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Verfasst am:
10.11.2004, 22:47 |
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| [NETZ]KULTUR | | Aktuell | 10. November 2004 |
| | | ALIEN VS. PREDATOR Der Feind meines Feindes ist mein FreundVon Burkhard Schröder |
"Alien" heisst übersetzt schlicht "fremd". Die literarische Gattung Science Fiction ist dazu da, für das vorstellbare Fremde eine Form zu finden. Seit den ersten literarisch ernst zu nehmenden Versuchen Stanislaw Lems - etwa in "Solaris oder in "Der Unbesiegbare" - kann die Botschaft nur sein: wir können etwas nicht verstehen, das anders ist als wir selbst. Das Fremde sind wir - und immer nur ein Spiegel.
Heute habe ich mir, in angenehmer weiblicher Begleitung - meiner Lieblingsfreundin - den Film "Alien vs. Predator" angesehen. Schön, dass es Frauen gibt, die sich für unterhaltsamen Trash begeistern können! Soviel sei verraten: Liebe und Sex kommen nicht vor, weil man auch das Spiel zum Film verkaufen will. Soziale Geräusche wenig - es handelt sich also nicht um einen Frauenfilm. Die Heldin musste aber weiblich sein: Wenn schon Alien, dann muss es auch von einer Ripley-Version bekämpft werden. Dias Publikum soll nicht mit allzu viel neuen Ideen belästigt werden.
Der Plot ist einfach und wie gewohnt hanebüchen. Stefan Höltgen schreibt in seinem sehr intelligenten Artikel "Pakt zwischen Mensch und Predator" in Telepolis: "Ein Trupp Wissenschaftler exploriert ein fremdartiges "Objekt" und entwickelt dabei Abenteurer- und Kämpferqualitäten. (...) Die Entdeckung in Alien vs. Predator ist wie in Event Horizon extraterrestrischer Natur: Tief unter dem antarktischen Ross-Eisschelf ortet ein Satellit ein riesiges pryramidenförmiges Artefakt. Die Weyland-Corporation, der der Satellit gehört, stellt daraufhin ein internationales Expeditionsteam zusammen, welches das Phänomen untersuchen soll. Als man in der Antarktis angekommen ist, klafft ein tiefes Loch im Eis, das 24 Stunden zuvor noch nicht dort war. Es führt von der Erdoberfläche bis direkt hinunter vor den Eingang des Objektes, das sich als riesige aztekische Pyramide entpuppt."
Und so weiter. Die medienkompetente geneigte Leserin und der wohlwollende Leser ahnen schon, wie es weitergeht: In der Pyramide lauert die Mutter aller Aliens, die wir schon kennen - genauso glitschig, Eier legend, gierig nach Menschenfleisch, ausgestattet mit Säure-Blut und militärisch ziemlich unschlagbar. Die neuen Mitspieler sind auch Aliens: der Predator sieht aus wie eine Kreuzung zwischen Commander Whorf, Bob Marley (Frisur) und einer Kampfmaschine aus Terminator II. Da der Homo sapiens keine glaubwürdige Chance hätte, wenn Alien und ein ähnliches Monstrum aus dramaturgischen Gründen aufeinandertreffen, verläuft der Plot nach dem Motto: der Feind meines Feindes ist mein Freund.
Nachdem ein Sondereinsatzkommando aus Predatoren ein paar Hominiden ohne erkennbares Motiv dahingeschlachtet hat, verbündet man sich gegen die "Schlangenwesen". Die Heldin Sanaa Lathan hat eine Anti-Alien-taugliche Superwaffe aufgesammelt, weil diese für ein archäologisches Artefakt gehalten wird, und überreicht das Schießgerät schließlich an den Predator. Der war ohne die Wumme immer noch recht gut im Köpfen und Zerlegen schleimiger Monster, aber eben nicht gut genug. Danach schliesst man Freundschaft und metzelt gemeinsam. Wie in einem Mafia-Film versinkt die Mutter aller Aliens mit einem ihr angemessenen recht schweren Gewicht an den Klauen im Eismeer. Und am Schluß bricht wieder mal ein klitzekleines Alien aus einer Brust hervor. Wat ham wa jelacht.
Fazit: angenehme, seichte, spannende und nicht jugendfreie Unterhaltung - einige Szene wirken selbst auf abgebrühte Hominiden wie den Autor gar erschröcklich. Und so soll es ja sein. Fremd war gar nichts, auch das Alien heimelt irgendwie an, da schon bekannt. Das Personal entspricht dem klassischen politisch korrekten Muster. Stefan Höltgen: "Wie im Alteritäts-Science-Fiction seit den 1990er Jahren typisch, werden gerade die einstmaligen "Außenseiter" und sozial stereotypisierten Figuren zu Helden: Schwache, Dumme, Alkoholiker, Schwarze, Juden (vgl. Independence Day, Mars Attacks, Godzilla). Der Alienfilm scheint geradezu zu verlangen, dass das Andere nicht vom WASPischen, heteronormativen Mann bekämpft werden kann."
Dazu: eine Heldin, die für ihren Job viel zu süß aussieht (für die Heteros), eine herbe und coole Blondine mit immerzu perfekt gestylter Wuschelfrisur (für die Lesben), ein gut aussehender Italo-Held (für die Schwulen), ein schwarzer Rambo (für die Afroamerikaner), ein trotteliger Intellektueller (eben für die), der selbstredend ziemlich früh gefressen wird. Lance Henriksen spielt keinen Androiden, sondern den Geldgeber, der an Bronchitis leidet und ebenso früh dran glauben muss.
Die Raumschiffe bemühen sich, wie zu erwarten war, jedem bekannten Naturgesetz zu widersprechen. Und die Waffen sind, wie leider in Hollywood-"Science"-Fiction üblich, altertümlich. Es läuft immer auf eine Schlägerei und Ballerei aus allen Rohren hinaus, nur dass heutzutage der Feind vorher gescannt wird. Intelligente Drohnen zum Beispiel kennen die Predatoren nicht, sie können sich aber - die US-Army wird interessiert sein - zeitweilig unsichtbar machen. Warum und wann, das kapiert man nie; die "Tarnkappe" scheint ohnehin nur ein Zitat aus "Predator" mit Arnold Schwarzenegger zu sein.
Ergo: wenn man den Tag aus unerklärlichen Gründen mit nutzlosen Dingen verbracht hat, ist Alien vs. Predator genau der passende Film.
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