#aufstehen

Ich habe mich dort registriert. Ich mag Shitstorms von allen Seiten. Demnächst mehr in und zu diesem Theater.

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20000 Schriftrollen

Bibliothek Ephesus

Credits: Benh Lieu Song/Wikipedia

Vielleicht bin ich überhitzt oder kann nicht mehr suchen, aber den ausführlichsten und informativsten Bericht über den Sensationsfund in Köln – die älteste Bibliothek auf „deutschen“ Boden – fand ich im Guardian. Die anderen seriösen Medien scheint das nicht so zu interessieren. Sogar die Original-Meldung im Kölner Stadt-Anzeiger ist recht dürr.

Ich habe mir mehr Infos zur Celsus-Bibliothek in Ephesus gesucht – die sich als Vergleich anbietet. Die Römer hatten einen guten Geschmack, heutige Architekten bauen IMHO fast ausschließlich hässlicher. Ich würde mich in solchen Gebäuden wohlfühlen.

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Glienicker Brücke und die Kleine Neugierde

HavelPfaueninselglienicker Brückeschloss babelsbergkleine neugierdekrughornhavel

Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal auf der Glienicker Brücke war – vermutlich im Jahr 2004. Jetzt war ich unter ihr, die Perspektive ist genauso interessant. Man muss nur fast vier Stunden dahinpaddeln (und wieder zurück). Mittags bei 37 Grad ist man fast allein auf der Havel, und die nervigen Besitzer der nervig lauten Motorboote nerven noch nicht. Die Stille reinigt und glättet das Gemüt.

Was ich sah und fotogafierte, kannte ich noch nicht – das Schloss Babelsberg zum Beispiel und die Kleine Neugierde.

Schade, dass im Westen Berlins fast ausschließlich die Überreste der herrschenden Klassen der Vergangenheit konserviert sind. Und zum millionsten Male an die gerichtet, die Schlösser usw. für die Nachwelt beschreiben (auch an Wikipedia):
Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon,
Wer baute es so viele Male auf? In welchen Häusern
Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute?
Wohin gingen an dem Abend, wo die chinesische Mauer fertig war,
Die Maurer?

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Blue Screen of Death, revisited

blue screen of death

Da macht man einmal die halb vergessene Windows-Partition auf.. Ich wusste gar nicht, dass es den Blue Screen of Death noch gibt. Muss an der Hitze liegen…

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Cheddar Man

cheddar man

Interessant: IFLScience zitiert wissenschaftliche Quellen, dass die ersten Bewohner Britanniens wohl dunkle Haut hatten. Der Cheddar Man lebte ca. 10.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung – im Mesolithikum – und hatte blaue Augen. Von ihm ist ein fast komplettes Skelett erhalten.

The DNA of a man found in Cheddar Gorge 100 years ago revealed that this group of early Britons were dark-skinned, which is obviously interesting and to see the reconstructed face of one of the earliest inhabitants of England is very cool indeed.

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Ausangate, revisited

ausangate

Das Foto habe ich 1984 gemacht. Der schneebedeckte Berg ist der Ausangate (6.384 m) am westlichen Rand der Cordillera Vilcanota. Die Route habe ich hier 2014 schon beschrieben – dort sieht man den Gipfel des Bergriesen aus einer anderen Perspektive.

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Die Heilerin und der manipulierende Einfluss

spiegel

Wir hatten hier schon einen Verweis auf Noam Chomskys und Edward S. Hermans Theorie der Medien, die „den manipulativen Einfluss wirtschaftlicher und politischer Interessengruppen auf die Berichterstattung der Massenmedien in Demokratien beschreibt.“

Hier ein aktuelles Beispiel von Spiegel online: „Wie Neuseelands Regierungschefin ihr Land heilen will“.

1. Jacinda Ardern wird fast ausschließlich lachend dargestellt, also von den Medien sympathisch gemacht – ganz im Gegenteil zu Trump, den man nur in ungünstiger Position abgebildet sieht. (By the way: Wie man aussieht, sagt nichts darüber aus, was man macht. Oder?) Ich habe nur eine Ausnahme in einer indischen Zeitung gefunden. (Wie wäre es mit jenem Bild, Spiegle online? Machte das den Artikel kaputt?)

2. Was eine Vertreterin der herrschenden Klasse ankündigt zu tun, ist irrelevant. „…will zeigen, wie moderne Sozialdemokratie aussehen kann.“ (Ach ja? Es gibt keine herrschende Klasse, raunt man in den Mainstream-Medien, und wenn es sie gäbe, dürfte man sie nicht so nennen?) Meiner Meinung nach ist es mitnichten die Aufgabe von Journalisten, sich zum Sprachrohr der Politik zu machen. Dafür gibt es Pressesprecher und andere Lautsprecher des Kapitals.

