Vae Victis oder: Sechs Tage, die die Welt veränderten

narkiss, dayan, rabin
From left, General Uzi Narkiss, Verteidigungsminister Moshe Dayan und Generalstabschef Yitzhak Rabin in Alt-Jerusalem nach der Eroberung durch israelische Truppen

Fefe wies auf einen Artikel Omri Boehms auf Zeit online hin – der erkläre etwas. (Leider ist er jetzt Paywall, heute morgen noch nicht.) Ich sehe das nicht so, sondern musste mich wieder ärgern. Schon der Teaser sagt genug: „Israel erlebt seinen Weimar-Moment. Die neue Regierung ist nicht bloß eine Variante des Rechtspopulismus. Sie ist eine existenzielle Bedrohung für den jüdischen Rechtsstaat“.

Ach? Erstens: Wer davon faselt, Israel habe etwas besetzt, der muss bei mir in Geschichte und Machiavellismus nachsitzen. Man muss den deutschen Medien, die sich natürlich beim Thema Israel ihre Pappenheimer aussuchen, von den man schon vorher weiß, was sie sagen, ohne die Gegenseite angemessen zu Wort kommen zu lassen, erst einmal um die Ohren hauen, dass die Zwei-Staaten-Lösung tot, aus und vorbei ist, auch wenn die pseudolinken deutschen Partei-Stiftungen das unisono und allesamt anders sehen. Immerhin akzeptiert das Boehm. In einer Rezension seines aktuellen Buches heißt es: Erst Trumps „Deal des Jahrhunderts“ habe dazu beigetragen, „dieser Heuchelei“, also der Aufrechterhaltung der Zwei-Staaten-Lösung, „ein Ende zu setzen“.

Eine realistische Alternative angesichts des Terrors der Hamas und verwandter Gruppen kann Boehm auch nicht anbieten, außer Träumereien, das sich alle Beteiligten vertragen mögen und gemeinsam Shakshuka essen und dabei „Yalla“ rufen (das Wort gibt es im Arabischen und auch im Hebräischen).

Man darf auch nicht vergessen, dass die herrschenden Klassen aller arabischen Länder mit den so genannten „Palästinensern“, also den Nachfahren (!) der arabischen Flüchtlinge aus dem Sechstagekrieg (1967), nichts zu tun haben wollen und außerdem den Hass auf die Juden aus innenpolitischen Gründen dringend brauchen, um von ihren eigenen Desaster ihrer failed states abzulenken.


Paratroopers at the Western Wall
Israelische Fallschirmjäger an der Klagemauer in Jerusalem (David Rubinger) – das vermutlich berühmteste Foto vom Sechstagekrieg

Ich gehe jede Wette ein, dass von dem deutschen und auch lateinamerikanischen Antisemitenpack, dass sich in der BDS-Bewegung tummelt, kein einziger die historischen Tatsachen und die basics kennt, ohne die eine rationale Diskussion unmöglich ist. (Man kann auch ein vierminütiges Video ansehen.)

Israel hat den Krieg gegen Ägypten, Syrien und Jordanien damals gewonnen und u.a. die Golan-Höhen und das so genannte Westjordanland erobert. Warum sollten sie es zurückgeben? Warum sollte Israel überhaupt darüber nachdenken, an dem Ergebnis des Krieges etwas zu ändern? Das Ziel der Araber war seit 1948, Israel von der Landkarte zu tilgen. Daran hat sich nicht viel geändert, nur dass sich der Iran, der kein arabisches Land ist, zu den Feinden Israels gesellt hat.

Unmittelbare Auslöser des Krieges waren die ägyptische Sperrung der Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt am 22. Mai, der vom ägyptischen Präsidenten Nasser erzwungene Abzug der UNEF-Truppen vom Sinai und ein ägyptischer Aufmarsch von 1.000 Panzern und fast 100.000 Soldaten an den Grenzen Israels.

Dumm gelaufen, Nasser. Israel hat damals das einzig Richtige getan: Präventiv das gegnerische Kriegsmaterial weggebombt. (Trifft auf mich jetzt StGB Paragraf 130 Absatz 5 zu?) Aus diesem Krieg stammen die Flüchtlinge und deren Nachfahren, deren Status sich merkwürdigerweise vererbt wie bei den deutschen Vertriebenen.

Natürlich gibt es auch in Israel Rassisten oder politische Gruppen, die sogar israelische Araber am liebsten vertreiben würden, und die so genannten „Palästinenser“ ohnehin. Mein Mitleid hält sich in engen Grenzen. Das kommt von das, sagte schon Wilhelm Busch. Verhaltet euch schön friedlich. Akzeptiert den Staat Israel als Heimstatt der Juden. Treibt die Terroristen der Hamas ins Mittelmeer. Setzt eure arabischen Könige und Warlords ab. Vorher würde ich als Israeli nicht ein Wort an das Thema verschwenden.

westjordanland

Alles nobel oder: Was sonst noch geschah

Villavicencio
Nur der Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Ukraine Valery Zaluzhny und sein unauffälliges #Hakenkreuz Armband.

Was haben wir?
– Die FAZ schreibt über die Nobelpreisträgerin Annie Ernaux. Außer dem Recht auf Abtreibung verteidigt die Schriftstellerin auch das Recht muslimischer Frauen, sich zu verschleiern. Aktuell betont Ernaux, dass sie die Pro­teste in Iran unterstütze, aber einen großen Unterschied sehe: Dort kämpfe man gegen „den absoluten Zwang“, in Frankreich dagegen „um die Freiheit“, den Schleier zu tragen. (…)
2018 sprach Ernaux sich gegen eine französisch-israelische Kultursaison aus, 2019 rief sie zum Boykott des Eurovision-Wettbewerbs in Tel Aviv auf.

– Es weitet sich aus: On the evening of October 8, the Ambassador of Ukraine to Minsk, Igor Kizim, was invited to the Belarusian Foreign Ministry, who was presented with a diplomatic note. In the note, the Belarusian side claims that Ukraine allegedly plans to strike at the territory of Belarus,” the Ukrainian Foreign Ministry said.

