Your Highness Burks

Nur falls jemand wegen eines Berichts der BBC „Chinese vlogger who used filter to look younger caught in live-stream glitch“ beginnt zu zweifleln: Ich sehe so aus wie auf den Fotos, die ich hier von mir poste. Eine „sweet and healing voice“ habe ich übrigens auch. Wieso habe ich aber nicht 100.000 Leser? „Consequently, many live-streamers simply sing karaoke in their bedrooms, or eat snacks for hours on end.“ Würde das helfen?

„…the use of face filters is something that is common across the myriad of social platforms.“ Wie funktioniert ein face Filter? Da lobe ich mir doch Second Life… da kann ich alles filtern.




Yasuke, Daimos und Samurai [I]

yasuke
Credits: The Incredible Legend of the First Black Samurai

Die Fakten sind so: Es ist brüllend heiß, anstatt auf dem Wasser herumzupaddeln, was erst für morgen geplant ist, habe ich zwei Keller entrümpelt. Außerdem habe ich vier Tage Urlaub, aber keine Lust, an Büchern (under construction) weiterzuschreiben. Es wartet noch eine virtuelle Stadt in Second Life, die zu bauen ich die Ehre hatte beauftragt zu werden, aber alldieweil das eine entsetzliche Fummelei ist, für die sich eher die Kühle der Nacht eignet, muss ich das Publikum mit dem beliebten und total aktuellen Thema Feudalismus in Japan – oder doch nicht? behelligen; bitte aber, überhaupt gar nicht und nie an schwachsinnige Filme (außer an eine Szene) zu denken, die zwar dort handeln, in denen aber ein Scientologe herumschauspielert, den ich auf der Leinwand nicht ausstehen kann, wegen seiner allzuglatten Fresse und auch der Ideologie.

Das Thema ist für mich sehr interessant – insbesondere nach meinem Aufenthalt in Quedlinburg – und dient sozusagen als Vorarbeit zum Einen und Einzigen Wahren und Autorativen, Historisch Genauen und Amtlich Anerkannten Bericht über den Feudalismus und wie er den Kapitalismus gebar und warum und warum anderswo nicht – der geplante Beitrag soll allem Widerspruch und Streit zum Thema ein Ende setzen.

(Die folgenden Thesen beziehen sich im wesentlichen auf John Witney Hall: Feudalism in Japan – a Reassessment, Cambridge 2009, zuerst erschienen 1962/63, abgedruckt in Heide Wunder; Feudalismus – 10 Aufsätze.) Hall referiert die Diskussion zum Thema ab den 1920-er Jahren.

Vorbemerkung 1:
The question of whether Japan can rightly be said to „have had feudalism“ is by no means settled. Although Westerners have been writing about „Japanese feudalism“ for well over a hundred years, the acceptability of this practice is still a matter of controversy among professional historians, notably among those who make the study of medieval Europe their specialty. To a long line of Western historians (…), however, there was no question about the appropriateness of placing the feudal label on Japan. Nor does the contemporary Japanese historian question a term which has become so important a part of his professional as well as everyday vocabulary. In a Japan in which the reading public is daily reminded that the „struggle against feudalism“ is still being waged, feudalism seems a present reality which by its very nature cannot be denied to have existed in Japan’s past. (Extract of John Witney Hall)

Vorbemerkung 2:
Wenn andrerseits die Naturalform der Grundrente, in Asien zugleich das Hauptelement der Staatssteuer, dort auf Produktionsverhältnissen beruht, welche sich mit der Unwandelbarkeit von Naturverhältnissen reproduciren, erhält jene Zahlungsform rückwirkend die alte Produktionsform. Sie bildet eines der Selbsterhaltungsgeheimnisse des türkischen Reichs. Zieht der durch Europa aufoctroyirte Freihandel in Japan die Verwandlung von Naturalrente in Geldrente nach sich, so ist es um seine musterhafte Agrikultur geschehn. Ihre ökonomischen Existenzbedingungen sind zu eng, um einer solchen Revolution zu widerstehen, und werden sich auflösen.

Vorbemerkung 3:
In allen Ländern Westeuropa’s [sic] ist die feudale Produktion durch Theilung des Bodens unter möglichst viele Untersassen charakterisirt. Die Macht des Feudalherrn, wie die jedes Souverains, beruhte nicht auf der Länge seiner Rentenliste, sondern auf der Zahl seiner Unterthanen, d.h. der Zahl der auf ihren Gütern ansässigen Bauern.*
* Japan, mit seiner rein feudalen Organisation des Grundeigenthums und seiner entwickelten Kleinbauernwirthschaft, liefert in vieler Hinsicht ein viel treueres Bild des europäischen Mittelalters, als unsre sämmtlichen, meist von bürgerlichen Vorurtheilen diktirten Geschichtsbücher. Es ist gar zu bequem, auf Kosten des Mittelalters »liberal« zu sein.

Marx bezieht sich auf H[ermann] Maron: Bericht an den Herrn Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten über die japanische Landwirthschaft. In: Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußischen Staaten [Monatshefte] (Berlin), Jg. 20, Bd. 39, von Januar 1862, pp. 44 u. 50, zit. nach: Justus von Liebig: Die Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. 7. Aufl. Th. 2, Braunschweig 1862, pp. 425 u. 432. Ich zitiere nach Das Kapital: Kritik der politischen Ökonomie | Erster Band Buch I: Der Produktionsprozess des Kapitals Neue Textausgabe, bearbeitet und herausgegeben von Thomas Kuczynski – jetzt wisst ihr auch, warum ich neulich fragte, wo ich Marx hineinschieben solle.

Das – IMHO ungelöste – Problem für Historiker, die sich an Marx orientieren (um das Wort „Marxisten“ zu vermeiden), ist: Die teleologische Idee, die Marx nie vertreten hat, es gebe die so genannte „Urgesellschaft“ (ein Begriff, der nur vermeiden will, genauer hinzugucken), danach die Sklavenhaltergesellschaft, danach den Feudalismus, dann den Kapitalismus, dann den Sozialismus, und das Ganze noch bitteschön zwangläufig, ist, obzwar unter Stalin noch Doktrin, schlicht und einfach Bullshit, und zwar noch nicht mal gehobener, sondern – ich wiederhole mich gern – totaler Quatsch, und ließ die Historiker der DDR, die sich die „Dritte Welt“ ansahen, verwirrt zurück.

