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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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Wohnort: Berlin-Neukoelln
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Verfasst am:
02.09.2004, 16:46 |
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| [NETZ]KULTUR | | Aktuell | 02. September 2004 |
| | | EBAY: POLIZEI RÄT ZUR SCHNITZELJAGD Workshop: Spuren verwischen im InternetVon Burkhard Schröder |
Eine beliebter Textbaustein deutscher Online-Medien lautet: die Polizei nahm einen beliebigen Bösen fest, der etwas Böses im Internet getan hat. Ergo: Kriminalität im Internet nimmt drastisch zu. Jemand hat vor kurzem bei Ebay betrogen. Also schreibt der "Börsenreport": "Internet Betrug nimmt rasant zu". Und so fort. Wenn eine beliebige Tageszeitung meldete: "Einbruch bei Seniorin", müssten alle deutsche Medien nach eben dieser Logik folgern: "Kriminalität gegen Alte nimmt drastisch zu." Bei der journalistischen Qualität der Artikel über Internet-Themen müssen die wohlwollende Leserin und der geneigte Leser zugunsten oft einen zeitweiligen Zustand der geistigen Umnachtung bei den Autoren voraussetzen. Anders lässt sich der grobe Unfug, den man auch in seriösen "Online"-Zeitungen aufgetischt bekommt, nicht mehr erklären.
Die Welt berichtet heute: "Die Polizei rät Kunden von Internet-Auktionen, Verkäufer in eine Kommunikation per E-Mail zu verwickeln. "Dadurch entstehen elektronische Spuren, die bei einer Ermittlung wertvoll sein können", sagte ein Beamter." Das klingt spannend - vor allem deshalb, weil die Welt sich vornehm zurückhält, um was es sich bei diesen "elektronischen Spuren" handeln könnte. Man darf davon ausgehen, dass sie es selbst nicht weiß, sonst hätte sie die Pflicht, es den geneigten Leserinnen und wohlwollenden Lesern zu erklären. Journalismus, das sei hier moraltheologisch und missbilligend angemerkt, bedeutet nicht, die Rezipienten im Zustand der selbst verschuldeten Unmündigkeit zu lassen oder diesen unerquicklichen Zustand noch zu fördern, sondern abzuhelfen - mit Fakten.
Zunächst verwickeln wir einen Verkäufer also in eine Kommunikation. Will der Kriminelle uns einen Kühlschrank online verkaufen, geben wir uns als junge lebenslustige Frau aus, die sich einsam fühlt und die bittet, das Gerät doch bitte persönlich vorbeizubringen. Wir schauen aufmerksam auf den Header der E-Mails, die im Minutentakt bei uns eintrudeln. Jeder Mensch, der online ist, hat eine unverwechselbare IP-Adresse. Das gilt für alle Dienst im Internet, auch für P2P-NutzerInnen.
Das Problem: Header kann man fälschen. Darüber diskutierte man in der Newsgroup de.admin.net-abuse.mail. Wenn der Header jedoch Unsinn enthält, wird man dem Absender kaum zurückschreiben können.
Der potentielle Kriminelle wird jedoch so vorgehen, wie es hier im Artikel "Domain-Fälschen für Gewerkschaftler" angedeutet wurde. Man besorgt sich eine E-Mail-Adresse bei einem russischen Provider, eine weitere bei einem Provider in Japan oder - noch besser - in China oder Malaysia. Dazu noch ein Dutzend andere quer durch Europa. Und die Adresse, mit der man "öffentlich" kommuniziert, wird an eine andere weitergeleitet - und so fort.Bei einem Dutzend Weiterleitungen quer über den Globus wird es schwer, die Identität des Nutzers festzustellen, zumal, wenn auch noch Sealand und Belize in der Kette vorkommen. Die chinesischen, japanischen, russischen und mittelamerikanischen Firmen müssten mit den deutschen Strafverfolgungsbehörden kooperieren. Das dauert.
Aber wir wollen es den Kriminellen nicht allzuleicht machen. Betrügern, die bei Ebay betrügen wollen, empfehlen wir also eine datenschutzrechtlich unbedenkliche Mail-Adresse bei AOL oder eine der üblichen DAU-Adressen bei yahoo.de, gmx.de oder web.de. Und natürlich sollte man seine Mails nicht verschlüsseln. Niemand hat etwas zu verbergen, und heutzutage hat ohnehin jedermann eine Webcam in der privaten Toilette und im Schlafzimmer.
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