Von der Currywust zum Hieronymus Bosch Style

Hieronymus Bosch StyleHieronymus Bosch Style

Ich habe die KI auf ein eigenes Foto losgelassen: /imagine https://www.burks.de/burksblog/pix/2022/10/121022_3gr.jpg hieronymus bosch style –s 750

Ein deutsches Unternehmen, Schachtdeckel und Gatoren

Paul-Löbe-Haus

Der Kran hat etwas ans Dach gehängt, was niemand identifizieren kann. Jemand meinte, es sei eine überdimensionierte Lautsprecheranlage, die das geladene Volk später bei den Feierlichkeiten beschallen soll. Gut, dass ich dann Urlaub habe.

Auf dem Reichstag flattert schon die Fahne der Inkas Regenbogenfahne. Vermutlich wird die Musik auch homosexuell „queer“ sein, alle Sängerinnen haben Bärte und alle Frauen einen Penishintergrund.

Unten hängt übrigens unfeierlich ein Fahrrad, was auch nicht sein soll. Es war aber angekettet und fiel nicht in die Spree.

gullygully

Jetzt zu uns, Buderus-Gully. Da müssen wir investigativ recherchieren. Vor zehn Jahren fasste jemand zusammen: „Wegen der Ausrichtung auf den Heiztechnikmarkt wurden die bisherigen Konzernbereiche Guss- und Edelstahlerzeugnisse (Buderus Edelstahl) verkauft. Mit Ausnahme der Buderus Guss GmbH, die mit der Herstellung von Bremsscheiben am Standort Breidenbach in der Bosch-Gruppe verblieb, wurde der Konzernbereich Gusserzeugnisse zunächst an den Venture Capital Fonds SSVP [top level domain gg, har har] veräußert und unter dem Dach der Buderus Foundry Management S.à r.l. mit Sitz in Wasserbillig (Luxemburg) weitergeführt. 2012 wurde die Buderus Kanalguss GmbH in Limburg an der Lahn an die Meierguss-Gruppe verkauft und firmiert seitdem als Meierguss Limburg GmbH.“

Eigentlich wollte ich nur wissen, ob das dreieckige Loch mit rundem Rand ab Werk in solchen Gullydeckeln ist oder ob der hier schon lobend erwähnte Rohrleger das hineingeschnitten hat? Und zeigt das Foto darunter den Einsatz des Schachtdeckels, der darunter steckt?

Schachtdeckel, auch Kanaldeckel (oder umgangssprachlich „Kanalgitter“, „Gullydeckel“, „Schleusendeckel“ sowie in der Schweiz und Schwaben „Dolendeckel“ von ahd. dola = Rinne, Röhre; in den Niederlanden Putdeksels, Englisch Manhole covers und Französisch Plaques d’égout) sind vorwiegend aus Gusseisen bestehende Schachtabdeckungen für Kontroll- und Wartungsschächte von unterirdischen Versorgungsleitungen und Abwasserkanälen. (Will sich jemand bei Microsoft bewerben?)

gator

Das Maschinchen ist ein Gator, was sich irgendwie wie ein Saurier oder Krokodil anhört. Wer baut das denn? Mit fiel gleich ein kleines Schild auf, und mein Verdacht bestätigte sich. „Das chinesisch-japanische Joint Venture zwischen Linhai Motor und Yamaha seit den 90er Jahren“ usw.. 所以在某个时候我也必须学习中文。

gator

RAL 5010, vorher

RAL 5010RAL 5010
Ausstattung: ein mehr als zwei Jahrzehnte altes T-Shirt samt dazu passender Hose, mit allen möglichen Farben verschmiert. Bosch Akku-Schleifer UniversalSander 18V-10, Handschleifer, Uralt-Ohrenschutz, darunter (!) die genialen SHOKZ OpenFit True Wireless Earbuds, weil der Schleifer so laut ist, dass man die Musik nicht hören würde. Musik u.a. Jingo, Henry Herbert, Johan JB Blohm, Silvan Zingg Trio, Rachmaninoff, auch gespielt von Lang Lang.

Gestern war wieder RAL-5010-Tag. Man hat ja auch sonst nichts zu tun. Den Tag gab es schon 2022, 2021, 2019, 2016, 2014, 2012, 2011, 2009, 2008 (noch mit anderem Mobiliar).

Das Ergebnis sieht das Publikum morgen – die Farbe trocknet noch. Die Tür hinter mir mache ich auch gleich neu, aber in weiß.

Mir gelang es tatsächlich, gestern früh noch einen Akku samt Ladegerät für den Schwingschleifer zu erstehen. Da ich aber am Wochenende jeweils 12 Stunden arbeite, musste ich gestern auch noch vorkochen, da ich keine Lust habe, wenn ich um 3:50 Uhr aufgestanden bin, um 18 Uhr noch groß einzukaufen und zu brutzeln. Ich habe bis um 21 Uhr geschuftet und dann noch geduscht und konnte natürlich nicht bloggen, weil mir auch nichts mehr einfiel. Zwischendurch zog auch noch mein neuer Untermieter ein, einen Tag vorher als geplant. Also die übliche Hektik, wenn man mal drei Tage frei hat…

Bustling Scene

Baumarkt
Describe a bustling scene at a home improvement store, where customers are navigating through aisles filled with tools, machinery, and supplies. The atmosphere is charged with a sense of urgency as people rush around, their expressions fraught with stress and determination. Shelves are lined with a plethora of products, from power tools to paint cans, as customers frantically scan for what they need. The sound of chatter mixes with the hum of machinery, creating a cacophony of activity. Despite the organized chaos, there’s an unmistakable tension in the air as individuals juggle decisions and deadlines, all while trying to navigate the labyrinthine layout of the store –ar 3:2 –s 750

Heute habe ich wieder kaum Zeit, obwohl ich an einem freien Tag schon vor sechs Uhr aufstehen musste. Sogar mein Avatar muss jetzt pausieren. Ich habe eine Odyssee durch Baumärkte hinter mir, die erst am zweiten Tag erfolgreich war, musste zwischendurch auf Anraten meiner Bank zur Polizei, um eine Anzeige wegen einer verdächtigen Abbuchung zu machen (die Bank hat alles zum Glück rückgängig machen können). Zwischendurch regnete es usw.. Ich musste auch zur Physiotherpie wegen eines Knieproblems (Überanstrengung), das weggefoltertgeknetet wurde. Das ganze Programm…

Heute früh um sechs habe ich meinen Untermieter nach Barcelona verabschiedet – buena suerte, compadre! Um acht hatte ich eine Stunde Hebräisch-Unterricht. Morgen kommt der nächste Untermieter, und ich müsste noch zwischendurch den Küchenfußboden und zwei Türen streichen, aber, was das hiesige fachkundige Publikum garantiert empfehlen wird, ersteren vorher per Schwingschleifer anrau(h)en, dass der Lack auch hält. Woher die Zeit nehmen?