Die Geschichte in Japan hätte sich ähnlich linear entwickeln müssen, und erstaunlicherweise völlig unabhängig von Europa. Jedoch gab es dort nie eine „Sklavenhaltergesellschaft“ – und auch der weltanschauliche Überbau – die Religion – ist nicht wirklich vergleichbar. Andererseits erkennt jeder erstaunliche – auch zeitliche – Parallelen zum europäischen „Mittelalter“ – die Kriegerkaste der Samurai entspricht in ihrer Funktion dem europäischen Ritter. Reminder: An important element of feudalism is arms-bearing as a class-defining profession. (Hall)

Sogar der Tenno als Charaktermaske entwickelt sich ähnlich – er hat immer weniger zu sagen und zu tun, bis die Warlords alles unter sich aufgeteilt haben und gegenseitig permanent Krieg führen. John Witney Hall schlägt als Arbeitshypothese vor, anstatt von einem japanischen Feudalismus vom Feudalismus in Japan zu reden – ein sehr praktischer Vorschlag, der vermeidet – wie auch in Mitteleuropa -, eine Gesellschaft nach einem Idealtypus zu beschreiben, sondern zunächst die historischen Fakten ernst zu nehmen. Feudalismus war in Mitteleuropa über mehrere Jahrhunderte die vorherrschende Produktionsweise – dennoch gab es immer noch freie Bauern und deren Genossenschaften.

Wenn es die Linearität der historischen Entwicklung nicht gibt, kann man auch die These, der Sozialismus folge zwangsläufig auf den Kapitalismus, in die nächste Tonne treten, was unter Linken für betretene Gesichter sorgt. Oder man sagt: Wenn die Chinesen uns in allem überholen (werden), ohne an dem tendenziellen Fall der Profitrate zu leiden, was dem Kapitalismus – auch dem staatlichen – immanent sein müsste, dann wäre das, was dem Kapitalismus in China vorausging, der einzig wahre Feudalismus, weil der am schnellsten den Kapitalismus wieder abschafft. Oder es ist alles ganz anders.

Wenn ihr den zweiten Teil zu lesen bekommt, setze ich die Lektüre diesen Teils voraus – sonst dürft ihr nicht kommentieren. SCNR

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Bisher zum Thema Feudalismus erschienen:
– Reaktionäre Schichttorte (31.01.2015) – über die scheinbare Natur und die Klasse
– Feudal oder nicht feudal? tl;dr, (05.05.2019) – über den Begriff Feudalismus (Fotos: Quedlinburg)
– Helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltiu ritun (08.05.2019) – über die Funktion der verdinglichten Herrschaft in oralen Gesellschaften (Quedlinburger Domschatz I)
– Tria eburnea scrinia com reiquis sanctorum (09.05.2019) – über Gewalt und Konsum der herrschenden Feudalklasse als erkenntnistheoretische Schranke (Quedlinburger Domschatz II)
– Die wâren steine tiure lâgen drûf tunkel unde lieht (10.05.2019) – über die Entwicklung des Feudalismus in Deutschland und Polen (Quedlinburger Domschatz III)
– Authentische Heinrichsfeiern (13.05.2019) – über die nationalsozialistische Märchenstunde zum Feudalismus (in Quedlinburg)
– Der Zwang zum Hauen und Stechen oder: Seigneural Privileges (15.06.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [I] (24.07.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [II] (03.05.2020)
– Agrarisch und revolutionär (I) (21.02.2021)
– Trierer Apokalypse und der blassrose Satan (17.03.2021)
– Energie, Masse und Kraft (04.04.2021)
– Agrarisch und revolutionär II (15.05.2021)
– Gladius cum quo fuerunt decollati patroni nostri (Essener Domschatz I) (28.10.2021)
– Magische koloniebildende Nesseltiere mit kappadokischem Arm und Hand (Essener Domschatz II) (14.11.2021)
– Ida, Otto, Mathilde und Theophanu, kreuzweise (Essener Domschatz III) (27.11.2021)
– Hypapante, Pelikane und Siebenschläfer (Essener Domschatz IV) (17.12.2021)
– Pantokrator in der Mandorla, Frauen, die ihm huldigen und die Villikation (Essener Domschatz V) (23.12.21)
– Jenseits des Oxus (09.01.2022)
– Blut, Nägel und geküsste Tafeln, schmuckschließend (Essener Domschatz VI) (18.04.2022)
– Missing Link oder: Franziska und kleine Könige (28.05.2022)
– Die Riesen von Gobero (Die Kinder des Prometheus Teil I) (18.07.2022)
– Die Liebhaber von Sumpa, Ackergäule und Verhüttung (Die Kinder des Prometheus Teil II) (25.07.2022)

Zum Thema Sklavenhaltergesellschaft:
Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil I]) 05.11.2020)

Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil II]) 27.12.2020)




Ianda

Ianda

Eine (Mit-)Spielerin (aus Brasilien) in Second Life (Gor) hat auf Facebook ein Album mit mehr als 70 Fotos erstellt, die die virtuelle Stadt Ianda zeigen. Ianda habe ich 2016 für Rollenspieler bzw. deren Avatare gebaut. Die Stadt besteht aus ca. 20.000 Polygonen mit jeweils rund sechs Oberflächen, die jeweils andere Texturen habe.

Für Ianda brauchte ich ungefähr einen Monat Arbeit, täglich jeweils mehrere Stunden. Das ist natürlich ein Hobby – die Bezahlung steht in keinem Verhältnis zur Arbeitszeit.

Der ausgewählte Screenshot zeigt einen Teil des Stadttores mit Steckbriefen: Wer die gezeigten Avatare fängt, tot oder lebendig, bekommt von mir eine (virtuelle) Belohnung. Die Spieler kamen mir irgendwann in die Quere oder wollten mir (vergeblich) ans (virtuelle) Leber.




GoT, reloaded

GoT
Screenshot Game of Thrones

Erstaunlich, wie viele Leute (vor allem auf Fratzenbuch) meinen, Game of Thrones verteidigen müssen. Ich habe es gar nicht angegriffen. Ich komme mir vor, als hätte ich mitten im Film Godzilla gerufen: Jetzt wird es aber unrealistisch!

Noch einmal: Ich traue mir zu, über die Serie etwas sagen zu können, ohne jemals eine Folge angeschaut zu haben. Es ist ganz einfach: Niemand könnte die ferne Vergangenheit oder eine fiktive Gesellschaft aka Fantasy darstellen, die anders ist als die gegenwärtige. (Man könnte jetzt über Norbert Elias diskutieren.)

Das Problem hat schon Stanislaw Lem erkannt und endgültig beantwortet: Man sieht immer nur in den Spiegel, selbst wenn ein Ozean den einem entgegenhalten muss.

Was soll also Fantasy à la Game of Thrones sein – wenn nicht eine Soap des heutigen Kapitalismus in pseudohistorischen Kostümen, garniert mit ein paar Drachen? Warum zum Teufel sollte ich mir einen Film mit Drachen anschauen?

Als gelernter Historiker krieg ich immer eine Krise, wenn ich mir das Outfit der Protagonisten in solchen Machwerken ansehe: Das ist weder Antike noch Mittelalter noch frühe Neuzeit – das ist einfach zu wenig Fantasie.

