Unter Pegidasten und Ausländerfreunden

ausländer

Foto: Michael Schilling | Wikipedia

Nein, Jakob Augstein, wer so argumentiert, liegt daneben: „Ausländerfeinde und Anti-Islamisten wagen sich aus der Deckung. Das ist ein Zeichen der deutschen Krise.“

Ganz falsch. Nazis haben nichts gegen „Ausländer“. Aber wer so schwurbelt wie Lichterkettenträger, ist auch beratungsresistent. Ich darf mich selbst zitieren – seit 15 Jahren hat sich nichts geändert bei den gutmeinenden Textbaustein- und Sprechblasenfacharbeitern.

Ihr habt nichts begriffen, nichts, (…). Überhaupt nichts. Und der Mainstream-Diskurs ist so in Beton gegossen, dass Argumente nichts nutzen. Hier dazu eine Passage aus meinem Buch „Nazis sind Pop“ (erschienen 2000):

Das eigentümlich Verschrobene des so genannten Volks der Dichter und Denker manifestiert sich in begrifflichen Sonderwegen, die Dolmetschern regelmässig den Schweiss auf die Stirn treiben: In Deutschland soll es einen merkwürdigen Zustand der Gefühle geben, eine Feindseligkeit, die sich gegen Menschen richtet, die einen anderen Pass besitzen als die Mehrheit. Da eine Emotion unstrittig nicht in der Lage ist, komplizierte Fragen des Staatsbürgerschaftsrechts zu beurteilen, lässt einen US-Amerikaner das holperige Wort „Ausländerfeindlichkeit“, um das es hier unter anderem gehen soll, ratlos zurück. Grammatikalisch janusköpfig – wer ist „feindlich“? Die Ausländer? Ein Synonym – die Feindschaft – lässt sich nicht benutzen – könnte es auch „Ausländerfeindschaft“ heissen?

Der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ kann in keine Sprache der Welt übersetzt werden. Wer vorschnell hofft, bei „Xenophobie“ fündig zu werden, irrt: Die „Fremdenfeindlichkeit“ bedeutet etwas ganz anderes. Der „Fremde“ ist immer ein fiktives Konstrukt, dem eine Definition im kollektiven Diskurs voraufgegangen sein muss. Auch „Inländer“ können zu Fremden gemacht werden. Menschen, die keinen deutschen Pass besitzen – „Ausländer“ im Sinn des Wortes, etwa Isländer, Norweger, Dänen, werden in Deutschland weder angepöbelt noch zusammengeschlagen. Das geschieht aber Afrodeutschen, die noch nie einen anderen Pass besessen haben als den deutschen, jedoch eine andere, etwas dunklere Hautfarbe besitzen als der durchschnittliche Deutsche.(…)

Was will uns der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ sagen? Er muss emotional stark besetzt sein, denn selbst der zarteste Hinweis, dass mit diesem „Unwort“ die Welt nicht auf den Begriff käme, löst, vor allem bei Medienschaffenden und vor gutmeinenden Berufsjugendlichen, die sich bei ritualisierten Meetings gegen „Ausländerfeindlichkeit“ versammeln, wütende und trotzige Reflexe aus, als nähme man einem Kind das liebste Spielzeug oder einem Hundebesitzer den Kampfhund weg.

Die Liebe zur „Ausländerfeindlichkeit“ steht nicht allein, sondern korreliert mit der Abscheu vor Worten, die im Ausland für das Phänomen kursieren, etwa „Rassismus“. Wer in Deutschland öffentlich bekundet, es gebe Rassismus, outet sich als Angehöriger eines marginalisierten und akademischen Diskurses, der nur in Publikationen zu finden ist, die ständig in „Gefahr“ schweben, im nächsten Verfassungsschutzbericht als „linksextremistisch“ aufzutauchen.