Die Großbourgeoisie hatte mir gestern ein Gerät geliefert, bei dem ein wichtiges Teil fehlte – also zurückgeschickt und ab in den Baumarkt. Ich dachte zwischendurch an das HB-Männchen, das die hiesigen uralten Leser kennen werden.

Übrigens: Die Firma Bosch verkauft ganz im Sinne des profitorientierten Kapitalismus Maschinen, aber nicht automatisch die Akkus und die Ladegeräte dazu. Der Kunde soll mehrfach in die Tasche greifen, wenn dieser – so fahrlässig wie ich – das Klitzekleingedruckte übersieht. (Ich rätsele immer noch, warum in meinem doch recht großen Maschinenpark zwar Hobel, aber kein Schwingschleifer waren.)

[Ich höre gerade Gamazda aka Alexandra Kuznetsova. Es ist ein Genuss, auch weil man selbst des Klavierspielens nicht abhold ist. Die Dame bekommt bestimmt bald Einreise- und Konzertverbot im „freien Westen“. Russin!]

Ich empfehle einen Artikel in der Berliner Zeitung: „Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio haben ein Manifest veröffentlicht. Sie fordern Vielfalt und wenden sich gegen Diffamierung von Andersdenkenden.“

Ich weiß nicht, warum dieses Manifest, um das geht, so geschwurbelt daherkommt, also hätte es ein Sprechblasenfacharbeiter der Politsekte „Die Linke“ verfasst.

Seit geraumer Zeit verzeichnen wir eine Eingrenzung des Debattenraums anstelle einer Erweiterung der Perspektive. Wir vermissen den Fokus auf unsere Kernaufgabe: Bürgern multiperspektivische Informationen anzubieten. Stattdessen verschwimmen Meinungsmache und Berichterstattung zusehends auf eine Art und Weise, die den Prinzipien eines seriösen Journalismus widerspricht. Nur sehr selten finden relevante inhaltliche Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen statt.

„Eingrenzung des Debattenraums“ – was will mir der Sprachkünstler damit sagen? Das kommt gleich nach dem Verschieben des diskursiven Feldes. „Multiperspektivische Informationen“ – man holt sich alle Fakten von überall? Leider habe ich jetzt keine Lust, das in verständliches Deutsch zu übersetzen – das Traktat wäre bestimmt nur halb so lang.

Innere Pressefreiheit existiert derzeit nicht in den Redaktionen. Die Redakteure in den öffentlich-rechtlichen Medien sind zwar formal unabhängig, meist gibt es auch Redaktionsausschüsse, die über die journalistische Unabhängigkeit wachen sollten. In der Praxis aber orientieren sich die öffentlich-rechtlichen Medien am Meinungsspektrum der politisch-parlamentarischen Mehrheit.

Sagt es doch gleich: Die bürgerliche Presse wiederkäut nur die Sicht der herrschenden Klasse, die die Journalisten sind mehrheitlich opportunistische Katzbuckler mit einem beschränkten Klassenhorizont. Aber das darf man natürlich in den Anstalten nicht so sagen.

Die gute Nachricht: Ich habe mein tägliches Duolingo-Soll irgendwie zwischendurch auch noch geschafft. Und ich bekam heute morgen eine Flasche sehr guten chilenischen Piscos geschenkt (Gruss an den Trittbrettschreiber!), den mein Ex-Untermieter blasṕhemisch mit Cola trank, ich aber nicht. Es ist noch genug da, um mich auf die beiden 12-Stunden-Schichten am Wochenende mental vorzubereiten. (3.50 Uhr aufstehen!) Jetzt muss ich eh ins Bett, da ich gestern nur vier Stunden geschlafen habe.

Pisco

Kunst für alle!

cat chatgptcat chatgptcat chatgpt
/imagine roboter going to Eolie Islands passing through mental delirium and hallucinations, dark, bleak, despair, dreaming an undressed mermaid, Bosch style

Das wird mir jetzt doch ein bisschen unheimlich… Ich erinnere mich an das Gefühl, als ich 1995 an meinem Windows 3.11-Rechner saß und die ersten Schritte ins World Wide Web tat, damals mit Compuserve, und irgendwie mit Mosaic oder Netscape auf die Website des Dinosaurier-Museums im mongolischen Ulan Bator geriet und hellauf begeistert war. Ich fühle mich, als nähme ich an einer Revolution live teil. Meine damalige Freundin war uninteressiert und überhaupt nicht neugierig, was auch dazu passt, dass wir uns alsbald trennten.

Wenn ich „mein“ Künstwerk ansehe, fühle ich mich auch inmitten einer technischen Revolution. Dabei zehre ich von dem, was vor einem halben Jahrtausend jemand geschaffen hat. Danke, Hieronymus Bosch!

Gewonnen, weil verloren

Vorratsdatenspeicherung
Computerterminal (Symbolbild)

Heute müssen wir kurz Herumgeschwurbeltes zerschlagen und verquastes Deutsch übersetzen. Ich habe jedenfalls beim ersten Lesen nichts verstanden.

Das Bundesverfassungsgericht verkündet: Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Beschwerdeführenden wenden sich mit ihrer am 19. Januar 2016 erhobenen Rechtssatzverfassungsbeschwerde der Sache nach gegen § 113b Abs. 1 bis 4 sowie § 113c Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und § 100g Abs. 2 sowie § 100g Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 100g Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) in der Fassung des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vom 10. Dezember 2015 (BGBl I S. 2218), die die sogenannte anlasslose Vorratsspeicherung regelten. Zur Begründung machten die Beschwerdeführenden geltend, die anlasslose Speicherung ihrer Verkehrsdaten verstoße insbesondere gegen ihre Grundrechte aus Art. 10 Abs. 1 GG (Telekommunikationsfreiheit) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit). (…)

Puls und Atmung noch normal? Ist das jetzt gut oder schlecht? Positiv oder negativ? Lauschen wir Digitalcourage e. V.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt mit einem soeben veröffentlichen Beschluss die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 20. September 2022, nach der das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung unanwendbar und mit EU-Recht unvereinbar ist.

Die Verfassungsbeschwerde von Digitalcourage wurde für unzulässig erklärt, mit der Begründung, dass die angegriffene Regelung zur Vorratsdatenspeicherung nicht mehr anwendbar ist. Die für ungültig erklärte Norm hatte eine anlasslose Speicherung sämlicher Verbindungsdaten von Anrufen, SMS und IP-Adressen samt Standortinformation vorgesehen. Und zwar nicht von Verdächtigen, sondern von der gesamten Bevölkerung.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unterstreicht nun noch einmal, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung keine Rechtswirkung mehr entfaltet und nicht mehr angewendet werden kann.

In etwa ist das so: Wir haben gewonnen, weil das Bundesverfassungsgericht unsere Klage nicht angenommen hat. Wie meinen?

