Arbeiten 4.0 oder: Unter Value Factoring Consultants

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Wer das schreibt, ist doof: „bringt neue soziale Probleme mit sich und wirft grundlegende soziale Fragen auf“. Wer dann weiterliest, ist auch doof. Nein, ich schwurbele nicht so sinnfrei herum, sondern die SPD bzw. ein von Frau Dings (SPD) geführtes Ministerium.

Also versuche ich es noch einmal. Der Kapitalismus ist noch lange nicht am Ende. Das sagt jemand, der meint, der Kapitalismus sei bald am Ende, weil man die Embryonen einer anderen Gesellschaft schon erkennen könne.

Noch mal verschwurbelt, suggestiv Kapitalismus-affin, also SPD-like: „Arbeiten 3.0 meint die Zeit der Konsolidierung des Sozialstaats und der Arbeitnehmerrechte auf Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft. (…) Arbeiten 4.0 wird vernetzter, digitaler, flexibler sein. Wie genau die zukünftige Arbeitswelt aussehen wird, ist offen.“

Ja, und ihr habt noch etwas anderes offen: „Soziale Marktwirtschaft“ ist ein weißer Rappe, lupenreine Propaganda und Neusprech vom Feinsten. Aber was rege ich mich unnütz auf: Von Sozialdemokraten und ihren Lohnschreibern erwarte ich nichts anderes als Gefasel.

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Und ja: Ich habe einen Plan, was ich schreiben werde, obwohl es für wohlwollende Leserinnen und geneigte Leser, die hier selten vorbeischauen, nicht so aussehen mag. Tl;dr? Dann geht doch zu LeFloid, der übrigens auch ein kluger, intelligenter und politisch denkener Mensch ist.

Ich empfehle noch einmal ein Buch, das ich mit Gewinn gelesen habe, das die richtigen Fragen stellt und sogar sehr interessante Antworten gibt, wie es mit dem Kapitalismus in der Zukunft aussehen könnte und was danach zwangsweise kommt: „Aufbruch ins Ungewisse (Telepolis): Auf der Suche nach Alternativen zur kapitalistischen Dauerkrise„. (Nicht alle Kapitel sind interessant, aber die ersten beiden sind schon allein das Geld wert.)

Das Fazit: Die Zukunft jenseits des kapitalistischen Marktes ist schon da, man sieht sie aber noch nicht wirklich. Als Beispiel für ein ökonomisches und politisches Embryo hatte ich hier die Ciompi im 14. Jahrhundert genannt: Die Arbeiter der Wolltuchindustrie, einer der Vorformen der kapitalistischen Massenproduktion, entmachteten den Adel und schufen die erste Demokratie der Neuzeit in Mitteleuropa. 500 Jahre, bevor der kapitalistische Markt die alles beherrschende Wirtschaftsform wurde, konnte man also schon erahnen, wie das (die politische Form, die zum Kapitalismus weltanschaulich am besten passt, weil sie der herrschende Klasse nützt) mal aussehen würde, wenn es sich durchgesetzt hätte. („Sätze mit mehr als 30 Wörtern versteht kein Mensch auf Anhieb“, lehre ich übrigens meine Studenten.)

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Wie sieht also die Arbeit aus, wenn der Kapitalismus sich selbst klammheimlich transformiert? Factoring Consultant oder Factoring Broker ist zum Beispiel ein Beruf, der aus dem Finanzkapitalismus stammt. Die Art und Weise zu arbeiten kommt jetzt auch in anderen Sparten vor:
Flexibility – set your own hours. Reoccurring Income – get paid for the lifetime of the customer. Virtual Office – work from a home office.