Der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ hat eine jahrzehntelange Vorgeschichte. Die lehrt vor allem eines: Deutschland verdrängt, dass es Rassismus gibt. Der Konsens der Nachkriegsgesellschaft war, nicht an diesem Tabu zu rütteln. Man gab sich „gastfreundlich“ zu „Gastarbeitern“, man hatte es per definitionem zu sein, auch wenn die Realität anders aussah. Das Ergebnis dieser kollektiven Amnesie: „In der Folgezeit stand nicht einmal das wissenschaftliche Vokabular zur Beschreibung und Einordnung rassistischer Praktiken und Kategorien zu Verfügung.“

Würde eine US-amerikanische Zeitung von „Ausländerfeindlichkeit“ reden, falls eine Bande von Ku-Klux-Klan-Anhängern einen Afroamerikaner überfiele und krankenhausreif schlüge, verstünde niemand, was damit gemeint wäre. „Fremd“ heisst im amerikanischen Englisch „alien“, aber es käme niemand auf die Idee, dieses Wort im Zusammenhang mit rassistischen Motiven zu benutzen. So etwas ist nur in Deutschland möglich. Afroamerikaner sind keine „Fremden“ in den USA und natürlich auch nicht per se in Europa.

Der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ ist ein zentraler Topos des rassistischen Diskurses. Er hat sich so verfestigt, dass selbst nach stundenlangen Diskussionsrunden gutmeinender und sich liberal und aufgeschlossen gebenden Menschen über das Thema und vorgeblicher Erkenntnis, das Rassismus nichts mit einer Staatsangehörigkeit zu tun hat, das Wort reflexartig und automatisch wieder in das Gespräch einfliesst. „Ausländerfeindlichkeit“ suggeriert einen Tatbestand, der so nicht existiert – als richteten sich Hass und Gewalt gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen, die durch das Fehlen eines deutschen Passes gekennzeichnet ist. Das ist selbstredend Unfug. Dieser Begriff hat dazu geführt, dass jeder Dunkelhäutige mit grosser Wahrscheinlichkeit, wird er in Deutschland öffentlich wahrgenommen, zum „Ausländer“ abgestempelt wird, zu dem man sich gut oder böse verhalten kann.

Gästin und das Sprachgendern

Kristin Rose-Möhring – Gleichstellungsbeauftragte im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ):
Übrigens ist Deutsch (…) überwiegend weiblich geprägt, was sich daran zeigt, dass 46 % der Substantive ein grammatikalisch weibliches Geschlecht haben, 34% sind maskulin und 20 % neutral. Und Substantive machen immerhin 74,3% der Wörter im Duden aus. (…) Das von Gegnern des Sprachgenderns und der übertriebenen sprachlichen Gleichstellerei vielgeschmähte Wort ‚Gästin‚ ist keine Erfindung durchgeknallter Emanzen. Es stand bereits im Wörterbuch der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, die immerhin Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts lebten.

Buschmühlen in Rixdorf

RixdorfRixdorfRixdorf

Mir ist gerade unangenehm aufgefallen, dass ich gestern nicht gebloggt habe. Das kommt davon, wenn man, zusammen mit Freunden, einen so genannten „Zug durch die Gemeinde“ veranstaltet, der durch den vorherigen und vorsorglichen Konsum leckeren Fleisches magenmäßig abgefedert wurde und, da mich das erschröckliche Gefühl überkömmt, die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser mit einem wohltemperierten deutschen Satz zu überfallen, der vor Kausal, Relativ- und sonstigen grammatikalischen Ketten znur so strotzt, dem Gehirnschmalz, was die Logik angeht, also Einiges abverlangt, der (das bezogene Subjekt ist der „Zug durch die Gemeinde“), ich also hiermit fortfahre zu berichten, was sich zutrug, soweit ich mich erinnern kann, der also damit ausklang, eine im Kiez – genauer: Schudomastrasse 3 (die Kneipe ist von Google Streetview noch nicht indiziert) – neu angesiedelte Destillerie zu besuchen und die dort dargebotenen edlen Getränke, vornehmlich irischer Provenienz, zu kosten, demzufolge sich das Motiv, während des Besäufnisses der Testreihe „Bushmills“ das traute Heim aufzusuchen, um etwas zu bloggen, zunehmend verflüchtigte und stattdessen von der Furcht überlagert wurde, trotz ausreichender geografischer Kenntnisse des Kiezes die Tür meines Wohnhauses nicht mehr wiederfinden zu können, wenn das Event sich noch mehr in die Länge gezogen hätte, dergestalt, dass wir noch in einer anderen Kneipe einkehrten, die zwar nicht irischen Whiskey, dafür aber schlichtes Bier anbot, ein Entschluss, den ich übrigens nicht bereute, da mir zwischendurch auch noch die derzeitige Dame meines Herzens mit ihrem Tölchen Hund begegnete, was mein trunkenes Herz zwar erfreute, wir aber unausgesprochen beschlossen, in den nächsten Stunden getrennte Wege zu gehen da der Hund auch keinen Whiskey mag, da ich wie ein Stein auf jedes Bett gefallen wäre, das sich mir in den Weg gestellt hätte, was später auch geschah. Es war aber mein eigenes – zum Glück.