Gleiwitz, ick hör dir trapsen.

– „Ein unbekannter Spitzenkandidat, Streit und Skandale – dennoch wird die AfD in Niedersachsen zweistellig.“ Sie profitiert von
[bitte ankreuzen] Energiekrise,
[bitte ankreuzen] Inflation,
[bitte ankreuzen] Putin
[bitte ankreuzen] Erderwärmung,
[bitte ankreuzen] Frust
[bitte ankreuzen] Arbeitslosigkeit,
[bitte ankreuzen] Rechtsextremismus
[bitte ankreuzen] Wahlmüdigkeit
[bitte ankreuzen] Merkel
[bitte ankreuzen] Protestwählern.

Die Linke hat übrigens 2.6 Prozent, also die Anzahl der Stimmen fast halbiert.

Мир!

russian soldiers
Russische r Volkssturm Wehrpflichtige, die offenbar zum ersten Mal ein Gewehr sehen oder prüfen, ob eine Kugel im Lauf ist.

Hat der Musk von mir abgeschrieben?

In den von Moskau annektierten Regionen sollen unter UN-Aufsicht Referenden stattfinden. Falls eine Mehrheit der Bevölkerung bei der Ukraine bleiben will, muss Russland seine Truppen abziehen. Die Krim-Halbinsel soll zu Russland gehören, die Trinkwasserversorgung der Krim soll gesichert sein. Die Ukraine verzichtet auf eine Nato-Zugehörigkeit.

Die deutsche Öffentlichkeit verträgt gar keine Kontroversen mehr und auch keine abweichenden Meinungen. Die Journaille schaltet sich selbst gleich. Unverschämt, Musks Idee gleich in Titeln als wirr abzutun.

Ceterum censeo, Melnyk: Fuck off!

Asymmetrisch

irpen
Russische Artillerie bei Irpin, südwestlich von Kiew. Die Russen behaupten, sie hätten den Fluss überschritten und einen Brückenkopf eingerichtet.

Falls meine bescheidene Laien-Meinung gefragt sein sollte: Russland will die Ukraine nicht erobern, das wäre total sinnlos. Ob Putin sich verkalkuliert hat, wie schnell man das angegriffene Land so destabilisieren könnte, dass die Ziele – Gebietsabtretungen und vertraglich zugesicherte Neutralität – erzwungen werden können, das wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Die Militärs, die man so hört, meinen immer noch, dass die Ukraine keine wirkliche Chance habe.

Man sollte aber berücksichtigen, dass Putin keinen „normalen“ Krieg führt. Wenn das so wäre, hätte er die Infastruktur zerbombt und das Internet in der Ukraine schon „abgeschossen“. Aber drei Staatsoberhäupter können während einer Belagerung noch noch mit der Eisenbahn nach Kiew fahren? Wie das? Unterirdisch? Die Russen haben gerade den Fernsehturm von Vinnitza zerschossen. War da kein Bömbchen für die Eisenbahnstrecke mehr übrig?

Es scheint so, dass nicht beabsichtigt ist, die Fläche der Ukraine insgesamt zu besetzen, außer den Oblasts Donezk und Luhansk. Und ich gehe auch davon aus, dass Russen über Odessa nach Transnistrien vorstoßen werden. Das ist eine Art asymmetrischer Krieg: Wir machen euch nur ein bisschen was kaputt. So funktioniert das aber nicht. Im Gegensatz zu Vietnam und Afghanistan haben die Ukrainer aber, außer denen im Westteil und den Nazis um Mariupol, keine starke weltanschauliche Motivation, sich für ihre Oligarchen aufzuopfern. Aber das kann ich nicht realistisch beurteilen.

mariupol

Mariupol wird sich nicht lange mehr halten können, und die ukrainische Armee kann nicht entsetzen. Im Donbass werden Kiews Truppen wohl auch bald kapitulieren. Das heißt aber nicht viel: Von dort nach Lwiw im Westen der Ukraine sind es rund 1300 Kilometer.

asow

Die Leserschaft ist mir kommentarmäßig zuvorgekommen beim Thema „entschieden gegen Rechtsextremismus“. Es ist im Sinne des audiatur et altera pars immer wieder wichtig, sich zu vergewissern, dass wichtige Vertreter der herrschenden Klasse in der Ukraine Hand in Hand mit waschechten Nazis arbeiten.

asow

Der Satz des Tages: „Es ist bei aller Nähe ziemlich offensichtlich, dass China die Situation gern beruhigen würde. Nicht, weil sich Peking um die Ukraine sorgt oder weil es etwas dagegen hat, dass Armeen in andere Länder einmarschieren. Es ist schlecht fürs Geschäft.“ (James Stavridis, Ex-Nato-Oberbefehlshaber)

propaganda
Die russische Propaganda macht sich über die Ukrainer lustig.

Geschichte ist zu voll, und was sonst so geschah

regal

Ich musste fünf Tage arbeiten und gleichzeitig auch noch an meinen Regalen werkeln. Jetzt sind Nummer vier und fünf endlich aufgerichtet (Geschichte, Ökonomie, „Rechtsextremismus“), aber trotz zwei Regalmetern mehr ist immer noch nicht Platz genug. Also morgen weiter… (Und den Fußboden muss ich auch noch weiterstreichen.)

Was sonst noch geschah: – Am 06. August 1945 warfen die US-Amerikaner Atombomben auf Hiroshima, drei Tage später auf Nagasaki. Bis heute sterben damalige Einwohner an Krebserkrankungen als Langzeitfolge der Strahlung. Aber das interessiert die Kriegstreiber von heute bekanntlich nicht.

– Ja, ab und zu darf man auch Krawallmedien zitieren: „So tendenziös berichten ARD und ZDF“. (Man hört irgendwie zugleich Glas klirren.)
Als eine Umfrage des ZDF-Politbarometers ergab, dass 71 Prozent der Menschen GEGEN Gendersternchen und Sprechpausen in den Nachrichtensendungen sind, versteckte der Sender das Ergebnis in einer Bildergalerie zur Umfrage, ohne es im Text zu erwähnen.
Aber Kritik interessiert die deutschen Medien bekanntlich nicht.