Heise: Unionsrecht hat bei Vorratsdatenspeicherung Vorrang

Das Bundesverfassungsgericht hat drei Verfassungsbeschwerden gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung aus formalen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen. Der Europäische Gerichtshof habe im September 2022 entschieden, dass eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung dem Unionsrecht widerspricht, sie dürfe daher innerstaatlich nicht angewendet werden, geht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor. Das Gericht habe mit seiner Entscheidung noch einmal unterstrichen, dass das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung keine Rechtswirkung mehr entfaltet und nicht mehr angewendet werden kann, erklären die Bürgerrechtler von Digitalcourage. Sie hatten gemeinsam mit dem Maildienstleister mailbox.org (Oh? Die gibt es noch? Wenn ich nicht schon einen hervorragenden Provider/Hoster hätte, wären die erste Wahl oder doch erst, nachdem ich Jan gefragt hätte) und dem Journalistenverband DJV die Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Noch mal: Die Beschwerdeführer (nein, BVerfG, keine Beschwerdeführenden!) klagten gegen die Vorratsdatenspeicherung. Das Bundesverfassungsgerich antwortet: Vergesst es! Die ist eh nichtig.

Jetzt habe ich es verstanden.

Wimmelbild der Lüste und auch anderer Dinge

bosch
Hieronymus Bosch aka Jheronimus van Aken: Garten der Lüste (1490-1500)

bosch Ich darf kurz zwischendurch ein Buch Stefan Fischers über Hieronymus Bosch empfehlen, das es nicht nur bei der einschlägigen Großbourgeoisie gibt, sondern auch – leider nur das erste Kapitel – im Internet.

Bosch war immer schon einer meiner Lieblingsmaler, weil ich keinen blassen Schimmer hatte, was seine Bilder eigentlich „bedeuten“. Die Gestalten und Mischwesen sind für uns nicht mehr erschröcklich, aber vor einem halben Jahrtausend wird man das anders gesehen haben. Ich hätte mir das vollständige Werk kaufen sollen, aber vermutlich stehen die zentralen Ideen des Autors auch in „Im Irrgarten der Bilder“. So etwas kann man in Büchern natürlich gar nicht richtig betrachten, weil die Details nicht zu erkennen sind. In Fischers Buch findet man eine Linksammlung, nur die ist zu einem großen Teil nicht mehr aktuell. Deswegen habe ich ein bisschen herumgesucht.

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Detail aus „Garten der Lüste“

– Das Jheronimus Bosch Art Center (niederländisch) hat eine Kollektion der Bilder, aber nicht in hoher Auflösung.

– Sehr informativ ist das Bosch Project – dort kann man sogar einige Gemälde als Röntgenaufnahme betrachten. Wenn man einmal anfängt, merkt man schnell, dass man Tage brauchen würde, um alles zu studieren. Das gilt auch für Die_Versuchung_des_Heiligen_Antonius.

– Ganz großartig auch das interaktive De Tuin der lusten van Jheronimus Bosch: Mit Sound, man kann bis ins kleinste Detail hineinzoomen, und die werden auch noch per Text erläutert.

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Ein Teufel, Detail der Hölle aus „Garten der Lüste“

Bosch war ein Maler für die herrschende Klasse, das muss man so uneingeschränkt sagen. Das bedeutet: Er malte deren Ideologie, deren Werte und deren Attitude. Seine Werke fanden sich im Privatbesitz und an den Höfen des europäischen Hochadels. Der Maler selbst war gebildet und was sich des gesamten Canons des Wissen, einschließlich der Bibel, bewusst. Ohne diesen Wissen verstehe man auch die zahllosen Anspielungen nicht.

Die 1484 in ’s-Hertogenbosch gedruckte vorhumanistische Kleingrammatik für den Lateinunterricht Doctrinale des Alexander de Villa Dei listet reihenweise rhetorische Figuren auf, die Bosch sicher prägten, aber zu sprachspezifisch sind, um sie direkt in die Bildkunst zu übertragen. Typische rhetorische Stilmittel bei Bosch sind die Accumulatio, die durch die Aneinanderreihung ähnlicher oder zu einem Thema passender Bildmotive „Wimmelbilder“ oder „Suchbilder“ entstehen lässt, sowie verschiedene Mittel des Vergleichs wie das schon bekannte Exemplum, der Parallelismus, die Oppositio (Gegenüberstellung). Hinzu kommen visuelle Tropen, also Bedeutungsverschiebungen durch Verfremdung, und visuelle Neologismen. Als Letztere kann man die hybriden Bildmotive und Mischwesen Boschs verstehen.

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Eingang zum himmlischen Paradies, ca. 1500-1515

Die Gemälde von Bosch sind belehrend – sie erzählen, was man tun oder lassen sollte und was geschehe, wenn man der herrschenden Moral nicht folge. Die Zeitgenossen fanden sicher auch einige Dinge lustig.

Dieses am Alltäglichen und Gewöhnlichen orientierte Bildrepertoire führte oft zur Komik und zum Humor, auch dann, wenn die moralische Lehre im Dienst der kirchlichen Sündenlehre stand. Denn den Eliten waren ihre Werte und Normen so selbstverständlich eine Richtschnur für das richtige und gute Leben, dass diese Werte und Normen ihnen zugleich dazu verhalfen, sich vom gegenteiligen, also vermeintlich dummen oder undisziplinierten Verhalten abzugrenzen, sich über dieses zu erheben und es zu verlachen. Man war sich zwar der generellen Fehlerhaftigkeit des Menschen durchaus bewusst, erwartete aber, dass jeder sich in seine Rolle und Position einfügte und durch Selbstdisziplinierung mäßigte.

Ist also ungefähr das, was die heutige Mittelklasse fühlt und anderen aufzwingt, mit „bewusstem“ Essen und Sich-Fortbewegen und Sprechen, um sich vom dummen Proletariat abzuheben, das ŕaucht, Fleisch isst und keine Gendersprache will und sich auch sonst schlecht benimmt.

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Die Burks‘-Blog-Leser Verdammten in der Hölle, ca. 1500-1515

Was macht eigentlich die Arbeiterklasse?

working class

Gibt es Quellen, diese Frage zu beantworten? Ich habe ein paar zusammengesucht, zum Beispiel: Entwicklungstendenzen der Sozialstruktur der BRD 1996-2019 (III) – Abhängig Erwerbstätige nach Beschäftigungsverhältnissen und Qualifikation. Es wäre doch sinnvoll und nützlich, wenn es etwas wie Friedrich Engels‘ Die Lage der arbeitenden Klasse in England (1845) auch heute und periodisch gäbe? Nein, gibt es nicht. Allein schon das Wort „Klasse“ ist in deutschen Medien nicht vorhanden, nur in der Literatur.

