Charles Bronson ist am 30. August im Alter von 81 Jahren gestorben. Der Schauspieler, der in seinen Filmen meistens rot sah, galt als der Prototyp des Rächers, der kleine Mann, der durchdreht und das Gesetz selbst in die Hand nimmt. Lynchjustiz als filmische Katharsis - Bronson wird in der kollektiven Erinnerung nie ohne eine großkalibrige Pistole sein. 1971 spielte er die Hauptrolle in einem der besten Western der Kinogeschichte, einer heute wieder aktuellen Allegorie auf den Vietnam-Krieg: Chatos Land.
Bronson, der Sohn litauischer Einwanderer - eigentlich hieß er Charles Buchinski - stammte aus ärmsten Verhältnissen. Als einziges von 15 Kindern besuchte er eine high school, arbeitete aber als Bergmann, wie seine Brüder, um die Familie zu unterstützen. Nach dem 2. Weltkrieg studierte er Schauspielkunst. 1951 bekam er seine erste Rolle. Schnell kultivierte er sein Image als tough guy. Der internationalen Durchbruch kam mit dem legendären Western "Spiel mir das Lied vom Tod."
Chatos Land unter der Regie Michael Winners ist ein ultrabrutaler "Männerfilm", eine "eindrucksvolle Abrechung mit rassistischer Arroganz weißer Siedler in Amerika, die am Ende selbst Opfer ihrer Borniertheit werden." Bronson (Chato) spielt das Apache-"Halbblut" Chato. Während des gesamten Films spricht er nur sechs Worte, ausser einer kurzen unübersetzten Passage in Apache. Chato erschiesst in Notwehr einen Sheriff. Eine Bande weißer Siedler - Jack Palance spielt den Anführer Joshua Everette - vergewaltigt und ermordet daraufhin seine Frau und tötet seinen Bruder und versicht, Chato zur Strecke zu bringen. Doch der kennt sich in dem unwegsamen Gebiet viel besser aus, es ist sein Land. Die Jäger werden zu Gejagten....und Chato nimmt blutige Rache (Trailer)
Western mit einer dezidierten politischen Aussage findet man selten in Hollywood. "Keine Gnade für Ulzana" (Ulzana's Raid) kommt dem noch am nächsten, Jeremiah Johnson aus dem Jahre 1972 ist vergleichbar. Man darf vermuten, dass sich die antirassistische Aussage in Chatos Land nur deshalb so deutlich erhalten hat, weil der Rächer moralisch eindeutig legitimiert werden soll. Bronsons Karriere als der Mann, der rot sieht, nimmt hier ihren Ausgangspunkt. Ähnlich wie Silvester Stallone mit seinem schon fast linksradikalen Gewerkschaftsfilm FIST (1978) verliert sich die politische Botschaft in den nächsten Filmen Bronsons, ja verkehrt sich in ihr Gegenteil: im Mainstream des Massenkinos hat Politik, zumal linke Politik keinen Platz. Chato steht für die unterdrückte Minderheit, der spätere Rotseher Bronson mit einer zum Gemütszustand passenden Wumme ist Teil der Mehrheit und handelt in ihrem Auftrag.
Chatos Land ist eine Parabel auf den erfolgreichen Guerillakrieg. Der Apache gewinnt nicht nur, weil er im Recht ist, sondern weil er um sein eigenes karges Land kämpft. In den siebziger Jahren wird man das in den USA noch verstanden haben, heute wäre diese filmische Boschaft für den abgestumpften Massengeschmack selbst mit mit dem verwitterten Haudrauf-Image eines Charles Bronson viel zu subtil. Bronson war im privaten Leben ganz anders als in seinen Rollen. Und im Gegensatz zum unsäglichen Charles Heston oder Alain Delon hat er sich politisch nicht in die rechte Ecke gestellt oder stellen lassen. Chatos Land war einer meiner ersten, wenn nicht der erste Western im Kino, irgendwann Anfang der siebziger Jahre in einem Münsteraner Studentenkino. Damals war ich schwer beeindruckt, und, obwohl ich die späteren Filme Bronsons nicht ausstehen konnte: bei Chatos Land hing ich immer vor dem Bildschirm.
Bronson litt an der Alzheimerschen Krankheit und konnte sich kurz vor seinem Tod nicht mehr daran erinnern, dass er Schauspieler gewesen war. Schade drum. RIP.
02.09.2003
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