– Die Berliner Zeitung über die Unruhen in Frankreich: „Die Linke wird nicht mehr ernstgenommen“, sagt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Sozusagen eine Vorschau auf das, was auch in Deutschland genau so kommen wird, vielleicht schon bei der nächsten Wahl. Aber das interessiert die „Linke“ bekanntlich nicht.

– Afghanistan verstehen heisst die Biografie von Abdul Raschid Dostum lesen und verstehen. Der ist gerade dorthin zurückgekehrt. Der ist vermutlich der einzige Warlord, der etwas gegen die Taliban ausrichten kann. Aber das interessiert bekanntlich die Russen die US-Amerikaner und ihre Verbündeten nicht.

– Es gibt in Deutschland 200 Lehrstühle für „Genderforschung“ (!), aber nur 17 für Wasserbau und Hydrologie. Aber das interessiert bekanntlich niemanden.

– Kanadische Forscher wollen Völkerball verbieten. Völkerball sei „unterdrückend“ und „entmenschlichend“. Vielleicht sollte man stattdessen 99 Luftballons zum Werfen nehmen: Aber die geistige Gesundheit von „Forschern“ dieser Art interessiert bekanntlich niemanden.

„Ich mache 49 Jahre Politik und habe mir im angeblichen Land der Dichter und Denker nicht vorstellen können, welches Ausmaß an Hetze es gibt.“ (Wolfgang Bosbach)
Ich hätte nie gedacht, dass ich Bosbach jemals bei irgend etwas zustimmen würde. Aber Kritik interessiert die CDU bekanntlich nicht.

Passwörter, voller Hass

keepass
Passwort-Manager Keepass für alle Betriebssysteme

Bei Heise und auch anderswo las ich über das neue Gesetz, das sich gegen bestimmte Gefühle und Gefühlsäußerungen richtet, aber mit Technischem verknpüft ist: Das Paket besteht aus dem „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“, das am Samstag in weiten Teilen in Kraft tritt, sowie dem ab Freitag geltenden „Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020„.

Sie versuchen es immer wieder. Man muss wissen, dass ursprünglich geplant war, die Sache ohne richterlichen Beschluss durchziehen zu lassen. Allein schon die Chuzpe, dass das Justizministerium das versucht hat, spricht schon Bände. Interessant ist auch diese Passage: Anbieter von Telemediendiensten wie WhatsApp, Google, Facebook, Tinder & Co. müssen sensible Daten von Verdächtigen wie IP-Adressen und Passwörter künftig an Sicherheitsbehörden herausgeben.

Das wird natürlich lustig, wenn sich etwa Facebook weigerte. Und will das Gesetz auch auf Wechat, Weibo und Toutiao zugreifen? Die werden sich totlachen. Und was ist mit VKontakte, Odnoklassniki und Habr?

Golem schreibt: „Der nun vereinbarte Kompromiss zwischen Bundestag und Bundesländern ist 34 Seiten lang. Demnach ist die Herausgabe von Passwörtern, die in der Regel gehasht vorliegen, weiterhin an den Straftatenkatalog der Onlinedurchsuchung geknüpft.“

Onlinedurchsuchung. Wenn ich allein das Wort höre, schwillt mir schon der Kamm. (Zwischenfrage: wie macht man die?) Es geht aber nicht nur um Passwörter: „Weiter kritisiert der Verband der Internetwirtschaft scharf, dass Anbieter von Telekommunikations- und Telemediendiensten gleichermaßen dazu verpflichtet werden sollen, sämtliche unternehmensinterne Daten zur Verfügung stellen, um Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden Informationen zu Passwörtern und anderen Zugangsdaten zu liefern.“

Ich bin mal gespannt, wie das technisch umgesetzt werden soll und was passiert, wenn ein Betroffener dagegen klagte. Ich vermute ganz stark, das Gesetz würde dann auch vom Bundesverfassungsgericht in die Tonne getreten.

Extrem quer

extremismus

Das passt. Als ich die Überschrift im Tagesspiegel las, den Rechtschreibfehler bemerkte und die typischen sinnfreien Texbausteine kritisch beäugte, trudelte die neueste Ausgabe der Z. Zeitschrift für marxistische Erneuerung ein mit dem Schwerpunkt „Kritik der Extremismustheorie“. Quod erat usw.

Ich glaube aber, dass man die offizielle (und wissenschaftlich unhaltbare) Staatsdoktrin nicht „kritisieren“ kann, weil sie für diejenigen, die sie permanent verbreiten wie ein Mantra, eine wichtige Funktion erfüllt wie Gendersternchen Globuli für Esoteriker oder der Glaube an „Heilige“ für Katholiken. Die „Extremismus“-Theorie ist die Lebenslüge des vereinigten Deutschland. Sie institutionalisiert sich und inkarniert im Verfassungsschutz.

Ich habe das hier schon so oft geschrieben, seit zwanzig (!) und mehr Jahren, dass ich keine Lust habe, das noch einmal zu erklären. Viel interessanter ist, wie und warum diese Pseudo-Theorie sich perpetuiert (jaja, „bildungssprachlich, oft abwertend“). So etwas kommt nicht durch Indoktrinierung zustande. Die Autoren des Artikels im Tagesspiegel könnten allesamt meine Enkel sein. Es sind naive Textbausteine, die vom weltanschaulichen Horizont des Kleinbürgertums, aus dem die Journalisten fast ausnahmslos stammen, fallen.

Man könnte zunächst bescheiden fragen, was die Unterschied zwischen „extrem“ und „extremistisch“ sei? Jede Wette: Es gibt keinen, den man benennen könnte. „Extremistisch“ hört sich nur böse an, und deswegen will man als angepasster Kapitalismus-affiner Journalist mit so etwas nichts zu tun haben.

Warum sind also die Leute, die man in den Mainstream-Medien mit dem unsäglichen Wort „Querdenker“ bezeichnet, „extremistisch“? Das heiße ja, sie verträten eine Position, des es woanders „gemäßigt“ gibt, nur etwas extremer? Oder wie soll ich das verstehen?