„Nun hat sie es sich zum Ziel gemacht, das Land umzukrempeln“. Das steht vermutlich genau so vage im Parteiprogramm. Als Helmut Kohl Bundeskanzler wurde, hatte er es sich zum Ziel gemacht, das Land umzukrempeln etcetera. Ist das eine Information, die mir nützt, die mich aufklärt, die mich informiert, die Hintergründe erhellt? Nein. Es ist schlicht Bullshit und Gefasel. „Nun hat sie es sich zum Ziel gemacht, das Land nicht umzukrempeln.“ Wäre ja viel lustiger, mit so eine Aussage gewählt zu werden. Keine Experimente oder so.

3. „Für ihre erste Woche kündigte sie an, sie wolle sich in den kommenden Tagen um Themen kümmern, die ‚mir sehr viel bedeuten‘. Herrje. Wie langweilig ist das denn? Ist auch das Gegenteil möglich? Der Satz erinnert mich an Wolf Schneiders Deutsch für Profis und seine Tipps: Was selbstverständlich ist, sollte nicht erwähnt werden. „Bauernverband ist dagegen, die Subventionen für die Landwirtschaft zu streichen.“ Wer hätte das gedacht?! Ausserdem ist das Zitat „mir sehr viel bedeutet“ total unsinnig. Zitate sind dazu da, etwas authentisch zu machen (was diese vier Wörter nicht tun) oder die Ideen des Zitierten exakt zu erläutern, weil es besser nicht geht. (Ich vermute, dass man in Neuseeland Englisch redet; Ardern hat das eh nicht wörtlich gesagt.)

Was soll das also? Ich spüre den suggestiven Holzhammer: Die muss mir unbedingt sympathisch gemacht werden. Finde die Charaktermaske der neuseeländischen herrschenden Klassen nett, im Gegensatz zu Trump. Widerstand ist zwecklos.

4. „Der Kampf gegen Kinderarmut ist ein persönliches Anliegen der Premierministerin.“ Wäre ja noch schöner, wenn es ein unpersönliches Anliegen wäre oder die Dame sagte: Kinderarmut geht mir am Arsch vorbei! Ist das Journalismus? Nein, es ist wiederholtes Geschwurbel und langweilig zudem.

By the way: Spannend war für mich nur, darüber informiert zu werden, wie der Kapitalismus in Neuseeland funktioniert – Obdachlosigkeit, Armut: wie überall, nur mehr. Aber warum gibt es dort so viele Gewalt gegen Frauen? Das Land ist doch schön, wie man aus unzähligen Hochglanzbroschüren und den jubilierenden deutschen Medien weiß. Vielleicht sollte man Neuseeland einfach mal boykottieren, genauso wie die Türkei, bis sich die Männer gebessert haben?! Nein? Geht nicht? Oder liegt es an den Schafen?

5. „Bis 2021 soll der Mindestlohn auf 20 Dollar steigen.“ Das kennen wir von der hiesigen SPD. Ich wüsste aber gern, wie viele Ausnahmen es gibt? Was ist mit Teilzeitarbeit? Der Mindestlohn wird hier bekanntlich von vielen Firmen umgangen. Man müsste auch den Lebensstandard in Neuseeland kennen: Sind 20 Dollar wie 10 Euro hier oder nur fünf oder 20? Ich fühle mich wieder nicht hinreichend informiert.

6. „Im neuen Haushaltsplan kommen vor allem Gesundheit und Bildung gut weg.“ Schon klar, aber viel zu vage. (Ein Link wäre hilfreich gewesen: Was ein „Wānanga“ ist, wusste ich bis eben nicht.) „Gut wegkommen“ ist ohne Details (was vorher war und jetzt besser oder schlechter werden soll) keine journalistische Aussage.

7. „Dann hätte sie insgesamt sechs Jahre Zeit, um den Sozialstaat nach ihren Vorstellungen umzugestalten.“ Große Frauen machen die Geschichte. Wer baute das siebentorige Wellington? Hat sie nicht wenigstens eine Köchin bei sich?

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„Palästinenser“

Foreign Policy berichtet über eine gute Idee Trumps: „Trump and allies seek end to refugee status for millions of Palestinians“.

Audiatur et altera pars: „Kushner E-Mails reveal attempt to abolish UNWRA and Palestinian refugee Status. „…so radical and insane, they could only have been concocted by Israel itself.“ (Tikun Olam)

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Warten auf den Zug

ollantaytambo

Dieses Foto habe ich 1984 in Ollantaytambo in Peru gemacht.

