse über denn Umgang mit Cyanwasserstoffsäure [Blausäure] ebenfalls beschönigte, wäre er wahrscheinlich noch erzürnter gewesen. Leuchter erzählte dem Gericht, er habe sich in der Angelegenheit mit Du Pont, dem Hauptfabrikanten von Blausäure und Natriumzyanid in den USA, in Verbindung gesetzt; die Konsultationen mit der Firma "dauern an". Wieder einmal entfernte sich Leuchter von der Wahrheit. Es sei ihm zugestanden, dass er sich die von Du Pont publizierten Gebrauchshinweise über die vorschriftsmässige Verwendung von Cyanwasserstoff oder andere der unzähligen chemischen Substanzen besorgt haben mag, welche das Unternehmen herstellt. In jedem Fall bestritt Du Pont Leuchters Behauptung, sie stünden mit ihm in ständiger Verbindung und hätten ihn beraten; des weiteren gab die Firmenleitung bekannt, man habe "niemals Auskünfte über Cyanide an Personen weitergeleitet, die sich als Holocaust-Leugner vorstellten, auch an Fred Leuchter nicht. Insbesondere hat Du Pont niemals Informationen über die Verwendung von Cyanidgasen in Auschwitz, Birkenau oder Majdanek gegeben." [50]

Zweifel meldete das Gericht unterdessen nicht nur an Leuchters technischem Sachverstand an. Der Richter äusserte ausserdem ernsthafte Bedenken betreffs Leuchters historischer Kenntnisse, die - wie sich während der Verhandlung herausstellte - überschaubar und häufig unzutreffend waren. Mit einer Vielzahl der Dokumente zur Installation und Konstruktion der Gaskammern und Krematorien war Leuchter in der Tat nicht vertraut. Von einem im Juni 1943 vorgelegten Report des Auschwitzer Bauleiters, Mitglied der Waffen-SS, über die fertigstellung der Krematorien hatte er beispielsweise nie zuvor gehört. Der Bericht erläutert, dass in den fünf Krematorien innerhalb von 24 Stunden insgesamt 4756 Leichen verbrannt werden konnten. [51] Leuchter hatte erklärt, die Krematorien besässen für denselben Zeitraum eine Kapazität von 156 Personen. [52] Selbst wenn die Kalkulation der SS zu "optimistisch" gewesen sein sollte, wirkt der Unterschied zwischen ihrer und Leuchters Zahl geradezu schwindelerregend. Leuchter musste obendrein zugeben, dass er nichts von der Existenz der Korrespondenz und Dokumente wusste, welche die leistungsfähigen Ventilatoren behandeln, die in den Gaskammern angebracht wurden, um die Gasrückstände zu zerstreuen.

Nachdem er diese und andere Eingeständnisse Leuchters vernommen hatte, artikulierte Richter Thomas seine Bestürzung darüber, dass Leuchter, obwohl er die Geschichte der Gaskammern nur "nebenbei" kannte, derartig schwerwiegende Urteile gefällt hatte. Es sei eine Unverschämtheit zu behaupten, dass er mehr als nur flüchtig Bescheid wisse, verkündete der Richter. [53]