Internet-Zensur reloaded

Der deutsche Staat russische Staat wird künftig Web-Angebote sperren, ein entsprechendes Zensurgesetz hat der Bundestag das Parlament verabschiedet. Angeblich geht es um Jugendschutz – Kritiker fürchten einen Angriff auf die Meinungsfreiheit.




Zensur unter dem Deckmantel des „Jugendschutzes“

Zensur unter dem Deckmantel des „Jugendschutzes“: „Tatsächlich liefert der aktuelle Transparency Report beunruhigendes Datenmaterial für das zweite Halbjahr 2011. Mit über 400 behördlichen Löschungswünschen landet Deutschland im weltweiten Vergleich auf Platz drei und ist europaweit führend. Welche deutsche Behörde legt hier vor? Ganz überwiegend die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. “ (Pornoanwalt)




Internet-Zensur bedenklich?

Heise: „Im Zeitraum von Juli bis Dezember 2011 hat Suchmaschinenriese Google weltweit 1028 staatliche Anfragen zum Löschen von Netzinhalten bekommen. Das geht aus dem aktuellen „Transparency Report“ des Unternehmens hervor. (…) In einem Blogbeitrag vom Montag bezeichnete Google-Mitarbeiterin Dorothy Chou die Zahlen als „alarmierend“. Insbesondere dass wiederholt aus westlichen Demokratien Anfragen gegen politische Äußerungen gekommen seien, wertete sie als bedenklich.“

Man sieht, wie dünn der Firnis der Zivilisation in den „westlichen“ Ländern ist. Regierungen wollen immer missliebige Meinungen zensieren, ganz gleich ob es sich um Nordkora oder um eine so genannte Demokratie wie Polen handelt.

Und warum zensiert Google überhaupt? Aus den Postings geht doch hervor, dass sie Zensuranfragen auch ablehnen (können). Nach welche Kriterien akzeptiert Google Zensur – zum Beispiel vom Zensurweltmeister Deutschland? Heuchler!




Westliche Werte, Pressefreiheit und Zensur

Reporter ohne Grenzen (via wbs-law.de):
„Die Menschenrechtsorganisation “Reporter ohne Grenzen” (ROG) hat zum zehnten Mal ihre Rangliste der Pressefreiheit vorgelegt. (…) Nach dieser Liste konnte sich Deutschland um einen Platz gegenüber dem Vorjahr verbessern und befindet sich nun, zusammen mit Zypern und Jamaica, auf dem 16. Platz (…) Die USA rutschte um 27 Plätze auf Platz 47 nach unten. Grund dafür sind die Behinderungen der Berichterstattung über die Occupy-Proteste seitens der Polizei.“

Vgl. (02/2011) „Hurra, wir sind Zensur-Weltmeister!“




Wie man die Twitter-Zensur umgeht

Netzwertig com erklärt, wie man die länderspezifische Zensur Twitters umgehen kann: „Twitter wird für seine kontroverse Entscheidung, Tweets in einzelnen Ländern auf Anfrage zu zensieren, kein IP-Geoblocking einsetzen. (…) Stattdessen dient die von Nutzern in ihren Kontoeinstellungen gemachte Länderangabe als Grundlage für eine eventuelle regionale Sperrung. Twitter legt das aktuelle Land zwar ausgehend von der IP-Adresse des Anwenders fest, erlaubt diesem aber, die Einstellung manuell zu verändern.“

Ich habe meinen Twitter-Account schon auf „US-amerikanischer Nutzer“ umgestellt.




Die Schere im Kopf oder auch: Jugendschutz aka Zensur

Norman

Hierzuland kostümiert sich die Zensur von Büchern als „Jugendschutz“. Es ist ähnlich wie in der DDR: Die Schwere wirkt schon in den Köpfen. Das „Anstößige“, mit dem argumentiert wird, kommt erst gar nicht vor.