By the way: Was erlauben Bushmills? So kriegt ihr aber keinen Traffic auf Eure fucking Javascript-verseuchte Website!

bushmills

Gott der HErr sagt zu allen Journalisten

„Die EU-Richtlinie verpflichtet Telekom-Unternehmen seit 2006 dazu, die Daten von Telefongesprächen, Internetverbindungen und Mails der Bürger auf Vorrat speichern, damit Fahnder später Verbrechen aufklären können.“ (taz)

Damit können sie aber keine Verbrechen aufklären. Hier fehlt eine korrekte grammatikalische Form: Damit, wie die Überwachungs-Lobby behauptet, später mehr Verbrechen aufgeklärt werden könnten. Geht aber nicht.

Du sollte die Agitprop der Überwachungslobby nicht unkritisch übernehmen, sagt Gott der HErr zu allen Journalisten.

Der Internet-süchtige Ikran-Reiter

banhsee

Man muss sich nur den sinnfreien Unfug antun, den die hoch bezahlte Drogenbeauftrage der Bundesregierung absondert:

„Menschen mit pathologischem Internetgebrauch weisen häufig andere psychische Erkrankungen, sogenannte komorbide Störungen auf. Dies sind in der Mehrzahl Depressionen, affektive Störungen, ADHS, aber auch Substanzmissbrauch in Form von Alkohol und Nikotin. Die medizinische und psychiatrische Behandlung der Onlinesucht erfolgt in der Regel mangels Anerkennung als eigenständige Krankheit über diese Begleiterkrankungen.

Ach ja? Wer gern Computerspiele macht oder oft am Gerät sitzt, der raucht und ist depressiv? In welcher Scheinwelt lebt eigentlich die Drogenbeauftrage der Bundesregierung? (Ach so, FPD – das erklärt natürlich alles.) Oder was raucht die während der Arbeitszeit?

Das Ärzteblatt sekundiert: „Der pathologischen Internetsucht muss begegnet werden.“ Klar, mit einem Ikran zur Internet-Sucht fliegen und ihr freundlich begegnen, was ich soeben getan habe (siehe oben). Leider habe ich sie nicht angetroffen.

(Ja, sehr geehrtes Ärzteblatt, wenn das nur ein Zitat sein sollte, wäre es eine indirekte Rede mit der entsprechenden grammatikalischen Form; so aber macht ihr euch den Quatsch zu eigen. Mitgefangen, mitgehangen.)

Vermutlich gibt es für meine durchschnittlich 12 Stunden am Gerät pro Tag gar keine Kategorie mehr, vielleicht „superschwerstabhängig“? Sofort einweisen? Lobotomie?