Wer oder was ist die „Arbeiterklasse“ in Kategorien der Statistik bürgerlichen Sozialwissenschaften? Lohnabhängige oder „abhängig Beschäftigte“: „ganz unterschiedliche Sozialcharaktere“, „deren Gemeinsamkeit in der arbeitsrechtlichen Stellung als weisungsgebundene Lohn- oder Gehaltsempfänger (Arbeiter, Angestellte, Beamte) besteht.“ Aha. Also die objektive Zugehörigkeit zu einer Klasse, mitnichten aber die subjektive (weil Beamte zum Beispiel naturgemäß weit von sich weisen würden, dass sie Arbeiter seien). „Abhängig Beschäftigte“ sind aber auch Manager des Großkapitals – die Kategorie ist also nichtssagend.

working class

1. Das „normale“ Arbeitsverhältnis* erodiert. Das ist natürlich im Interesse der Kapitalisten. Die wollen am liebsten hire an fire praktizieren, um das variable Kapital zu optimieren. Der Endpunkt wäre ein Roboter, der keinen Urlaub und keine Regeneration braucht, nicht streikt,selten krank wird und notfalls 24 Stunden am Tag rackert und auch keinen Lohn will. Der Mensch stört nur die Profitmaximierung.

An Teilzeitarbeit wäre nichts auszusetzen, wenn der Lohn reichte. Tut er aber nicht, nur bei hochqualifizierten Berufen. In den letzten 25 Jahren ging die unbefristete Vollzeit von vier Fünfteln aller „abhängigen“ Jobs auf zwei Drittel zurück, Teilzeitarbeit wuchs von fünf auf zwölf Prozent; andere „atypische“ Beschäftigungen von 17% auf 22%. Interessant: Teilzeitarbeit ist eher selten umgewandelte Vollzeit, sondern resultiert aus einem neuen Sektor deregulierter Arbeit (bestes Beispiel: Lieferservices wie Lieferando o.ä.). Ein Drittel aller „Neueinsteiger“ und fast zwei Drittel derjenigen, die nach Arbeitslosigkeit oder Familienphase in die Lohnarbeit zurückkehrten, mussten schon 1985 „atypische“ Beschäftigung akzeptieren.Industrielle Reservearmee“ mal ganz anders! Wie nicht anders zu erwarten, sind Frauen in weitaus höherem Maße von „atypischen“ Jobs betroffen.

2. Arbeit wird gleichzeitig teurer und billiger.

Der geschichtlichen Tendenz der kapitalistischen Akkumulation und Produktivkraftentwicklung ist der Widerspruch von wachsendem Bedarf an qualifizierter Arbeitskraft bei gleichzeitig immer gegebenem Druck zur Entwertung der Arbeitskraft durch Arbeitsteilung, Abspaltung unqualifizierter Tätigkeitsinhalte und Dequalifikation eingeschrieben: qualifizierte Arbeitskraft ist teurer als unqualifizierte.

Auf Deutsch heißt das: Das Kapital muss das variabel Kapital um des Profits eigentlich billiger machen, also die Arbeiter unqualifizierter. Gleichzeitig braucht es aber mehr qualifizierte Lohnabhängige. Das wird einem ganz anschaulich zur Zeit in Deutschland vorgeführt: Alle Branchen suchen händeringend Arbeiter und Lehrlinge, gleichzeitig sind rund 2,3 Millionen Menschen arbeitslos.

Der Trend besteht aber aus mehreren, zum Teil gegenläufigen Variablen: Die einfache Arbeit (für die man keine besondere Ausbildung braucht, wie etwa in der Sicherheitsbranche) geht leicht zurück. Auch die klassischen Arbeitsverhältnisse samt vorangegangener Lehre sind fast konstant. In Gegensatz dazu nimmt die Zahl der abhängig Beschäftigten mit akademischer Ausbildung stark zu. Die Arbeiter der Stirn werden also „proletarisiert“ oder in Verhältnisse gezwungen, die oft schlechter und unsicherer sind als die der klassischen Facharbeiter.

Wer also gut ausgebildet ist, egal in was (nur nicht „was mit Medien“), findet einen Job, aber nicht unbedingt dort, wo es geplant war. (Ich selbst bin auch ein Beispiel.)

Zusammengefasst: Dem relativen Anteilsverlust der Unqualifizierten bei den Beschäftigten entspricht ihr wachsender Anteil an den Arbeitslosen. Mit dem überproportional starken Zuwachs der akademisch qualifizierten Lohnabhängigen steigt trotz des geringen Arbeitslosigkeitsrisikos ihr Anteil an den Arbeitslosen. Die Gruppe der Beschäftigten mit Ausbildung im dualen System oder Fachschulabschluss wächst zwischen 1996 und 2019 absolut, ihr Anteil an den Arbeitslosen geht deutlich zurück.

Das ist interessant: Die Produktion roboterisiert sind und knabbert sowohl am unteren als auch am oberen Segment der Jobs etwas weg: Einfache Arbeit (vgl. Tylorismus) kann langfristig oft schon durch Roboter ersetzt werde, sogar im Dienstleistungssektor und in der Lagerhaltung, und bei der Verpackung ohnehin. Komplizierte und spezielle Arbeiten, für die gut ausgebildete Arbeiter in der Produktion nötig sind, können langfristig durch Roboter billiger werden, wie oben erwähnt: Roboter treten (noch nicht) einer Gewerkschaft bei und zicken nur selten rum.

Auf dem Weg zum Kommunismus Die Ware Arbeitskraft wird also gleichzeitig teurer und preiswerter – eine Tendenz, die Marx schon vor längerer Zeit exakt beschrieben hat. Man könnte auch sagen: Der Kapitalismus, die revolutionärste Gesellschaftsform, die die Welt je sah, hat noch einige Karten im Ärmel, die bei Bedarf ausgespielt werden.

By the way: China führt auch hier. Allerdings ist dort das Proletariat klassenbewusster als hier.

working class

* Bosch definierte das Normalarbeitsverhältnis 1986 als „stabile, sozial abgesicherte, abhängige Vollzeitbeschäftigung, deren Rahmenbedingungen (Arbeitszeit, Löhne Transferleistungen) kollektivvertraglich oder arbeitsbzw. sozialrechtlich auf einem Mindestniveau geregelt sind.“ Ders., Hat das Normalarbeitsverhältnis eine Zukunft? In: WSI-Mitteilungen 1986, H. 3, S. 163176, hier: S. 165. Vgl. auch ders., Das Normalarbeitsverhältnis in der Informationsgesellschaft, in: Jahrbuch des Instituts Arbeit und Technik 2002/2003, Gelsenkirchen 2003, S. 11-24.

Unbelievable

Unbelievable

Ich empfehle uneingeschränkt Unbelievable auf Netflix, so viele Sternchen, wie die Kritiken auf Rotten Tomatoes vergeben.

Erstens: Normalerweise gucke ich so etwas nicht, weil mir das Thema entweder zu voyeuristisch ist oder zu „normal“, als gehörte so etwas zu Sex und Gewalt. Der Algorithmus empfahl die Miniserie. Und er, sie, es hatte recht.

Zweitens: Ich bin Herumzapper und gucke meistens ein halbes Dutzend Filme gleichzeitig bzw. hin und her. Wenn ich etwas von Anfang bis Ende sehen ohne abzuschweifen, ist das sehr selten. Das war hier so.