Hört sich gut an, ist es aber nicht automatisch. Im aktuellen Print-„Spiegel“ kann man das nachlesen: In einem Unternehmen, das digitale Produkte herstellt, entscheiden die Arbeiter selbst im Team darüber, was sie wie wie lange herstellen. Das könnte der Kommunismus sein, wenn es keinen Chef gäbe (den gibt es aber). Nachteil (oder auch Vorteil): Alle kontrollieren alle Arbeitsschritte. „Alle Beschäftigten sind am Gewinn beteiligt.“ Wer nicht spurt, fliegt also raus, aber einen Betriebsrat gibt es nicht. Ceterum censeo: Wenn es den Eigentümer nicht gäbe, sondern das Unternehmen allen gemeinsam gehören würde, wäre das Sozialismus, wie man ihn sich erträumt. Oder auch nicht.

Den Rest müssen die geneigten Stammleserinnen und wohlwollenden Stammleser (die noch übrig geblieben sind) selbst denken. Ich hoffe, dazu angeregt zu haben.




Nieder mit dem Veganismus-Asketismus!

eingemachtes

Ich habe mich neulich bei Familie Lategahn in Unna-Mühlhausen mit dem Nötigsten eingedeckt, was es in Berlin nicht gibt und was ein Angehöriger der Glaubensgemeinschaft Veganismus-Asketismus das kulinarische Prekariat gar nicht essen will. Die Auswahl war aber schwer.

Warum gibt es hier in Rixdorf veganische Pizzerien, aber kein Restaurant, das Steckrübeneintopf, Wirsingeintopf mit und ohne Bratwurst, Schwarzwurzeln, Klopse im Kohlrabinest, Eisbein mit Sauerkraut, Bigos, Spitzkohl mit Bratwurst oder Hackbällchen anbietet? Das schmeckte doch garantiert besser als linksdrehender Bio-Tofu oder anderer Veganer-Fraß?




Vernahm ich mit Wollust wieder

unnaextrablatt

Dicht hinter Hagen ward es Nacht,
Und ich fühlte in den Gedärmen
Ein seltsames Frösteln. Ich konnte mich erst
Zu Unna, im Wirtshaus, erwärmen.

Ein hübsches Mädchen fand ich dort,
Die schenkte mir freundlich den Punsch ein;
Wie gelbe Seide das Lockenhaar,
Die Augen sanft wie Mondschein.

Den lispelnd westfälischen Akzent
Vernahm ich mit Wollust wieder.

(Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen)

Nein, sie ist rothaarig, sehr schön und die fitteste und schnellste Studentin Kellnerin, die ich jemals gesehen habe. (Das untere Bild zeigt eine andere Kneipe als die oben erwähnte.)




Eulenschnitzel an spätgotischer Hallenkirche

CurrywurstRegenfrontGasthof Schürmann UnnaHopper-Style in UnnaeulenschnitzelUnna Markt WebcamUnnaer Stadtkirche

Anhand der Fotos können die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser selbst erschließen, was ich heute getan habe. Auf dem zweiten Foto von unten bin ich auch zu sehen.

By the way eins: Das Eulenschnitzel war nicht von einer Eule, sondern wurde vermutlich nach dem hiesigen Turm benannt.

By the way zwei: Das Internet ist dort, wo ich gerade bin, grottenmäßig langsam, sozusagen eine kleinstädtische Unverschämtheit, aber das ist hierzulande normal.




Rechnen und Raumlehre

Zeugnis

Das Abschlusszeugnis (1915) meines Großvaters (Vater meines Vaters) Hugo Reinhold Schröder, Bergmann, geb. 07.01.1902 in Mittenwalde (Klein Dombrowo, nördlich von Elsendorf im Kreis Thorn), gest. 26.4.1992 in Unna.

Ich habe 1982, als ich durch Polen und das ehemalige Westpreußen gewandert bin, das Gebäude der ehemalien Volksschule von Mittenwalde fotografiert, ich finde es nur gerade nicht.

Ich musste überlegen: Was ist denn der Unterschied zwischen „Rechnen“ und „Raumlehre“ und warum gab es getrennte Zensuren dafür?




