POLITIK | | Aktuell | 11. November 2004 |
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SCHLAPPHÜTE BEOBACHTEN VOLLMEISEN Die Zeugen HubbardsVon Burkhard Schröder |
Der Verfassungsschutz darf die Scientologen beobachten. Das meldet die Tagesschau. Das Verwaltungsgericht Köln hat so entschieden. Es "ergebe sich, dass wesentliche Grund- und Menschenrechte, wie die Menschenwürde, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Recht auf Gleichbehandlung außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden sollten. Zudem strebe Scientology eine Gesellschaft ohne allgemeine und gleiche Wahlen an. Diese verfassungsfeindlichen Zielsetzungen rechtfertigten die Beobachtung durch den Verfassungsschutz auch heute noch, entschied das Gericht weiter."
Wie kann man sich das vorstellen? Müssen die Schlapphüte die teuren "Kurse" der Hubbard-Jünger von unseren Steuergeldern bezahlen, um sich zum Operierenden Thetan ausbilden zu lassen? Das wird teuer. Wer sich über die komischen Details informieren will, klicke sich durch die Artikelsammlung von Stephan Kleinert oder lese die Website Tilman Hausherrs.
Liebe Schlapphüte! Da kommt einiges auf euch zu, was die Weltanschauung betrifft: "Scientologen glauben, dass sie aus Vorzeiten reinkarniert wurden. Sie glauben dass viele interplanetarische Zivilisationen existierten. Der Geist wurde von Hubbard in 'Thetan' umbenannt. Vor Anfang der Zeit existierten schon die Thetane, alle voneinander getrennt (Thetane wurden nicht erschaffen, sie existierten immer, schon vor Erschaffung der Zeit). Mit der Erschaffung von Energie und Materie wurden die Thetane allmählich gefangen. Die hauptsächlichste Methode des Einfangens beruht auf 'Implantierung', dabei ist der Thetan hypnotisiert und es werden ihm positive Gedanken eingegeben die seine Macht beschränken. Gemäss Hubbard war dieser Prozess in diesem Universum seit vier Quadrillionen Jahren im Gange (4'000'000'000'000'000; vielmehr als die von Astrophysikern vertretenen nur 8-20'000'000). Trotzdem, dies ist nur ein Universum in einer Serie von verschiedenen. Scientologen versuchen die Macht der Thetane zurückzugewinnen indem sie sich der Implantate entledigen und durch Anwendung von Drill die übersinnliche Wahrnehmung und Fähigkeit steigern. Das Ziel dieser Verfahren ist ein 'Operierender Thetan' - ein Wesen das unabhängig von seinem physischen Körper handeln kann und allein durch reine Willenskraft physikalische Ereignisse hervorrufen kann. Der 'Operierende Thetan' wäre fähig, Krankheiten und psychische Störungen bei Andern durch seinen Willen zu vertreiben."
In den Innenministerien der Länder wird also der Krankenstand dramatisch sinken. Und die V-Männer, sind sie denn erst Thetan und völlig clear im Kopf, werden anschließend auf die Lechts- und Rinksextremisten losgelassen. Mit der Kraft ihrer Gedanken vertreiben sie jeden bösen Ismus. Die "Operation Clambake" - "The Fight Against the Church of Scientology" in deutscher Version jetzt also mit Steuermitteln.
Die Hubbardianer sind dafür bekannt, dass sie mit ihren Gegnern - zu denen dann auch enttarnte Spitzel gehören - nicht zimperlich umspringen. Dieter E. Zimmer schrieb in der Zeit: "Einschüchtern, zermürben, zerstören - die Scientologen scheuen keine Mühe, ihre Kritiker mundtot zu machen." Im Fall Lisa McPherson hat es eine Tote gegeben, wie man im Razor Magazine nachlesen kann. Nicht nur gegen Aussteiger, sondern gegen Kritiker und überhaupt Information über den Laden richtet sich der ganze Zorn der Halb-, Viertel- oder Achtel-Thetanen. Im Internet kann man zum Thema "Scientology vs. the Net" die Details der juristischen Schlachten verfolgen.
