HAUSMITTEILUNG Final curtain for GerdVon Burkhard Schröder So etwas wünscht man sich auch: Beim Abtritt, wovon auch immer, "I did it my way" zu hören. Immerhin: Die Deutschen verabschieden ihren Kanzler - meinen Namensvetter - mit dem üblichen militärischen Brimborium inklusive dem "Kopf ab zum Gebet". Aber Gershwin und Sinatra bei einer Staatsfeier - das wäre unter Kaiser Willem nicht passiert.
Hier in Kreuzberg ist alles ruhig. Die Fenster meiner Nachbarn leuchten, als drohte irgend Feiertag, der der Verehrung irgendeines höheren Wesens dient und dem gemeinsamen Familienfressen. Ich muss den wohlwollenden Leserinnen und geneingten Lesern verraten, dass ich aus persönlichen Gründen recht missmutig bin, enttäuscht und schlechter Laune. Aber da muss man durch. So erklärt sich vielleicht der etwas melancholische Unterton. Was soll's. Bei solchen Anlässen fällt mir immer der Satz eines Zen-Mönchs ein: Die Welt ist ein Irrenhaus, und der wahre Weise verhält sich dementsprechend.
Großer Zapfenstreich. Ich bin bekanntlich nicht nur ein eingefleischter Hundehasser und Heide, sondern auch Pazifist, obwohl ich einige Jahre einen Waffenschein und eine scharfe Waffe besessen habe. Es fasziniert immer wieder, was Leute an zackigen Ritualen gut finden. Der Deutsche an sich braucht natürlich Fackeln oder Lichterketten in der Nacht, um sich wohl zu fühlen. Um zu verstehen, warum geordnete Menschenmassen im Gleichschritt hin- und herkommandiert werden, muss man nur Klaus Theweleit lesen. Demonstration der Macht, was das Volk symbolisch braucht, Zitat der Maschinenwelt: Große Mengen, mathematisch geordnet, gehorchen dem Wort und dem Befehl des Anführers. Man sollte wissen, dass der SPD-Politiker und ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann auf den Zapfenstreich verzichtete: Er zog eine fröhliche Bootsfahrt auf dem Rhein mit geladenen Gästen dem pseudoreligiösen Ritual vor. So viel zu Stilfragen. Aber Gerd hatte Stil: Er trat rechtzeitig ab und klammerte sich nicht verzweifelt an die Macht.
I did it my way. Das werde ich auch sagen können, wenn ich abtrete. Aber vielleicht hört das dann niemand. By the way: Der Romantiker Friedrich Schiller hat ein Abschiedsgedicht verfasst, das ich schon immer gut und besser als "I dit it may way" fand: "Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder, mir hat er abgeblüht. Der stille Gott - o weinet meine Brüder - Der stille Gott taucht meine Fackel nieder, und die Erscheinung flieht." | |