Beipiel: Die Partei „Die Linke“ will den Kapitalismus nur reparieren, sie will das Ausbeutungssystem nicht abschaffen. Was wäre jetzt die „extremistische“ Version? Enteignet die Produktionsmittel? Es lebe der Kommunismus?

Diese Leserschaft wird Antworten finden, da bin ich mir sicher.

9. November, revisited

Berlin 69
Berliner Mauer 1969

Am 8. November 1939 verübte Georg Elser ein Attentat auf Hitler, das leider misslang.

Vor 11 Jahren schrieb ich: Über meinen privaten Helden Georg Elser muss ich den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser nichts erzählen. Elser war ein guter Terrorist. Er hat acht Menschen getötet, und ich verehre ihn.

Man muss nur Wikipedia lesen, um die offizielle staatliche Heuchelei um Elser einordnen zu können: „Der Chemnitzer Politologe Lothar Fritze, Mitarbeiter des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung (HAIT), sprach 1998 in seiner Antrittsvorlesung Elser das moralische Recht ab, als Schreiner und Einzelgänger ein Attentat auf Hitler zu verüben und dabei den Tod von Unschuldigen in Kauf zu nehmen.“ Ich spreche Elser das moralische Recht zu, basta.

Berlin 69
Berliner Mauer 1969

Nicht zu vergessen: Die Totalitarismus-Doktrin (Rot gleich Braun, Hitler gleich Stalinl, Bautzen gleich Auschwitz, KPD gleich NSDAP) ist immer noch die heimliche Staatslehre und wird bei jeder Gelegenheit („gegen Extremismus“) hervorgeholt.

Berlin wall
Berliner Mauer in Second Life 2008

Vorgestern war auch ein Jubiläum: Während des CDU-Parteitags in Berlin am 7. November 1968 bestieg Beate Klarsfeld das Podium der Berliner Kongresshalle, ohrfeigte Kiesinger und rief: „Nazi, Nazi, Nazi!“ Kiesinger war übrigens der erste Politiker, gegen den ich demonstriert habe, noch vor Adolf von Thadden.

9. November

Unter Gesetzreparateuren

hate speech meme

Ein Gespenst geht um in Deutschland. Das „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ könnte verfassungswidrig sein. Oder auch: alle wissen es. Justiz- und Innenministerium handeln aber nach der Devise „legal, illegal, scheißegal“: Der Bundespräsident solle jetzt die Bedenken ignorieren und einfach unterschreiben, „dann schiebe man gleich ein Reparaturgesetz hinterher.“ Wie bekloppt ist das denn?

Am Solimões also known as Amazonas und noch was zwischendurch [Update]

amazonas

Der Amazonas, dessen Oberlauf in Brasilien Solimões genannt wird; hier der Anflug auf Leticia im Süden Kolumbiens (ungefähr hier).

Es ist zu spät, um noch etwas Kluges zu schreiben, etwa über das Förmchenweitwerfen zwischen Don Alphonso und Panorama und….

strobl

Das ist ja lustig. Ich wollte soeben etwas zu der Dame, die mir bis jetzt nicht wirklich bekannt war, auf Twitter nachsehen. Ich habe – soweit ich mich erinnern kann – noch nie etwas zu ihr gesagt oder geschrieben. Vielleicht blockt sie auch auch nur alle verdächtigen Personen rein prophylaktisch. Jetzt komme ich mir richtig gefährlich vor.

Der Don Alphonso scheint angepisst zu sein, so verbissen schreibt er gegen „Linksextremismus“ an, alsdaselbst er Frau Strobl dorthin eintüten will, unter Anspruchnahme ausgerechnet der üblichen Verfassungsschutzberichte. Da kann man nur zu Popcorn zm Single Malt greifen…

Altera pars antwortet ebenso schmallippig: „Was Panorama getan hat, nennt sich Verdachtsberichterstattung. Diese ist legitim, denn um Missstände aufzudecken, können und dürfen Journalisten nicht abwarten, bis Vorwürfe dienst-, straf- oder zivilrechtlich geklärt sind.“

Ach ja? Disagree, Eure Ehren. Das erinnert mich an den RBB und die Akte Lammel: Erst wird jemand in den Dreck gezogen, immer schon im Konjunktiv, es könnte ja sein usw., und dann, wenn dessen Lebensgrundlage zu bröckeln beginnt, fangen die Rechtfertigungen an, man dürfe das, und zum Schluss, wenn Gerichte nach den harten Fakten fragen, muss man jammernd alles zurücknehmen, wie im Fall Lammel.

Nein, so darf man das nicht, Panorama, obwohl mir das „Opfer“ herzlich egal ist. Der Bundeswehroffizier hat Jehova gesagt irgendetwas geliked, was böse ist. Da kann man nur das Haupt schütteln. Hoffentlich kommt niemand auf die Idee zu recherchieren, was ich in den frühen 90-er Jahren im Usenet gepostet habe… aber keine Sorge: bei Panorama wissen die garantiert nicht, was das ist.

Ich rieche die deutsche Blockwart- und Denunziantenmentalität und mitnichten investigativen Journalismus. Wer sich Für- und Widerrede antun will: Don Alphonso überführt die Gegenseite der Lüge. Aber wen interessiert’s?

Jetzt sind wir vom Amazonas weit abgekommen. Back to zero. Aus meinem Reisetagebuch, Januar 1982, über den Flug von Bogota nach Leticia:
Die Handgepäckkontrolle im Flughafen von Bogota ist zum Schreien: Der Apparat bwz. Metalldetektor piept ununterbochen, weil sich alle Leute gleichzeitig durch die Sperre drängeln, während ein Sicherheitsmann verzweifelt an den Männern herumfummelt.

Die Maschine fliegt über Cali, das wir aber nicht zu Gesicht bekommen. Die Anden liegen unter einer fast geschlossenen Wolkendecke, die erst beim Erreichen des Amazonas aufreißt.