Drittens: Das ist ein „Frauenfilm“ – Männer kommen nur in Nebenrollen vor. Dennoch sind die Dialoge unter den Polizisten so abgefuckt wie in meiner Lieblingsserie „Bosch“.

Viertens: Alle Schauspielerinnen sind absolut großartig, sowohl die beiden herumzickenden und sich zu Anfang gegenseitig bitchenden Detektivinnen als auch die Hauptdarstellerin Kaitlyn Dever als Marie Adler. Man kann das kaum ertragen, man möchte aus dem Sessel springen und alle denen, die sie mobben, die Faust ins Gesicht schlagen. Nein, die Polizisten, die Adler vernehmen, nachdem sie eine Vergewaltigung angezeigt hatte, mobben nicht, sie tun ihr Bestes und bleiben korrekt. Das ist aber eben nicht genug. Dabei drückt der Film gar nicht auf die Tränendrüsen, die Stimmung ist eher subtil. Wie Karenna Meredith schrieb: „Netflix’s Unbelievable is infuriating, heartbreaking, and necessary to watch“. Full ack.

Fünftens: Alles hat sich so zugetragen (lesenswert!), was ich erst merkte, als ich mir im nachhinein die Rezensionen ansah: „An 18-year-old said she was attacked at knifepoint. Then she said she made it up. That’s where our story begins.“

Sechstens: Die Serie ist auch ein ganz normaler Thriller, der aus einer spannenden Perspektive die Polizeiarbeit zeigt, die aus unzähligen Puzzle-Teilchen ein Bild zusammensetzen muss.

Siebtens – und eine äußerst bemerkenswerte Idee Susannah Grants als Hauptautorin und Lisa Cholodenkos als eine der Regisseurinnen: Keine der Frauen im Film ist attraktiv im klassischen Sinn, zwei der Opfer sind sogar älter und nicht dünn. Das räumt vermutlich gleich mit dem Vorurteil auf, dass Schönheit eben ein Risiko in sich hat. Nein, es kann jede Frau treffen. Den Tätern geht es nicht um Sexualität, sondern um Macht.

Achtens: Obwohl der Plot nicht allzu geheimnisvoll ist, wird man mehrfach überrascht. Man denkt, der Film ist zu Ende, aber dann kommt noch etwas, sogar eine ganze Folge, und es wird dennoch nicht langweilig.

Meine Lieblingsszene. Die Adler bekommt 500 Dollar von der Stadt, als sich herausstellt, dass sie zu Unrecht angeklagt wurde, sich die Vergewaltigung ausgedacht zu haben. Sie hat den Mut, zu einem Anwalt zu gehen, und man hofft inständig, dass dieser keine Pfeife ist. Die Heldin fragt schüchtern, ob sie nicht vielleicht doch mehr Schadensersatz verdiene. Der Anwalt überlegt, und man sieht, wie er denkt und dann sinngemäß und beruhigend sagt: Wir gehen mal von einer sechsstelligen Summe aus…

Unbelievable

Im Irrgarten

bosch

Neu in meiner Bibliothek: Im Irrgarten der Bilder: Die Welt des Hieronymus Bosch. Auf die Lektüre freue ich mich schon ganz besonders.

Stowaway and The Silent Sea

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Ich schau(t)e gerade (Stand: 28.12.) zum Einschlafen abwechselnd zwei Science-Fiction-Filme: Stowaway – Blinder Passagier (Amazon Prime, USA/Deutschland) und „The Silent Sea“ (Netflix, Südkorea).

Da das Stammpublikum meinen Geschmack schon erahnt, zuerst die anderen: Die FAZ rezensiert „Stowaway“ für Oberstudienräte. Featured erklärt das, was die Zuschauer angeblich nicht selbst herauskriegen. Wikipedia bespricht Besprechungen unter dem abschreckenden Motto „Wissenschaftliche Aspekte und Authentizität“.

Zu „The Silent Sea“ habe ich richtig relevante Rezensionen (Stabreim!) bei TVMovie und Popkultur.de gefunden.

Das alles will ich gar nicht lesen. Mich interessierten eher die subtilen kulturellen Unterschiede. Außerdem habe ich, wenn ich ehrlich bin, vermutlich eher einen Filmgeschmack wie Simon Cowell, obwohl polnische Filme mit Untertiteln auch gut sein können. Ich möchte unterhalten und nicht belehrt werden. Will ich Philosophie, dann lese ich Hegel und Marx im Original. Natürlich hätte ich nichts dagegen, wenn die großen Menschheitsfragen per Entertainment diskutiert und Antworten angeboten würden, wie etwa bei Stanislaw Lem, aber das kriegen deutsche Produktionen sowieso nie hin, weil denen die Leichtigkeit des Seins ab Werk fehlt.

Was zuerst auffällt: Die koreanische Serie ist weder woke noch divers (den Unterschied habe ich noch nie verstanden). Die Koreaner finden es völlig in Ordnung, eben nur Koreaner mitspielen zu lassen ganz ohne Quotenneger. Schon beim Filmplakat von „Stokeaway“ erkennt man hingegen, dass dort – mit der rassistischen Präzisionswaage sorgfältig austariert – jede race mitspielen musste. Mit dem Holzhammer wird mir auch noch eingebläut, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind wichtiger sind als Männer, wenn es weniger um Aktion als um protestantische Morallehre geht. Das ist so dermaßen plump inszeniert, dass vermutlich das Gegenteil erreicht wird. Hautfarbe sollte überhaupt keine Rolle spielen, und die aus Wokistan konterkarieren das.

Ich hätte nichts dagegen, mir einen guten Film anzusehen, in dem alle Schauspieler eine dunklerer Hautfarbe haben als ich. Wenn ich mich mit jemandem identifizieren will, dann nicht deshalb, weil er „weiß“ ist. Oder seit wann war Charles Bronson im realen Leben ein Indianer?

Man sollte das doch eher auf die Spitze treiben: Nur schwarze Astronautinnen und ein „Weißer“, der zum Kaffeeholen da ist oder als Sexsklave dient. Oder nur schwarze Astronauten und eine „Weiße“ (har har) – und es kommt kein Sex vor. Oder nur Aboriginals oder Indianerinnen, aber es geht weder um Fantasy noch um Ureinwohner im Rousseauschen Sinn, die immer die Guten sind, sondern etwa um künstliche Intelligenz. Lieber sehe ich die ganze Nacht lang Koreaner als diesen „diversen“ Quatsch.