Im Memoriam Wilbert Neuser

Mein ältester Freund Wilbert Neuser ist in der letzten Woche im Alter von 60 Jahren an Lungenkrebs gestorben, nur ein halbes Jahr, nachdem er die Diagnose erhalten hatte.

Am 19.11.2011 hatten wir noch gemeinsam unser 40-jähriges Abitur-Jubiläum in Unna gefeiert. Als ich ein Jahr später einen Kurzurlaub in meiner Heimatstadt machte, haben wir uns wieder getroffen, da wusste er schon, dass ihm eine Chemotherapie bevorstand. Er hoffte noch, er würde die Krankheit besiegen können.

Man wird nachdenklich, wenn Gleichaltrige an Krankheiten sterben, die einen vielleicht auch treffen können (obwohl ich zum Glück nicht mehr rauche).

Wilbert hat ein ganz anderes Leben geführt als ich – er war Leitender Regierungsschuldirektor (2009) im Dezernat 43 der Bezirksregierung Arnsberg, kurz: im Schulamt. Vorher hatte er sich als Schulleiter im Reichenbach-Gymnasium in Ennepetal Meriten erworben. Eine fremde und ganz eigene Welt für mich – auf der sicheren Seite des Lebens.

Er hätte sich einen schönen Lebensabend machen können, zusammen mit seiner Frau, die ich schon genauso lange kenne – ich war Trauzeuge bei ihrer Heirat (das muss 1971 oder 1972 gewesen sein).

Ich verdanke ihm meinen ersten Einstieg in die Politik – als Schüler fuhren wir zusammen in die Universitätsstadt Münster und demonstrierten gegen die NPD. Wilbert hatte damals schon Kontakte zur APO. Zu dritt waren wir die einzigen Demonstranten, die den damaligen Bundeskanzler Hans-Georg Kiesinger (CDU, NSDAP, Mitgliedsnummer 2633930) störten, als der 1969 in Unna aus diesem Balkon eine Rede hielt. Unser Klassenkamerad Volker Borbe (der nicht mehr aufzufinden ist) hielt ein selbst gemaltes Schild in die Höhe: „Hallo PG!“ So etwas schwieg damals die Lokalpresse natürlich tot.

Ich war damals „Chefredakteur“ der Schülerzeitung „Eselsohr“ des Pestalozzi-Gymnasiums Unna, und Wilbert war der „Politikredakteur“. Wir haben gemeinsam die Politik an unserer Schule im Rahmen unserer Möglichkeiten kräftig aufgemischt. Sein Artikel „Die Protestierenden werden gebeten, den städtischen Rasen nicht zu betreten – Oder: Sicherheit durch Recht und Ordnung“ (1969) sorgte für großen Unmut bei den Lehrern. Er schloss mit dem immer noch aktuellen Satz: „Was tun gegen den Terror von Rechts?“

Eselsohr

Ausriss (klicken zum Vergrößern): „Das Eselsohr“ Nr. 15, 1969, Schülerzeitung des Pestalozzi-Gymnasiums Unna, Bild oben: Wilbert Neuser, ebd.

Wir kannten uns seit 1965 – 48 Jahre, eine unfassbar lange Zeit, die aber in der Rückschau schrecklich schnell vergangen ist. Am 5. März letzten Jahres haben wir noch in der Rohrmeisterei Schwerte seinen 60-sten Geburtstag, gefeiert, da war er noch quietschfidel. Wilberts Sohn Fabian arbeitet dort als Koch.

Was bleibt, sind Erinnerungen. Du wirst mir fehlen.

