LINKS GEWINNT Ein Gespenst geht um: PDS im WASG-PelzVon Burkhard Schröder
Bei der SPD beginnt das große Zittern. Seit einem Vierteljahrhundert ist das Parteiengefüge der Viererbande nicht mehr durchgerüttelt worden. Damals waren die Grünen zu den drei "etablierten" Parteien gestoßen. Ich benutze ungern den Begriff "etabliert" in diesem Zusammenhang, weil er eigentlich von Schönhubers Franz und seinen dunkel- und hellbraunen Kameraden von den Republikanern stammt. Man kann wieder wählen - das sagten immer die Rechtpopulisten.
Und jetzt - welch' eine Überraschung, scheint sich im knochenkonservativen Deutschland eine populistische Linke breitzumachen. Unser oft zitierter Gewährsmann Franz Walter erklärt im aktuellen Papier-Spiegel die Weltläufte der Wählerinnen und Wähler wieder einmal hinreichend. In den anderen europäischen Ländern hat das orthodoxe Konzept einer "Volkspartei" längst ausgedient. Es gibt kein politisches Programm mehr, das unterschiedliche Milieus, Klassen und Pressure Groups langfristig vereinen könnte.
Oskar Negt sagte kürzlich der Zeit, die Öffnung des Parteienspektrums nach links sei eine "europäische Entwicklung. Insofern ist das auch eine Art Normalisierung der deutschen Geschichte."
Wer wieviel Prozentstimmen bekommt, ist bei der nächsten Wahl ohnehin nicht so wichtig. Wenn es eine Kraft links von der SPD gibt, rückt die alte "Arbeiterpartei" mehr in die Mitte - und sammelt dort Wähler ein. Die Linke wiederum rekrutiert bei denen, die eben nicht mehr SPD wählen und denen die CDU und die Grünen zu etabliert und bürgerlich erscheinen. Die Kombination SPD gegen die WASGPDS könnte dem linken "Lager" insgesamt mehr Stimmen bringen. Die Wählerbewegungen haben sich seit Jahrzehnten nicht groß geändert, es kommt nur auf rund fünf Prozent der Wähler, die Wahlbeteiligung und die Unentschlossenen an.
Den lustigsten Vorschlag zum Thema machte Jörg Schönbohm: Der "drohte", Oskar und Genossen vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Inwiefern ist das eine Drohung? Und interessiert es irgendjemanden, ob die Schlapphüte jetzt die Wahlbroschüren der PDS und der linken Sektierer der Wessis lesen? O höhere Wesen, schmeißt Hirn vom Himmel!
By the way, Herr Schönbohm, der bekanntlich in seinem Ländle eine der höchsten Kameradendichte hat: Die Neonazis sind vorerst erledigt. Wenn es denn Wähler gibt, denen Politik am Gesäß vorbeigeht und die "denen da oben" nur einen Schreck einjagen wollen, dann wählen die jetzt nicht die Volltrottel von Ultrarechts, sondern die Linke. Aber natürlich sollte die CDU genau hinsehen, was jetzt mit der PDS geschieht: Ihr blüht ebenso eine Normalisierung und ein Absplittern des rechten Randes. Siehe Frankreich, siehe Italien, siehe Skandinavien.
Wer mit wem kann, ist natürlich auch Schall und Rauch, wenn es um die Macht geht. Mein Namensvetter würde selbstredend Lafontaine und Bisky als Minister akzeptieren, wenn die ihm sein Amt garantieren könnten und sonst keiner. Ein bisschen mehr Machiavelli darf's schon sein - von den Italienern lernen heißt koalieren lernen.
"Die Sozialdemokraten wollen eine Mehrheit im Bundestag haben, über die sie bereits verfügen - sie können nur nichts damit anfangen." Ein wunderbarer Satz vonFalter, klar und einfach, und er erklärt die Mentalität der SPD hinreichend. Zagen , zögern und zaudern und nicht beherzt die Macht ergreifen, sondern erst auf eine Beschlusslage und dem Boten mit den Akten und den Klarsichthüllen warten - so war es schon immer.
Und jetzt der Blick in die Zukunft: Wenn die Linke zerbröselt, was sie seit dem Bauernkrieg ohnehin permanent tut, dann muss sie sich auch wieder vereinigen. Otto Grotewohl und Wilhelm Pieck konnten sich genausowenig leiden wie Schröder und Lafontaine. Und dann kam es doch zu einem berühmten Händedruck. zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten. Für das Thema hat die CDU bestimmt noch die Textbausteine von 1998 zur Hand.
Nicht dass hier Missverständnisse aufkommen: Ich bin Zyni- und Pragmatiker und wähle weder Personen noch Programme, sondern nur Trends. Die Linke stärken und die Braunen in die Tonne treten ist doch ein sympathisches Motto! Aber die obrigkeitsfixierte deutsche Linke mit dauerndem Hang zur Erziehungsdikatur ist zum Kotzen, insbesondere wenn sie auch noch als PDS im WASG-Pelz einherkommt. Aber was soll man machen. Es ist wie im DJV Berlin: Man muss mit dem kämpfen, was man hat. |