Man hat ohnehin das Gefühl, dass das Science-Fiction-Ambiente bei beiden Filmen nur ein Vorwand ist. Ein Western (har har) oder ein Whodunnit-Plot hätten auch gereicht, um mich mit der Moral von der Geschicht‘ zu belästigen. Es wundert doch sehr, dass Drehbücher und Regisseure es offenbar völlig aufgegeben haben, soziale Utopien zu thematisieren. Mehr als die Postapokalypse fällt niemandem ein. Auch „The Silent Sea“ bietet nur Kapitalismus auf die Spitze getrieben – Wasser ist knapp (Chor im Hintergrund: Klima! Klima! Klima! Squid Game!), und nur mit einer goldenen Kreditkarte kommt man an genug. Da fällt mir ein: Ich wollte mehr Sci-Fi aus der Volksrepublik lesen, und Die drei Sonnen liegt immer noch unangetastet auf dem Bücherstapel auf meinem Schreibtisch.

Hollywood-Filme, die Gruppendynamik enthalten, leben meistens davon, dass die Darsteller sich völlig bescheuert benehmen und ihr jeweilige Ego auf Kosten der anderen ausleben. Das ist in „asiatischen“ Filmen natürlich anders und wird auch intelligenter gezeigt. In „The Silent Sea“ sagt man sehr oft „알겠습니다“ und stellt die Hierarchie nicht in Frage – Rebellion gegen die Hierachie, wenn nötig, ist hier immer sehr viel subtiler und zerbröselt nicht die Gemeinschaft an sich.

In koreanischen Filmen jedweder Art muss man sich als urbaner Mitteleuropäer auch über Männer wundern, wie diese mit Frauen umgehen. Frauen schlagen mir zu oft die Augen nieder, wenn jemand sie verbal angeht. Ich habe mir noch kein abschließendes Urteil gebildet: Ist der klassische „Machismo“ als Attitude in Asien verbreiteter, oder ist das dort nur anders? In „The Silent Sea“ sind die Frauen den Männern intellektuell überlegen und lassen sich nichts gefallen. Ein doch sehr von sich selbst überzeugter Kerl, der am Steuerknüppel (oder war es kein Knüppel?) des Raumschiffs Platz nimmt, wird von der hinter ihm sitzenden Kollegin angefaucht: „Wenn du keine vernünftige Landung hinkriegst, kotze ich dir den Hinterkopf voll“.

Nachdem ich mir fahrlässig den Plot von „Stowaway“ schon vorab durchgelesen hatte, werde ich den wohl nicht weitergucken. Bei „The Silent Sea“ bin ich mir noch nicht sicher, zumal die Hauptdarstellerin Bae Donna auch nicht mein Typ ist. Andererseits kann man auch nicht immer so ein ästhetisches Vergnügen wie bei Ho-Yeon Jung verlangen, das einen vom Plot ablenkt, weil man ständig versucht ist, von der Kleidung zu abstrahieren.

Das Ende ist nahe

Die Versuchung des Heiligen Antonius (Hieronymus Bosch)

Die AfD bekommt die Ausschüsse Inneres und Gesundheit im Bundestag, die Globuli- und Glottisschlag-Partei den Bildungsausschuss. Was sagen die Zeugen Jehovas dazu? Wieviele Tage noch bis Armageddon?

Rund um den Knöterich herum

balkon

Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten. (Hermann Kant: Therapie: Erzählungen und Essays)

Der Tag beginnt schön: Sonne, Kaffee, der Knöterich mag seinen neuen Blumenkasten, und die Großbourgeoisie liefert etwas sowohl für Arbeiter der Faust als auch der Stirn.

Ausstattung: Bosch Akku-Trennschleifer, Harald Meller u. Kai Michel: Griff nach den Sternen: Nebra, Stonehenge, Babylon, Blumenkasten, Balkontisch, Stratonaut, Schlingknöterich (schon zwei Jahre alt, mittlerweile zwei Stockwerke über mir angekommen).

By the way, fiel mir gerade ein. Sätze, mit denen man ein Date nicht beginnen sollte: „Ich komme aus dem Völkerrecht“.

Keine Utopie in der Weite

the expanse

Fast hätte ich übersehen, dass schon die 5. Staffel von The Expanse läuft. Ist natürlich Pflichtprogramm, da IMHO die beste Sci-Fi-Serie überhaupt (was aber nicht viel heißt).

Die üblichen Verdächtigen sind wieder dabei, zu meinem Entzücken auch Cara Gee. Schauspielerei findet aber in Wahrheit nicht wirklich statt oder auf dem Niveau einer Daily Soap. Das erwartet man auch nicht. Stattdessen gibt es – wie gewohnt – superrealistische Weltraum-Szenen, futuristische Handys und den Plot, dass wieder die Welt gerettet werden muss.

Erstaunlich aber, dass das Science im Gattungsnamen nie ernst genommen oder nur auf die Technik beschränkt wird. Gibt es keine Autoren mehr, die eine Utopie entwickeln wollen, was die Gesellschaft angeht? Kapitalismus forever und bis nach Pandora? Da ist sogar „Raumschiff Enterprise“ anspruchsvoller, wo immerhin behauptet wird, die Menschheit sei so vernünftig geworden, keine Kriege mehr zu führen. Auch die Strugatzkis wagen mehr Utopie, sogar der kommunistischen Art.

„The Expanse“ macht auch hier keine Ausnahme. Die Handlung spielt nicht in einer Post-Apokalypse, sondern – Überraschung! – in einer Zukunft, in der es Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot gibt, arme Schweine, die nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft und eine Oberschicht aka herrschende Klasse, die in Saus und Braus lebt. Das soll es gewesen sein?

Man kann in einem Science-Fiction natürlich ausschließlich grundlegende philosophische Probleme exemplarisch abhandeln und die Futuristik nur als Kostüm benutzen, wie Stanislaw Lem in „Solaris“ oder dem „Unbesiegbaren“ (oh, das kann man demnächst nachspielen?) oder die Gegenwart parodieren.

Eine der Gründe für die mangelnde politische Fantasie der Drehbuch-Autoren ist vermutlich, dass die sich gar nicht erlauben, eine gesellschaftliche Utopie zu erfinden. Dazu müssten sie vom Kapitalismus theoretisch abstrahieren können. Fantasy parodiert bekanntlich unfreiwillig und oft auf lächerliche Weise den Feudalismus oder tribalistische Gesellschaften. Zu mehr reicht es nicht. Sogar John Norman ist mit seinem Gor-Zyklus tiefgründiger und präsentiert einen Gender-Alptraum, als hätten sich Hieronymus Bosch und Alice Schwarzer zusammengerauft, um eine Hölle zu schaffen. Das ist legitim und gar nicht so einfach.

Science Fiction sollte mehr können. Wenn das aber umgesetzt würde, hätte das Ergebnis eine Sprengkraft, die Hollywood auf keinen Fall dulden könnte. Das K-Wort muss nicht vorkommen, aber eine Gesellschaft, die nicht mehr auf Ausbeutung beruht und in der, was natürlich heute schon möglich wäre, alle Ressourcen gerecht verteilt würden? Wo kämen wir denn da hin?!

Insofern sage ich als Berufsnörgler: „The Expanse“ ist politisch reaktionärer Scheiß, übrigens genau so wie auch „Avatar„.