Foto unten: Sportabitur 1971. Ich (auf der Matte) versuche, möglichst elegant zu einer „Rolle rückwärts“ anzusetzen. Wilbert steht daneben und scheint zu überlegen, ob er eingreifen sollte, falls mein Unternehmen nicht vom Erfolg gekrönt sein würde.)

sportabitur 1971




Gefährliche Tatwerkzeuge Titten

titten

WAZ (via Pornoanwalt): „Ein Jurist aus Unna wirft seiner Ex-Freundin vor, sie hätte ihn mit ihrer üppigen Oberweite beim Liebesspiel ‚hinterhältig angegriffen‘.“




Rohrschelle

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Ich habe gestern zwei Stunden meiner kostbaren Zeit im Baumarkt meines Vertrauens und in meinem Hinterhof zugebracht, um den gebrochenen Rahmen meines mehr als 60-jährigen Drittfahrrads improvisativ zu reparieren. Zunnächst musste ich investigativ recherchieren, wie die Dinge wohl heißen könnten, deren Gebrauch und Nutzen mir theoretisch vorschwebten. Demnächst muss da vermutlich ein Schweißer ran.




Schneewittchen und der melancholische Weltuntergang

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Saudumme Kinofilme kann man auch als Völkerkundler mit Interesse ansehen, um herauszufinden, wie welches Publikum ansprochen, verdummt oder unterhalten werden soll. Mir fallen da spontan „Angriff der Killertomaten“ ein oder „Echo der Berge„. Dümmer gehts nimmer.

Snow White and the Huntsman“ (etwa: „Schneewittchen und der Jägersmann“) ist auf der Beklopptheitsskala ebenfalls extrem weit oben. (Zu meiner Entschuldigung: Ich habe ihn in einem Unnaer Kino gesehen – es lief nicht anderes, und „Men in Black III“ kannte ich schon.) Warum spielt Charlize Theron nur da mit? Dustin Hoffman und Nicole Kidman traten ja auch nicht in Sexploitation Films auf…

Natürlich ist der Pseudo-Schneewittchen-Plot ein Film für junge Teenager; man hätte ihn auch im Vampir-Milieu spielen lassen können (die Klamotten sind ohnehin identisch). No sex, please, we are Protestants and keusch, und nur zarte, schmachtende Küsse, sonst kommt der Jugendschutzwart. Heutzutage tragen alle Filmfrauen glänzende schwarze Lederhosen, und je nach Story nabelfrei, auch bei klirrender Kälte. Kristen Stewart passt ganz gut, weil die Geschichte, falls man überhaupt davon reden kann, gegen Ende ein paar Anleihen bei Jeanne d’Arc macht. Ihr filmischer Charakter ist bestenfalls Comic Strip. Zum Gähnen.

Und erst dieser Pseudo-Mittelalter-Scheiß! Wenn schon Hauen und Stechen, dann sahen die alten Römer und Griechen viel besser aus. Mit diesen ultraschweren Rüstungen, in denen die Schauspieler (scheinbar, die sind ja auch Pappmache, sonst würde die schöne Kristen zu Fuß nicht weit kommen) herumlaufen, kann man rein gar nichts anstellen, außer einem frontalen Reiterangriff, um einen Haufen Fußvolks umzunieten. Eine Hundertschaft Langbogenschützen zu Fuß hätten so eine „Ritter-Kavallerie“ ziemlich alt aussehen lassen und die Rüstungen wie ein Sieb, noch bevor die Panzerreiter in Hauweite gekommen wären. Warum keine Kettenhemden? Die sehen bei Frauen doch auch schick aus, wenn man den Büstenhalter dementsprechend zurichtet.

Und wo sind die Bauern und Handwerker, die das Leben der Rittersleut überhaupt erst ermöglichen? Schon mal was von einem Bauernkrieg gehört? Die Burgen stehen alle irgendwie in einer leeren Gegend herum; von Landwirtschaft keine Spur. Hey, bei der Vorlage handelt es sich um den Feudalismus (Vorsicht: der Wikipedia-Artikel ist Schwachfug), in bürgerlich-dämlich-euphemistischen Kreisen auch „das Lehnswesen“ genannt.