Die Unruhe unter den Passagieren wächst, der Faszination des riesigen, braunen, bis zum Horizont in großen Schleifen träge, breit und majestätisch sich windenden Flusses können sich nur wenige entziehen. Man sieht kaum Schiffe.

Kurz darauf, fast unerwartet, schon der Flughafen von Leticia. Die Hitze schlägt über einem zusammen, als wäre man gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen. Die Gepäckverteilung altertümlich – alles von Hand, und das bei der Temperatur! Auf dem Flugfeld steht eine alte Maschine mit völlig verbeulter Schnauze, nicht gerade zur Beruhigung der Fluggäste.

Wir marschieren bei brüllender Hitze mit den schweren Rucksäcken eine Viertelstunde bis nach Leticia und freuen uns ums andere Mal über unsere zweckmäßigen Hüte. Ein Hotel zu finden erweist sich als ungemein schwierig, fast alle sind voll. Ein Kolumbianer verweist uns auf Residencial Condominio (…), wo wir unterkommen. Ein ziemlich abgerissener Busche aus Manaus gibt uns eine Cola aus und seine Adresse….

Jetzt lausche ich noch ein paar Minuten Kate Liu, wegen der Nerven und so…

[Update] Die Deutsche Welle meint auch, sich einmischen zu müssen. „Seit einigen Tagen geht es auf Twitter heiß her zwischen „Don Alphonso“ und seinen Unterstützern auf der einen Seite und eher linksgerichteten, feministischen Usern und solchen mit Migrationshintergrund auf der anderen.“ Mehr muss man nicht lesen.

Unerreichbare Jungfern, ein atheistischer Dschihad et al

Hasengraben
Mit Kurs auf den Potsdamer Hasengraben. Leider kann man da nicht mehr einfach so durchpaddeln (oder ich war nicht nah genug dran), aber da ist ein Wehr. (Die Fotos haben nichts mit dem Text zu tun, aber das stört hoffentlich niemanden.)

Nachlese der letzten drei Tage.
Noël Martin ist gestorben. Über die damaligen Zustände in Trebbin habe ich 1997 ein ganzes Buchkapitel geschrieben, auch über Martin, der Opfer einer rassistischen Gewalttat wurde.

– Wieso sehen die, die hierzulande „Volkswirtschaftslehre“ lehren, immer genau so aus? Gehört das zur Attitude, mit der man in der Wirtschafts-Esoterik-Szene was werden und dann Resilienz fehlerfrei aussprechen kann? Lauschen wir kurz:
Die Resilienz der deutschen Volkswirtschaft ist auch den sehr konfliktreichen Reformen der 2000er-Jahre (Agenda 2010, Hartz-Reformen) und jahrzehntelangen Bemühungen der Tarifparteien zur Flexibilisierung der Tarifsysteme zu verdanken.

Flexibilisierung der Löhne – er meint also schlicht das, was alle „Volkswirtschaftler“ und andere Apologeten und Lautsprecher des Kapitals so denken: Löhne runter ist gut für alle. Mehr braucht man nicht zu wissen.

– Vor ca. 20 Jahren habe ich im serbischen sorbischen Gymnasium Bautzen einen Vortrag über Rassismus und Rechtsextremismus gehalten. Die Schüler applaudierten mehrfach. Das war in fast allen anderen Schulen, in denen ich in Sachsen war, ganz anders. Die Sorben verstehen auch, dass man nicht „Deutscher“ sein muss, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen. Der MDR hat heute um 20.15 Uhr eine Sendung, in der das Thema beleuchtet wird.

glienicker Brücke
Hinten links: Glienicker Brücke. Vermutlich war ich schon auf dem Jungfernsee, der zum Glück nicht mehr den Pfaffen gehört.

– Der Thüringer Verfassungsgerichtshof (was es alles gibt!) hat entschieden: Parteien müssen nicht abwechselnd Männer und Frauen aufstellen: Die AfD hat erfolgreich gegen paritätische Wahllisten vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof geklagt.

Da möchte ich aber auf das Kleingedruckte warten: Müssen nicht, aber können vielleicht? Oder dürfen gar nicht? Pointe am Rande: In beiden Bundesländern gab es von Anfang an verfassungsrechtliche Bedenken. Also mit Ansage. Aber man ist sich seiner ja immer so sicher, wenn es um die genderpolitischen Lichterketten geht.

Cornelia Möhring, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, will sich hingegen nicht beirren lassen: „Da sich das Urteil in der zentralen Argumentation ausschließlich auf Thüringen bezieht, wird es (…) keine Relevanz für die Bundesebene entfalten.“ Auch SPD-Fraktionsvize Katja Mast verteidigte das Ziel einer vergleichbaren Paritätsregelung für Bundestagswahlen: „Über ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter in der Politik braucht es eine deutschlandweite Debatte – diese muss weitergehen.“ (Zitat aus der Welt) Wenn die sich da nicht täuschen!

– Nimm dies, Hengameh Yaghoobifarah! Die Polizei in Berlin und Brandenburg macht ihren Job: Nach mehreren Vergewaltigungen hat die Polizei Brandenburg am Dienstagabend offenbar den mutmaßlichen Serientäter gefasst. Es handelt sich nach Tagesspiegel-Informationen um einen 30-jährigen Serben.

– Schon klar. Bilderstürmerei ist reaktionärer Scheiß. Aber mir glaubt ja keiner. Jatzt machen die Nazis einen auf Trittbrettfahrer und verhüllen Karl Marx. Da wächst zusammen, was zusammengehört.

Krughorn
Pause am Krughorn. Beinahe wäre ich noch ins Wasser gefallen, weil der Ast, an dem ich mich beim Aussteigen aus dem Boot festhielt, abbrach und die Untergrund extrem glitschig war. Eingedenk der Tatsache, dass ich schon vier Stunden unterwegs war, dachte ich mit Grauen daran, dass ich noch vier Stunden zurückpaddeln musste, und das gegen die Fließrichtung der Havel. Ich hatte also einen atheistischen Dschihad vor mir. So fertig war ich noch nie, als ich endlich doch das Bootshaus erreicht.