Ich war vor ein paar Tagen mit einer ganz bezaubernden Dame in der Abteilung für englische Bücher im Kulturkaufhaus Dussmann:
Dussmann das KulturKaufhaus wird größer und das internationale Leben in Berlin bekommt eine weitere Top-Adresse: English Books, unsere neue Abteilung mit Deutschlands größtem Angebot an englischsprachigen Büchern, eröffnet.

(By the way, Dussmann: Das Deutsche kennt Kommata, die man auch setzen darf, und was zum Teufel, hat „eröffnet“ da zu suchen? Ich verstehe zwar ungefähr, was gemeint ist, aber ein deutscher Satz ist das nicht.)

Die wohlwollenden Stammleserinnen und geneigten Stammleser werden jetzt schon ahnen, was kommt. Ich fragte nach einem der 40 Bücher John Normans – „fantasy/adventure novels about the planet Gor – which have sold an estimated 12 million copies worldwide“. Trash, zugeben, aber die Auflage ist ein Argument, ihn zumindest zu kennen. Man kann es auch anders sehen:

Other critics disagree, and suggest Norman’s novels are carefully constructed satire or barbed social commentary. For example, Enotes.com speculates that the Gor series‘ master/slave theme is so over-the-top that it may be „a savage satire on the whole notion of biological determinism.“ Other critics theorize that the books are a reaction to the excesses of early-1970s feminism, or a Camille Paglia-style attack on political correctness.

Schnittberichte.com schreibt: „Hauptmotive in den Büchern sind Sklaverei, Gewalt, Nacktheit und generell die Unterwerfung der Frau. Obwohl die Bücher in Deutschland nur in zensierter Form auf den Markt kamen, wurde diese später von der Bundesprüfstelle auf den Index gesetzt.“ Der Heyne-Verlag kürzte die deutschen Ausgaben um ca. 45 % des ursprünglichen Textes gekürzt, darunter alle härteren Passagen.

Das nenne ich Zensur. In China würde es nicht anders gemacht. „Pornografie“ als Argument für Zensur zieht bei der abgestumpften dummen Masse und den Medien, die nach dem gesunden Volksempfinden schielen, immer. In scheinliberalen Gesellschaften muss man dann eben „Kinderpornografie“ rufen, damit sich noch jemand aufregt.

Natürlich gab es Norman bei Dussmann nicht, warum, das konnte niemand beantworten. Diejenigen, die für das Bestellen verantworlich sind, haben den Bestseller-Autor eben nicht berücksichtigt. Ein Blick auf die Cover setzt die Schere im Kopf schon in Gang. Es könnte sich ja jemand aufregen. Wo kämen wir denn da hin…




Zensurweltmeister Deutschland, revisited

gorEine der lächerlichsten Institutionen, die die deutsche Leitkultur je hervorgebracht hat, ist zweifellos die so genannte „Bundesprüfstelle“ für „jugendgefährdende“ Medien, was auch immer „jugendgefährdend“ sein mag.

Hinter diesem euphemistischen Titel verbirgt sich nichts anderes als die altbekannte Zensur, die sich aber kostümiert hat.

„Jugend“ ist ohnehin ein kulturelles Konstrukt und keine anthropologische Konstante, was wir spätestens seit Philippe Ariès „Geschichte der Kindheit“ wissen.

Die Jugend muss nicht vor Abbildungen oder Texten „geschützt“ werden, und schon gar nicht vom Staat. „Jugendschutz“ ist aber Moraltheologie – der öffentliche Diskurs darüber sperrt sich somit gegen jede rationale Argumentation.

Bei Pornoanwalt.de lesen wir über die aktuelle Situation: „Deutsche Suchmaschinen sperren mehr als 2.500 Websites, welche von der Bundesprüfstelle (BPjM) indiziert wurden.“ Deswegen benutze ich auch nie deutsche Suchmaschinen, weil deren Betreiber ein gutes Beispiel für den vorauseilenden Gehorsam sind, der den Deutschen an sich auszeichnet und dem Heinrich Mann mit dem Roman „Der Untertan“ ein literarisches Denkmal gesetzt hat.

