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Außerdem habe ich fast eine Flasche Wein getrunken, weil mir gerade keine besseren Drogen einfielen. Insofern bin ich heiter (!?) gestimmt oder so ähnlich. Es ist so: Eigentlich bin ich ein berufsmäßiger Zyniker, wenn ich ehrlich bin, und halte nicht viel von meinem Mitmenschen und den zumeist niedrigen, gar niedrigsten Motiven ihres Tuns. Das bewahrt einen vor Illusionen, wenn man gerade Revolutionen anzettelt oder dazu aufruft, die real existierende Obrigkeit zu stürzen oder dem Guten zum Durchbruch zu verhelfen oder einfach nur den Roten Hahn auf die Pfaffen- und Klosterdächer zu setzen.
Eine Momentaufnahme: Ich höre gerade eine Musik (danke, unserer Nutzerin Natalie aus Tiflis, Georgien!), die mich zum Weinen bringt. Das passiert mir selten, aber die Melodie greift mir ans Herz. Vielleicht habe ich aber nur die slawische Seele meines Opas geerbt, der, obzwar in Polen geboren, sich aber als Russe fühle, weil an der Wolga großgeworden. Ha: Dieser Satzrhythmus! Das ist der Stil eines meiner Lieblingschriftstellers, Stefan Heym. Hoffe ich jedenfalls.
Es gibt keine flüssigere Schreibe als die Mischung aus amerikanischem Pragmatismus und deutschem Tiefsinn. Ich lese seit ein paar Tagen zum x-ten mal "Nachruf", die Autobiografie Heyms. Welch ein Leben, welche ein Epos, welch ein Jahrhundertwerk! Da lasse ich mich gar nicht beirren. Ein Buch für die Insel, besser als drei Dutzend Geschichtsbücher. Irgendwie kann ich kaum jemanden politisch ernst nehmen, der das nicht gelesen hat. Jawohl.
Der Freitag hat es kurz zusammengefasst: "Stefan Heym musste das 20. Jahrhundert in vielen Staaten erleben und erleiden und wurde so zu seinem deutschen Kronzeugen. Sein schicksalhaftes und heftig bewegtes Leben verbitterte ihn nicht, sondern weckte den Kämpfer in ihm. Er machte lebenslang keine Kompromisse bei dem, was ihm wichtig und unaufgebbar war, aber er verlor darüber nie seinen Humor. Bis ins hohe Alter, bis zu seinem Tod war er so glücklich, arbeiten zu können und produktiv zu sein. Seine Romane und Erzählungen bleiben uns und werden bleiben. Er ließ sich niemals den Schneid abkaufen. Nicht durch Zwang und nicht durch Schmeichelei ließ er sich von dem abbringen, was er als Recht erkannt und als gerecht anerkannt hatte. Er war stets bereit sich einzumischen, unbeeindruckt von dem Gekläff gelegentlich sehr hoher Kläffer. Zum Ende machte ihm das Gehen gelegentlich Schwierigkeiten und er lief gekrümmt, doch ich habe nie einen Mann mit einem aufrechteren Gang erlebt."
Jedes Wort wahr! Ich habe ihn einmal persönlich erlebt, in Hamburg bei einer Lesung, und mir eines seiner Bücher signieren lassen. Heym war sicher ein schwieriger Mensch und eitel, wie alle Schriftsteller, aber das zählt nicht. Heym ist jemand, der zu den wenigen literarischen Vorbildern zählt, die ich habe, allein schon wegen der Sprache, die ich uneingeschränkt bewundere. Und wegen der Haltung, die zitierten Kläffer am Wegesrand, die Sesselpupser, die kleinkarierten deutschen Krämer- und Beamtenseelen, die Blockwarte, Mitgliederbetreuer und Jugendschutzwarte, die Bürokraten und Untertanen, die Feiglinge und Kleingeister, die sich an ihre Pöstchen und Sessel klammern und die das Deutsche an sich verkörpern, aus tiefster Seele zu verachten und zu verabscbeuen und ihnen eines reinzuwürgen, wo es eben geht.
Ach ja. Die Musik Giuli Chokhonelidzes ist das, was das germanische Vorurteil als "slawisch" ansieht. Ich kann das nicht gut beschreiben. Vielleicht ein Zitat aus "Nachruf" gefällig? Stefan Heym ist amerikanischer Offizier und besucht, noch vor Kriegsende, seine Heimatstadt Chemnitz, die schon von Russen besetzt worden ist.
"Im zweiten Stock sitzt da einer, der Deutsch spricht und sich anhört, was der amerikanische Sergeant ihm zu sagen hat; wie er aus Chemnitz fortging und was ihn zwang, fortzugehen, und wie er nach Amerika kam, und wieder zurück nach Deutschland mit der Armee, und das mit dem Grab seines Vaters, das nicht auffindbar war, und über den Herrn Ballerstedt vom Chemnitzer Tagblatt. Und der russische Kapitän, Gott weiß, was er im Zivilleben war und welche Funktion er jetzt hat in seiner Armee, beginnt zu verstehen. Es leuchtet etwas auf in seinen Augen, und er hebt seine breite, arbeitsgewohnte Hand und fragt: "Dieser Ballerstedt - Faschist?" Und da der Sergeant S.H. ihm bestätig, "Faschist!", krümmen die Finger der Hand sich, als griffe er bereits zu, und er nickt, "Charascho", und fügt, damit dem Amerikaner nur ja alles klar sei, hinzu, "Okey!"
Vermutlich muss man eine slawische Seele haben, um zu verstehen, warum diese Zeilen mich genauso rühren wie die Musik Chokhonelidzes, die ich gerade im Kopfhörer habe. Jetzt müsste ich nur noch ein Bild eines der wichtigsten Malers aller Zeiten - neben Bosch natürlich - vor mir haben: Gestalten, die nicht ganz in ihre Zeit passen, weil sie einzigartig sind. Aber dann würde ich ganz in eine Parallelwelt abdriften. | ------------------------------------------------------------ BURKS ONLINE 19.02.2006 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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