Nicht wirklich Neues von der Überwachungs-Lobby

Mitteldeutsche Zeitung: „Das Bundeskriminalamt (BKA) kann wegen des Verzichts auf die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland nicht so effektiv gegen die rechtsterroristische Zelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ ermitteln, wie es das gerne tun würde.“

Liebe Mitteldeutsche Zeitung, wenn du die Agitprop der Überwachungs-Lobby schon eins zu eins und ohne ein kritisches Wort dazu abdruckst, dann wähle doch bitte die korrekte grammatikalische Form „könne“. Die behaupten das nur, es stimmt gar nicht. Also muss hier die indirekte Rede stehen: Die sagen, es sei so. Es ist aber nicht so und wir glauben es überhaupt nicht. Begründung:

Die [[x] irgendeine Überwachungs-Behörde, bitte selbst ausfüllen] kann wegen des Verzichts auf die Vorratsdatenspeicherung folgendes nicht tun: [[x] bitte selbst ausfüllen]: Das Böse aus der Welt vertreiben, Hütchenspieler verhaften, Drogenschmuggel unterbinden, Nazis bekämpfen, die Parteiführung der Linken beobachten, gestohlene Autos wiederfinden, Wirtschaftskriminelle auf die Seite der Guten herüberziehen, Kinderpornografie aus der Welt schaffen, das Internet totalüberwachen, Heuschrecken und das Finanzkapital in die Schranken weisen, Handtaschenräüber dingfest machen, Omas über die Straße helfen, bei Facebook nach Verbrechern fahnden u.v.a.m..

Nazis haben nichts gegen „Ausländer“

Beim ehemaligen Nachrichtenmagazin lesen wir über den Film „Ihr Kampf“: „Marisa, 20, schlägt hemmungslos zu, wenn sie mit ihren Freunden Jagd auf Ausländer macht.“

Ihr habt nichts begriffen, nichts, Spiegel-Redakteure. Überhaupt nichts. Und der Mainstream-Diskurs ist so in Beton gegossen, dass Argumente nichts nutzen. Hier dazu eine Passage aus meinem Buch „Nazis sind Pop“ (erschienen 2000):

Das eigentümlich Verschrobene des so genannten Volks der Dichter und Denker manifestiert sich in begrifflichen Sonderwegen, die Dolmetschern regelmässig den Schweiss auf die Stirn treiben: In Deutschland soll es einen merkwürdigen Zustand der Gefühle geben, eine Feindseligkeit, die sich gegen Menschen richtet, die einen anderen Pass besitzen als die Mehrheit. Da eine Emotion unstrittig nicht in der Lage ist, komplizierte Fragen des Staatsbürgerschaftsrechts zu beurteilen, lässt einen US-Amerikaner das holperige Wort „Ausländerfeindlichkeit“, um das es hier unter anderem gehen soll, ratlos zurück. Grammatikalisch janusköpfig – wer ist „feindlich“? Die Ausländer? Ein Synonym – die Feindschaft – lässt sich nicht benutzen – könnte es auch „Ausländerfeindschaft“ heissen?

Der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ kann in keine Sprache der Welt übersetzt werden. Wer vorschnell hofft, bei „Xenophobie“ fündig zu werden, irrt: Die „Fremdenfeindlichkeit“ bedeutet etwas ganz anderes. Der „Fremde“ ist immer ein fiktives Konstrukt, dem eine Definition im kollektiven Diskurs voraufgegangen sein muss. Auch „Inländer“ können zu Fremden gemacht werden. Menschen, die keinen deutschen Pass besitzen – „Ausländer“ im Sinn des Wortes, etwa Isländer, Norweger, Dänen, werden in Deutschland weder angepöbelt noch zusammengeschlagen. Das geschieht aber Afrodeutschen, die noch nie einen anderen Pass besessen haben als den deutschen, jedoch eine andere, etwas dunklere Hautfarbe besitzen als der durchschnittliche Deutsche.(…)

Was will uns der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ sagen? Er muss emotional stark besetzt sein, denn selbst der zarteste Hinweis, dass mit diesem „Unwort“ die Welt nicht auf den Begriff käme, löst, vor allem bei Medienschaffenden und vor gutmeinenden Berufsjugendlichen, die sich bei ritualisierten Meetings gegen „Ausländerfeindlichkeit“ versammeln, wütende und trotzige Reflexe aus, als nähme man einem Kind das liebste Spielzeug oder einem Hundebesitzer den Kampfhund weg.

