Verlagssanierung auf Kosten der Urheber

Verlagssanierung auf Kosten der Urheber

Von Katharina Dockhorn, Vorsitzende des FA Freie im DJV Berlin

Nun ist es also heraus, wie sich die Verlage die durch das Gesetz zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage erzielten Gewinne vorstellen. Sie wollen mit den Schöpfern der Texte und Fotos, die ihnen ihre Werke zur Verwertung überlassen und in den Verlagshäusern die Kassen sprudeln lassen, einen Tarifvertrag abschließen. Die Journalisten seien dafür bei ver.di und DJV in guten Händen, beschied Christoph Keese, Chef-Lobbyist des Springer-Verlags, während der Medienwoche am Rande der IFA.

Bei den Betroffenen, vor allen den freien Journalisten, löst diese Vorstellung blankes Entsetzen aus. Jahrelang hatten ihre Gewerkschaften mit den Verlagen um Vergütungsregeln für Publikationen im Internet und die Mehrfachverwertung von Texten innerhalb einer Verlagsgruppe gerungen – nur eine Minderheit unter den Verlagen hält sie überhaupt ein. Zudem sind viele Häuser, vor allem im Osten der Republik, aus der Tarifgemeinschaft ausgeschieden.

Das Gesetz droht die Vertragsfreiheit der Urheber einzuschränken. Die Verlage werden nach der Verabschiedung des Gesetzes ihren freien Mitarbeitern die Pistole auf die Brust setzen und die Abtretung alle Rechte vertraglich verlangen. Total Buy Out-Verträge werden endgültig zur Regel.

Zudem dürften die Vorstellungen einer angemessenen Vergütung der Urheber, wie es jetzt im Gesetz formuliert ist, zwischen Verlagen und Urhebern weit auseinanderliegen. Die Gewerkschaften fordern mindestens die Hälfte der Erlöse, womit sie schon an der untersten Grenze bei der Teilung der Einnahmen zwischen Autoren und Verlagen in der VG Wort bleiben. Aber warum so bescheiden? Durch die Publikation von kreativen Werken im Internet sparen die Verlage Druck- und Transportkosten, die zu schützende Investition ist wesentlich geringer als in der analogen Welt. Ergo müsste eine angemessene Beteiligung der Urheber bei mindestens 80%, wenn nicht gar 90% der Erlöse liegen. Und damit dies kontrollierbar bleibt, ist auch die Verwaltung über eine Verwertungsgesellschaft zu empfehlen. So wie im 1. Entwurf zum Gesetz zum Leistungsschutzrecht vorgesehen.

Die Hoffnungen der Kreativen auf eine Änderung des Entwurfes im Gesetzgebungsprozess ruhen jetzt auf den Kritikern des Gesetzes in allen Parteien. Sie sollten aus den Klagen der Urheber in anderen Bereichen der Kreativwirtschaft gelernt haben. Seit Jahren warten sie auf Vereinbarungen über eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus der Zweit- und Drittauswertung der von ihnen geschaffenen Werte durch dieLeistungsschutzberechtigten.

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Resolution: Autorisierung von Interviews [Update]

Folgende Resolution werden wir der Mitgliederversammlung des DJV Berlin, 22.08.2012, zur Abstimmung vorschlagen:

Beate F. Neumann, Katharina Dockhorn, Burkhard Schröder

Die Mitglieder des DJV lehnen die Autorisierung von O-Tönen und Interviews ab. Der Vorstand wird aufgefordert, einen entsprechenden Antrag zur nächsten Mitgliederversammlung des Bundesverbandes zu stellen.

Begründung:
Es gibt keine Rechtsgrundlagen für diese nur in Deutschland übliche Praxis. Journalistinnen und Journalisten im DJV garantieren Qualität. Dazu gehört die wahrheitsgemäßge Wiedergabe des Gesagten. Wir lehnen nachträgliche Zensurversuche ab. Die Zeitschrift “Journalist” sprach zu Recht davon, dass diese Art der Zensur dem Sinn journalistischer Fragen und dem hiesigen Pressekodex widerspräche.

[Update] Die Resolution wurde bei nur wenigen Enthaltungen angenommen,

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Persönlicher Feldzug?