– In den USA gibt es einen vielversprechenden Ansatz für einen Impfstoff gegen COVID19.

– Der Guardian schreibt über Hongkong:
China promises ‚firm response‘ to Trump’s order ending Hong Kong’s special status
. Warum das so ist und was daraus folgt, hatten wir hier schon im Mai. Forbes legt noch nach: China’s Stock Boom Is Donald Trump’s Worst Nightmare.

– Man muss sich keine Chips mehr implementieren lassen, Papier und Bleistift gehen bald auch.

– Henryk M. Broder (hinter der Paywall der Judentum für Anfänger, wie es brät und brutzelt. Ich habe mich schlapp gelacht.
Das Christentum ist eine jüdische Erfindung. Ebenso die Relativitätstheorie (Einstein), die Psychoanalyse (Freud), die Arbeiterbewegung (Lassalle), die Kapitalismuskritik (Marx), der Feminismus (Goldman, Emma), die Jeanshose (Strauss, Levi), Google (Brin & Page), Facebook (Zuckerberg), Esperanto (Zamenhof), die Taubenpost (Reuter), das gefühlsechte Kondom (Fromm), die Nähmaschine (Singer), das Grammofon (Berliner, Emil), die Mengenlehre (Cantor, Georg), der USB-Stick und die Cherrytomate. Adolf Hitler soll mal gesagt haben, „das Gewissen“ sei „eine jüdische Erfindung“, das dürfte übertrieben sein, aber das „schlechte Gewissen“ ist es ganz bestimmt. (…) Das Beste kommt, wie immer, zum Schluss. „Jüdische Vertreterinnen und Vertreter des Projekts ‚Meet A Jew‘ (sprechen) über ihren Alltag als Juden in Deutschland.“
So steht es da. Meet A Jew. Juden zum Anfassen. „Rent A Jew“ wäre freilich besser, dann kämen noch Bonusmeilen wie bei einem Leihwagen dazu.

– Gibt es schon einen Arbeitskreis „Sozialdemokraten in der SPD“? Der Witz ist geklaut, aber ich weiß nicht mehr, von wem.

Keine Panik! Oder Speichen und Sprechpuppen

Burks

Nach vier mal zwölf Stunden und zwei Mal acht hat die Leserschaft einiges verpasst, da mir die Zeit zum Bloggen fehlte. Die Politik hierzulande ist bekanntlich grottenlangweilig. Was soll man dazu schreiben? Man muss das aus der Perspektive der Chinesen sehen – 2000 Jahre Kultur und die passende Schrift dazu – und was dauerhaft wichtig ist. Oder auch der Italiener, die seit der Gründung Roms erfahren sind in der permanenten Intrige der Herrschenden gegen alle anderen und sich selbst.

Was wird man in einem halben Jahrhundert sagen über die SPD, Thüringen hinter den sieben Bergen bei den sieben politischen Zwergen, einen Friedrich Merz und seine widerwärtigen Vorbilder? Da lobe ich doch meinen Großvater, der als Analphabet zur Zeit der russischen Revolution nach Deutschland kam und intuitiv wusste, dass Hitler ein „Arschloch“ (Zitat von meiner Mutter überliefert) war.

corona

Apropos Corona und Corona-Prophylaxe [Update von der WHO]: An den Folgen der „Spanischen Grippe“ starben in Deutschland geschätzt mehr als 400.000 Menschen, infolge der „Asiatischen Grippe“ starben 1957/58 rund 29.000 Menschen, und infolge der „Schweinegrippe“ im Winter 2009/10 starben 350 Menschen. Just saying. Fakten und Statistiken sind immer prägnanter als Talkshow-Gelaber.

lego
Credits Martin Heuwold (megx.one|Instagram)

Man kann sich mit Kunst beschäftigen oder mit Wissenschaft. My Modern Met schreibt über Lego am Bau. Schön! Mehr davon!

Das Smithsonian Magazin stellt die verwegene These auf: „Fairy tales could be older than you ever imagined“. Das ist aber nicht neu, das Nibelungenlied ist nur ein Beispiel. Man muss sich diese oral history aber wie eine Schichttorte vorstellen: Die Erzähler bzw. Sänger wussten nicht immer um den tieferen Gehalt, was wiederum garantierte, dass dieser nicht ganz verfälscht wurde, da es auch darum ging, das Erinnerte genau so wiederzugeben, wie man es gelernt hatte. Vgl. auch die Quellen zum Thema Pontos Oxeinos sowie Ranke-Graves, insbesondere Die Weiße Göttin. Nicht zu vergessen Die Erlkönigin (der beste Artikel, den ich jemals geschrieben habe).

ming
Credits: Lei Xue

Noch mal My Modern Met: „Smashed cans sculpted in the traditional style of Ming dynasty porcelain. Das nenne ich wahrhaft große Kunst, die man sich lange anschauen kann.

ming
Credits: Somewhere on the internet

Jetzt nur noch gute Nachrichten, zum Beispiel grüne Dörfer und Entenarmeen.

And now for something completely different. Auch wenn der Beklagte ein politischer Idiot ist, kann ich klammheimliche Freude nicht verhehlen. Eine auch hier schon erwähnte Klägerin darf „islamische Sprechpuppe“ und „Quotenmigrantin der SPD“ genannt werden. Die Textbausteine sind natürlich keine Tatsachenbehauptungen, sondern werden durch das Recht, die freie Meinung zu äußern, gedeckt. Die Klägerin blamierte sich schon durch die Klage und zeigt, dass sie das nicht verstanden hat. Und auch der Kommentar Katja Füchsels und Sebastian Lebers greift total ins Klo: „Für Rechtsradikale ist Sawsan Chebli ein Trigger auf zwei Beinen“. Nicht nur für die. Wer den Blödsinn, den die Dame von sich gibt, kritisiert, wird in die rechte Ecke gestellt? Geht’s noch? Ihr habt doch ein Rad ab.

