Allmählich muss man Angst haben, dass bei deutschen Journalisten eine allgemeine Hysterie ausbricht. An vorderster Front wieder einmal Spiegel online: "Die verhinderten Kofferbomber haben Spuren im Netz hinterlassen: Im Internet suchten zwei der Terrorverdächtigen nach Anleitungen zum Bombenbau - und wurden fündig. Generalbundesanwältin Harms sieht eine neue Form des Terrorismus." Deutscher Journalismus at its best - von Kritik keine Spur. Es wird nur wiedergekäut, was die üblichen Verdächtigen dazu zum Besten geben.
Die Originalmeldung der Bundesanwaltschaft über Fadi A. S.: "Hierzu recherchierte er im Vorfeld der Anschlagsversuche zusammen mit Youssef Mohamad E. H. im Internet mit seinem Computer nach Anleitungen zum Bau von Bomben. Gemäß diesen Anleitungen wurden die bei den missglückten Anschlägen verwendeten Spreng-Brandvorrichtungen zusammengebaut. " Wo steht hier etwas von "Spuren im Netz"? Die Formulierung suggeriert, dass jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, ein potenzieller Helfershelfer des Terrorismus sei. Es wird ein Klima geschürt, das der McCarthy-Zeit in den USA ähnelt.
Wo haben also die beiden mutmaßlichen (!) und verhinderten Attentäter recherchiert? Ich verrate es den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern: In den Newsgroup de.sci.misc (27.03.1995), in der Newsgroup de.alt.technik.waffen (23.02.1999), auf den Websites Explosive material, "Live and Learn" (University of Phoenix, USA) Explosive Materials Disposal (Universitity of Mississippi), "Explosive material" (Wikipedia), Controversial Chem Lab, Sprengstoff (Wikipedia), Lexikon der deutschen Explosivstoffmischungen, "Laboratory: Decomposition of Explosives" (Fachhochschule Köln), "Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie: "Über die Leichtigkeit, Spreng- und Kampfstoffe herzustellen" (ILEX 1/91, 4-6 (Zeitschrift des naturwiss. Vereins Bielefeld), "Einführung in die Sprengchemie I", "Einführung in die Sprengchemie II" (burks.de). Nicht zu vergessen die Anleitung zum Bau einer Atombombe, auch auf burks.de (und nicht zu vergessen, was der immer noch in Amt und Würden befindliche Denunziant und "Mitgliederwart" des DJV zu diesem Thema damals meinte verlautbaren zu müssen.).
Und jetzt lesen wir gemeinsam den Quatsch, den die Vertreter der deutschen "Sicherheitskräfte" dazu verzapfen: "Auch der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, appellierte zuletzt an Internetprovider, Seiten mit Anleitungen vom Bombenbau aus dem Netz zu nehmen. Notfalls müsse es gesetzliche Regelungen geben." "Aufruf zum vorauseilenden Gehorsam" nennt man das, typisch deutsch und Leitkultur. Welche Provider meint er denn? Die Universität von Mississippi? Wikipedia? Und was bedeutet "notfalls"? Wie dämlich muss man eigentlich sein, um Chef des Bundeskriminalamtes zu werden? So etwas ist DDR-kompatibel: Alles erst einmal verbieten.
Verbieten sollte man auch die Websites bombenterror.de - "ihre professionellen Terrorseite im Web", "Bombs for beginners", "The Plastic Hydrogen Bomb", "Plastic explosive" (Wikipedia), "Make Smoke Bombs at Home", "Explosive forming - an Overview" (Indian Institute of Technology, Mumbai aka Bombay) sowie "Blow Up Airplanes With Liquids".
Ganz gefährlich ist und gern von Terroristen gelesen wird das "Handbuch Sprengtechnik. Auch die Fachliteratur "Sprengtechnik und Bergbau" ist leider immer noch öffentlich und sogar in Bibliotheken erhältlich. Bedenklich ist auch die Werbung für das Buch Sprengtechnik . "'Schulbücher, die für eine Schulform als geeignet erklärt wurden, dürfen nach gewissenhafter Prüfung durch die Lehrer auch für andere Schulformen angeschafft werden' (BGBl. Nr.433/1996)." So etwas gehört einfach nicht ins Internet. Alle Provider sollten solche Websites sofort vom Netz nehmen und öffentlich sprengen...äh...verbrennen.
Man könnte auch nach dem Handbuch für improvisierte Sprengtechnik googeln. aber das ersparen wir uns jetzt. Ich habe heute, an einem friedlichen Sonntagmorgen, meinem Herzen Luft gemacht. Und jetzt muss ich eine Spüle anmontieren und dabei mit ganz gefährlichen Waffen hantieren, die auch Terroristen oft benutzen: Bohrmaschine, Hammer, Messer (!) und Schraubenzieher. |