Stichpunkte: Sommerloch. CSU. Hinterbänkler. "Der arbeitsmarktpolitische Obmann der Unionsfraktion im Bundestag, Stefan Müller (CSU), hat die Einrichtung eines „Gemeinschaftsdienstes für Langzeitarbeitslose“ gefordert. (Focus online) Sein Original-Interview steht in der Bild, wo sonst.
"Müller zu BILD: 'Alle arbeitsfähigen Langzeitarbeitslosen müssen sich dann jeden Morgen bei einer Behörde zum 'Gemeinschaftsdienst' melden und werden dort zu regelmäßiger, gemeinnütziger Arbeit eingeteilt – acht Stunden pro Tag, von Montag bis Freitag. Wer sich verweigert und nicht erscheint, muß mit empfindlichen finanziellen Einbußen rechnen!'“
Mit welchen Strafen, wird leider nicht verraten. Man nimmt ihnen das Wenige weg, was sie bekommen? Sippenhaft? Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen? Deutsche Leitkultur eben. Immerhin nennt das Handelsblatt den Vorschlag "bizarr". Und N24 stellt den Vorschlag in den richtige historischen Bezug und benennt den von Müller geforderten "Gemeinschaftsdienst" in "Arbeitsdienst" um. Nur würde der nicht Reichsarbeitsdienst, sondern Bundesarbeitsdienst heißen.
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch. Schauen wir uns den Herrn Müller einmal genauer an: Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Dresdner Bank AG in Erlangen, berufsbegleitendes Studium an der Bankakademie, Abschluss: Bankfachwirt, Kundenberater bei der Dresdner Bank AG in Erlangen, beschäftigt bei der Raiffeisenbank Seebachgrund eG, stellv. Leiter der Geschäftsstelle Dechsendorf, Privatkundenbetreuer; zuständig für die Betreuung vermögender Privatkunden. Politischer Werdegang: 1990/91 Eintritt in die Junge Union (Ortsverband Herzogenaurach) und in die Schüler Union.
Da wundert einen gar nichts mehr. Vermutlich hat der CSU-Reaktionär noch nie in seinem Leben einen Hammer, eine Schaufel oder eine Axt in der Hand gehabt. Wenn man "vermögende Privatkunden" hauptberuflich betreut, färbt das natürlich ab, insbesondere für soziale Aufsteiger wie Müller. So richtig vermögend werden die Kunden in der kleinen Bankfiliale in Dechsendorf aber nicht gewesen sein. Ein Aufsteiger verinnerlicht meistens das Lebensgefühl der herrschenden Klasse noch mehr als die selbst. Man nennt das "Radfahrersyndrom" - nach oben buckeln und nach unten treten. Und Müller ist offenbar ein besonders anschauliches Exemplar.
Der CSU-Abgeordnete sollte also sofort in die Produktion geschickt werden, zur intellektuellen Abkühlung, am besten ins Zementwerk Rüdersdorf. Aber vermutlich würde das ungute Assoziationen wecken.
Die Bild hat richtig getitelt: "Der erste Abgeordnete" fordert. Es werden ihm weitere folgen. In Deutschland diskutiert man nicht über massive Steuerhinterziehung à la Lambsdorff, Eberhard von Brauchitsch und Hans Friderichs, über kriminelle Machenschaften à la Jürgen Schneider, über Kreditbetrug und betrügerische Konkurse, sondern darüber, die Ärmsten zur Zwangsarbeit heranzuziehen. Schön, dass wir wieder etwas über die Mentalität von Bankangestellten und CSU-Abgeodneten gelernt haben.
Diese kleine frauen-, familien- und revolutionsfreundliche sowie obrigkeitsfeindliche Forum ist bürgernah und liefert prompten Service. Hier also Agitprop-Material, das uns demnächst begegnen wird. Für den "Klingelbeutel" (Foto Mitte), mit dem man auf Veranstaltungen der Herrschenden herumlaufen kann, um für die Armen zu sammeln, eignet sich am besten ein Afrodeutscher. Der kann dann den Flicks, Thurn und Taxis' und anderen Arschgesichtern einen Negerkuss geben.
Abbildungen: Reportage des Kisch-Preisträgers 2010, erschienen im stern (oben), spendenbüchse für Hartz-IV-Empfänger (Mitte), Bundesarbeitsdienst auf dem Marsch zum Bau des Gemeinschaftsdienstlagers Eichenau-Altengamme.
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