Carlo & Malik & Alba

Carlo & Malik

Glotzempfehlung auf Netflix: Carlo & Malik (OmU!). Ich halte den Titel für irreführend, weil Alba, die Tochter des Kommissars, die dritte Hauptdarstellerin ist.

Ich hätte dem italienischen Fernsehen so eine intelligente und unterhaltsame Krimi-Serie gar nicht zugetraut (nein, die Mafia kommt erstaunlicherweise nicht vor). Bei italienischem TV denke ich zuerst an Berlusconi und dass viele Italiener diesen Bunga-Bunga-Zombie wählten, und damit war das Thema bisher gegessen.

Ich habe nicht viele ernst zu nehmende Rezensionen in deutscher Sprache gefunden, ich teile die Kritik nicht. „Ein bisschen altmodisch ist Carlo & Malik in seiner Formelhaftigkeit, etwas für die Fans Krimis alter Schule.“ Jaja, bei Krimis ist old school nie falsch, weil fast alle herausragenden Serien wie etwa Bosch einen Kommissar als Helden haben, der ebenfalls old school ist und auch so handelt.

Carlo & Malik

Witzigerweise ist der „dunkelhäutige“ zweite Hautdarsteller Malik in der Realität gar kein Afrikaner, sondern Lateinamerikaner. Der Film haut einem das Thema „Rassismus“ zwar ständig um die Ohren, aber nicht auf eine aufdringliche Art. Nette Szene: Carlo und Malik müssen zu einer Villa reicher Leute: Hohe Mauer, Gegensprechanlage. Malik klingelt und eine Stimme kreischt ihn an, ob „sie“ jetzt schon am hellichten Tage kämen. Gemeint sind natürlich legale und illegale Einwanderer aus Afrika. Das klingt übertrieben, ich halte es aber auch für Deutschland für durchaus realistisch.

„Carlo & Malik“ hätte in Deutschland so nicht produziert werden können oder nur als totaler Kitsch. Bei US-amerikanischen Serien kann man es übertrieben finden, dass wegen der zwanghaften Political correctness immer ein Afroamerikaner in der Nähe sein muss, wenn ein Weißer die Hauptrolle spielt. In Deutschland wirkt es verkrampft und zwanghaft pädagogisch. (Wenn das Feuilleton der taz etwas bejubelt, hat man gleich einen zuverlässigen Hinweis darauf, dass es jetzt mit dem moralischen Holzhammer weitergeht.)

Man kann mit Filmen nicht die Realität verändern, sie aber gut gemeint verfälschen. Die Hautfarbe solle gar keine Rolle spielen. Nicht vergessen: Mit dem US-amerikanischen Diversity-Konzept kommt die Rassenlehre („back to blood“) durch die Hintertür in den Mainstream zurück. (Ja, ich bin für eine afrodeutsche Tagesschau-Sprecherin oder eine Latina, die „Afro“ aussieht, um die einschlägig Verdächtigen zu ärgern, aber nie und nimmer für eine Religiotin, womöglich gar mit Hijab.)

Ich habe noch nicht alle Folgen geschaut, auch dazu habe ich keine Zeit. Ich konnte mich auf den Plot anfangs gar nicht richtig konzentrieren, weil bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Frauen überirdisch schön sind. Die Hauptdarstellerin Rosa Diletta Rossi kannte ich nicht, auf Bildern sieht man ihre üblichen Model-Qualitäten, aber im Film kommt noch die Ausstrahlung dazu – das Lächeln! Ich war hin und weg. Sind eigentlich alle italienischen Frauen so attraktiv? Ist das irgendwie repräsentativ? Ein blödes, aber offenbar wieder zutreffendes Vorurteil. Auch die Männer sind gutaussehend und immer geschmackvoll gekleidet, was man von deutschen Kommissaren nicht sagen kann.

Das erinnert mich an einen Insider-Second-Life-Gamedesigner-Roleplay-Joke: Italienische Avatare sehen am besten aus, italienische Sims sind immer die schönsten, aber organisiert kriegen sie nix, und die Sache wird schnell wieder aufgegeben. Stimmte immer.

Systemrelevanter kultureller Lifestyle

whisky
Die zweite Welle kommt bestimmt – und schlimmer als die erste. Bitte bevorraten Sie sich. (ALDI-Deutsch)

Ihr könnt froh sein, dass ich in diesen Tagen überhaupt blogge. Gerade die letzte von sieben 12-Stunden-Schichten abgerissen, dazu noch ein Wechsel von Tagschicht zu Nachtschicht – aber jetzt habe ich ein paar Tage frei für Dröseln und die anderen zwei Berufe.

Da kommen mir jedoch ein paar Serien in die Quere, die ich allesamt dringend empfehlen kann.

Unorthodox

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Unorthodox ist natürlich Pflichtprogramm für alle, die aus Sekten oder sektenähnlichen religiösen oder politischen Gruppen kommen. Meine Biografie ist im Vergleich zum hiesigen Publikum vermutlich ein wenig exotisch, und ich befürchtete, dass jemand, der so etwas wie im Film geschildert wird, nie in vivo erlebt hat, das auch kaum nachvollziehen kann, vor allem was die Spätfolgen angeht.

Aber man muss das Thema aus der Sicht der Evolution anschauen. Gemeinschaften, die dem normalen Menschen im Kapitalismus schrecklich beengt, beschränkt oder sogar Furcht erregend vorkommen, sind nur ein Modell unter vielen möglichen, „Gesellschaft“ zu konstituieren. Alle Modelle sind „moralisch“ gleich viel wert, nur eben mehr oder weniger effektiv, ganz nach den jeweiligen Umständen. Je enger und einschnürender die Gemeinschaft, um so mehr kann sie soziale Sicherheit garantieren. Je größer der Anpassungsdruck, um so mehr wird es katastrophal, wenn sich jemand dem verweigert. Das ist bei den Mennoniten so, die ich in Mittelamerika besuchte, bei den Neuapostolischen und im chassidischen Milieu, das in Unorthodox geschildert wird.

Ich kann die Kritik, die zum Beispiel Michael Wolffsohn anbringt, ein wenig nachvollziehen: „Da die meisten Zuschauer von „Unorthodox“ wahrscheinlich das Judentum noch weniger kennen als Christentum und Islam, werden sie daraus fehlschließen, „das Judentum“ verdamme „Fleischeslust“.“

Gerade darum aber muss man solche Filme drehen und zeigen: Der öffentliche Diskurs kann kann solche Fehlschlüsse eventuell korrigieren. Ganz klar aber ist, dass dieses Milieu, mag es auch nur wenig repräsentativ sein, für die Unterdrückung der Frau an sich steht. Man kann nicht für Emanzipation sein, und nebenan so etwas akzeptieren, weil es einer Tradition entspricht. Da bin ich ganz Kulturrevolutionär: Hau weg den reaktionären Scheiß!