Niemand weiß, nach welchen wissenschaftlichen (!) Kriterien die schmallippigen „Prüfer“ entscheiden, was die „Entwicklung“ von Jugendlichen „beeinträchtigt“. Ich ahne es: Es ist das so genannte „gesunde“ Volksempfinden, das bei denen offenbar die 68-er Jahre verschlafen hat und noch in der Adenauer-Ära steckengeblieben ist.

Man muss sich diesen Quatsch nur einmal ansehen:

John Norman, Die Wilden von Gor, Taschenbuch Nr.4195, Reihe Fantasy Wilhelm Heyne Verlag, München, indiziert durch Entscheidung Nr. 2681 (V) vom 16. September 1986, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 181 vom 30. September 1986.
Das Buch wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.
Entscheidung Nr. A 213/11 vom 22. August 2011 (Pr.603/11).

2011! Dieses Buch des US-amerikanischen Bestsellerautors (Trash, zugegeben!) steht in den USA in jeder Bibilothek. Und die so genannte „Bundesprüfstelle“ entscheidet hierzulande in diesem Jahr, dass die (ohnehin zensierte und harmlose) deutsche Übersetzung der Jugend zugänglich gemacht werden darf. Ja, in welchem Jahrhundert leben wir denn?

Ich habe mich entschlossen, nur noch Parteien zu wählen, denn ich zutraue zu fordern, dass diese unsägliche „Bundesprüfstelle“ ersatzlos abgewickelt wird.




Internet-Zensur, revisited

Die Verwaltung der Stadt Köln zensiert das Projekt „alternativlos“ (Sceenshot).

Nicht nur in Deutschland, auch in anderen, vorgeblich liberalen Ländern Europas wird zensiert. Diese E-Mail bekam ich neulich:

Seit etwa 2 Jahren lebe ich in xxxxxx/Norwegen. Auch hier lese ich natürlich. Ich arbeite hier unter anderem als Mitarbeiter einer sozialen Einrichtung der Kommune. Dort haben wir den „anderen“ Netzzugang. Wie du sicherlich weißt, sind alle Schulen, Universitäten, Behörden, etc. zentral vernetzt. Diese „zweite Internet“ wird zensiert, d.h. konkret, es gibt Sperren. Durchgeführt wird diese Filterung von Trend Micro, die zentral den Filter verwalten. Bei einem Versuch (Anfang des Jahres), deine Seite über meinen BüroPC aufzurufen, stellte ich fest, das deine Seite ebenfalls gesperrt ist. Begründung: Pornography

Ich habe mich mit den Verantwortlichen hier in xxxxxx in Verbindung gesetzt, um zu erfahren, was, warum, von wem gesperrt wird. Als Antwort bekam ich dann nur den Hinweis, das dies ausschließlich in der Hand von Trend Micro liegt und keiner Einfluss darauf hat. Eine Anfrage bei Trend Mirco ist seit März unbeantwortet.

Gestern bekam ich nun eine Mail vom „xxxxxxser Zentraladmin“. Er schrieb, das er deine Webseite als >Frei< an TM mitgeteilt hat und du nun beim nächsten update aus dem Filter genommen wirst. Erst hieß es ja, sie hätten keinen Einfluss.

Danke übrigens!




Grünes Licht im EU-Parlament für Internet-Zensur

Roberta Angelilli von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), sprach von einem „Schritt nach vorn beim Schutz unserer Kinder“. Bei der Möglichkeit für Websperren handle es sich nicht um Zensur, da es ausschließlich um Kinderpornographie gehe. (Heise)

Zhang Chunqiao von der kommunistischen Partei Chinas (KPCh) sprach von einem „Schritt nach vorn beim Schutz unserer Gesellschaft“. Bei der Möglichkeit für Websperren handle es sich nicht um Zensur, da es ausschließlich um staatsgefährdende Inhalte gehe.

Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah von der saudi-arabsichen Wahabiten-Partei (SAWP) sprach von einem „Schritt nach vorn beim Schutz unserer Religion“. Bei der Möglichkeit für Websperren handle es sich nicht um Zensur, da es ausschließlich um den Schutz des Islam gehe.

O’Brien vom Ministerium für Liebe und Wahrheit sprach von einem „Schritt nach vorn beim Schutz unserer Kinder“. Bei der Möglichkeit für Websperren handle es sich nicht um Zensur, da es ausschließlich um die Verhinderung von Gedankenverbrechen gehe.




Internet-Zensur verletzt die Menschenrechte

Wired: „U.N. Report Declares Internet Access a Human Right“

„The report railed against France and the United Kingdom, which have passed laws to remove accused copyright scofflaws from the internet. It also protested blocking internet access to quell political unrest.“

While blocking and filtering measures deny users access to specific content on the Internet, states have also taken measures to cut off access to the Internet entirely. The Special Rapporteur considers cutting off users from internet access, regardless of the justification provided, including on the grounds of violating intellectual property rights law, to be disproportionate and thus a violation of article 19, paragraph 3, of the International Covenant on Civil and Political Rights.

Damit dürfte auch die Internet-Zensur in Nordrhein-Westfalen gegen die Internationale Konvention der Menschenrechte verstoßen. Das werden deutsche Medien sich aber nicht trauen zu schreiben.




Zensur findet statt

Internet censorship in Germany

Google: „Like other technology and communications companies, we regularly receive requests from government agencies around the world to remove content from our services“. Auf Deutsch: Wenn irgendeine Regierung auf der Welt Zensur des Internet fordert, dann gehorchen wir. Die Deutschen fordern ganz besonders oft Zensur.




Zensur findet statt

Lesenswerter Artikel in der Jungle World: „Buchhändler müssen nicht zensieren – Eine Reihe von Verfahren gegen die Geschäftsführer linker Buch- und Infoläden in Berlin wurde in der vorigen Woche eingestellt. Die Buchläden »M99«, »Schwarze Risse« und »Oh 21« hatten im vergangenen Jahr mehrfach Besuch von der Polizei, die verschiedene Ausgaben der Interim beschlagnahmte. Auch wegen der Zeitschrift Prisma und eines antimilitaristischen Flugblatts wurden die Buchläden durchsucht, in einigen Fällen wurden dabei auch die Computer mitgenommen. Neu war an den Durchsuchungsbeschlüssen, dass seit Mitte vorigen Jahres nicht mehr gegen ‚unbekannt‘, also gegen die Hersteller der Zeitungen und Flugblätter, sondern gegen die Geschäftsführer der Buchhandlungen ermittelt wurde. Sie sollen mit dem Auslegen der Schriften zu Straftaten aufgerufen und gegen das Waffengesetz verstoßen haben. Dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft läuft der bisherigen Rechtsprechung zuwider.“

Noch einmal zum Mitschreiben: Die Berliner Staatsanwaltschaft wollte, dass Buchhändler die Bücher, die sie verkaufen, vorher lesen, um Verbotenes dann zensieren zu können. Im Ernst! Das ist das Deutschland von heute!

Diese Nachricht wird natürlich in den Mainstream-Medien und in der regimetreuen Presse nicht auftauchen, da es eine Lobby gegen Zensur hierzulande nur als Spurenelement gibt. Eine Mehrheit der Deutschen ist für die Zensur des Internet und für die real gar nicht existierende Durchsuchung ihrer privaten Rechner seitens der Obrigkeit. Wir leben in einem – das demokratische Bewusstsein betreffend – politischen Entwicklungsland.

By the way: Die Entschädigung, die mir im letzten Jahr per Gericht zugesprochen wurde wegen der Beschlagnahme meines Rechners und wegen der Länge des Verfahrens, das von der Staatsanwaltschaft laut Urteil „rechtstaatswidrig“ verzögert wurde, habe ich immer noch nicht bekommen. Wie man sieht, hat die Staatsanwaltschaft offenbar „Besseres“ zu tun.

