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Die Tagesschau hat mich angefixt: Ein Screenshot der jemenitischen Zeitung Yemen Observer. Dort haben die deutschen Medien so gut wie alles abgeschrieben, was es zum Fall der Entführung der Familie Chrobog zu berichten gibt. Dazu müsste man auch nicht AP zitieren: "Nach Angaben der Nachrichtenagentur AP schlugen die Entführer offenbar mehrere Optionen zur Lösung des Geiseldramas vor. Nach den Worten von Awadh bin al Wasir, eines der Stammesführer, die in dem Fall vermitteln, bezögen sich sämtliche Forderungen der Geiselnehmer auf eine örtliche Stammesfehde und richteten sich an die jemenitischen Behörden."
Das reicht mir nicht. "Stammesführer" - also eine Art Hadschi Halef Omar? Immerhin hat das Erste einen recht informativen Artikel vorrätig, der sich mit der Macht der "Stämme" im Jemen beschäftigt. Auch schon im Fall Susanne Osthoffs wurde der iraktische "Stamm" der Schammar erwähnt. Die Schammar kannte ich, seit dem ich "Durch's wilde Kurdistan" von Karl May gelesen habe. Was ist denn ein "Stamm" im 21. Jahrhundert: Unterscheidet sich ein jemenitischer Stamm vom Stamm der Bayern oder der Württemberger?
Jemenitischer "Online-Dienst"
Die aktuelle Meldung des Yemen Observers erklärt zunächst die politischen Hintergründe: "Al-Ahmer Ali, described by a fellow tribesman as the political consultant of the tribe, said that although his tribe is 80% illiterate, all were unwilling to resort to kidnapping for a long time, until they felt their hands were forced. 'We felt that we had no other path,' he said. 'This is not an act of terror nor a political action against the political leadership in the capital. The kidnapping was a last resort to obtain our rights. We are sorry that this is how it should be.' - 'We have been fighting for justice since 1993 through all means possible,' Ali continued, 'via state or and tribal law. We have resorted to this action in order to put pressure on influential local leaders and officials in the Shabwa and Abyan governorates. They are the ones who have used their power to oppress our tribe. We have no political affiliations, nor qualms with the central government.'"
Entführungen sind also eine Art Länderfinanzausgleich mit anderen Mitteln. Gewalt will niemand, und andere Möglichkeiten, Druck auszuüben, gibt es nicht: "...they will not accept any money in order to release the hostages. 'This is not our tradition,' he said. 'We need our people freed and the long dispute to come to an end. We don’t want other than our rights.'"
Nur als Beispiel für eine oberflächliche Berichterstattung eine kurze Passage aus dem Tagesspiegel: "Hintergrund des Kidnappings ist offenbar eine Stammesfehde. Die Entführer verlangen die Freilassung von fünf Clanmitgliedern, die wegen der Tötung von zwei Mitgliedern eines rivalisierenden Clans inhaftiert sind. Die Zeitung 'Yemen Observer' berichtete, die erste Verhandlungsrunde zwischen Innenministerium und Geiselnehmern sei am Donnerstagmorgen gescheitert. Laut der Zeitung sagte einer der Kidnapper, die Garantien der Regierung reichten nicht aus." Auch die FAZ schreibt komplett vom "Internet-Dienst" der jemenitischen Online-Zeitung ab. (By the way: Was soll dieses merkwürdige Wort "Internet-Dienst"?)
Die Kölnische Rundschau bringt es hübsch populistisch ins Haddehin-Deutsch übersetzt: ""Der Alltag wird bestimmt durch archaische Gesetze und Normen. Mit Waffengewalt ausgetragene Stammesfehden und Blutrache sind an der Tagesordnung. Die Stämme wollen sich der Zentralmacht nicht beugen und ihre Angelegenheiten nach überkommenem Recht selbst regeln. Um ihre Interessen durchzusetzen, greifen sie zu dem im Jemen bewährten Mittel: der Geiselnahme. Noch im frühen 20. Jahrhundert war es üblich, dass Söhne von Stammesführern am Hofe der Imame in Sanaa lebten - als Faustpfand für die Loyalität der Stammesscheichs." Die Jemeniten nehmen sich also auch untereinander als Geiseln.
Wo sind die Geiseln versteckt?