Voice of Gor
Titelmotive der mittlerweile im achten Jahrgang erscheinenen Wochenzeitung Voice of Gor, die ausschließlich in der Gorean Community in Second Life (nach Altersüberprüfung) erhältlich ist.

Natürlich muss Unterhaltung nicht politisch „korrekt“ sein, und Fantasy schon gar nicht. Wenn schon, denn schon – aber glaubt denn irgendjemand, ein Filmemacher würde sich trauen, einen der 33 Romane aus dem Gor-Zyklus von John Norman zu verfilmen? Immerhin ist der in den USA Bestseller-Autor mit Millionenauflage. Es scheint also eine „Grenze“ des Zumutbaren zu geben (obwohl ich Normans Trash-Romane für harmlos halte).

Games of Thrones zeigt also nicht genug Sex, um als Pornografie durchzugehen und kann mit Norman nicht mithalten, was die genderpolitische Inkorrektheit angeht. Die Serie ist nicht so gewalttätig und – aus heutiger Sicht – grausam, wie der Feudalismus wirklich war (bitte mehr Folterszenen!? Hält aber der Zuschauer nicht aus).

Da laufen Schwarze und Liliputaner herum (Schwarze gibt es schon im Parzival von Wolfram von Eschenbach – um 1200). Warum eigentlich? Damit auch kleinwüchsige Menschen jemanden haben, mit dem sie sich identifizieren könne? Was ist mit lesbischen Japanerinnen oder schwulen Latinos? Und sind nicht alle Frisuren total langweilig, weil man das alles schon in C-Movies mit Römern und Germanen und sonstwem gesehen hat?

Ich schaue Serien, die meinen Intellekt kitzeln, aber – ich bleibe dabei – nicht Game of Thrones.




Andere über mich

avatar

Ich weiß nicht, warum ich gerade so etwas posten muss; vermutlich, weil ich Liebeskummer habe. So etwas kommt vor.

Ist ein Avatar so, wie man selbst ist? Meine Theorie, metaphorisch gesprochen: Nein, das gelingt niemandem. Hier also das, was andere Avatare in Second Life über mich sag(t)en:

[15:19[15:19] Kronn Zessinthal: I never met a man with so many enemies

[05:28] Stuart McKeenan: i know you are a stubbornmule with a dominant attitude, no matter what you do. but i also know you know your stuff.

Mein Avatar reitet da übrigens im Sandsturm in der Tahari-Wüste auf einer Kaiila. Das wäre jetzt auch ganz nett, in der Negev oder Gobi, ich hasse Kälte.

Motto: 5th Aphorism of the Codes: „When you would hunt, hunt as the sleen hunts. Tenacious, silent, and without mercy.“

„Know your enemy and know yourself and you can fight a thousand battles without disaster.“ (Sun Wu Tzu)




Tuxedo! [Update]

tuxedo

Es wurde Zeit, den endgültigen Abschied von Windows ein wenig zu forcieren. Ich hatte schon vor zwei Jahren über das unüberwindbare UEFI meines Laptops mit Windows 10 gejammert. Man kann dort kein Linux installieren (lasst jetzt besserwisserische Kommentare bitte weg!). Ausserdem ist es rund zehn Jahre als, es klappert schon ein wenig und es fallen Aussenteile ab. Bei Vorträgen macht es sich ausserdem nicht gut.

Also habe ich jetzt mein Zurückgelegtes verballert und mir ein Tuxedo-Notebook vom Feinsten zugelegt. Wenn schon, denn schon.

1 x TUXEDO Book BC1707 – 17,3″ matt Full-HD IPS +
Intel UHD Grafik + bis Intel Core i7 Six-Core +
bis zwei HDD/SSD + bis 32GB RAM 1.164,00 EUR
– Full-HD (1920 x 1080) IPS-Panel matt
– 16 GB (1x 16GB) 2666Mhz Samsung
– Intel Core i5-8300H (4x 2.30-4.00 GHz
Quad-Core, 8 Threads, 8 MB Cache, 45 W TDP)
– 1000 GB Samsung 860 EVO (M.2 SATAIII)
– 1000 GB HDD (Seagate Pro / 7.200 rpm / 2,5″)
– integrierter Grafikchip
– DEUTSCH (DE-DE) beleuchtet mit TUX Super-Taste
– Intel Dual AC 8265 & Bluetooth (M.2 2230)
– Ubuntu 18.04 LTS 64Bit
– ohne Windows
– 24 Monate / 2 Jahre Garantie

Jetzt mögen die Evangelisten der jeweiligen Betriebssysteme schweigen: Ein Netzwerk einzurichten oder VPN geht mit Windows (und letzteres mit Android) leichter. Dafür ist alles andere mit Linux besser – und kostenlos. (Ich schaffe es weder mit meinem Linux-netbook noch mit dem neuen Laptop, mich in mein VPN der eigenen Fritzbox einzuloggen, obwohl ich alle Manuals und Forenbeiträge zum Thema meine gelesen zu haben.)

Erster Eindruck: Totel chic. Es hat zwar acht Tage gedauert, bis ich es erhielt, aber das ist vermutlich nicht die Schuld von Tuxedo. Dafür gibt es einen USB-Stick, Kugelschreiber und allerlei Kleinteile zusätzlich, neben der üblichen Linux-Propaganda in Poster- und Zeitschriftenform. Ist aber nett.

Ich habe einen ganzen Tag gedröselt. Es war wie das Auspacken von Weihnachtsgeschenken.

Ich glaube immer noch nicht, dass ein Einsteiger ohne fremde Hilfe mit Linux klarkommt, sobald man die ausgetretenen Pfade verlassen muss. Wo ist zum Beispiel bei Ubuntu 18.4 der Arbeitsflächenumschalter? War früher besser.

Wieso ist meine Shell in Englisch? Wieder fünf Minuten fummeln. Dafür aber dieses Mal kein Problem mit WLAN.

Das Allerbeste: Der Linux-Client für Second Life funktioniert jetzt wunderbar – ich nehme aber nicht den offiziellen, sondern Firestorm. Aber auch damit bin ich schon wieder eine marginale Randgruppe, ein Gefühl, das ich seit mehr als 60 Jahren kennen und lieben lernte.

Sagt mal, Tuxedo: Wieso schickt ihr mir Treiber und das Handbuch auf CD, wenn das Laptop gar kein CD-Laufwerk besitzt? Sehr witzig. Habt ihr geraten, dass ich hier mehrere Rechner habe? Schon gut, ich kaufe mir ein externes Teil… Darauf einen 16 Jahre alten Lagavulin!

[Update] Dann wollen wir mal die Kiste ausreizen!

tuxedo




Catedral Metropolitana

Catedral Metropolitana

Die Kathedrale von Guadalajara, Mexiko (1981).