(Vgl. auch burks.de vom 9.3.2011)




Hurra, wir sind Zensur-Weltmeister! (revisited)

Nur zur Erinnerung aus aktuellem Anlass:

„Imponierende 188 mal forderten Behörden der Bundesrepublik im Erhebungszeitraum zwischen Juli und Dezember 2009 die nachträgliche Zensur von Suchergebnissen. Pro Kopf der Bevölkerung gerechnet liegt Deutschland laut Freedom House damit sogar weltweit auf dem Spitzenplatz – nirgendwo werden Google-Suchergebnis mehr gelöscht, gesperrt, bereinigt und gefiltert als hierzulande.“




European Court of Justice: Internet-Zensur (aka „Netzsperre“) verstösst gegen die Grundrechte

Court of Justice of the European Union, Press release No 37/11: „According to Advocate General Cruz Villalón, a measure ordering an internet service provider to install a system for filtering and blocking electronic communications in order to protect intellectual property rights in principle infringes fundamental rights.“

Vgl. auch Rickard Falkvinge (Piratenpartei Schwedens):

„Advocate General Cruz Villalón considers that the installation of that filtering and blocking system is a restriction on the right to respect for the privacy of communications and the right to protection of personal data, both of which are rights protected under the Charter of Fundamental Rights. By the same token, the deployment of such a system would restrict freedom of information, which is also protected by the Charter of Fundamental Rights.“




Internet-Zensur durch die Hintertür

Heise: „Die in Deutschland illegalen Online-Sportwetten sollen künftig mit Netzsperren blockiert werden, auch den Zahlungsverkehr will die EU unterbinden.“

Das hatte ich eh erwartet. Die CDU, die Zensur-Lobby, die Jugendschutzwarte, die Content-Mafia und die merkbefreiten innenpolitischen Scharfmacher werden nie und nimmer auf die Zensur-Infrastruktur verzichten wollen.

Was mich aber richtig sauer macht ist, dass auch die Guten die Sprachregelung des Ministeriums für Wahrheit kritiklos mitmachen. Es heisst nicht „Netzsperren“, sondern „Internet-Zensur“. Dann wissen DAU und Dödel, was wirklich gemeint ist.




Zensursula vorläufig gescheitert

akzensur: Pressemeldung: Erfolg der Vernunft: Gesetz zu Internet-Sperren wird aufgehoben http://j.mp/fPmYar #Zensursula




Der DAU im Mittelpunkt – Sascha Steuer (CDU) fordert Internet-Zensur

Wenn es nicht so trautig wäre, könnte man das, was deutsche Politiker gemeinhin zum Thema IT oder Internet von sich geben, als perfekten Comedy-Ersatz nehmen. Ich muss oft einfach losprusten – über das Niveau des technischen „Sachverstands“. Die sinnfreien Sprechblasen stoßen – was besonders lustig ist – auf keinen Widerspruch. Es ist wie bei den Bürgern von Schilda, die alle gemeinsam einen Krebs wegen Sachbeschädigung verurteilten.

Im Berliner Senat ging es um Cyber-Mobbing aka Cyber-BullYing, insbesondere um isharegossop.com. „Der CDU-Schulexperte Sascha Steuer warf dem Senat und speziell Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) Inkompetenz im Umgang mit Internetmobbing vor.“ Steuer hat vermutlich recht, denn heutige Politiker lernen das normale parteiinterne Mobbing zwar von der Pike auf, im Cybermobbing haben sie aber vermutlich noch Nachholbedarf.

