Mehrere Online-Magazine ängstigen uns mit einer gar erschröcklichen Meldung: Monsterspinnen greifen im Irak die US-Army an! Wie das? Sind die Arachniden zum Islam konvertiert? Steht die Tierwelt Osama bin Laden bei? Zu viel LSD bei den US-Soldaten? Schlägt Foltern aufs Gemüt und verursacht Wachträume? Nein, die Meldung stimmt. Aber nur ein bisschen. Spiggel.de klärt wie gewohnt auf.
Zuerst die ärgerliche Nachricht: das linkfreieste aller investigativsten Online-Magazine zeigt uns nur einen Screenshot und verrät nicht - wie gewohnt -, woher es den hat. Es geht um Kamelspinnen. Die sehen relativ unappetitlich aus. Der medienkompetente Surfer kann, unfroh gestimmt, Wortfolgen des Screenshots mühsam entziffern und dann die Boolsche Algebra per Hand eintippen, zum Beispiel: "a pro basketball player weep with envy".
Soldaten der US-Armee, die, wenn sie nicht gerade foltern, mit der Verteidigung der Westlichen Wertetm im Irak beschäftigt sind, berichten Unheimliches: die Kamelspinnen schleichen sich in Schlafsäcke, essen die Mägen von Kamelen, können so schnell wie ein Fahrrad laufen und schreien dabei, springen hoch in die Luft und betäuben ihre Gegner mit Gift. So die Legende.
Nun die gute Nachricht: die Spinnen sind gar keine Spinnen, sondern eine eigene Art, die "Walzenspinne", englisch: Solifugids, "also known as Camel spider, Wind scorpions." Die interessante Website Star Insects verkündet: "Despite their unsympathetic appearance, solifugids are quite harmless to humans. They can probably bite, but do not have venom. A large solifugid can bring down a scorpion and even small vertebrates such as lizards, small rodents and birds." Die Tierchen sind auch bekannt als Galeodes arabs.
Für den staunenden Laien und den sich wundernden Fachmann: Classification: Class: Arachnida, Order: Solpugida, Family: Daesiidae, Genus: Syndaesia. Species: There are over 600 known species of solifugids worldwide, of which the United States as well endowed with some 100 species. In arabischen Ländern ranken sich allerlei Mythen um die "Spinnen", wie die Spider Myths Site verrät. Und einige der Geschichten sind wahr - oder auch nicht. "...which anaesthetize sleeping humans and eat large chunks of their flesh" So steht es auf einer Einrichtung eines Museums mit dem sypathischen Namen Burke Museum of Natural History & Culture, University of Washington, Seattle. Und wer sich für die Arachnologie - "the study of arachnids" - brennend interessiert, wird also im Irak schnell fündig.
Und noch etwas Gutes, Schönes und Wahres: die Kamelspinne interessiert sind gar nicht für Kamele, sondern lässt die Wüstenschiffe in Ruhe. Sie schnappt sich vielleicht in besonders aggressiven Momenten ein Vögelchen, aber davon gibt es in der Wüste ohnehin nicht viel. Ihr Name stammt daher, so nimmt man an, dass sie oft in Sandstürmen gesehen wird. Vielleicht haben die Iraker bald einen Spitznamen für US-Militärs: "Kamelsoldaten." Aber Spinnen foltern nicht, sondern verursachen, wenn sie beissen, nur ein wenig Übelkeit.
Auf dem Bild ganz oben sind übrigens zwei Tiere zu sehen, die sich ineinander verbissen haben. In Wahrheit sind "Kamelspinnen" nicht viel größer als eine Handfläche.
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