Die Liebe zur „Ausländerfeindlichkeit“ steht nicht allein, sondern korreliert mit der Abscheu vor Worten, die im Ausland für das Phänomen kursieren, etwa „Rassismus“. Wer in Deutschland öffentlich bekundet, es gebe Rassismus, outet sich als Angehöriger eines marginalisierten und akademischen Diskurses, der nur in Publikationen zu finden ist, die ständig in „Gefahr“ schweben, im nächsten Verfassungsschutzbericht als „linksextremistisch“ aufzutauchen.

Der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ hat eine jahrzehntelange Vorgeschichte. Die lehrt vor allem eines: Deutschland verdrängt, dass es Rassismus gibt. Der Konsens der Nachkriegsgesellschaft war, nicht an diesem Tabu zu rütteln. Man gab sich „gastfreundlich“ zu „Gastarbeitern“, man hatte es per definitionem zu sein, auch wenn die Realität anders aussah. Das Ergebnis dieser kollektiven Amnesie: „In der Folgezeit stand nicht einmal das wissenschaftliche Vokabular zur Beschreibung und Einordnung rassistischer Praktiken und Kategorien zu Verfügung.“

Würde eine US-amerikanische Zeitung von „Ausländerfeindlichkeit“ reden, falls eine Bande von Ku-Klux-Klan-Anhängern einen Afroamerikaner überfiele und krankenhausreif schlüge, verstünde niemand, was damit gemeint wäre. „Fremd“ heisst im amerikanischen Englisch „alien“, aber es käme niemand auf die Idee, dieses Wort im Zusammenhang mit rassistischen Motiven zu benutzen. So etwas ist nur in Deutschland möglich. Afroamerikaner sind keine „Fremden“ in den USA und natürlich auch nicht per se in Europa.

Der Begriff „Ausländerfeindlichkeit“ ist ein zentraler Topos des rassistischen Diskurses. Er hat sich so verfestigt, dass selbst nach stundenlangen Diskussionsrunden gutmeinender und sich liberal und aufgeschlossen gebenden Menschen über das Thema und vorgeblicher Erkenntnis, das Rassismus nichts mit einer Staatsangehörigkeit zu tun hat, das Wort reflexartig und automatisch wieder in das Gespräch einfliesst. „Ausländerfeindlichkeit“ suggeriert einen Tatbestand, der so nicht existiert – als richteten sich Hass und Gewalt gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen, die durch das Fehlen eines deutschen Passes gekennzeichnet ist. Das ist selbstredend Unfug. Dieser Begriff hat dazu geführt, dass jeder Dunkelhäutige mit grosser Wahrscheinlichkeit, wird er in Deutschland öffentlich wahrgenommen, zum „Ausländer“ abgestempelt wird, zu dem man sich gut oder böse verhalten kann.

Enten, dreifach gebraten und gewendet, revisited

Die geneigte Leserin und der geneigte Leser werden, ähnlich wie ich, bei der Lektüre dessen, was die Holz- und Mainstream-Medien zum Thema Internet absondern, fragen, ob man nicht stattdessen ganz etwas Anderes schreiben könnte, etwa: „Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον, ὃς μάλα πολλὰ πλάγχθη, ἐπεὶ Τροίης ἱερὸν πτολίεθρον ἔπερσε“ oder etwa „ברוך אתה ה׳ אלהינו מלך העולם אשר קדשנו במצותיו וצונו על נטילת ידים“. Das würde sich besser anhören und genauso viel oder wenig aussagen – und man fühlte sich auch noch humanistisch-gebildet (Homer!) und moraltheologisch (Talmud!) besser nach der Lektüre… Oder vielleicht einen Psalm.