„So habe Zöllner offenbar zunächst nicht gewusst, dass Internetseiten in Deutschland nicht zentral gesperrt werden können“. Da wirft jemand im Glashaus mit Steinen – was sagen denn die ParteigenossInnen der CDU dazu, insbesondere Censursula, die sich für „Websperren“ einsetzen? Jetzt kommt es aber knüppeldick:

„Unerträglich sei obendrein, dass diese Seite heute noch auf Berliner Schulcomputern abzurufen sei, kritisierte Steuer.“ Ach ja? Und wie will man das verhindern? Etwas mit „Jugenschutz“-Filten, die so leicht zu umgehen sind wie ein Verkehrschild für einen Fußgänger?

Da fordert jemand klammheimlich Zensur des Internet, ohne die Courage zu besitzen, das offen ausprechen. Das hatten wir schon im Jahre 2004: Damals forderte die CDU-Fraktion den Aufbau eines umfassenden Filterprogramms an Berliner Schulen – obwohl jeder IT-Experte ihnen demonstrieren könnte, dass diese Filter Unfug sind. Der einzige Grund, Internet-Filter an Schulrechnern zu installieren, wäre diese, dass die Schüler im Unterricht lernen, wie man Filter und Zensur umgeht – das wäre echte Medienkompetenz.

Und jetzt zu etwas ganz Anderem. Bei Heise finden wir ein schlagenden Argument, warum man immer den kleinsten gemeinsamen Intelligenzquotienten voraussetzen muss. Das Aussenministerium rüstet von Linux auf Apple um: Es gab „massive Kritik der Nutzer“. „Viele hätten darum gebeten, man möge „wieder auf das vertraute Windows-XP-Betriebssystem umstellen“. „Der Nutzer im Mittelpunkt“, verkündete [der Referatsleiter IT] in dem Schreiben gleich zweimal.“

Moment. Die DAUs müssen mit Linux arbeiten, wollen das „vertraute Windows-XP“ zurück und kriegen jetzt den Datenkraken Apple? Das verstehe, wer will. Windows 7 ist dem DAU auch nicht so vertraut? Du meine Güte, was ist denn gegen Ubuntu zu sagen, das genau so einfach wie Apple ist, aber nichts kostet? Ich fass‘ es nicht.

Und jetzt zu etwas ganz Anderem. (Ich muss ja irgendwie das Video da oben begründen.) Pornoanwalt: „Eine neue EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Kinderpornografie sieht nicht nur Internetsperren vor, sondern verpflichtet die 27 Mitgliedstaaten auch zur Kriminalisierung von Erotika mit Erwachsenen. Verboten wird nicht nur Pornografie, sondern jede Darstellung sexueller Vorgänge.“

Dann haben die Jugendschutzfilterwarte aber bald viel zu tun… Das Internet ist bekanntlich voll vom PrOn. You have no idea, Sascha Steuer.




Freiwillige Internet-Zensur in Deutschland, revisited

„China verschärft die Netzkontrolle: Internetdienste klagen über neue Blockaden, Verschlüsselungsanbieter sind nicht erreichbar, Google-Nutzer bemerken merkwürdige Fehler.“ Das schreibt Spiegel Online über China.

Ein Artikel früher: „Internetseiten, die von der Bundesprüfstelle indiziert werden, können auf den deutschen Versionen der einschlägigen Suchmaschinen wie Google, Bing oder Yahoo nicht mehr ohne weiteres gefunden werden. Die sechs größten Suchmaschinen in Deutschland hatten sich 2007 in einer freiwilligen Selbstverpflichtung bereiterklärt, die von der Behörde indizierten Seiten nicht mehr in den Suchergebnislisten anzuzeigen.“

In China werden die Provider zur Zensur gezwungen, in Deutschland machen die das freiwillig. Das ist der Unterschied.

„Deutschland verschärft die Netzkontrolle: Internetdienste schaffen neue Blockaden, Verschlüsselungsanbieter sind für DAUs nicht erreichbar, Google-Nutzer bemerken merkwürdige Fehler.“ So muss es heißen.




Hurra, wir sind Zensur-Weltmeister!

Durch ein Posting im Heise-Forum wurde ich auf diesen schon etwa älteren Artikel von SpOff aufmerksam: „Wie die Deutschen Zensur-Vizeweltmeister wurden“.

