Die indogermanische Ursprache entstand in Anatolien. Das konnte man bisher nicht beweisen. Zwei Forscher aus Neuseeland haben jetzt einen Stammbaum von 87 indogermanischen Sprachen aufgestellt. Diese Methode stammt aus der Evolutionsbiologie. Mit ihr analysieren Wissenschaftler genetische Unterschiede. Fazit: vor rund 10000 Jahren verbreitete sich die Sprachfamilie von der heutigen Türkei aus nach ganz Europa.
Verbreitung der Indoeuropäischen Sprachfamilie
Jetzt wird es kompliziert. Wie gewohnt, schreiben alle Medien voneinander ab. Auch bei diesem Thema. Die schöpferische Eigenhöhe des Abgeschriebenen beurteilen wir auch nach der Qualität der Links und der Angabe der Quellen. Testsieger ist eindeutig wissenschaft.de. Nicht jeder weiß, was die Indogermanen waren. Das sollte man erklären. Das wird dort getan. Ein Link zum Thema "indogermanische Sprachen wäre jedoch informativer gewesen. Die Sprach-Stammbäume online beantworten aber nicht die Frage, woher die Mutter aller indogermanischen Sprachen stammt. Man hat sich darauf geeinigt, dass es indoeuropäische Sprachen heissen sollte, um dem Missverständnis vorzubeugen, nur die Germanen seien die wahren Indogermanen.
Dazu gabe es bisher zwei Theorien. Die erste behauptet, die Indogermanier seien das Kurganvolk gewesen, ein Hirtenvolk am russischen Fluss Wolga. Wikipedia suggeriert. das sei schon bewiesen. Und das ist strittig. Kurgan bedeutet übrigens "Grabhügel".
Die zweite Theorie ging schon immer davon aus, dass die heutige Türkei die Heimat der grössten Sprachfamilie der Welt sei. Man konnte die Sprachen, in Relation zueinander setzen, also bestimmen, welche Version von welcher abstammt, aber nicht sagen, wann genau eine Sprache sich aus einer anderen ab- und verzweigt hatte. Die beiden Forscher Russell Gray und Quentin Atkinson (Vorschlag für die Boolsche Algebra) entschlüsselten das bisher ungelöste Rätsel. Spiegel online verwirrt die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser mit den rätselhaften Sätzen: "Mit Hilfe modernster Rechenverfahren wie etwa der Markovketten-Monte-Carlo-Methode schlossen Gray und Atkinson aus dem Prozentsatz gemeinsamer so genannter Cognate, wann zwei Sprachen sich aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelten." Google sagt, das habe mit Mathematik und mit - igitt! - stochastischen Algorithmen zu tun: dann lieber gleich alles auf japanisch.
Hier liegt Spiegel online wieder vorn, denn wissenschaft.de geruht nicht uns mitzuteilen, was das ist. Cognate sind Worte, deren Kern in verschiedenen Sprachen ähnlich klingt und die ähnlich geschrieben werden - daraus kann man schliessen, dass sie verwandt sind (exotisches Beispiel).
Natürlich verrät uns niemand die Quelle, von der alle die Informationen haben - einen Artikel in Nature. Ein weitere und detaillierter Artikel ist wesentlich kritischer als die Chor der Medien zum Thema: "The conclusion will be controversial, as there is no consensus on where Indo-European languages came from. Some linguists believe that Kurgan horsemen carried them out of central Asia 6,000 years ago. "No matter how we [changed] the analysis or assumptions, we couldn't get a date of around 6,000 years," says Gray." Die Kurganer sind also noch nicht endgültig aus dem Rennen.
Wer genau wissen will, wie die Stammbaum-Methode funktioniert, sollte sich einen wissenschaftlichen Artikel Grays im Original ansehen - über die austronesischen Sprachen. Und wer noch mehr wissen und sich verwirren lassen will durch die komplizierte Materie, braucht sich zum Beispiel nur die Übersicht arabischer Dialekte vorzunehmen: ein rauchender Kopf ist garantiert. Der investigative Rechercheur fällt übrigens nicht auf SIL International herein. Formerly known as "Summer Instituts of Linguistics" - eine ultrakonservative evangelikale Vereinigung, die die Bibel in alle Sprachen der Welt übersetzt und alle Menschen mit der so genannten "frohen Botschaft" belästigen will - eine Institution, die sich mit linguistischen Fragen gut auskennt, aber bei allen anderen weltanschaulichen Problemen weiträumig umfahren werden sollte.
Die farbigen Abbildungen stammen von der informativen Website weikopf.de -"Die Welt der Sprache - die Sprachen der Welt". Dort gibt es leider weder Impressum noch einen Copyright-Hinweis.
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