Da zitiere ich zum Trotz Henrik M. Broder noch einmal:
Die Berliner Staatssekretärin für bürgerschaftiches Engagement und ähnliches Gedöns hat vor kurzem wieder mal Auschwitz besucht….) Derweil Frau Chebli, die den IQ einer Birkenstocksandale mit dem Charme einer handbetriebenen Kaffeemühle verbindet, noch lauter gegen Rassismus aufsteht. (…) Ob die Frau nun einen an der Klatsche oder nicht alle Speichen am Rad hat, dafür ist das Duisburger Amtsgericht zuständig. Was man auch ohne juristischen Beistand sagen kann, ist, dass sie unter einem hypertrophen Mitteilungszwang leidet, der in der Fachliteratur als Logorrhoe bezeichnet wird.

veganer

Auch schön: Der Hijabisierung wird zumindest vor Gericht Einhalt geboten. Auf Fratzenbuch wurden die Richter als „Kulturrassisten“ beschimpft, ein Wort, das direkt aus Pallywood stammen könnte.

Der Schockwellenreiter schrieb dazu: „Negative Religionsfreiheit bedeutet auch, die katholische Kirche als das bezeichnen zu können, was sie ist – eine Kinderfickersekte. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat mich wegen dieser Behauptung der Gotteslästerung angeklagt, die zuständige Richterin sah das allerdings anders. Eine Richterin mit Kopftuch hätte da sicher im Sinne der katholischen Kirche entschieden. Daher gilt: Kein Kreuz, keine Kippa und kein Kopftuch in Gerichten (und auch nicht in Schulen oder sonstigen Amtsstuben). Wir Atheisten fordern endlich die Freiheit von den Religioten.“

Zum Schluss noch ein Video (Facebook).

Bundestrojanische Gäule

bundestrojaner

Mit großem Interesse habe ich den Heise-Bericht über den „Spionage-Trojaner FinFisher“ gelesen. (Das heisst nicht „Trojaner“, sondern „Trojanisches Pferd“ – die Trojaner waren in Troja, und die Griechen saßen im Pferd.)

Schade, dass die Analyse des CCC „Evolution einer privatwirtschaftlichen
Schadsoftware für staatliche Akteure“ noch nicht erschienen war, als ich mein Buch veröffentlichte – es hätte Die Online-Durchsuchung gut ergänzt. Jetzt können wir „Butter bei die Fische“ tun. Kann die Frage: Wie fange ich mir so etwas ein? beantwortet werden?

Metzpolitik.org hatte schon vor vier Jahren geschrieben: „Die Begrenzung auf Windows 7 und Vista erscheint veraltet. Bereits vor zwei Jahren haben wir berichtet, dass FinSpy Mobile auch für alle mobilen Systeme (also iOS, Android, BlackBerry, Windows Mobile und Symbian) existiert. Und letztes Jahr haben interne Folien bestätigt, dass FinSpy alle großen Betriebssysteme (Windows, Linux und Mac OS X) infizieren kann.“

Der wichtigste Satz: „Über den Infektionsweg sagt das Team um Morgan Marquis-Boire wenig. Nur: Falls die Trojaner die mobilen Betriebssysteme nicht direkt angreifen, benötigen alle untersuchten Exemplare eine Interaktion des Nutzers, wie dem Klicken auf einen Mail-Anhang oder eine Webseite.“

Genau das – und nur das! – habe ich immer behauptet, während fast alle Medienberichte entweder das Problem, wie die Spionage-Software zu installieren sei, vornehm ignorierten oder zu Magie – der Hacker hackt und ist irgendwann drin – greifen mussten.

Aber wie soll das funktionieren, wenn das Zielobjekt nicht total bekloppt ist? Klicken auf einen Mail-Anhang? Oha! Oder gar auf einer Website? Mit oder ohne Javascript erlaubt? Selbst wenn ein unerfahrener Windows-Nutzer Virustotal nicht kennt: Leben wir denn noch in Zeiten des Loveletter-Virus, als Outlook (wer nutzt das??) Anhänge nicht korrekt anzeigte?

Netzpolitik.org wies noch auf drei weitere Schwachstellen hin: Windows 7 SP1 – Acrobat Reader PDF Exploit, Windows 7 SP1 – Browsers Exploit, Windows 7 SP1 – Microsoft Office 2010 DOC-XLS Exploits. Schon klar. Das erinnert mich an 2003: „UK government gets bitten by Microsoft Word“.

Trojaner

Hilfe, jemand wollte einen Bundestrojaner bei mir installieren! (25.06.2011) Nur gut, dass ich immer wachsam bin und die zunehmende Radikalisierung und Extremismusierung der E-Mail-Attachments bekämpfe!

(H)ausschlachtung, Geheimdienst, Goliath und Mitanni

stolz von Rixdorf
Symboldbild: (H)Ausschlachtung eines alten Rechners (der meiner Eltern)

Ausschlachtung meiner Timeline bei Fratzenbuch:

Deniz Yücel nennt den Verfassungsschutz die „gefährlichste Behörde Deutschlands“. Meine Rede. Wird aber nichts nützen. Wen sonst sollten Journalisten denn zum Thema „Extremismus“ zitieren? Ist doch schön und bequem, andere für sich denken zu lassen.

– Ist folgendes Zitat hier bekannt? Da trat aus dem Lager der Philister ein Vorkämpfer namens Goliat aus Gat hervor. Er war sechs Ellen und eine Spanne groß. Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus Bronze und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der 5000 Schekel wog. Er hatte bronzene Schienen an den Beinen und zwischen seinen Schultern hing ein Sichelschwert aus Bronze. Der Schaft seines Speeres war (so dick) wie ein Weberbaum und die eiserne Speerspitze wog 600 Schekel. Sein Schildträger ging vor ihm her.

Die biblischen Philister waren Europäer. Wieder etwas aus der Kategorie „Wissenschaft kann begeistern“.

– Auch vom Reich der Mitanni sollte man gehört haben. IFLScience: „Drought Exposes 3,500-Year-Old Palace Belonging To The Mysterious Mittani Empire“. Lesenswert.

