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Verfasst am:
20.02.2005, 20:19 |
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| Nikolaus Federmann: Indianische Historia | | Hagenau 1557 | 20. Februar 2005 |
| | | DIE EROBERUNG VENEZUELAS Indianische Historia (16) - Zigeunern und Krüpplen gleichVon Nikolaus Federmann |
Diese Nation, volkreich und sehr streitbar, auch reich an Gold, hat aus eigner Macht alle anstossenden Nationen, aus der Ebene in das rauhe Gebirg zu wohnen gezwungen, damit sie allein das schönest, ebenst und fruchtbarst Ort besässen und bewohnten. Diese haben bei Ankunft der Christen (so ihre Freundschaft begehrten) sich ganz gutwillig, ohnbezwungen (allein aus Wunder, dies unbekannt Volk, die Christen, zu sehen) mit Verehrung einer grossen Summa Golds erzeiget. (2)
Denn wie ich hernach, wenn ich deren Sitten beschreibe, anzeigen will, haben und besitzen sie darzu feste und wohl bewehrete Flecken, die nicht wie andre vor erfahrene Pueblos oder Flecken überfallen werden konnten, und solches darum, weil sie mit vier Nationen, die sie zu vier Seiten umgeben, Feinde sind und sich stets eines Kriegs und Überfalls von ihren Feinden besorgen und versehen müssen, und auch hinwieder gegen ihren Feind gebrauchen; denn die drei Nationen umgeben sie und etliche Flecken der Xaguas, deren Feinde sie auch sind. Und ob sie schon mit etlichen derselben und nächste anstossenden Flecken conföderiert sind und contractieren und Gewerbe haben (wie dann die Xaguas um Salz mit ihnen handlen), so sind sie doch, wie vorgemeldet, auch ihre Feinde.
Auch haben sie zu der anderen Seite die Nation Ciparicotes. Und zu der dritten Seite haben sie die Nation Cuibas; welche Nationen alle drei Menschenfleisch essen und also ihre Feinde, die sie im Kriege oder wie sie diese sonst fangen mögen, metzigen und schlachten. So haben sie zu der vierten Seite ihre eigne Nation, auch Caquetios, in dem Valle Poblado, das ist "im wohl bewohnten und reichvölkigen Tal", geheissen Vararida [heute: Acarigua(1)] (darvon hernach und wie wir sie beim Rückkehren nach Coro durchzogen haben, wird angezeigt) auch für Feinde, also dass wir achteten, dass sie wegen der Vielheit der Feinde, mit denen sie zahlreich umgeben sind, sich so nahe zusammenpobliert und behauset haben, damit sie dest gewahrsamer und bass ihren Feinden möchten widerstehn. Denn diese das meist und grösst Volk sind, so wir bisher und hernach, in dieser Reis, und in so kleiner Landschaft bei einander und in so guter Wehr und so starken Flecken gefunden haben.,
In dieser Provinz fand ich Zeitung von einem andern Meer, das Süd- oder mittägliche Meer genannt wird, welches eben das war, das wir mit Verlangen erhofften und das, wie anfänglich gesagt, die meiste Ursach unsers Ausreisens gewest ist, solchs zu erreichen (2); denn daselbst grosser Reichtum von Gold, Perlen und Edelgesteinen meist zu erhoffen ist, wie in andren Gubernationen der Indianischen Ländern an Örtern, da man das gesagt Südmeer erreicht, reichlich gefunden wird.
Und wiewohl uns die Einwohner dieser Pueblos oder Flecken, wie zuvor angezeigt, darvon gesagt hatten, so wollten sie soch selbst dagewesen zu sein nicht bekennen,; allein (sagten sie) von ihren Ältern [Vorfahren] hätten sie es also gehört, welches wir aber nur für Ausrede hielten, um nicht von uns gezwungen zu werden, uns dahon zu geleiten.
In den vierzehn Tagen, da ich die Flecken dieser Provinz besichtigt und heimsuchet, wie zuvor angezeigt, und mich dort aufhielt, wurden mit etwa sechzig Christen krank, darunter etliche, die weder zu Ross noch zu Fuss von Statt zu bringen waren. Und wiewohl mir, länger still zu liegen und der Kranken Gesundheit zu erwarten, wohl not gewest wäre, so wollten doch die Hispanier der ungesunden Luft und Feuchte dieser Provinz die Ursach ihrer Schwachheint zumessen, verhoffend, so sie sich von diesem Orte und der Luft ankehrten, ihrer Krankheit erlediget zu werden.
Derhalben erhub ich mich den nächsten Tag, dem angezeigten Meer zuzuziehen, liess etliche der Kranken in Hamacos (also heissen die indianischen Betten, deren Art ich hernach anzeigen will) tragen, darzu ich die Indios unsers Trosses gebrauchte und den Einwohnern zu verstehen gab: darum dass sie grosse Herren wären, würden sie getragen.