"Stammesfehde". "Stammeskulturen", "laut einer Zeitung", kein Link zum Yemen Observer - das ist deutscher "Online-Journalismus" in Reinkultur. Versuchen wir, liebe wohlwollende Leserin und lieber geneigter Leser, noch mehr herauszufinden.
Der Gouverneur der Provinz Schabwa heisst laut Stern Ali al Rassas. Das Blog Armies of Liberation schreibt seinen Namen richtig, mit nur einem 's". Im September gab es einen ähnlichen Fall: "The province’s governor, Ali Al-Rasas, met the liberated tourists and apologized to them for such an unfortunate incident, according to the sources. The abduction was aimed at ratcheting up pressures on the authorities to release one of the kidnappers’ relatives who is being imprisoned in an Aden jail at the backdrop of a criminal case." Vielleicht ist es immer noch derselbe Fall?
Die britische Times berichtet: "Tribal chief Sheikh al-Ahmar Ali al-Aswad is holding the German family as bargaining counters for the release of five brothers who have been imprisoned by Yemeni authorities, and are on trial for the deaths of members of another tribe, a tribal source identifying himself as Abu Khairalah told the AFP news agency." Bei der Recherche sollte man immer auch, insbesondere bei arabischen Schreibweisen, nach der englischen Version suchen.
Ziel: Das Territorium der Entführer auf einer Karte zu lokalisieren. Hinweis vom Yemen Observer: "The hostages are being kept in a mountainous area in the Habban district of Shabwa."
Bei Wikipedia findet man Links zu Karten. Man müsste auch alle anderen jemenitischen Medien online durchforsten, das überlasse ich den fleissigen Stammleserinnen und arbeitsamen Stammlesern. Es erscheint zunächst schwierig, weil die Suchbegriffe "Habban" und "Shabwa" bzw. "Schabwa" auf vielen Karten nicht auftauchen. Erst bei Infoplease werden wir fündig. Shabwah liege genau in der Mitte des Jemen, Habban südlich davon. Die Perry-Castañeda Library Map Collection ist wie gewohnt die erste Adresse für thematische Karten über den Jemen. Bei der interakiven Karte von National Geographic wird es spannend: Habban ist genau im nördlichen Zipfel der Region um Ataq. Und da kommt man mit Frappr.com oder maps.google.com oder Google Earth schon nah an die Details - bis auf zwei Kilometer. Man kann sogar die genauen Flussläufe und etwas Landwirtschaft erkennen. Der untere Screenhot von maps.google.com zeigt das Gebiet, in dem die deutsche Familie sich jetzt vermutlich zwangsweise aufhält.
Archaistik
Wenn der gemeine Europäer etwas nicht versteht, nennt er es "archaisch". Putins Politik in Tschetschenien Und Bushs Irak-Politik sind jedenfalls "archaischer" und blutrünstiger als die Geiselnahmen im Jemen. Eine jemenitische Nation gibt es nicht, und die kleinste Solidareinheit ist der "Clan", also eine Einheit oberhalb des Familienverbands. Das war bei den Goten auch nicht anders, als sie Teile des römischen Weltreichs eroberten. Das römische Konzept des "Staatsbürgers" klingt aus heutiger Sicht moderner, aber eben unter den historischen Umständen nicht effektiv. Man kann im übrigen davon ausgehen, dass jeder Jemenite die "Stammeszugehörigkeit" auch wechseln kann - durch Heirat zum Beispiel.
Damit man es nicht vergisst: Das Gebiet der "Stämme" gehörte zum Südjemen, dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet. Der war lange Jahre vom Norden unabhängig. Von 1967 bis 1990 nannte sich Südjemen "Volksdemokratische Republik Jemen" und kooperierte mit der Volksrepublik China. Frauen waren im Vergleich zum islamischen Norden weitaus emanzipierter, mussten sich nicht verschleiern und kämpften zusammen mit den Männern in einer Art "Volksmiliz".
Wenn ich es mir heute aussuchen könnte: Ich wäre lieber Gast der "Stämme" des Südens als Gast die jemenitischen Regierung, die die deutsche Familie eingeladen hatte, oder gar des Präsidenten, der sich wie ein Großer Führer auf der Website feiern lässt. Vielleicht hat irgendein Scheich der Wahidi oder Ka'aiti, die in Frage kommen für die Geiselnahme, sogar noch ein völlig verblichenes Exemplar der Mao-Bibel unter dem Teppich. | ------------------------------------------------------------ BURKS ONLINE 30.12.2005 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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