HAUSMITTEILUNG Vermutlich wird das von mir erwartetVon Burkhard Schröder Vermutlich wird das von mir erwartet: Weil ich schon drei Jahre lang täglich dieses Blog schreibe, muss es auch am Weihnachtstag sein. Was macht man sonst an diesem Datum? Man marschiert bei Kaiserwetter in die Felder, Wiesen, Auen und denkt an Goethes Faust I: "Aus dem hohlen finstern Tor dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern." So sieht es wirklich draußen aus.
Gestern, das wollen die geneigte Leserin und der wohlwollende Leser wissen, war ich zu einem Dinner for five im Grundewald eingeladen, im Kreis der engsten Familie. Weitere Details gibt es nicht zu berichten, da das Procedere der Nahrungsaufnahme allgemein bekannt sein sollte. Allerdings bin ich hier gezwungen, mir noch ein paar Worte abzuringen, da es sich bei spiggel.de um ein Textblog handelt. Das Publikum, so sagt es die Medienmetatheorie, möchte nur das Gewohnte, das, was es ohnehin schon kennt, rezipieren. Neues irritiert nur die bequeme Weltsicht. Wo kämen wir denn hin, wenn ich hier nur Fotos posten würde!
Ich könnte darauf verweisen, dass mein Fotoblog bei Flickr auch interessant ist, aber ich mache mir nur ungern selbst Konkurrenz, die Zugriffszahlen betreffend.
Ein Blog thematisiert das gesellschaftlich Marginale und Irrelevante. Sonst wäre es kein Blog, sondern ein journalistischer Artikel, mit dem man Geld verdienen könnte. Letzteres steht mir am späteren Abend noch bevor. Ich schreibe mich sozusagen hier nur warm. Was habe ich, um beim Thema zu bleiben, geschenkt bekommen, trotz meiner im Prinzip weihnachts- und christenfeindlichen Haltung?
Eine neue Teekanne: Ich bin seit dem Ende der letzten Lebensabschnittsbeziehung tendenziell von Kaffee auf Tee umgestiegen. Frauen ändern die Frisur bei solchen Anlässen, Männer die Trinkgewohnheiten. Irgendwas muss man ja tun, um symbolisch einen Schnitt zu machen, wie bei einem Initiationsritus. Die neue Kanne fasst doppelt so viel, ist aus Glas und hat, im Gegensatz zu der alten, die noch aus 70ern stammte und - erstaunlich genug! -, mehrere Wohngemeinschaften überstand, einen Deckel, damit das Getränk länger warm bleibt.
Ein neues Bett samt Bezug und Kopfkissen. Dazu muss ich eine Geschichte erzählen, die Sie, verehrter Stammleserin und geliebte Stammleserin, bitte nicht weitertratschen. Bei einem Damenbesuch vor einiger Zeit und einem gemeinsamen Aufenthalt im Bett entstand aus bestimmten Gründen Bewegung. Wegen der Stimmung war eine Kerze angezündet worden. Und im Eifer des Gefechts geriet ein Zipfel des Bettes mit eben dieser in Berührung, was - den Naturgesetzen folgend - eine Flamme zur Folge hatte. Kunststoff, aus dem moderne Betten bestehen, brennt gut und schnell. Und ich musste unbekleidet mit dem Bett in die Dusche hechten, um das Feuer zu löschen. Wenn ich nicht schnell genug gewesen wäre, hätte ich es vom Balkon werfen müssen. Und deshalb war ein Bett unbrauchbar geworden. Jedenfalls hatten wir in jeder Beziehung Spaß.
Geld, Getränke, Lebensmittel. Das braucht man immer, und arme Poeten sowieso. Falls Sie, geschätztes Publikum, aus rein altruistischen Gründen mit dem Gedanken spielen, mir etwas zukommen zu lassen, beschränken Sie sich bitte auf das Erstere.
Im Gegenzug habe ich etwas für Sie - waschechte Musik zu den Festtagen, weltanschaulich neutral, also auch für Muslims, Juden und Heiden geeignet: "Silent Night", ca. 5 Megabytchen. Habe ich selbst per E-Mail geschickt bekommen, von einer lieben Freundin, die als Muttersprache etwas spricht, was in Europa kein Mensch auch nur ansatzweise versteht, noch nicht einmal die Finnen, mit deren Idiom diese Sprache verwandt ist.
Ich versichere, dass diese Musik Ihnen gefallen wird, falls Sie kein Anhänger von Karl Moik sind. Der Rhythmus, bei dem jeder mitmuss. Und das war es dann auch schon mit dem Blog. Ich hätte gar nicht gedacht, dass ich über so unwesentliche Dinge so viel hätte schreiben können! | |