Alle diese Hollywood-Schinken, die sich einer Märchen-Vorlage bedienen, sind gegenüber dem Original blut- und seelenleer. Eine ältere Frau fragt einen Spiegel, wer schöner sei als sie und der Spiegel antwortet – jedes Kind kann sich darunter genug vorstellen. Es muss kein schleimiges Geschöpf aus dem Spiegel hervortreten und dumm herumfaseln – wie in „Snow White“.

Märchen, obzwar die Grimmschen nur noch ein schwacher Abklatsch der alten Geschichten sind, enthalten einen mythologischen Kern, daher auch eine aus uralter Vorzeit hervorscheinende astronomische Aussage – wie etwa die Metaphern aus der biblischen Apokalpyse. (Man lese hierzu die „Weiße Göttin“ von Robert Graves.) „Snow White“ verhält sich zum Märchen „Schneewittchen“ wie ein Globuli zu einem Schweineschnitzel.

Kommen wir nun zu etwas völlig anderem. Melancholia erinnerte mich gleich an den großartigen The Hours, nur dass „Melancholia“ auch nicht entfernt die unheimliche Tiefe erreicht. Der Weltuntergang ist für das Thema des Films völlig überflüssig und wirkt deplatziert. Trotz der subtilen Anspielungen und der spürbaren Leichtigkeit in der Schwere fragt man sich: Kann es nicht auch eine Nummer kleiner sein? Vielleicht nur ein Autounfall mit demoliertem Rückenmark oder eine Explosion, die wichtige Dinge in Stücke reißt statt einen mondgroßen Meteoriten, der die Erde zerhämmert? Ich war weder erschüttert ratlos am Ende des Films, obwohl das manche Rezensenten vorhergesagt hatten. Vielleicht bin ich auch nur zu abgebrüht.

Eine Frau wird depressiv oder ist es schon, und kommt mit der drohenden Apokalypse besser klar als die anderen. Was will und der Künstler damit Neues sagen? Ich habe es jedenfalls nicht mitgekriegt.

Nun gut, „Melancholia“ ist ganz nette Unterhaltung, zudem ich gratis ins Kino kam, war doch die Chefin desselben die Schwester meiner besten Freundin. Wenn man beide Filme nicht ansieht, wird man aber nichts vermissen.




Instabile Situationen, Landluft und die Knechtschaft aus Überzeugung

Unna

„But now the situation is unstable and we can’t discuss this and resolve these issues“ – wer kann das gesagt haben?
[ ] Angela Merkel in einem Interview mit MNB über die gegenwärtige Krise des Kapitalismus?
[ ] Louis van Gaal in einem Interview mit Russian.tv über den niederländischen Fußball?
[ ] Mullah Hadschi Halef Omar ben Hadschi abul Osama in einem Interview mit Tiv Beyti über die Kampfkraft Al Kaidas?

Auf jeden Fall wird man über den Nahen Osten durch Al Jazeera besser informiert als durch deutsche Mainstream-Medien – leider kann ich den Sender im TV in Berlin nicht empfangen. Und jeden Tag von Berlin nach Unna in ein Hotelzimmer zu fahren ist auch zu teuer.

Unna

Bei Familie Lategahn in Unna-Mühlhausen scheint noch alles krisenfrei zu sein: Das Möppkenbrot hat sich nicht verteuert, und die neuen Mittelschichten und Rentner, die die ländlichen Suburbs von Unna bevölkern, haben die Kohle, um sich politisch korrektes Fleisch zu kaufen.

Die protestantische Leitkultur fordert ja ein Styling des Alltageslebens bis ins Detail, weil alles bis ins Gewissen hindurchwirkt. Unsere Allzweckwaffe Karl Marx sagte über Esskultur und Political Correctness:
Luther hat allerdings die Knechtschaft aus Devotion besiegt, weil er die Knechtschaft aus Überzeugung an ihre Stelle gesetzt hat. Er hat den Glauben an die Autorität gebrochen, weil er die Autorität des Glaubens restauriert hat. Er hat die Pfaffen in L aien verwandelt, weil er die Laien in Pfaffen verwandelt hat. Er hat den Menschen von der äußeren Religiosität befreit, weil er die Religiosität zum inneren Menschen gemacht hat. Er hat den Leib von der Kette emanzipiert, weil er das Herz an die Kette gelegt.

