DIE GUTEN MARSCHIEREN DURCH Links, links, links, links! Die Trommeln werden gerührt!Von Burkhard Schröder
Tja. Hmhm. Ich würde sagen. So äußerte sich gerade Thomas Kausch, der Moderator der Sat.1 News. Kaffeesatzleserei und Ratlosigkeit allüberall. Geschwurbel und wolkige Phrasen - dabei ist die Sache doch klar und deutlich: Das Merkel ist gescheitert. Und Schröder bleibt Kanzler, wie auch immer und mit wem auch immer. Warum ist das so schwer zu begreifen?
Doch eins nach dem anderen. Den Wahlabend habe ich im Bett verbracht. Es war nicht mein eigenes, und ich war auch nicht allein. Soweit das Private. Bei der Elefantenrunde nach der Wahl, die ich in bequemer Lage verfolgte, grinste mein Namensvetter breit, Fischer feixte, und auch Bisky griente, was das Zeug hielt. Ich habe mich ebenfalls köstlich amüsiert. By the way, lieber Tagesspiegel: Ihr habt das gar nicht verstanden. Schröder grinste, weil es ihm Spaß machte, Merkel zu zeigen, wo es langgeht: "Sie können es nicht." Har har. Und er hat mitnichten den "alten Kampfgefährten Joschka" verabschiedet, "indem er von dessen 'Nachfolgern' redet", sondern genau gewusst, dass Fischer für eine Jamaika-Koalition (schwarz-gelb-grün) nicht zu haben ist. Die Financial Times Deutschland hat das gerade bestätigt. Und die Vertreter der "dümmsten Rechten Europas" , wie eine englische Zeitung schon vor Jahren schrieb, saßen da mit versteinerten Mienen.
Ich habe den Ausgang der Wahl vorhergesagt, aber leider nicht darauf gewettet. Was wird jetzt geschehen? Ich prophezeie zwei Versionen. Erstens: Eine rot-grüne Minderheitsregierung - es wird genug Abweichler aus der Linkspartei geben, die dem "offiziellen" Verbot, Schröder zu unterstützen, nicht folgen werden. Wählten sie den alten Kanzler nicht, würden sie bei Neuwahlen in Gefahr geraten, in der Gunst ihrer eigenen Klientel abzustürzen. Die Linkspartei würde sich nicht leisten können, nur Destruktion zu betreiben. Keine Partei wird das Risiko baldiger Neuwahlen eingehen.
Zweite Version: Große Koalition, aber unter einem Kanzler Schröder. Die CDU könnte natürlich einen anderen Kandidaten aus dem Hut zaubern, aber sie hat mit Merkel Wahlkampf gemacht und würde sich blamieren, jetzt jemand anderes zu favorisieren. Die Machthaber in der Union würden sich einem Angebot der SPD, an der Regierung teilhaben zu dürfen, kaum verschließen. Die CDU wird Merkel dafür opfern, da sie ohnehin abgewirtschaftet hat und in die Wüste alias das Beitrittsgebiet geschickt werden wird. Vor den Nachwahlen in Dresden wird das jedoch nicht geschehen. Wir Linken sehen dem zu erwartenden Richtungskampf in der CDU mit Schmunzeln und Schadenfreude zu.
Was ist das Fazit? Für den kleinen Mathematiker ganz einfach: Das "linke" Lager marschiert. Bei den Wahlen 2002 hatte es rund drei Prozent weniger als jetzt. Die Linkspartei schöpfte ein Potential aus, was vorher brach lag. Man will es kaum glauben, aber die Deutschen beweisen zwei Dinge: Sie sind weniger konservativ als man gemeinhin annimmt, und sie zwingen ihre Politiker darüber nachzudenken, dass in einer Demokratie jede demokratische Partei mit jeder anderen koalieren können müsste. Eine Koalition ist nie eine Liebesheirat, sondern ein pragmatisches Zweckbündnis.
Das haben unsere VolksvertreterInnen noch nicht begriffen. Alle, aber auch alle beeilten sich zu erklären, dass sie mit den anderen nicht könnten. Welch ein Unfug! Cleverle Schröder versucht jetzt auch noch, einen Keil zwischen CDU und CSU zu treiben. Stoiber sträuben sich schon die Rückenhaare: "Eine große Koalition unter Führung der SPD ist mit uns nicht zu machen." Nicht mit der CSU. Aber vielleicht mit den jüngeren Abgeordneten der CDU? Ich kann nur meinen Respekt gegenüber der Chuzpe Schröders bekunden. Das ist Machtpolitik vom Feinsten. Schön und gut, dass es die Linke endlich gelernt hat, wenn auch unter großen Mühen.
Die geschätzte Kollegin Tissy Bruns hat das im Tagesspiegel elegant auf den Punkt gebracht. "Vielleicht ist das der tiefere Grund für das schlechte Abschneiden der Union: Ein Mangel an Härte, Rücksichtslosigkeit, Brutalität; eine bürgerliche Wohlanständigkeit, die den Regelverstoß scheut – Skrupel, die den Wahlkämpfern Schröder und Joschka Fischer eher wesensfremd sind. Man konnte in der Miene des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) während der Fernsehrunde die Fassungslosigkeit über das Vorgehen dieses Kanzlers mit dem Raubtierlächeln sehen." Ich kann mich nur wiederholen: Har, har- die deutsche Rechte ist selten dämlich. Und das ist auch gut so.
Fotomontagen: Burks |