POLITIK | | Aktuell | 03. März 2004 |
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ÄRGER UM ANTIRASSISTISCHE PLAKATE IN DER SCHWEIZ Wie kommen Juden zu ihrem Geld?Von Burkhard Schröder |
Hanspeter Schweizer ist ein gut meinender Mensch. Für die "Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus" entwarf er Plakate gegen Vorurteile. 20 Prozent der Bewohner der Schweiz haben keinen schweizer Pass, und der rassistische Diskurs richtet sich vor allem gegen dunkelhäutige Einwanderer.
In Deutschland, wo das eigentliche Problem meistens nicht benannt oder entpolitisiert wird, hätte man "gegen Ausländer-, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt" oder irgendeinen anderen Unfug getitelt. In der Schweiz heisst es korrekt: gegen Rassismus und Antisemitismus. Doch was ist das - und wie können mediale Botschaften Vorurteile verändern?
Die sechs Plakate, die der Künstler (der von Spiegel online aus unerklärlichen Gründen zum "Kreativdirektor" ernannt wird) produzierte, arbeiten mit kognitiver Dissonanz. "Gemäß der Theorie besteht im Individuum eine starke Tendenz (eine Motivation), nicht miteinander übereinstimmende kognitive Elemente zu vermeiden, das heißt, die erlebte kognitive Dissonanz zu reduzieren." Nur so - das weiß man aus der Vorurteilsforschung - lassen sich vorgefertigte Einstellungen erschüttern.
Vorurteile werden beim Wort genommen und benannt - das allein ist schon effektiver als ein zwanghaft politisch korrekter Diskurs. "Was macht ein Schwarzer mit seiner Frau über Mittag?" Nicht nur derjenige, der die rassistische und sexistischen Klischess kennt, die hier angesprochen werden, wird die klein gedruckte Antwort lesen: "Er isst etwas, wie andere Leute auch." Oder: "Wie kommen Juden zu ihrem Geld?" - "Mit Arbeiten, wie andere Leute auch."
Ob aber eine mediale Botschaft antirassistisch ist oder selbst das Gegenteil von dem verbreitet, die sie bekämpfen will, das entscheidet nicht die Absicht der macher, sondern diejenigen, gegen die sich Vorurteile richten. Es gab Ärger: Die 36 im "Carrefour de réflexion et d'action contre le racisme anti-noir" (CRAN) zusammengefassten Organisationen klagen jetzt vor allem gegen den ihrer Meinung nach beleidigenden Charakter der Plakate sowie der TV- und Kinospots. CRAN vereinigt vor allem Afroschweizer und dunkelhäutige Einwanderer aus Afrika. Noël Tshibangu, einer der Mitarbeiter, hat in mehreren Interviews den zunehmenden Rassismus in der Schweiz beklagt.
Aussicht auf Erfolg hat die Klage nicht. Sie bringt das Thema in die Diskussion und war vielleicht auch nur so gedacht. Im Vergleich zu den meistens dämlichen, grottenschlechten und gut gemeinten Initiativen hierzulande sind die Schweizer Plakate hervorragend. Sie regen auf und irritieren. Was will man mehr?
By the way: Was macht eine Blondine mit einer Matratze an einer Bushaltestelle? Sie muss nicht zum Vorstellungsgespräch und bringt Ihre Unterlagen mit, sondern...aber die Antwort überlassen wir den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern dieses kleinen frauen- und familienfreundlichen Forums.
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