Was lasen wir vor einigen Tagen bei Spiegel Offline über „Cybercops“ aus Bayern, „die auf höchstem technischen Niveau operieren“? Die werden jetzt dort eingestellt. Der Grund: Die Bösen im Internet werden immer böser. „Die Spione hacken sich meist unbemerkt über sogenannte Trojaner in die Systeme auch kleiner und mittelständischer Unternehmen und saugen Daten ab. ‚Alle zwei Sekunden wird irgendwo auf der Welt eine Schadsoftware ins Netz gestellt‘, so der bayerische LKA-Präsident Peter Dahte.“

Nun, wenn das ein leibhaftiger Präsident sagt, dann muss es ja stimmen und alle Holzmedien müssen es unkritisch nachplappern, allen voran Spiegel Offline. Ich war bisher – offenbar irrig – der Meinung, die Aufgabe von Journalisten sei es, die Öffentlichkeit aufzuklären und hohle Sprechblasen aufzustechen und als das darzustellen, was sie sind – heiße Luft.

Man kurz nachgehakt: Die „Spione“ machen also immer öfter diese berühmt-berüchtigen „Online-Durchsuchungen“, an denen unsere auf höchstem Niveau operierenden Sicherheitskräfte so kläglich scheitern – und nicht nur, weil ihnen das vom Bundesverfassungsgericht ohnehin verboten worden ist? Und dann auch noch mit „Trojanern“? Kann mir mal jemand erklären, wie das zielgerichtet geht? Man schickt allen Mitarbeitern einer Firma eine – natürlich unverschlüsselte! – E-Mail mit einem Attachment, was sich an sämtlichen EDV-Experten vorbeihangelt und sich auch selbst installiert, weil ja bekanntlich alle Menschen mit Admin-Status online sind und auf alles klicken und alles installlieren, was nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist? Ganz nebenbei: Woher weiß der Dahte das mit den „alle zwei Sekunden“?

Ich sag euch was: Das ist genau so ein sinnfreies Gefasel und ein Lügenmärchen wie man es gewöhnlich vom Präsidenten Ziercke zur „Online-Durchsuchung“ kennt. Wenn ich nicht so unglaublich höflich wäre, würde ich Dahte einen Dummschwätzer nennen.

Und jetzt zu etwas fast ganz Anderem. „Trojaner spioniert Kreditkarten und Bankdaten aus“ – „Datendiebstahl: Bundesbehörden warnen vor Banking-Trojaner“ – „Internet: BKA warnt vor Trojanern beim Online-Banking“. Undsoweiter. Die Süddeutsche im Original: „Die schädliche Software nistet sich meist beim Besuch einer infizierten Webseite auf dem Computer ein.“

Soso. Sie nistet sich. Man kann es auch ganz anders formulieren, dann wäre es gut, schön und wahr, käme aber ganz ohne die kulturpessimistische Attitude aus, dass das Pöhse überall im Internet lauere und dass man rein gar nichts machen könne ausser zu beten: „Die Nutzer eines bestimmen Betriebssystems, die keinen Gedanken an ihre Sicherheit verschwenden und ihren Browser so einstellen, wie es Bill Gates er gern hätte, und anderen Leuten erlauben, aktive Inhalte ungefragt auf ihren Rechner zu schaufeln, die laufen Gefahr, dass ihnen was passiert.“ Wenn man die Wahrheit schriebe und nicht dummes Zeug wie der Regenzauber „auf jedem Computer sollten außerdem ein aktuelles Virenschutzprogramm und eine Firewall installiert sein“, dann würden sich die Leute natürlich fragen: Muss ich jeden Tag in der Zeitung lesen, dass ich, wenn ich über die Straße gehe, vorher gucken muss, ob ein Auto kommt? Pfeifen, unkritische, wie man das in Bayern grammatikalisch zu sagen pflegt. Ich reg mich wieder auf.

Und jetzt zu etwas noch ganz Anderem. „Hackerangriff Wiederherstellung der KZ-Gedenkstätten-Websites läuft“. – „KZ-Gedenkstätte Rechtsextreme hacken Buchenwald-Website“. – „Neonazis: Internetseite der Gedenkstätte Buchenwald zerstört“. – „Websites von KZ-Gedenkstätten teilweise gelöscht“. – „Entsetzen über neue Dimension rechtsextremer Aktivitäten“. – „Neonazis manipulieren Buchenwald-Internetseite“.