Ein interessanter Beitrag über Jutta Raabe, die aktuelle Schatzmeisterin des DJV Berlin, findet sich auf ExpressoGuide („Lasse Dudde Internet-Verlag“, Lübeck). Dort wird unter anderem behauptet: „Gegen Rabe wurde in Schweden im Sommer 2000 wegen ‚Störung der Totenruhe‘ ein Haftbefehl erlassen. Die Deutsche kann seitdem weder schwedischen, finnischen noch estnischen Boden betreten, ohne das Risiko einzugehen, sofort abgeführt zu werden.“ (Leider habe ich kein Datum gefunden).

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Jeff Jarvis in seinem Beitrag „My advice to German media“ über den DJV:

„But when the times got tough in the financial crisis, I suddenly saw German media looking for an enemy to blame for their problems. The head of the Deutscher Journalisten-Verband called for legislation to condemn Google as a monopoly, an enemy of the press. Dr. Hubert Burda, a digital visionary I greatly admire, urged that copyright law should be expanded to protect publishers, whom he said deserve a share of search engines’ revenue. Chancellor Merkel is considering such changes in copyright. A group of publishers issued the Hamburg Declaration saying that all online content need not be free (though that has always been completely in their control).

Schade. In these pronouncements, I hear echoes of American media’s funeral hymns.“ [mehr…]

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V.i.S.d.P. greift ins Klo und der DJV antwortet nicht

V.i.S.d.P.: „Am Freitag haben wir per E-Mail drei Fragen an Michael Rediske gestellt, den Geschäftsführer des Journalistenverband Berlin-Brandenburg. Der JVBB hat am vergangenen Mittwoch seinen Journalistenpreis “Der lange Atem” an Andreas Förster von der BELINER ZEITUNG [sic] für dessen Stasi-Recherchen verliehen.
Die Fragen lauteten:
* War dem JVBB und der Jury bekannt, dass Förster von 1977 bis 1980 Mitglied im Stasi-Wachregiment ‚Feliks Dzierzynski‘ war?
* Hat diese Tatsache bei der Entscheidung eine Rolle gespielt, und wenn ja, welche?
* Was sagen Sie zu dem Vorwurf von Hubertus Knabe, “dem Verband fehle offenbar jedes Gespür für die Wirklichkeit und für die Gefühle der in DDR Verfolgten”?
(…) Bis heute haben wir von Geschäftsführer Rediske keine Antwort erhalten.“

Nicht zu antworten ist doof, aber DJV-typisch. Die V.i.S.d.P. hätte aber vorher recherchieren können, bevor beim Griff ins Klo Dinge aus den siebziger Jahren hervorgeholt werden. (Ich war z.B. 1977 bei der maoistischen KPD, mein großer Führer war damals der heutige taz-Kolumnist Christian Semler.)

Man sollte natürlich auch diesen Artikel lesen: „Wie Andreas Förster bespitzelt wurde“. Oder diesen der Süddeutschen: „Davor hatte sich der BND schon beim Reporter der Berliner Zeitung Andreas Förster entschuldigen müssen. Auf ihn war ein Spitzel angesetzt worden.“

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Filz und Mobbing

Taz: „Fernseh-Lizenzen in aller Freundschaft. Ein Lizenznehmer hatte dem Präsident der Landesmedienzentrale Kredite gewährt. Als das rauskommt, geht man auf Distanz – nur um einem anderen Kreditgeber eine Lizenz zuzuschustern.

Hamburger Abendblatt: „Bremst die ARD „Zapp“ aus?“ sowie DWDL:de: „Medienmagazin „Zapp“ 2010 wohl nicht im Ersten“.

Und was macht der DJV? Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet, haben Mitglieder des Bundesvorstands begonnen, ein Mitglied des Vorstands des DJV Berlin zu mobben. Das hat ja Tradition. Aber diese Herrschaften haben nichts gelernt und nichts begriffen. Bei einigen von ihnen kann man das Getue aber mit dem Intelligenzquotienten erklären. (Weder der DJV Brandenburg noch ich sind übrigens involviert.)