Die gab es auch als virtuellen Nachbau in Second Life – ich vermute, ich bin der einzige Mensch auf der Welt, der davon Screenshots hat.




Improve your Avatar!

virtual cock second life

Screenshot aus Second Life, 2007.




Holy Shit!

Die spätkarolingische Georgskirche in Second Life 2009

Die Evangelen benutzen jetzt einen „Segensroboter“. Er heisst „BlessU-2“ und ist ein ehemaliger Geldautomat. Kann man sich gar nicht ausdenken, sowas.

Da fällt mir ein, dass ich noch einmal Marcel Mauss‘ Theorie der Magie durchblättern wollte.




How well do you respond to criticism?

firestorm

Ich musste gerade online eine kleine Prüfung ablegen, weil ich mich für das Support-Team des Firestorm-Viewers beworben habe. Die Fragen fand ich lustig:

Frage: What’s the first thing to do when someone asks a question?
Antwort: I tell him that the question is great. :-) Seriously: I need to make sure that I understood the problem properly.

Frage: Someone (not a support team member) who answers a support question with bad advice or wrong information?
Antwort: Audiatur et altera pars.

Frage: Someone seeking help who responds to your followup questions and suggestions in an aggressive and defensive manner?
Antwort: I tell him: Don’t solve the question of guilt, solve the problem.

Frage: Someone seeking help who is polite but doesn’t understand your suggestions?
Antwort: I tell him to be patient, because I made all mistakes already when I was new in Second Life. I understand his feelings.

Frage: How well do you respond to criticism?
Antwort: Depends on the criticism.. :-) The users need support, but the support do not need users. That should be clear if nothing else works.

Frage: Describe a time when you had to admit to one or more people that you were wrong about something. How did you feeling while doing it? How did it work out? Would you be comfortable doing that in a public context?
Antwort: I’ve been experiencing drama for 10 years in role playing communities. I have been a moderator for roleplay for eight years. It can’t get any worse. :-)




Das Tegeler Duell und die Sechserbrücke

Tegeler SeeTegeler HafenSechserbrückeHumboldt Insel RückseitesechserbrückeSkyline Spandau

Ich war heute sieben Stunden auf der Havel und dem Tegeler See und beabsichtige nicht, dem Publikum heute noch die politischen Weltläufte zu erklären. Ich werde noch nicht einmal meinen Avatar in Second Life bewegen. Die folgenden Fakten sind nicht von mir, aber die Links.

Das Wort „Tegel“ entstammt einem slawischen Wurzelwort, das „Anhängsel“ bedeutet. Und genau dies ist der Tegeler See: er ist ein Anhängsel der Havel. Der Anteil der Uferstellen, an denen man baden kann, ist zwar gering, allerdings hat der See eine gute Wasserqualität und zählt zu den innerstädtischen Berliner Gewässern mit der größten Sichttiefe.

Am Nordostufer des Sees, unterhalb der „Seeterrassen“ an der Greenwichpromenade, befinden sich [was für ein verficktes schlechtes Deutsch!] die Schiffsanlegestellen der verschiedenen Reedereien. Die Uferpromenade wurde als lange Allee zum Flanieren mit Ruhebänken und Kinderspielplätzen gestaltet [Passiv ist immer schlecht und langweilig. Wer tat was? Und von wem stammt der Plan?]. Der nördliche Teil der Promenade endet an der Tegeler Hafenbrücke (auch Sechserbrücke genannt). Sie bildet die Zufahrt zum 1908 als Verbreiterung der Mündung des Tegeler Fließes gebauten Tegeler Industriehafens [irgendwas mündet da und wird breit, um ohne Ung auszukommen]. Große Teile des Ostufers sind in der Hand von Bootsvereinen und öffentlich nicht zugänglich. Am 25. März 1852 fand am Seeufer das Duell Vincke–Bismarck statt.

Wieder was gelernt. Klicken und sich weiterbilden!




Phantasus, revisited

Dieser Artikel erschien in leicht veränderter Form in Pl@net im November 1996 (!). Die Pl@net, das erste deutsche Internet-Magazin, wurde 1997 zu Internet Professionell. Das Thema: Die virtuelle Welt Phantasus alias „Worldsaway“ alias „vzones“. Virtuelle Welten, die mit Avataren bevölkert waren – wie heute Second Life -, gab es also schon vor fast zwanzig Jahren. (Vgl. spiggel.de, 26.02.2007: „Kein Ort. nirgends“) Es gibt nur noch sehr wenige Screenshots von Phantasus aka WorldsAway aka Dreamscape. Ich habe Phantasus 1995 auch via Compuserve gespielt.

Ave Avatar! So nannten sich die indischen Götter, die die Menschen aufsuchten. Gliedmaßen, Köpfe und Körper suchen sie sich nach Gutdünken aus. Die Erdlinge sollten sich in der Illusion hingeben, die Götter seien wie sie, so wie der heutige Avatar angeblich dem realen Menschen ähnelt.

Am Anfang ist der Avatar allein und so ungünstig gekleidet wie der Terminator bei seiner Ankunft in der Gegenwart. Nicht nackt, aber in häßliches Dunkelblau gewandet, auf den Planken eines virtuellen Schiffes, das auf dem Meer dahindümpelt. Der Körper schmächtig, aber im Profil mit dem Robbenbaby-Effekt ausgestattet, Kulleraugen und Schmollmund. Ein bißchen dümmlich und hilflos blickt man noch namenlos in die knallbunte Welt. phantasus

Der Neuling trampelt per Mausklick ein wenig hin und her, dreht sich, schlenkert mit den Armen, winkt dem Alter Ego vor dem Bildschirm zu, hopst versuchsweise auf und ab und wartet auf etwas Aufregendes, Seejungfrauen oder ähnliche Ungeheuer. Nichts passiert, nur, daß man zwangsweise auf die Uferpromenade verfrachtet wird und sich entscheiden muß, ob man in Zukunft Männchen oder Weibchen sein will.

Drei Körper stehen pro Geschlecht zur Auswahl: schlank, athletisch oder dick, ganz wie im wirklichen Leben. Wer Mann ist, neigt spontan zur Schwarzenegger-Variante oder, wenn man Computer-Freak ist und ehrlich sich selbst gegenüber, mehr zum leptosomen Typus, der leicht vornübergebeugt daherschlurft. Athletische Frauen haben den Männern etwas voraus: Sie können sich, wiederum per Mausklick, eine kurze Zeit in die Lüfte erheben und schweben, mit den Armen ausgestreckt flatternd, über dem virtuellen Erdboden.