Fauda, Staffel 3

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Fauda war der einzige Grund, warum ich damals ein Netflix-Abo abgeschlossen habe. Auch die Staffel 3 hält das hohe Niveau (ich bin noch nicht ganz fertig mit Gucken, und Marina Blumin kann man ohnehin nicht oft genug sehen).

Was ich nicht wusste: „Eine Folge „Fauda“ kostet trotz aufwendiger [sic] Gefechtsszenen mit 200.000 Euro knapp ein Siebtel einer Folge „Tatort“. Fast nirgendwo werden Serien günstiger gedreht als ins Israel. Und fast nirgendwo besser.“

Quod erat demonstrandum. Und die Schauspielerinnen sind auch fast alle hübscher als in hiesigen Krimis. Unbedingt empfehlenswert, keine Sekunde Langeweile.

Bosch Staffel 7

bisch
Bosch

Bosch ist mit Abstand die beste Krimi-Serie, die ich jemals gesehen habe – und wehe, jemand schaut die synchronisierte Version! Mit deutschen Untertiteln hört sich das nuschelige Hardcore-Bullen-Englisch erst richtig gut an – und man lernt viele Slang-Ausdrücke, was bekanntlich beim Sprechen nützlich ist.

Ohne die entzückende Madison Lintz würde der Serie etwas fehlen: Das komplizierte Vater-Tochter-Verhältnis wird großartig in Szene gesetzt. Bewertung: So viel Sterne wie möglich.

Der Kommunismus ist …?

fragebogen

Symbolbild für alles Mögliche, Schlossmuseum Quedlinburg

Angeregt durch den Tipp eines Lesers und den Freitag habe ich den ominösen Fragebogen für Politiker auch ausgefüllt:

Was mögen Sie an Angela Merkel?
Sie könnte mir vermutlich die kosmologische Inflation erklären, ohne vorher zu googeln.

Welches Buch haben Sie zuletzt nicht zu Ende gelesen?
William Ryan / Walter Pitman: Noah’s Flood: The New Scientific Discoveries About The Event That Changed History.

Welchen linken Politiker, welche linke Politikerin bewundern Sie?
Ich bewundere niemanden außer Alexander von Humboldt und Karl Marx.

Würden Sie gerne öfter Fahrrad fahren?
Ich fahre oft genug Fahrrad.

Welches Auto gefällt Ihnen am besten?
Der Porsche 356.

Wann sind Sie zuletzt U-Bahn gefahren?
Gestern.

Welche Drogen sollten Ihrer Meinung nach legalisiert werden?
Alle. Der Staat soll den Bürgern nicht vorschreiben, womit sie sich zudröhnen.

Darf man in Ihrem Schlafzimmer rauchen?
Nein.

Wer oder was hätten Sie gerne sein mögen?
Kosmonaut.

Sollte das generische Maskulinum abgeschafft werden?
Nein.

StudentInnen oder Studierende?
Studenten.

Haben Sie ein Zeitungsabo? Wenn ja, welches?
Nein.

Wie viele Apps sind auf Ihrem Smartphone?
77.

Und welche benutzen Sie am meisten?
Whatsapp und DuckDuckGo.

Töten Sie Insekten?
Alle, die mich stechen wollen.

Ihr Lieblingsvogel?
Der Adler.

Offene Grenzen sind …?
… im Sinne des Kapitals.

Sollte man Gehälter öffentlich machen?
Bei Politikern immer.

Der Kommunismus ist…?
… die Zukunft, ob jemandem das gefällt oder nicht.

Welchen Song würden Sie auf die einsame Insel mitnehmen?
Burning Spear: Happy Day.

Toskana oder Krim?
Krim.

Sushi oder Schnitzel?
Schnitzel.

Haben Sie geweint, als die Berliner Mauer fiel?
Nein.

Gehen Sie vorsichtig mit Ihren Daten im Netz um?
Ja.

Kaufen Sie bei Amazon?
Ja.

Ihre Lieblingsgewerkschaft?
Ein notwendiges Übel. Ich bin seit vielen Jahren Verdi- und DJV-Mitglied.

Sollte der Kapitalismus überwunden werden?
Na klar.

Waren Sie schon mal auf einer Demonstration?
Seit 1970 immer wieder.

Haben Sie Aktien?
Nein.

Wo haben Sie zuletzt Urlaub gemacht?
In Unna.

Was schätzen Sie an der chinesischen Kultur?
Das Essen.

Welchen Rat würden Sie der SPD-Parteivorsitzenden geben?
Keinen, sie würde mir nicht zuhören und ihn auch nicht verstehen.

Haben Sie schon einmal einen Abend mit einem Flüchtling verbracht?
Ja. Mit meinem Großvater.

Sind einige Ihrer besten Freunde Muslime?
Nein. Ich kann mit Verehrern höherer Wesen überhauptet nicht befreundet sein.

Wem würden Sie das Bundesverdienstkreuz geben?
Dr. Michael Schmidt-Salomon.

Ihr Lieblingsfilm?
Aktuell: The Expanse.

Ihr Lieblingsmaler?
Hieronymus Bosch.

Welche Ausstellung haben Sie zuletzt besucht?
Fachwerkmuseum im Ständerbau, Quedlinburg.

Ihr Lieblingsjournalist?
Hans-Günter Wallraff.

Kaufen Sie im Bio-Laden?
Nur Obst zum Einkochen.

Wie möchten Sie sterben?
Im Schlaf.

Nespresso oder Filterkaffee?
Was ist Nespresso?

Akustisches Armageddon

Man könnte die Geräuschkulisse in der Rettungsstelle nehmen, um Hieronymus Bosch zu vertonen. #Rettungsstelle #Notaufnahme #Armageddon

Der Garten der Lüste

Garten der Lüste

Die Schöpfung, das Paradies der Liebenden, das musikalische Fegefeuer und die Verdammnis: „Ein rätselhaftes Gemälde wird gelesen und entschlüsselt“ (Lustauflesen). Wahlweise kann Hieronymus Boschs meisterhaftes und vielschichtiges Renaissencegemälde auf eigene Faust erkundet werden oder in einer geführten Tour über 15 Stationen. (Via Schockwellenreiter)

Das Ende des Autos , wie wir es kennen, ist nahe

autos der zukunft

„In der zweiten Stufe wird das Auto Teil des Internets und wir nutzen das Auto als Sensor“, erläutert Scheider.

Schneider ist zwar ein Lobbyist, und der Heise-Artikel ist kein Journalismus, weil keine unabhängigen Quellen genannt werden, aber es ist trotzdem interessant zu lesen, dass sich die Science-Fiction-Autoren nicht geirrt haben, wenn sie einen komplett vollautomatischen öffentlichen Nahverkehr voraussagen. Zunächst wird das natürlich ein epic fail werden, wenn deutsche Firmen etwas „aus dem Internet herunterladen“, vermutlich via De-Mail. Wer in der Zukunft im Auto fährt, wird sein komplettes Bewegungsprofil hinterlassen müssen. Für Smartphone-süchtige Fußgänger ist das jetzt schon so.

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