„Sperren, löschen, Personen identifizieren: Google macht jetzt erstmals öffentlich, welche Staaten solche Anfragen stellen. Bei der Entfernung von Videos, Blogeinträgen und Suchtreffern landet Deutschland auf Platz zwei hinter Brasilien – die Gründe sind überraschend banal.“

Wieso überraschend? Dass google.de die Deutschen zensiert – ohne zu verraten, was warum zensiert wird -, sollte bekannt sein. Da der Deutsche an sich sich aber gegen derartige Maßnahmen nicht wehrt (wir sind ja keine Tunesier oder Ägypter!), benutzten die Surfer hierzulande brav google.de statt google.com; viiele Journalisten scheitern in meinen Seminaren schon daran, google.com überhaupt aufzurufen.

„Auch Google hat die Listen der BPjM über jugendgefährdende Inhalte implementiert. Die gegen Videoinhalte gerichteten Anfragen bezögen sich nicht auf Copyright-Verstöße, wie man vermuten könnte, sagt der Konzernsprecher – sondern auf Probleme wie Verleumdungen, illegale Inhalte, Verstöße gegen Geschäftsbedingungen, auf die Google einfach aufmerksam gemacht werde. Copyright-Fragen würden in der Regel direkt mit den Rechteinhabern geklärt. Ihnen stehe mit Content ID außerdem ein System zur Verfügung, direkt über YouTube ihre Rechte geltend zu machen. Nach dem Verständnis vieler in den USA ist Deutschland trotzdem ein Land, in dem das Internet zensiert wird – sie verstehen jede Form des Eingriffes in Inhalte als Zensur“.

Nach meinen Verständnis übrigens auch, Spiegel offline! Dass es auch in Deutschland Leute gibt – zugegeben: wenige! -, die Zensur ablehnen, könntet ihr ruhig erwähnen.

Noch ein Satz im zitierten Posting ist bemerkenswert: „Gefiltert werden übrigens auch manche Webseiten über ‚Killerspiele‘ sowie alle Seiten die die BPJM als ’schwer jugendgefährdend‘ ansieht – selbstverständlich auch für volljährige User. Eine einfache Suche nach ‚BJPM-Modul‘ fördert ebenfalls sehr aufschlussreiches zutage.“

Das erste, was ich nach einer Revolution abschaffen würde, wären die Firma jugendschutz.net und diese unsägliche Zensur-Behörde „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM). Aber ich glaube, dass wird zu meinen Lebzeiten nicht mehr geschehen, erst in fünfzig Jahren oder so – weder die Linke noch die Grünen fordern, die Internet-Zensur in Deutschland abzuschaffen. Das sagt ja genug über die hiesige politische Kultur aus.




Zensurgesetz – legal, illegal, scheissegal

In verständlichem Deutsch hieße es: Das Zensur-Gesetz sollte abgeschafft werden. Dafür plädieren Experten. In Bläh- und Furzdeutsch heisst es bei Heise: „Experten plädieren für Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes“. Warum einfach und schön, wenn es auch kompliziert und verhaspelt und verkasematuckelt geht…

„Bei einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags am heutigen Mittwoch bezeichnete die Mehrzahl der Sachverständigen den derzeitigen Schwebezustand rund um das Zugangserschwerungsgesetz als rechtswidrig. Auch das Paragraphenwerk an sich hielten viele für verfassungswidrig.“

Wen interessiert das heute noch, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist? Fast alle Gesetze, die zur Zeit durch das Parlament gejagt werden, tragen das „Kainsmal des Rechtsbruchs“, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert schon richtig anmerkte. Um so mehr gilt das für alles, was mit dem Interent im weiteren Sinn zusammenhängt – wie eben auch für das Zensurgesetz, dass nur jemand nicht Zensurgesetz nennt, der statt Krieg“ Friedenserzwingung“ sagt.