Fast wehmütig habe ich mir meinen ersten Screenshot auf den Bildschirm geholt: „This is my first minute as an Avatar…“ sagt das blaue Männchen unsicher zu sich selbst. Hinter ihm wartet ein weiteres blaues Männchen, das beim Anklicken seine Identitätsnummer ausspuckt, 2735, auch ein Neuling. Das Ambiente in sanften Farben, ein paar Säulen, die an nichts erinnern In fast unendlichen Weiten blaue Berge Fußgängerzonenkompatibles Kleinpflaster. Und natürlich die anderen, wegen derer man Phantasus betreten hat und mit denen man chatten will. Ein athletischer Kerl mit Birne auf dem Kopf und Schiffchen unter dem Arm. Eine schwarzgelockte Schönheit mit weiblicher Fußstellung, also nicht so breitbeinig wie die Männer. Dafür kann sie nichts, aber die Programmierer, die sich diesen interaktiven Comicstrip ausgedacht haben. Alles hat seine Ordnung.

Aber vielleicht ist die junge Schöne keine Sie, sondern ein ältlicher Er? Und das schmächtige Hutzelmännchen, das sich soeben etwas ruckelnd von links ins Bild schleicht, im wahren Leben Kate Moss oder Linda Hamilton? Die Phantasie darf schweifen, aber nicht zu ausschweifend. Außer Winken, Hopsen, Achselzucken und den Mimik-Varianten Trauer, Frohsinn, Wut und „Normal“ ist nichts vorgesehen, nur reden, reden, reden. Die Worte schweben als eckige Sprechblasen über der Szenerie. Ein ideales Betätigungsfeld für die frauen- und männergruppengestählten neuen Mittelschichten.

Und warum sollte ich etwa Herren mit Froschköpfen, Damen mit Katzenschädeln oder den Typen mit dem Astronautenhelm anquatschen? Den Fischkopf, der ausnahmsweise nicht aus Hamburg, sondern aus München stammt? Oder den, der einen Computer statt Kopf auf den Schultern balanciert? Oder einen Ghettoblaster? Ein Psychologe wüßte interessante Fragen zu stellen. Rollenspiel? Regression? Ich bin wieder ein Kleinkind und alle sind lieb zu mir! Streichle mich! Ich bin eine Maschine und funktioniere prächtig! Ich werde bewundert, weil ich einen Kopf trage, den niemand trägt! Den niemand sich leisten kann! Mein Rasenmäher ist der schnellste!

Wer die Regeln und Rituale einer fremden Welt nicht kennt, bewegt sich mißtrauisch und vorsichtig. Wer weiß, ob nicht irgendwo eine virtuelle Gottheit lauert, die unbotmäßiges Verhalten mit Dematerialisation bestraft oder allzu kecke Neulinge an unfreundliche Orte beamt? Also tastet man sich vor in Phantasus und erreicht den Eingang des Jungle Parks. Auch dort lungern diverse Gestalten herum, die sich in englisch unterhalten. Smileys tauchen auf und ab. Wer neu kommt, wird angewinkt. Hello, hallo, hi. Park your Butt, Newbie! Hinsetzen funktioniert nicht, ist also nur metaphorisch gemeint. We’re having a helluva time! Oops. Gobsmacking!

Das „umwerfend“ ist leider nicht auf mich gemünzt, sondern auf eine schlanke Dame, die soeben materialisiert. Ganz in rot, blonde Löckchen, mit geheimnisvoller Kapuze und schwarz umrandeten Augen wie die Panzerknacker-Bande. Die will mir etwas zeigen, ein Geheimnis, sagt sie per ESP. Das ist so etwas wie „personal mail“, eine Nachricht, die niemand außer mir lesen kann. Wie heißt das Fräulein? Mausklick. „Headhunter Temptress.“ Nomen est omen? Schon fordert sie mich auf, meinen virtuellen Kopf auf den Fußboden zu legen. Anklicken und „put on the floor.“ Denkste. Die will doch etwas anderes als mir ihre digitalisierte Briefmarken oder etwas Pikanteres zu zeigen. Ich lasse meinen Kopf dort, wo man ihn am ehesten erwartet. Headhunter Temptress verwandelt sich in einen „Geist“, eine winzige Wolke am Bildrand, in deren Mitte ein Auge blinzelt.

Bald begegne ich anderen blauen Neulingen, deren Hals kopflos im Nichts endet. Also gibt es auch in WorldsAway das Böse, das zu unserem edlen Charakter gehört wie der Schatten zum Licht. Zeit, sich einen Namen zu geben und zu machen! Doch wie? Der Mitmensch und Avatar an sich ist hilfreich und gut und beantwortet diesbezügliche Fragen, ja, die betreffende Ente in gelben Hosen erklärt sich bereit, den Weg zum Tempel zu zeigen. Wohin des Wegs, müder Wanderer? Berlin, Germany. I’m from California. Oh, nice. Mr. Bill Gates, I presume? Fröhliches Smiley. My name is Angela. A female Duck, eine Überraschung inmitten der netzsurfenden Männergruppen. How old are you? Twentytwo. Könnte meine Tochter sein. I’m just the double oder wie heißt das noch mal? Darf man online The Advanced Learner’s Dictionary for Current English benutzen? Das ist also chatten.

Der Tempel, ein leicht esoterisch angehauchtes Gebäude, das mit antiken Vorbildern architektonisch so viel zu tun hat wie das Hauptquartier der Mormonen mit der Akropolis. Die Ente zeigt das Buch der Bücher, in dem sich jeder Avatar mit einem Pseudo verewigt. Sunray Dream Keeper. Big Kahoona. Duckolyte Sr. Wing, Doc Moriarty, Mischi, Thomas, Perry Rhodan und Vagabund. Alien 1, Kiwi-Schokoline, Crusader Obi, Ronny und Cloachrd. Ich heiße jetzt ganz profan Burks. Und bald werfe ich meinen Kopf in den Recycling-Automaten. Für ihn bekomme ich eine Handvoll Tokens. Für eine Handvoll mehr kaufe ich mir in einem Automaten einen braungebrannten und bärtigen Fakir-Schädel. Zu dem paßt der leptosome Körper. Wo gibt es nur schwarzes Spray für Hemd und Hose?

Was machst Du denn so, Avatar? Avatare spiegeln die reale Welt und nichts anderes als die. Wer glaubt, ein weiblicher Körper in einer virtuellen Stadt wie Phantasus verwandle einen in eine Frau, der weiß nichts von Frauen. Aus einem Puttchen am PC wird trotz athletischem Avatar keine Emanze. WorldsAway lebt von der Illusion, zweidimensionale bewegte und sprechende Bildchen könnten irgendetwas mit dem realen Leben zu tun haben. Weit gefehlt: Kommunikation per Chat funktioniert wie alle andere Formen der Kommunikation auch. Man nimmt nur das zur Kenntnis, was man schon kennt und das redundante Weltbild nicht irritiert.