Übrigens: Man kann mir hier eine anonyme Nachricht schreiben: https://privacybox.de/cgi-bin/tram_msg.pl?sus=burks!

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Der Fluch der Volksparteien

Das Zitat des Tages aus Spiegel Online. „Die Zeit der großen Volksparteien ist zu Ende“, murmelte es sogar noch im Abspann der traditionellen Wahlsonderfolge der ARD-„Lindenstraße“. Nur bei den Öffentlich-Rechtlichen, da können sie weiterregieren. Noch.“

Sicher. Und wenn sie dann abgehalftert sind, werden sie Verbandsfunktionär.

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DJV und dju erringen Sieg für Fotojournalisten über Bauer

Via pressebox.de (Vorsicht, natürlich Agitprop!): „Der Deutsche Journalisten-Verband und die dju in ver.di haben vor dem Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung gegen die Heinrich Bauer Achat KG erwirkt. Nach dem Richterspruch vom 22. September sind wesentliche Regelungen in Bauer-Verträgen mit freien Fotojournalistinnen und -journalisten rechtswidrig. Dazu gehören vor allem die Honorarbedingungen, die der Verlag zu Lasten seiner Freien ersonnen hatte. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars, mit dem sämtliche Leistungen und Rechte abgegolten werden sollten, ist ebenso unzulässig wie die Bedingung, wonach mit dem Pauschalhonorar auch zukünftige verwandte Schutzrechte des Verlages und die Nutzung durch Dritte bezahlt sein sollten. Nach der Hamburger Entscheidung darf Bauer auch nicht mehr die Fotos der Bildjournalisten im Internet weiter verbreiten, ohne dafür eine Honorierung vorzusehen. Die vom Gericht monierten Bedingungen des Verlags waren weder redlich noch angemessen. Untersagt worden ist auch die Regelung, die die Verwendung der Fotos für werbliche Zwecke erlaubt. Schließlich hat das Gericht auch die vom Verlag verwendete Haftungsklausel für rechtswidrig erklärt. Danach sollten die Fotografen den Verlag auf dessen Anforderung von fast allen Kosten durch Dritte freistellen.“ [mehr… ]

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DJV teilweise erfolgreich gegen Honorarbedingungen bei Springer

Der DJV hat sich mit seiner Klage gegen die Axel Springer AG vor dem Landgericht Berlin in wichtigen Teilen durchgesetzt (Az. 16 O 8/08). Wie schon in der Einstweiligen Verfügung vom Juni 2007 gegen Springer angeordnet, darf der Verlag wichtige Passagen seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die freien Journalisten nicht anwenden. Unzulässig ist, dass die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung bei einer Mehrfachnutzung der Beiträge nicht klar geregelt wurde. Das heißt im Klartext, dass mehrmals abgedruckte Beiträge auch mehrmals vergütet werden müssen. Auch die Regelung, dass bei einer werblichen Nutzung der Beiträge eine Vergütung gesondert vereinbart werden kann, aber nicht muss, darf der Verlag nicht weiter nutzen. Gleiches gilt für den Passus, dass bei fehlender Urhebernennung keine gesonderten Ansprüche des Journalisten entstehen. Da das Landgericht jedoch die Rechteübertragung nicht in Frage gestellt hat, wird der DJV Berufung gegen das Urteil einlegen. [Mehr Infos, Kontakt: Benno H. Pöppelmann, poe@djv.de9

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Freischreiber

In der joNet-Mailingliste wurde behauptet, der Freischreiber-Verband „in Gründung“ sei zu einer „großen Bewegung“ geworden. Ich habe geantwortet:

„Ungefähr so groß wie die sozialen Bewegungen in Second Life. Ist eine derartige faktenfreie Selbstbeweihräucherung nicht peinlich? Wenn es hundert wären, wäre das weniger als ein gewöhnlicher Taubenzuchtverein im Ruhrpott. Über den Wolken ist die Freiheit des Denkens jedoch grenzenlos…

Ich würde mal die Kirche im Dorf lassen. Bei Organisationen, Vereinen und virtuellen ‚Clubs‘ wie dem joNet beteiligen sich maximal zehn Prozent aller Teilnehmer aktiv. Diejenigen, die etwas in Schwung gebracht haben, werden von ihrer eigenen Begeisterung zu Anfang mitgerissen, dann aber bald auf den harten Betonboden der Tatsachen geklatscht.