Was macht eigentlich die Arbeiterklasse?

arbeiterklasse

Nein, ich vergesse die Fragen nicht. Hier wurde vom interessierten Publikum bezweifelt, ob es das klassische Proletariat noch gebe bzw. ob die Arbeiterklasse noch existiere. Um das zu beantworten, nutze ich gern Quellen, die des Linksextremismus bwz. der politischen Ökonomie unverdächtig sind.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung wäre so eine Instanz. Der scheinbar harmlose Titel: „Die Bevölkerung wächst – Engpässe bei fachlichen Tätigkeiten bleiben aber dennoch bestehen. BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen bis zum Jahr 2035 unter Berücksichtigung der Zuwanderung Geflüchteter“.

arbeiterklasse
Credits:BiBB-Report, 3/2016

Im obigen Report heisst es: „Der Trend zur Dienstleistungsgesellschaft ist nicht gleichzusetzen mit einer Deindustrialisierung. Die Bruttoproduktion im produzierenden Gewerbe wächst auch in Zukunft leicht überdurchschnittlich. Voraussetzung dafür ist auch weiterhin ein erfolgreicher Export. Die Rationalisierungsmöglichkeiten der Industrie erlauben – insbesondere bei einer Digitalisierung der Produktion – überdurchschnittliche Produktivitätssteigerungen, die mit einem geringeren Arbeitskräfteeinsatz einhergehen.“

Das kann man so auch im Marxschen „Kapital“ nachlesen, insbesondere im Abschnitt über die Rate des Mehrwerts. „Arbeitskräfteeinsatz“ im esoterischen Neusprech der „Volkswirtschaftler“ bedeutet das variable Kapital: Je kleiner der Anteil des variablen Kapitals, um so höher der Mehrwert, der letztlich in den Profit eingeht – trotz tendenziellen Falls der Profitrate.

Der Anteil der Arbeiterklasse sinkt also nur leicht, auch perspektivisch. Ich interpretiere die Schaubilder so, dass mindestens ein Viertel aller Berufstätigen zum Proletariat gehört. Dazu kommen deren eventuell nicht berufstätigen Familienangehörigen und Arbeiter, die entlassen wurden und eine neue Anstellung suchen, dazu alle, die nur zweitweilig und/oder prekär beschäftigt sind. Das klassische Kleinbürgertum zähle ich im Gegensatz zu Hal Draper nicht dazu.

Letztlich ist die Arbeiterklasse in der Mehrheit, sogar dann, wenn man die marxistische Definition eng auslegt. Und wieviel davon werden in den Medien und im Bundestag repräsentiert – und von wem?

Von Luther zur NSDAP und zur AfD

Sehr interessante Analyse in der Zeit: „Der Historiker Davide Cantoni hat Wahlergebnisse in 11.000 Gemeinden untersucht. Sein Ergebnis: Es gibt eine Kontinuität in der Vorliebe für extrem rechte Parteien.“

Cantoni: Immer, wenn man Korrelationen findet, die über 70, 100, 200 Jahre hinweg reichen, muss man sich fragen: Ist das doch nur ein Zufall? Es gibt jedoch gute Gründe anzunehmen, dass es eine Kontinuität in der Denkweise gab, die wir aber bisher nicht gesehen haben. (…) Die überwiegende Mehrzahl dieser Gemeinden ist heutzutage fast genauso groß wie in den Dreißigerjahren, die durchschnittliche Gemeinde hat 6.800 Einwohner, die Hälfte der Gemeinden 1.700 oder weniger. Dort hat sich die Gesellschaft strukturell relativ wenig geändert.

Das Original: „Persistence and Activation of Right-Wing Political Ideology“, 2019 (pdf).

Eberhard Seidel schreibt auf Facebook: „Sind die hohen Wahlergebnisse im Osten in erster Linie dem sozialistischen DDR-Erbe geschuldet, wie vielfach behauptet, oder sind sie doch eher Folge der konfessionellen Spaltung des Landes seit dem 16. Jahrhundert? (…) Die Studie bestätigt eine Reportage, die ich nach den Europawahlen im Herbst 1989 in einer protestantisch dominierten Region Mittelfrankens rund um Ansbach erstellte, in der katholische Diasporadörfer in den 30 erJahren deutlich weniger anfällig für die NSDAP-Ideologie und 1989 auch nicht so anfällig für den völkischen Nationalismus der Republikaner waren wie ihre protestantischen Nachbargemeinden, in denen die Bürger zum Teil bereits Anfang der 30er Jahre bis zu 100 Prozent NSDAP wählten, dann in den 60er Jahren kräftig NPD und bei den Europawahlen 1989 bis zu 60 Prozent die Republikaner und die DVU.“

Extrem unbrauchbar

„Der Deutsche Journalisten‐Verband lehnt alle Formen von politischem Extremismus gleich welcher Ausrichtung strikt ab.“ Dieser Begriff ist extrem fragwürdig und auch unbrauchbar für die politische Analyse.

Da die „Definitionsmacht“ hier bei den politischen Institutionen des Staates liege, bestehe die Gefahr, dass andere Demokratievorstellungen ausgeblendet und Minderheitspositionen tendenziell mit illegitimen politischen Zielsetzungen gleichgesetzt werden.

Die „Extremismus“-Theorie ist eine enge Verwandte der Totalitarismus-Doktrin.

Die Grenze

Lesebefehl: Christian Bangel in der Zeit: „In Frankfurt an der Oder verbreitet eine Gruppe Syrer Angst. Der linke Bürgermeister reagiert mit einem Tabubruch. Das Bild von der weltoffenen Oststadt bekommt Risse.“

Extremistische Pappnasen

Journalisten, die den Begriff Extremismus benutzen, sind auch Pappnasen. Das ist Behörden-Neusprech und keine politische Analyse.

Das Thema hatten wir hier schon öfter, zu, Beispiel 2009 oder 2003.

Lichterketten, neu gesungen

Statt alberne Hashtags zu verbreiten, kann man stattdessen auch Kirchenlieder singen. Die Wirkung ist vergleichbar. #wirsindmehr

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