Ich tu euch nicht den Gefallen. Nein, ich glaube nicht, was in den Medien geschwätzt wird. Ich bin ein kritischer und mündiger Bürger und mache mir selbst ein Bild.

Ich lese die Leserkommentare bei Heise zum Thema. „1. Wie können die was von einer Internetseite löschen? Hat da jemand schlampige CGI/PHP Skripte geschieben? 2. Haben die keine Backups?“ – „Das hier sagt ja wohl alles über die Kompetenz der Ersteller aus: ‚ Diese Website ist optimiert für Internet Explorer und Netscape Navigator ab Version 4. Die Vollversion benötigt das Flash-Plugin.‘ Über so einen Spruch bin ich lange nicht mehr gestolpert.“ (Gut, die Antwort: „Das ist ja auch eine Gedenkstätte“ ist ein bisschen zu zynisch.) „Was passiert ist, die Webmaster der Gedenk-Intenetseite haben beim Thema „IT-Sicherheit“ nicht aufgepasst, und ein paar rechtsradikal veranlagte „möchtegern-Hacker“ haben sie ge-defaced. Dadurch wurde keinerlei Erinnerung ausgelöscht (ausser vielleicht der Log Datei des Servers, wenn die Cracker nicht ganz komplett doof waren) (…) Aber dann solche Pressestatements, und es wird offenbar das die Betreiber des Museums nicht nur von IT-security, sondern vom Web schlechthin keine Ahnung haben. Also hört auf mit dem geheule, sucht lieber nach der Sicherheitslücke, stopft sie, dann setzt den Server neu auf und spielt das letzte Backup wieder ein.“ – „Netcraft Apache/1.3.28 Unix PHP/4.3.4 lief offenbar bis gestern dort. Man betreibt dort offenbar einen eigenen Server und hält sich am Motto ‚Never touch a running System‘. Man hätte jemand fragen sollen der sich mit so etwas auskennt. Oder gleich Webhosting bei einem seriösen Provider buchen (…) Das es kein Backup gibt ist ebenfalls nicht zu entschuld(ig)en. Mögen euch die Hacker treffen.“

Erstaunlich bescheuert berichtet Gulli.com: „Zugang zu den Servern konnten sich die Täter mittels eines Viruses verschaffen der vermutlich schon vor der Attacke eingeschleust wurde.“ Ein Virus?! „Hacker“ schleusen gezielt (!) einen „Virus“ ein?! Und wie machen die das? Dann sollten das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und das Bundeskriminalamt bei den angeblichen neonazistischen Hackern in die Lehre gehen, wie man „Viren“ unbemerkt und irgendwie einschleust, um anschließend einen Fernwartungs-Zugriff zu haben.

Ich habe keine zwei unabhängigen Quellen für die These, dass irgendwelche kackbraunen Kameraden die Website der Gedenkstätte Buchenwald zerstört hätten. Ich kann mir auch ganz etwas anderes vorstellen. Aber das sage ich besser nicht, ich reg mich schon genug auf.

Blockwart-Säule für abweichendes Verhalten

Comedy ist vorprogrammiert bei dieser vorgestrigen Heise-Meldung: „Kriminalbeamte schlagen „Notrufsäule“ im Netz vor“. Es geht um web-patrol des Bundes Deutscher Kriminalbeamter.

„Bei allem Positiven, das die Online-Welt bietet, wird das Internet zunehmend als Medium für die Vorbereitung und die Ausführung abweichenden Verhaltens, bis hin zur Durchführung krimineller Taten genutzt. (…) Im Falle des Findens von Webangeboten mit suspektem Inhalt (z.B. Kinderpornografie, radikales Gedankengut, Chatinhalte mit Ankündigungen von Suizid/Amoklauf, verbale/sexuelle Belästigung innerhalb von Chatrooms usw.) kann der User durch einfaches Anklicken eines zusätzlichen Buttons im Browser eine automatisch generierte Meldung an eine Clearing-Stelle absetzen, die sich dann um den Sachverhalt unmittelbar kümmert.“

Ich frage mich, ob den Funktionären, die den auch grammatikalisch grottenschlechten Nonsens-Text zusammengestoppelt haben, nicht die Ohren schlackerten bei Formulierungen wie „abweichendem Verhalten“?! Wie mag es in deren Oberstübchen aussehen? Wie bei Karl-Heinz Kurras, der „abweichendes Verhalten“ auf seine Art bekämpfte?