Von wegen Rollenspiel: Wer in virtuellen Welten plaudert und chattet, macht nur soziale Geräusche, deren Erfahrungswert dem eines traditionellen Kaffekränzchens oder Stammtisches gleicht. Dafür sorgt schon die infantile Sprache. Man muß schon lange suchen, um in Phantasus einen ganz normalen deutschen Satz, womöglich durch Kommata unterteilt, zu finden. Einwand: Eine Million Fliegen können nicht irren. Chatten ist eine der beliebtesten Beschäftigungen der Netzgemeinde. Die Wirklichkeit spielt ihrer virtuellen Widerspiegelung einen Streich. Man lernt sich online kennen, verliebt sich sogar in das, was der andere sagt, verspürt das Bedürfnis, sein gegenüber kennenzulernen. Das funktioniert aber so gut wie nie. Man lebt von der Hoffnung und der Hand im Mund.

Avatar-Treffen, wie sie in der RW (Realen Welt) stattfinden, sind nicht mehr oder weniger als ein Kegelabend von Kaninchenzuchtfreunden, die sich über ein gemeinsames Hobby kennenlernten. Und behaupte jemand, die Zucht von Karnickeln und die damit verbundene menschliche Interaktion sei sozial weniger wertvoll als eine Versammlung von Computer-Besitzern, die – als Comic-Strip-Figur – online gemeinsam Bingo gespielt haben! phantasus

Apropos: Aktiver als Chatten ist das gemeinsame Spiel im Spiel. Wer das fucking englische manual der bingo.exe aus der Forums-Bibliothek verstanden hat, kann so sein virtuelles Konto auffüllen.. Dem unbedarften Neuling passiert es, daß er soeben mit Mühe vom Geist zum Avatar materialisiert ist, weil nicht mehr als sieben Figuren auf einen Screen passen. Statt eines Gesprächs der Anwesenden erscheinen kryptische Zahlenkürzel, N-43, O-69, N-35, B-15. Wenn er Pech hat, fordert ihn jemand höflich, aber bestimmt auf, schleunigst wieder zum Geist zu werden, weil man das Spiel verlangsame. Das ist Bingo. Ähnlich niveauvoll, der Name sagt es, kann sich jeder an Trivial Pursuit beteiligen, auf deutsch oder englisch. Oder Ghostracing: Wer am schnellsten vom Geist zum Avatar materialisiert oder umgekehrt oder von einem Ort an Phantasus zum anderen gelangt. Die Teilnehmer versammeln sich anschließend zum Gruppenscreenshot.

Überhaupt die Deutschen. Die sorgen für Kultur. Der deutschsprachige „Traumbote“ ist die meistgelesene Zeitschrift in WorldsAway, erstellt von Idealisten und Idealistinnen, mit einer größeren Auflage als der „offizielle“ englische „Clarion“. Der „Traumbote“ bietet alles, was ein Vereinsblättchen braucht und was die positiven Vibrations der Leser garantiert. Lesen und gelesen werden: Was ich neulich erlebt habe. Steckbriefe der bekannten Diebe. The Yellow Pages. Stadtführung für Neulinge. Veranstaltungskalender: Demnächst Lesung mit dem berühmten Gedicht „Ode-to-your-Head“ „Ich suche eine liebe (!) Partnerin für eine WG. Allein kann ich mir nur ein Zimmer leisten.“

Gemeint sind die virtuellen Zimmer im neuerrichteten Gebäude gleich hinter dem „Magic Shop“. Die Miete ist nicht von Pappe und wird vom Token-Konto abgezogen. Wer sich nicht lange genug in Phantasus aufhält, goes to Moscow (wird gepfändet). Man verdient Tokens, die Währung in WorldsAway, automatisch, ohne den Finger rühren zu müssen, pro Stunde Aufenthalt, aber nicht als Geist, sondern als Avatar. Manchmal trifft man einen bewegungslos vor sich hin starrenden Avatar, der auf keinerlei provokative Anmache reagiert. Richtig vermutet: Das wahre Selbst der Figur verlustiert sich anderweitig und läßt sein virtuelles Ich durch bloßes Dasein in Phantasus Tokens horten. Mehrere Token-Automaten stehen in WorldsAway herum und spucken die goldigen Münzen aus.

Wer Geld hat, staffiert sich aus. Im NuYu und im U-Mart warten Automaten mit neuen Köpfen, Utensilien, die man in Kisten verpacken und mit sich herumtragen kann, Spraydosen, um Teile seine Körpers in allen Farben des Regenbogenspektrums zu färben, und unnützer Schnickschnack wie Teddybären. Je seltener die Gegenstände sind, um so mehr gewinnen sie an „Wert“ und um so höher werden sie bei virtuellen Auktionen eingeschätzt. Kleine Lektion Spätkapitalismus gefällig? Da will jemand für einen extrem originellen Rosenkopf 1800 Tokens. Das sind 30 Stunden online, „die kosten mich sage und schreibe 105 echte Deutschmark“, schreibt ein Avatar verbittert.

Die fleißigen Deutschen sind nicht so beliebt wie sie selbst meinen. Natürlich bleiben die amerikanischen Avatare höflich und korrekt, aber lieber unter sich. Schon wieder haben die Krauts die Mehrheit. Bloß weg hier. Drei aus Florida „ghosten“. Wahrscheinlich haben sie sich im Starway-Cafe verabredet oder im Meditation-Park. Germany? I’m from Great Britain. Don’t like Huns. We win every war against you. – And Falkland? Shut up. Weg isser.

Wo bleibt das Abenteuer? Das schleimige Monster, das hinter der Stahltür lauert und sich mit Gebrüll auf einen stürzt, wenn man als virtueller Krieger ahnungslos um die Ecke biegt? Will ich per Computer das erleben, was ich sonst auch erlebe? Oder haben sich Chat-Foren die ausgedacht, für die die mittlere Beamtenlaufbahn der ultimative Thrill ist? Der frisch eingeführte Kopf des Tyrannosaurus Rex ist the most popular bei neuen Avataren. Schön gruselig. Einmal jemand sein, vor dem die anderen Angst haben. Oder das Gegenteil: Ausleben des Krankenschwester-Syndroms. Diese Avatare lauern nur darauf, daß ein Newbie, wie die Neulinge genannt werden, auftaucht, um den mit gut gemeinten Ratschlägen und Warnungen zu überschütten. Du kannst mich in deine Freundesliste aufnehmen! Danke. Oops.