Unna

Heute werde ich mich noch einmal ins Nachtleben von Unna stürzen; die Schwester der schon erwähnten schnuckeligen Jura-Studentin soll im Spatz und Wal bedienen, sagte man mir. Hmm…lecker.

By the way: Wer soll eigentlich den Zeichensalat aka Schilderwald am Unnaer Markt lesen? Da könnte ja ein Linguist eine ganze Doktorarbeit drüber schreiben.




Bestimmen Sie dieses Holzwickeder Korn!

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Die wohlwollenden Stammleserinnen (gibt es die überhaupt?) und die geneigten Stammleser werden die meisten der heutigen Motive wiederkennen. (Guckst du hier und hier).

Man kann das als Hobby-Ethnologe auch boshaft ausdrücken: Die heutigen deutschen Bewohner einer kleinen Kleinstadt (Unna ist eine große Kleinstadt, mein Geburtsort Holzwickede eine kleine) sind dicker als früher und fahren dickere Autos. Sie kleiden sich ohne Accessoires einer Subkultur, es muss halt „praktisch“ sein. So sieht das dann auch aus. Es muss sich niemand auf dem Single-Markt der Eitelkeiten behaupten: somit entfällt die Kunst des Stylens vollends (oder das Resultat des Bemühens ist mir nicht aufgefallen, dann war es eh ein epic fail).

Kleine Frage am Rande: Wissen alle geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser sofort, um welche Kornsorte (wir sind noch im Ruhrgebiet) es sich bei dem dritten Bild von oben oben handelt? Oder geht der Blog-Lesende Großstädter davon aus, dass Kühe blau und weiß gescheckt sind und die Länge der Ähren mit der Relevanz einer Frisur zu vergleichen sind?

Auf dem zweiten Bild von unten ist der Dortmunder Fernsehtum am Horizont zu erkennen. Der ist rund 20 Kilometer von Holzwickede entfernt. Das untere Foto habe ich von hier aus nach Westen aufgenommen – man sieht im Hintergrund den Emscherquellhof.




Charming Little Town Backside

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„Neoliberal handelt der chinesische Staat, indem er die Versorgung von Kranken, Arbeitslosen und Rentnern ihren Familien überläßt, damit sie die Profitrate nicht in Mitleidenschaft ziehen und um die Familien zu zwingen, Wanderarbeiter abzustellen, die ihr Überleben gewährleisten. Der Kapitalismus müsse sich ’seinen Opfern widem, damit sie stillhalten‘, schrieb Paul Mattick, ‚aber das System wird diese Verlusten nur tragen‘, wenn die Produktivität genug Wert für die Kapitalakkumulation abwerfe. Werden die Profite ‚von den Kosten der Erhaltung der nicht-produktiven Bevölkerung aufgezehrt‘, höre ‚das Kapital auf, als Kapital zu fungieren.‘ Demzufolge wäre der Tod aller Rentner, Arbeitslosen und Kranken aus marktwirtschaftlicher Sicht ein Gewinn.“ (Rainer Trampert: Das neue Akkumulationsmodell, in: Hermann L. Gremliza (Hg.): „No way out? 14 Versuche, die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise zu verstehen“, S. 140)

Man muss sich eine „gemütliche“ Kleinstadt auch leisten können. In der charming little town Unna zum Beispiel gibt es kaum Wohnungen für arme Singles – „aber nur diese werden vom Jobcenter des Kreises Unna finanziert.“ Was machen also die, die aus dem kapitalistischen Arbeitsmarkt herausfallen (werden) oder eine nur kleine Rente haben?