Deutsche JournalistInnen sind extrem träge, scheren sich kaum um ihre eigenen Interessen und sind obrigkeitshörig, d.h. kommen nur irgendwohin, wenn ihnen jemand etwas bietet. Ich weiß nach mehr als 15 Jahren nicht nur im DJV, wovon ich rede. Das ist ein psychologisches Naturgesetz im Kapitalismus oder so.

Die Freischreiber-Initiative muss sich fragen lassen, warum bestehende Verbände (dju, DJV, auch die kleineren wie Netzwerk Recherche, DFJV, DPV – die mehrere 1000 Mitglieder haben), nicht ausreichen, um innerhalb derer eine Interessenvertretung aufzubauen. Die Frage stellt sich auch in der Politik; Will man die real existierenden Parteien verändern oder macht man eine Sekte auf (wie etwa die „Piratenpartei„, die ich – von den Interessen her wählen würde, wäre ich Sektierer). Eine Sekte wird immer dann aufgemacht, wenn einige darauf hoffen, dass sie die Führung übernehmen können.

In der Soziologie heißt das Motiv kompensatorische Gratifikation – wer im realen Leben wenig erreicht, gerät in Versuchung, den verfehlten sozialen Aufstieg durch einen Beitritt in einen Verein oder eine andere Gruppe zu kompensieren, weil man dort mit stolz geschwellter Brust ein ungeheuer wichtiges Amt abgreifen kann, und sei es auch nur ‚Fachausschussvorsitzender‚ oder so ähnlich.

Außerdem ist es ja wohl so, dass es die Regel werden wird, dass Journalisten ihrern Status flexibel ändern – vom Freien zum Festangestellten, vom Halbangestellten Outgesourcten zum festen Freien und zurück. Die Definition eines Verbands über den Status ist daher Quatsch, genauso wie umgekehrt ein Verband nur der Festangestellten Blödsinn wäre.

Ein Freischreiber-Verband wird über kurz oder so lang so gemischt werden wie etwa der DJV. Niemand wird doch austreten, nur weil er oder sie einen Job bekommen hat – etwa als Pressesprecher einer Schokoladenfirma wie der Vorsitzende des real gar nicht mehr real existierenden Pleitevereins Brandenburger Journalisten-‚Verband“.

Zudem muss man berücksichtigen, dass ein deutscher Journalistenfunktionär, hat er einmal ein Amt, an seinem Sessel klebt, bis man ihn da wegsprengt oder er stirbt oder sonstwie biologisch dahinsiecht. Ausnahmen bestätigen die Regel. Das gilt für alle Verbände, nicht nur den DJV und Netzwerk Recherche. Das wird auch bei den Freischreibern so sein, wo sich nach den anfangs charmanten flachen Hierarchien schnell ein Herrschaftswissen bildet, das die Funktionäreshierarchie auch so nutzt (die Freischreiber werden Funktionäre aber nicht „Hausmeister“ nennen).

Bei den Freischreibern ist die Entwicklung schon klar zu erkennen: Man muss a) sich ‚bewerben‘ und wird in einem hoheitlichen Akt der selbst ernannten Herrschaftswissenden aufgenommen, und b) es gab ein ‚freundschaftliches und konstruktives Treffen in Berlin mit Herrn Konken‚ vom DJV. Das beweist: Die Freischreiber-Damen und Herren haben keinen blassen Schimmer von den Finanz- und sonstigen Skandalen im DJV (was bei einem normalen Menschen verzeihlich ist, nicht aber bei einem Journalisten), sondern sind entweder blind oder wollen wie die drei Affen nichts hören und sehen und nicht darüber reden. Das ist ja im Vorstand von Netzwerk Recherche auch nicht anders, wenn es um Thomas Leif geht.

By the way: „Journalisten sollen nicht geliebt, sondern gefürchtet werden“ (Roger Boyes, TIMES, London) Da ein Funktionär aber geliebt werden will, ist ein Journalisten-Funktionär eine contradictio in adiecto. SCNR.“

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