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Schnauben und Wüten des Establishments

Christian Baron im Neuen Deutschland:
In einem wenig bekannten Vorwort zu seiner 1945 erschienenen Fabel »Farm der Tiere« schrieb George Orwell, sein Buch mache sich über die diktatorische Sowjetunion lustig. In seiner demokratisch verfassten Heimat England aber, so Orwell, gehe es gar nicht so viel anders zu: Menschen mit eigenen Vorstellungen und Gedanken, die jenseits der geltenden Herrschaftsmeinung liegen, würden verdrängt. Wer seine Schullaufbahn aufmerksam absolviert habe, der wisse, dass das Bildungssystem darauf ausgerichtet sei, Konformität und Gehorsam zu belohnen. Außerdem gehöre die Presse vermögenden Leuten, die wollen, dass nur gewisse Themen das Publikum erreichen.

Heute äußert solche Sätze in elitären Kreisen niemand ungestraft. Schnauben und Wüten des Establishments sind programmiert, wenn neben Pegida auch noch irgendwer jenseits des rechten Spektrums eine Medienkritik äußert, die den Fortbestand der Pressefreiheit gefährdet sieht.

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Cheer up, Deutschland oder: Don’t fear the Wurst

Ein lesenswerter Artikel im Economist, zudem mit suffisanter Ironie geschrieben und selbstredend in brilliantem Englisch: „Board a train with a group of Germans and one will soon start grumbling about some minutia: the temperature, the disorderly storage of luggage, a brief delay. The same habits undergird Germany’s industrial success. Its factories are staffed by conscientious workers who treat each blemish as an abomination, honing and re-honing production processes until everything is in Ordnung (order).“

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Imchen, Kuhhorn und die schwimmenden Bratwürste

HavelImchenPfuaeninselKuhhornHeilandskirche am Port von SacrowPfaueninseldrive In

Bevor das hiesige Publikum sich jetzt Sexpuppen anschaut, die im Internet surfen können und auch das Geschirr abwaschen, lieber etwas Landeskundliches: Von Tiefwerder bis zur Heilandskirche am Port Sacrow am Kuhhorn mit Blick auf die Glienicker Brücke und – nach Norden – auf die Pfaueninsel mit dem Lustschloss braucht man dreieinhalb Stunden mit dem Kajak, also rund sieben hin und zurück. Auf halben Weg passiert man die Insel Imchen (2. Foto rechts). Wenn man Glück hat, trifft man auf dem Rückweg ein „Drive In“ mit Bratwurst und eiskaltem Bier auf dem Wasser (unteres Foto). Lustige Geschäftsidee! Ich habe natürlich angelegt….

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Akustisches Armageddon

Man könnte die Geräuschkulisse in der Rettungsstelle nehmen, um Hieronymus Bosch zu vertonen. #Rettungsstelle #Notaufnahme #Armageddon

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Kondom des Grauens und Queeraktivist*_%&innen

ralf könig

Ralf König sollte man auch als Hetero kennen. „In den 1990er Jahren wurden Indizierungsanträge gegen einige Bücher gestellt. Besonders engagierte sich hier das bayerische Landesjugendamt. Die geforderte Indizierung des Titels Bullenklöten (1992) lehnte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften jedoch unter Berufung auf den Kunstvorbehalt ab.

Trotzdem fand 1996 auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Meiningen eine bundesweite Ermittlungs- und Beschlagnahmeaktion in über 1.000 Buchhandlungen statt, die sich neben anderen Comics (darunter auch Art Spiegelmans Maus) unter anderem gegen den Band Kondom des Grauens richtete.“

Das Wandgemälde Königs in Brüssel am Rainbow House soll ein „Zeichen für Toleranz und Transgender“ sein. Da hat man [sic] wohl die Rechnung ohne die Gendrifizierten und Phobierten gemacht… Die Kunstfreiheit wird nicht nur durch die Rechten bedroht.

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Class Warfare, revisited

Man fragte mich hier, wer und wo die Arbeiterklasse sei. Schaut auf Chicago, dann seht ihr es. Dort macht man auch die richtigen Handbewegungen beim Klassenkampf.

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K‘UYUY

Amantani

Das Foto habe ich 1984 auf Amantani gemacht, einer peruanischen Insel im Titicaca-See. Dort habe ich eine Woche bei Quechua-Bauern verbracht, die schlechter Spanisch sprachen als ich. Hier webt meine Wirtin etwas für ihre Kinder.

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Die Raramuri (Tarahumara), Mennoniten und der Chepe

CuauhtémocCuauhtémocCuauhtémocCuauhtémoctarahumaratarahumarachepechepechepebarranca del Cobrebarranca del Cobre

Dieser Artikel erschien auf Burks.de am 25.05.2015. Einige Links wurden aktualisiert.