Arme können sich die Preise in den Straßencafes und sonstigen Orten zum Chillen nicht leisten. Das kleinstädtischen Innenleben wird daher von der Mittelschicht geprägt und deren Kindern. Die anderen sieht man erst gar nicht. (Was eigentlich sagen die Piraten dazu? Wozu studieren wir die ehernen Gesetze des Kapitalismus, und wo soll das alles enden?)

Zahlreiche Läden in der Bahnhofstrasse Unna stehen leer – die Kleinbourgeoisie scheint in Schwierigkeiten zu sein. Kein Wunder. Dafür gibt vier „Bäckereien“ – Läden, die so genannte Backwaren verkaufen, die aber nach Pappe schmecken.

Dann doch lieber eine Currywurst, und die wird in einer (noch) reichen Kleinstadt wie Unna nicht auf Papptellern serviert, sondern auf Porzellan, das aber so aussieht wie die Pappe, in der in Berlin die Wurst zu liegen hat (ich hätte das gute Stück beinahe in den Mülleimer geworfen – zum Glück fiel mir auf, dass es ungewohnt schwer war).

BTW altautonomer: Where is the fucking Bahnhofskiosk?

Unna




Die genaueste Zeit

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Den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern sei mitgeteilt, dass Burks in Ermangelung einer Lateinamerika-Reise mal kurz ein paar Tage in seiner Heimatstadt chilled, also in Cafés heumsitzt und an Manuskripten arbeitet (sagt man das heute so? Oder müsste das nicht „chillt“ heissen?).

Ich sitze also in einem Hotel mit ruckeligem WLAN, und das Bier ist gut und die Nacht sommerlich lau. Wenn ich durch mein Fenster schaue, sehe ich den Vorplatz der katholischen Kirche von Unna – Kleinstadt-Atmosphäre at its best. Morgen (oder heute) mehr.

Warum der Titel dieses Postings so heisst, ist ein wenig kafkaesk… ein Rätsel eben.




Wie man mich schnell vergrätzt

Zum Beispiel indem man mir eine solche E-Mail schreibt:

Hallo Herr Burks,
für eine Schulbuchseite benötigen wir eine photographische Abbildung des
Goldschatzes von Unna.
Wissen Sie, wer die Rechte an dem von Ihnen verwendeten Bild besitzt?
Vielen Dank für die Info im voraus.

Mannomann. Meine Antwort war dementsprechend. Ich bin aber höflich geblieben. Manche Leute sind zu blöd in ein Impressum zu gucken.




Mensch, Oppa!

Hugo Schröder

Das hätte mir mein Großvater Hugo (geb. 07.01.1902 in Mittenwalde – Klein Dombrowo, heute Dabrowa Mala -, gest. 26.4.1992 in Unna) erzählen können… Wieso muss ich das erst jetzt erfahren, kurz vor seinem zwanzigsten Todesdatum?

Mein Vater erzählte mir gestern, dass sein Vater – also mein Großvater – „bei den Kommunisten“ gewesen sei, kurz nachdem er aus Westpreußen nach Holzwickede im Ruhrgebiet gekommen sei. Ich war schon immer stolz darauf, aus einer waschechten Arbeiter- und Bauernfamilie zu stammen. Der Komperativ von „Arbeiter“ ist natürlich „Bergmann“, und nicht nur beide Großväter waren Bergmann, sondern auch mein Vater. (Es ist auch kein Zufall, dass die „Helden“ meines historischen Romans „Die Konquistadoren“ ebenfalls Bergleute sind.)

Mein Großvater mütterlicherseits war ohnehin als Nazi-Gegner bekannt, der im kleinen Kreis Adolf Hitler mit Begriffen wie „Arschloch“ titulierte. Aber dass mein anderer Großvater ähnlich dachte, bevor er dann Laienprediger in einer christlichen Sekte wurde, erklärt meine politischen Gene natürlich irgendwie. Aber ich habe ihn leider auch nie gefragt.