Kennst du die Golden Handcuffs-Technik? Eine der befreundeten Avatarinnen will dir ein großes und rotes Herz zeigen, eines der seltensten Dinge in Phantasus, im Wert vergleichbar nur mit der legendären One-Pence-Briefmarke. Das hat sie anläßlich der „Ladies Night at the Duckolyte Auction“ erstanden, 11. September 11 art 6pm Pacific Time. Dazu muß sie die Kiste, die sie unsichtbar mit sich trägt, auf den Boden stellen. Dort ist die dem Zugriff der bitzschnell materialisierenden diebischen Geister schutzlos ausgeliefert. Einem Räuber, der etwas ergreift, kann man das nicht mehr abnehmen, und erst recht nicht, wenn der sich im selben Augenblick in ein Wölkchen verwandelt. Also ein Trick: Du nimmst eine deiner Tokens in die Hand. In dem Augenblick, wenn die Freundin die Kiste virtuell abstellt und ein Dieb auftaucht, wählst du per Mausklick die Option „give Token to“. Der Bösewicht kann nur einen Gegenstand auf einmal greifen und steht nun mit vollen Händen da, während die Freundin des Herzens ihre Kiste wieder greift. Nur dein mickriger Token ist weg.

Avatar Claudy hat schon einen Hilfsfonds für diejenigen gegründet, die Opfer eines „Inworld“-Verbrechens“ geworden sind, ein virtueller „Weißer Ring“, der dem Initiator ein garantiert gutes Gewissen verschafft. Das Gute siegt, auch deshalb, weil die Phantasie-Welt nicht ohne soziale Hierarchie auskommt. Da gibt es „Acolyte von Morpheus“, die immer die Wahrheit sagen und die sich nicht imitieren lassen, Kymer Guardians, die Ermahnungen aussprechen und Verfehlungen notieren, ein besonders bei den deutschen Avataren begehrter Job, Sunray Knights und Helpolytes.

Und „Geistliche“, die Trauungen vornehmen, nach selbst erfundenen Ritualen und ohne Ansehen des realen Geschlechts. Screenshots der digitalen Einladungen und der Heiratsurkunden von Duckolyte Ropes und Princess Di in der Forums-Bibliothek gratis erhältlich! Vagabond und Aphrael werden ihre Verlobung im Turf (Wohnhaus) X-Bies Club feiern! „Von dieser Stelle aus wünsche ich, Mivo, der einzige deutschsprachige Acolyte im Dreamscape, den beiden alles Gute, und mögen sie den Traum ab nun gemeinsam träumen!“ Nächste Sprechstunde für Probleme Freitag 20 bis 21 Uhr MEZ im Kaminzimmer des Turfs. phantasus

Avatare, die Chat-Foren wie WorldsAway gegen den Rest der realen Welt verteidigen, meinen, auf der virtuellen Spielwiese etwas lernen zu können: Wer sich ungehörig benimmt („nice breasts“ per ESP), gegen den kann man kaum etwas ausrichten. Virtuelle Faustschläge sind genausowenig möglich wie ein Kuß. Also, so könnte man vermuten, muß sich jeder Teilnehmer des Chat-Forums überlegen, ob es nicht zivilisierte Formen gibt, Druck auszuüben, daß die Bösen resozialisert werden. Nur ist auch das eine Illusion. Wer es darauf anlegt, gegen die Phantasus-Nettiquette zu verstoßen (kinderfreundlich, no sexual harrasment) und endlich, nach mehrfachen Ermahnungen, von den Machern ins virtuelle Nichts geschleudert wird, der taucht einfach unter anderem Namen am nächsten Tag wieder auf. Gewalt ist sprachlos und stellt eine soziale Hierarchie auf eine Weise her, die den alles verbalisierenden Netz-Sozialarbeitern nicht zugänglich ist. Wer chattet, wird nicht mehr oder weniger gewalttätig als er schon war.

Und auch die Gefühle ändern sich nicht. Ein stotternder Jüngling, der es nicht wagt, seine Madonna in einer Bar anzusprechen, kann das per chatten üben. Aber das Stottern verlernt er dadurch nicht. Eine virtuelle Welt bevölkert sich mit genau den Charakteren, die man im realen Leben findet Es tauchen Leute auf, die sich sofort für den Job des Vereins-Kassenwarts bewerben. Frauen unterhalten sich über ihr Outfit und sonst gar nichts. Frankfurter tauschen mit Kölnern per Rechner in Houston die neuesten Bundesliga-Ergebnisse aus. Da findet man in zwanzig Sekunden „Freunde“, die nett daherplaudern und tunlichst verschweigen, daß sie zuhause ihre Gattin verprügeln. Mag sein, daß es ein Edeka-Filialleiter aufregend findet, mit einem Amerikaner übers Wetter in Ohio zu reden. Aber trotzdem ist das nicht zu vergleichen mit der warnenden Meldung des Rückenmarks, wenn man auf einem 60 Meter hohen Kran steht und sich am Gummiseil in den Abgrund stürzen will.




Sexy Avis

avatare

Ist denn schon Sommerpause auf burks.de? Mitnichten, aber ich darf mich – die gütige Erlaubnis der Leserschaft vorausgesetzt! – bei vier freien Tagen dem Müßiggang und dem Unsinn widmen und mich (morgen) körperlich ertüchtigen!

Mein Avatar (Mitte, wie immer misstrauisch und schwer bewaffnet) ist hier mit zwei Bodyguards unterwegs in Gor/Second Life, einige Frauen sind begeistert: „[13:49] Damariah: ((have to say sexy avis men))“.




MISCELLANEOUS

dancer in Ianda

Das Uninteressanteste zuerst: „Nach einem großen Medienwirbel um 2007 ist es heute still geworden um „Second Life“. Dabei sind rund eine Million Nutzer ihrem Zweiten Leben treu geblieben. Das dortige Bruttoinlandsprodukt beträgt rund 500 Millionen Dollar, mehr als in manch realem Kleinstaat.“ (Der Spiegel, 31.03.2018)

Ich gehöre dazu. Die Taverne auf dem obigen Screenshot habe ich auch gebaut.

And now for something completely different. Neues Deutschland: „Humanistischer Gegenentwurf zur rechten Intelligenzia. Mit der »Antwort 2018«-Erklärung gibt es nun Kontra für Lengsfeld und die Neue Rechte“.

Ich finde die Diskussion zum Würgen – sie besteht de facto aus dem Austausch von Textbausteinen, die man seit Jahren zu Genüge kennt. („Wissenschaftlich rechtsdrehend“ – habt ihr sie noch alle beim ND? „Erstunterzeichner*innen“ – das allein schreckt genauso ab wie jedes Wort von der Lengsfeld.)

And now for something completely different. Bini Adamczak, die hier schon lobend erwähnt wurde, sagt in der Schweizer WOZ: „Die Linke ist so fragmentiert, dass das Gemeinsame sehr schwer herzustellen ist“.

Leider schwurbelt Adamczak im schönsten Akademiker-Jargon daher, dass es nur so raucht. Wer unverständlich formuliert, soll sich nicht wundern, dass niemand sich dafür interessiert: „fordistische Beziehungsweisen“, „Individualisierung und Fragmentierung“ (das könnte Katja Kipping nicht besser), „vom Stalinismus desavouiert“, „das Phantasma von Homogenität, Einheit und Repräsentation“, „die Begrenztheit ihrer eigenen Perspektive reflektieren“. Neinneinnein.