Andere liessen wir reiten, die Gesunden und die, denen die Ross gehörten, ab- und die Kranken, einen hinter dem anderen, aufsitzen; und also, soviel als möglich, dissumlierten [simulierten] wir gegenüber den Indios, darmit sie nicht spürten, dass wir, die sie für untödlich achten, auch Krankheiten unterworfen seien. Denn so sie solchs gemerkt, würde es uns nicht wenig Nachteil bracht haben und, unbezweifelt, sie würden sich auch uns zu bekriegen haben unterstanden; demnach habt ihr zu bedenken, zu wie ungelegener Zeit sie uns angriffen hätten, und auch wie bekümmerlich es mir war, dieweil ich mich in so weitem und unbekanntem Land mit krankem und unwehrsamen Volk befand, darmit ich weder zurückzureisen noch fortzuziehen nützliche Wege sah.
Denn ich mich unter solchem Volk befand, deren Freundschaft ich mich nit länger als die Zeit, da wir ihrer mächtig und sie schwach waren, zu versehen hatte, auch nicht wusste, was Volk wir vor uns hatten, welche dieser Provinz Variquecemeto Feinde waren, und da es wohl zu ermessen war, dass es ein wehrsam Volk wäre, derweil die dieser Flecken (welche die stärksten an Gebäu und Volk waren) Feindschaft mochten erleiden und widerstehn.
Dieses alles kundt mich aber fortzuziehen und meinen fürgenommenen Weg weiterzureisen nicht verhindern, denn wir uns wenigs Guts zu versehen hätten, wenn wir wieder zurückzogen und bei der Nation Xaguas der Kranken Gesundheit erwarteten. Denn das würde uns von den naturales oder Indios für Furcht und Zagheit angerechnet worden sein, sich gegen uns zu erheben.
Also, unter zweien bösen das wenigest arge zu wählen, zog ich dergestalt, wie vorgesagt, mehr Zigeunern und Krüpplen, denn Kriegsleuten gleich, meiner Wege. Mit wurden von diesen Pueblos oder Flecken bei zweihundert Indios (unsern Plunder zu tragen, auch den Weg bis ins Gesicht der Flecken ihrer Feinde, welche ein ander nation Cuybas geheissen) zugegeben, denenich zusagte, sie aus der Feinde Land an ihre Gewahrsame wieder zu begleiten. Denn, wie ihr zuvor habt gehöret, so ward unser Trossvolk grösstenteils die Kranken zu tragen gebraucht.
Als wir aber diese Indios, so uns den Plunder trugen, fürgehen liessen und ihrer keine Acht hatten, auch von uns ihnen garkeinen Betrugs besorgten, allein vermeinend, dass sie so voraneilten, weil sie so schwer beladen gingen und die Last zu ringern suchten, da trugen sie diesen Plunder nit über zwo Meil Wegs und liessen es allem im weiten Feld (am Weg, da wir fürziehen mussten) stehn und gingen davon, vielleicht besorgend, wir würden sie bin in ihrer Feinde Land bringen und sie alsdann zwingen uns ferner zu dienen, auch des Zugesagten nit Glauben halten.
Nun hatten wir aber solchen Plunder fortzubringen nicht Leute. Es war uns auch nicht zu tun, den Plunder unter die Christen auszuteilen. Denn der Gesunden wenig waren, und wenn dieselben erst beladen und dadurch müde wären worden, so hätten wir den Feinden, wenn sie uns angerannt hätten, keinen Widerstand tun mögen. Klaubten also das Nötigest, so wir bedurften, daraus, solches unter den Christen austeilend; und den Rest liess ich abwegs vergraben, bis auf die Wiederkunft; denn ihn fortzubringen sonst kein Mittel vorhanden war. Denn es waren uns die Indios, so uns den Weg zeigen sollten, wie vorgesagt, entlaufen, doch zu allem Glücke ein kleins Knäblein und ein indianisch Weib, die den Indios, die uns verlassen, nicht folgen kundten, unter uns und bei den Christen geblieben, von denen die India der Cuybas Sprach etwas kundte, aber doch nit wolte gestehen, dass sie den Weg wüsste.
[Fortsetzung folgt]
Abbildungen
Die Bilder indianischer Hängematten: Ciudad Virtual de Antropología y Arqueología, Argentinien (de Oviedo, 1535, unten, de Benzoni, 1563, 2.v.u.).
Anmerkungen
(1) Acarigua; Stadt mit knapp 200.000 Einwohnern im venezolanischen Bundesstaat Portuguesa. Vor der spanischen Eroberung hatte die Siedlung mehr als 20000 Einwohnern. Bei Philipp von Hutten: Hacernigua
(2) Der offizielle Auftrag der Konquistadoren im Sold der Welser lautete, den Weg zum "Südmeer" zu finden, das heißt: die "Gewürzinseln", die man dort vermutete. Die Molukken, die die Portugiesen entdeckt hatte, waren aber in Asien, nicht in Südamerika.
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