By the way: was machen eigentlich Jehovas Zeugen? Die streben, wie die Zeugen Ron Hubbards und die Zeugen Mohammeds, auch eine Art Gottesstaat an. Man kann sich kaum vorstellen, dass nach dem Jüngsten Gericht auf Erden und im Paradies freie Wahlen stattfinden werden und das jeweils verehrte höhere Wesen sich abwählen und durch ein niedriges Wesen, etwa einen Hominiden, ersetzen lässt - oder gar durch Luzifer. Da muss der Verfassungsschutz doch beobachten! Oder die selbst ernannten Sekten-Jäger rekrutieren, die oft nicht besser oder anders sind als die Gejagten.
Ich habe hier zwei prall gefüllte Aktenordner mit Akten, Dokumenten und Recherchematerial über die Scientologen. Darin einen Artikel aus dem Spiegel 50/1992 mit der Überschrift: "Weder Gott noch Götter. Der Verfassungsschutz hält die Scientology-Sekte für verfassungsfeindlich." Am Schluss heisst es: "Die Beobachtung der Scientologen durch den Verfassungsschutz könnte zum Krieg der Maulwürfe ausarten: Denn die SC verfügt nach Berichten von Insidern längst über einen eigenen Geheimdienst, der auch schon mal den Gegner auf Schwachstellen überprüft."
Das ist lustig: die Scientologen "bezeichneten die Beobachtung als 'reine Farce' und 'Verschwendung von Steuergeldern'" Eine Farce bezichtet eine andere, genauso so idiotisch zu sein wie sie selbst. Der Unterhaltungswert bleibt uns also erhalten. Daher etwas Ernstes:
Günther Kehrer, Professor für vergleichende Religionswissenschaften an der Uni Tübingen, schrieb in der Zeit 7/1997 einen sehr hübschen Artikel: "Religion darf Unsinn sein - Ist Scientology eine Kirche?" Fazit: es gebe keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Amtskirchen und Sekten. "Zu den Dingen, mit denen man sich in Deutschland schwerer tut als anderswo, gehören die Religion, das Verhältnis des Staates zur Religion und die Religionsfreiheit überhaupt. ... Jeder Studierende der Religionswissenschaft lernt schon im ersten Semester, daß es sehr schwierig ist, Religion zu definieren. Er lernt auch, daß man sich davor hüten muß, Religion wertend zu definieren. Ob uns bestimmte Sätze einer Religion gefallen oder nicht, sagt nichts darüber aus, ob diese Sätze religiös oder nichtreligiös sind. ... Wer unbefangen den zweiten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses liest, wird sich nicht zum dem Urteil hinreißen lassen, daß hier die Spitze möglicher Rationalität erreicht sei. Es läßt sich weder wissenschaftlich noch politsch entscheiden, ob es so viel vernünftiger ist, danach zu streben .. ins Nirwana einzugehen, oder sich eines Tages mit Haut, Fleisch und Knochen aus dem Grabe zu erheben, um ewig weiterzuleben. Eine Minimalbestimmung könnte höchstens so lauten: Ein Glaubenssystem, das keine dem kritischen Geist unsinnig erscheinenden Sätze enthält, ist nicht religiös. Die Schlußfolgerungen daraus wären aber für unsere religiöse Landschaft unabsehbar."
Erwähnt sei auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16.05.1998: Der Staat, in dem Anhänger unterschiedlicher oder gar gegensätzlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zusammenleben, kann die friedliche Koexistenz nur gewährlisten, wenn er selber in Glaubensfragen Neutralität beweist. Er darf daher den religiösen Frieden in der Gesellschaft nicht von sich aus gefährden.
Man darf also davon ausgehen, dass die Schlapphüte zurückgepfiffen werden, wenn die Angelegenheit erst beim Bundesverfassungsgericht angekommen ist. Wer behauptet, von Thetanen gehe eine Gefahr für den Staat aus, der ist vermutlich selbst etwas weich in der Birne und bedarf dingend eines ideologischen und intellektuellen Upgrades, zum Beispiel durch dieses kleine Familienforum.
Ceterum censeo: Verfassungsschutz abwickeln! Und die Zeugen Hubbards gleich mit.
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BURKS ONLINE 11.11.2004 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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