Viel zu viel Blogs heute auf spiggel.de. Aber wenn ich mich ärgere, werde ich meistens produktiv. Heute, liebe Kinder, kriegen wir einen kleinen Wettbwerb in Online-Journalismus zwischen drei deutschen Medien: Spiegel online, Die Welt und Focus. Unser Thema: Folsäure. Der Anlass - wir zitieren Spiegel online: "Die regelmäßige Einnahme von Folsäure kann bei älteren Menschen die Hirnleistung verbessern. Versuchsteilnehmer konnten sich besser erinnern und Informationen schneller verarbeiten, berichten niederländische Wissenschaftler."
Daraus konnte man einen schönen und pädagogisch wertvollen Artikel mit informativen Links machen. Aber so etwas können deutsche JournalistInnen nicht. Focus online zum Beispiel kommt wie alle anderen Medien völlig ohne Links aus und belästigt die Lesern mit dem kryptischen Satzfragment "Ungleichgewicht zwischen Folsäure und Homocystein im Blut".
Die Welt ("Folsäure: Gehirndoping für ältere Menschen") schreibt offenbar von dpa ab und kennt offenbar noch nicht einmal das Für und Wider im Wikipedia-Artikel über die zwangsweise Beimischung von Folsäure in Nahrungsmittel, sondern befürwortet das einfach unkritisch. Wer sich vernünftig ernährt, leidet auch keinen Mangel. Da viele US-Amerikaner aber gewohnt sind, Sch... zu fressen und dementsprechend fett sind, nehmen sie, wenn überhaupt, anschließende das Fehlende in Form von Pillen zu sich. Lang lebe die Pharma-Industrie!
Wikipedia schreibt: "In den USA, in Kanada und auch in Ungarn ist ein Folsäurezusatz in Mehl gesetzlich vorgeschrieben. Da fast alle Menschen täglich Brot, Kekse und andere mehlhaltige Produkte zu sich nehmen, hat sich in diesen Ländern die Versorgung mit diesem Vitamin enorm verbessert."
Einen Hinweis geben alle drei Medien: Der Artikel, auf den sie sich beziehen, den aber offenbar kein Journalist im Original gelesen hat, sei im "Medizinmagazin 'The Lancet" zu finden. Ist es so schwierig, den neugierigen Lesern, die doch teilweise des Englischen mächtig sind, die Adresse der Website zu verraten? Oder sind sie zu blöd? So wird das nie was mit dem Online-Jounalismus.
Hier die Zusammenfassung im Original - als Service von spiggel.de: "Low folate and raised homocysteine concentrations in blood are associated with poor cognitive performance in the general population. As part of the FACIT trial to assess the effect of folic acid on markers of atherosclerosis in men and women aged 50–70 years with raised plasma total homocysteine and normal serum vitamin B12 at screening, we report here the findings for the secondary endpoint: the effect of folic acid supplementation on cognitive performance.
Interpretation: Folic acid supplementation for 3 years significantly improved domains of cognitive function that tend to decline with age."
Jetzt könnte man den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern noch das Lehrmaterial für den Biologie-Unterricht der Universität Magdeburg empfehlen oder den Artikel über das "Mangel-Vitamin Folsäure" auf quarks.de (WDR). Aber so wichtig ist das Thema auch nicht. Folsäure gab es schon immer und ist deshalb auch kein Jungbrunnen. Schade eigentlich. |