Das Foto zeigt meinen Opa (im Ruhrpott sagte man „Oppa“) Hugo Mitte der sechziger Jahre in Mittelberg im Kleinen Walsertal.




Am Markt

Unna




Spätgotische Hallenkirche in Blau

stadtkirche unna

Evangelische Stadtkirche Unna




Borussia Dortmund, Beistand höherer Wesen und mehr

cafecafecafe

Oben: Cafe Extrablatt (Unna, Markt) – und hallo, ich habe da keinen lauen Lenz geschoben, sondern chinesische Vokabeln gepaukt (vermutlich der einzige Mensch, der jemals in Unna auf dem Markt Mandarin gelernt hat). Mitte: irgendwo daneben, unten: Holzwickede.




Berlin 1969 – die Unterprima des PGU auf Studienfahrt

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Ein alter Schulfreund hat mir einen digitalisierten Film zukommen lassen, den ich gestern begeistert angesehen habe. Er wurde 1969 in Berlin gedreht (30.11.-6.12.1969, ca. eine Stunde, in Farbe und mit Ton) und zeigt Episoden einer Studienfahrt meiner damaligen Klasse des Pestalozzi-Gymnasiums Unna nach Berlin. Ich habe versucht, die Bilder mit Google Maps with Street View heutigen Orten zuzuordnen, soweit es möglich war. Orte, die damals genau so aussahen wie heute – wie etwa die Gedenkkirche Maria Regina Martyrium in Plötzensee, die wir damals auch besichtigten -, habe ich weggelassen.

Wir waren im St.-Michaels-Heim im Grunewald unweit des Halensees untergebracht. Die meisten Bilder wurden während einer Stadtrundfahrt gemacht: Das Märkische Viertel, die Mauer an der Bernauer Straße, der Alliierte Kontrollrat (die sowjetische Fahne ist noch verschwommen zu sehen), Kreuzberg rund um den Chamissoplatz, das die Stadtführerin als „das alte Berlin der Jahrhundertwende“ titulierte (und das abgerissen worden wäre, hätte die Hausbesetzerbewegung das nicht verhindert), der Potsdamer Platz (mit Volkspolizisten und Uhr), Brandenburger Tor, Reichstag, das Kriegsverbrechergefängnis Spandau (1987 abgerissen), der Berliner Funkturm und einige nächtliche Leuchtreklamen.

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Auf dem Bild über dem Brandenburger Tor bin ich übrigens zu sehen (rechts). Bei einigen Bildern bin ich mir nicht sicher; Bild Nr. 10 hätte ich der Kreuzberger Arndststrasse zugeordnet, die Balkone sehen aber anders aus. Spannend fand ich Bild Nummer 19, auf dem man den Turm des Spandauer Rathauses erkennt. Es ist mir leider nicht gelungen herauszufinden, von wo das aufgenommen worden ist.




Alte Herren

staugefahrUnnapgu_1971Holzwickede

Gestern und heute bin ich mehr als 1000 Kilometer mit dem Auto gefahren, um etwas zu feiern – den 31. Mai 1971.

Damals machten wir, die letzte Jungenklasse des Pestalozzi-Gymnsiums Unna, Abitur (danach gab es nur noch Koedukation). Wir mussten die 40-Jahr-Feier nachholen und taten das ausgiebig im Ölckenthurm in Unna.

Da niemand die alten Herren erkennen würde, wer sie nicht kennt, habe ich keine Hemmungen, das Gruppenfoto online zu stellen. Burks.de ist ja nicht Facebook. Wir haben beschlossen, dass wir uns in fünf Jahren wiedertreffen werden. Von 21 Klassenkameraden leben noch 17….

Natürlich bin ich auch noch, um mich zu entspannen, über die Felder meines Heimatdorfes Holzwickede (genau zwischen Dortmund und Unna) gelaufen.

Heute gibt es deshalb Möppkenbrot zum Abendessen.