„Radikales Gedankengut“ finden die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser hoffentlich en masse auf Burks‘ Blog. Demnächst gibt es also den staatlich geprüften Browser mit Blaulicht, der bei allem, was nur einen Millimeter aus dem Spießbürger-Mainstream herausragt, eine Meldung an den zuständigen Jugendschutz- und Blockwart generiert, der dann irgendwas durchführt, am besten alles Abweichende und Negativ-Dekadente verbietet.

Wir warten also auch auf Geschwindigkeitskontrollen im Internet, wie im Heise-Forum vorgeschlagen wurde: „Na junger Freund, wir hattens wohl ganz eilig, was? 16 Mbit/s im Ortsbereich! Das wird teuer!!“

Lügenmärchen nehmen zu

Heise.de wiederkäut ein Interview mit BKA-Präsident Jörg Ziercke in der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das ist nur eine dpa-Meldung, und sogar bei Heise ohne Link auf das Original (pfui!). Ich habe mich geärget und im Forum rustikal fomuleirt, warum Heise die Lügenmärchen Zierckes unkritisch aufberieten müsse.

„‚Nach Schätzungen sind heute mehr als 750 000 Computer in Deutschland mit Schadprogrammen infiziert, etwa 150 000 Rechner werden von Kriminellen unbemerkt ferngesteuert‘, erklärte er.“ Ach ja? Und welche werden von Schäubles real gar nicht existierenden Bundestrojanern ferngesteuert? Ich glaube kein Wort davon. Und „dass der gesamte Bereich der Internet-Kriminalität weiter rasant zunehmen wird“, ist geschenkt. Wenn das nicht so wäre, brauchten die Sicherheitsbehörden keine neuen Stellen und Sachmittel fordern. Ziercke hätte auch sagen können: Es wird immer alles schlimmer, und wir brauchen natürlich mehr Geld, um das Böse allüberall bekämpfen zu können.

„‚Bilder und Filme, auf denen Kinder und sogar Babys brutal missbraucht werden, breiten sich im Internet rasend schnell aus.'“ So habe das BKA zum Beispiel in einem Verfahren in Deutschland fast 240.000 Zugriffe auf 4600 kinderpornografische Dateien festgestellt, erklärte Ziercke.“ Ach ja: War das die Operation Heiße Luft? Auch das halte ich für frei erfunden.

Eine Faustregel im Journalismus lautet: Veröffentliche nie etwas, wenn du nicht mindestens zwei unabhängige Quellen hast. Hier haben wir nur eine abhängige. Die Regel gilt übrigens nicht bei Propaganda-Thesen, die als solche zu erkennen sind wie: „Angela Merkel sagte, unter der weisen Führung der CDU werde die Welt immer schöner.“ Bei Pressemitteilungen des Bundeskriminalamtes, die sich als Interview von pieseligen Lokalzeitungen tarnen, gilt das auch. Zwar steht bei Heise „Laut BKA nehmen Schäden durch Phishing rasant zu“, aber das müsste erst nachgeprüft werden. bevor man es als Tatsache ausgibt.

Die indirekte Rede verlangt im Deutschen – wie hier in der Überschrift bei Heise – den Konjunktiv I, und dummerweise ist der bei „nehmen“ identisch mit dem Indikativ. Wäre ich Chefredakteur der Neuen OZ, ich hätte Ziercke die Ersatzform „würde zunehmen“ untergejubelt, um klar und angenehm zu sagen, was Sache ist. Ncoh schöner wäre „Kriminalität nähme zu“. Das suggerierte den Nachsatz: „wenn sich das Ziercke nicht nur ausgedacht hätte“.

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