Adamczak hat aber immer etwas Interessantes und Neues zu sagen, wenn man sich der Mühe unterzieht, sich durch den Text zu quälen. Das Interview ist lesenswert.

And now for something completely different. Die Bloggerin „Notaufnahmeschwester“ wettert auf Krautreporter gegen die „Lappen: „Ich arbeite seit 20 Jahren in der Notaufnahme. Aufregender Job? Sicher, aber anders, als ihr denkt. Denn nur etwa fünf Prozent der Patienten kommen mit einer lebensgefährlichen Krankheit oder Verletzung zu uns. Über die anderen schreibe ich in meinem Blog …“

Jetzt kommt mein „aber“. Warum stellt sie nicht die wichtigen Fragen? Zum Beispiel: Warum fährt die Feuerwehr Leute in eine Notaufnahme, obwohl diese augenscheinlich keine Notfälle sind? Warum fährt die Feuerwehr jeden Betrunkenen, der irgendwo herumliegt oder nur so tut, als sei er betrunken, in eine Notaufnahme? Warum werden „Kranke“, die mit „Rückenschmerzen“ oder einer kleinen Schnittverletzung (die sich mit einem Pflaster „heilen“ ließen) in eine Notaufnahme kommen, dort überhaupt angenommen, anstatt sie wieder nach Hause zu schicken? Ja, bitte? ich warte auf Antworten!?

And now for something completely different. Im Tagesspiegel lese ich über Trump und den Atomdeal mit dem Iran: „Trump nennt das Abkommen den ’schlechtesten Deal aller Zeiten‘. Im Wahlkampf hat er versprochen, ihn zu kündigen – es sei denn, der Iran stimmt Nachbesserungen zu. Trump fordert zusätzlich einen Stop der Entwicklung weitreichender Raketen; die Mullahs sollen die Unterstützung von Terrorgruppen wie Hisbollah und Hamas einstellen und ihre Revolutionsgarden nicht mehr im Irak und in Syrien einsetzen.“

Trump hält schon wieder ein Wahlversprechen? Eine Katastrophe für die deutschen Medien! „Briten, Franzosen und Deutsche haben den Deal eingefädelt und vorangetrieben.“ Ach? Die Europäer wollen also, dass Terrorgruppen finanziell unterstützt werden, womöglich mit meinen Steuergeldern? Das lässt ja tief blicken.

Ich muss jetzt leider arbeiten, sonst könnte ich mich noch weiter und mehr aufregen.




Guten Rutsch!

space station

Vor zehn Jahren schrieb ich hier:
Nur noch kurz im alten Jahr: Meine Raumstation im Second Life ein Mal anders – vom Liegestuhl der Skybox einer meiner Untermieterinnen aus gesehen.
Ist natürlich heute alles weg und verpufft.




Home and Garden, Furniture

sex-bett

Die Kernkompetenz von Second Life… Man sollte aber das hier berücksichtigen….




Arbeitsititel: Port Shilo

simsimsimsimsimsim

Ich hatte Zeit, wieder einmal eine GorSim in Second Life zu bauen. Der – geringfügig bezahlte – Auftrag war, etwas mehr „Nördliches“ zu schaffen. Palmen und tropische Gewächse waren also nicht erwünscht. Die Sim ist nur klein und wird nur wenige Spieler für das Rollenspiel beherbergen.

(Nicht weiterlesen, wer sich nicht für Technik interessiert.) Die Sim hat 5000 Polygone, von denen ich rund 2800 verbraucht habe. Auf dem oberen Screenshot kann man erkennen, dass der mittlere Baum von denen auf dem Felsen nicht richtig gerendert worden ist. Der Grund: Mesh-Objekte sind in einer bestimmten Distanz („draw distance“) gar nicht mehr zu sehen. Mesh hat sich aber durchgesetzt, Sculpties sehen einfach nicht so gut aus und sind außerdem „laggier„. Die Höhlen (vgl. 2. Screenshot von unten) sind komplett aus Mesh – die musste ich aber zusätzlich kaufen, da ich immer noch nicht genug Zeit und Lust hatte, das Handbuch für Blender zu studieren.

Ja, wer mir schmeicheln will, darf mich ruhig Spiele-Designer nennen, aber auf Hobby-Niveau.




Frage:

Über was soll ich bloggen? Über interessante südkoreanische Filme, über Deutsch des Grauens, von Journalisten verbrochen, die vorgeben, gutes Deutsch zu lehren, soll ich endlich Karsten Heinz Schönbach rezensieren? Oder soll ich über Second Life schreiben oder über das, was ich über die AfD denke und wie diese zu bekämpfen sei? Ich habe jetzt zwei Tage frei (nach vier Nachtschichten) und bald sogar Urlaub in einem meiner Berufe…




Tannhauser Gate, revisited

Tannhauser GateTannhäuser GateTannhauser GateTannhäuser GateTannhauser GateTannhäuser GateTannhauser GateTannhäuser GateTannhauser GateTannhäuser Gate

Weiß hier jemand nicht, was das Tannhauser Gate ist? Muss man kennen, so wie man etwas von Thomas Mann, Bertolt Brecht und Karl Marx gelesen haben muss. Bildungskanon eben. Dazu hört man natürlich Vangelis.

Most epic monologue of cinema history.
I’ve seen things you people wouldn’t believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I watched C-beams glitter in the dark near the Tannhäuser Gate. All those moments will be lost in time, like tears in rain.

Ich weiß auch schon, in welchen Film ich demnächst gehe und für den man Karten wer weiß wie lang vorbestellen muss.

By the way: Was wäre, wenn man als Avatar da hinfliegen könnte? Wer Visionen und Phantasie (kennt noch jemand diese Schreibweise?) wirklich werden lässt, ist ein Künstler. Ich muss also Alezia (Avatarname Zeja Pyle) lobend erwähnen, die den Plot „Tannhauser Gate“ grandios umgesetzt hat. Man fliegt als Avatar mit einer Rakete in „luftige“ Höhen, und die verwandelt sich dann wie von Zauberhand in das, was in den Screenshots zu sehen ist, mit vielen schönen Details (Vorsicht! Photonenbeschuss aus dem All!). Man (der Avatar) kann sich dort bewegen und sogar Schwerelosigkeit imitieren. Und wenn man auf dem Schaltpult des Raumschiffs „departure“ drückt, geht es erst richtig los. Einfach unglaublich gut und große Kunst. Ich vergaß zu erwähnen, dass ich von Second Life rede, was in deutschen Medien komplett ignoriert wird. (Man müsste erst recherchieren, und das geht ja mal gar nicht. Wo kämen wir denn da hin.)




Panties-Bra

panties

Mode in Second Life – vielleicht sollte ich mehr über Mode bloggen? Har har….