Manchmal ärgere ich mich darüber, dass ich meine Reisen in den siebziger und achtziger Jahren nicht als Buch oder journalistisch ausgeschlachtet habe. Vor kurzem las ich bei Spiegel online eine Reportage über eine Zugreise durch den wilden Norden Mexikos. Alles kommt dort vor, worüber ich auch hätte berichten können: Die deutschsprachigen Mennoniten, die karg-wilde Berglandschaft, eine der größten Schluchten der Welt, die aber kaum jemand kennt, und die aztekischen Tarahumara.

Mit dem Zug „Chepe“ von Chihuahua nach Los Mochis bin ich 1979 und 1982 gefahren, vorbei an der „Kupferschlucht“ (Barranca del Cobre), die vier Mal so groß ist wie der wesentlich berühmtere Gran Canyon in den USA. Damals gab es noch keine komfortablen Waggons, der Chepe war mehr ein Güterzug mit einigen einfachen Waggons für Reisende.

Ich war einige Zeit in dem Ort Cuauhtémoc, der nach dem letzten Herrscher der Azteken benannt ist, und wohnte bei den dortigen strenggläubigen Mennoniten, die mich als angeblichen „Lutheraner“ als Gast akzeptieren. Die Bauern liehen mir einen Pickup, mit dem ich die Gegend erkundete (Foto oben); mit Pferd und Wagen, wie die meisten der Mennoniten sich fortbewegen, hätte ich nicht wirklich umgehen können. Rund um den Ort in den Bergen findet man zahlreiche Höhlen, die vermutlich schon seit Jahrtausenden von Menschen benutzt wurden.

In Cuauhtémoc sah ich auch die ersten Tarahumara, eines der geheimnisvollsten indianischen Völker Amerikas, nicht nur wegen ihrer Fähigkeit, unglaublich lange Strecken laufen zu können, Männer wie Frauen gleichermaßen.

Ich hatte extra vor der Reise einige Worte ihrer Sprache gelernt, aber es ist sehr kompliziert, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Ein Tarahumara sagt oft zu einem anderen nicht einfach „Hallo“ oder „guten Tag“, sondern stellt sich seitlich hin, dass die Schulter zum anderen zeigt – der andere macht es auch so. Dann tauscht man die sinngemäßge Grußformel aus „Ich geh grad so zufällig hier vorbei und führe nichts Böses im Schilde“. Die Tarahumara oder Raramuri („die Menschen“), wie sie sich selbst nennen, sind unglaublich stolz und selbstbewusst und können sehr aggressiv sein, auch untereinander, und der Gruß soll wohl dokumentieren, dass man friedlich gestimmt ist. Über mich haben sie nur gegrinst, obwohl sie mich wohl verstanden, weil sie den Gruß erwiderten – aber mehr nicht.

Die Tarahumara laufen übrigens in den Bergen immer hintereinander im Gänsemarsch, auch wenn Platz genug ist (vgl. das 5. Foto von oben). Manchmal verdingen sie sich als Tagelöhner, aber nur solange, wie sie wollen. An Verträge halten sie sich nicht. Leider scheint die Drogenmanfia einige von ihnen heute als Kuriere zu missbrauchen. Ihre Heimat ist auch durch Abrodung durch holzverarbeitende Konzerne (Kapitalismus, Profit usw, wie bekannt) bedroht und auch durch die von der Regierung Mexikos erzwungene Hispanisierung von Verwaltung und Sprache.

tarahumara

Text aus: Claus Deimel : „Tarahumara: Indianer im Norden Mexikos“ (1980) – das beste und leider fast das einzige ernst zu nehmende wissenschaftliche Buch über die Tarahumara.

Die Raramuri sind neben den Seminolen Floridas das einzige Volk Nordamerikas, das nie bezwungen wurde, die Tarahumara haben es sogar geschafft, die Missionierungsversuche sowohl der Jesuiten als auch aktuell der Mennoniten weitgehend abzuwehren. Das ist eine Leistung, die man nur bewundern kann. Die Jesuiten wurden im 17. Jahrhundert erst ignoriert und dann verhauen und fortgejagt oder gar getötet. Wenn ihnen etwas befohlen werde, klagte der Jesuitenpater Neumann 1686, würde die Indianer es extra nicht tun oder genau das Gegenteil. Sympathische Leute also und genau das Gegenteil vom deutschen Nationalcharakter. Rauschdrogen nehmen sie auch sehr gern, eine Peyote-Art, die sie hicoli nennen. Deimel schreibt:
Mit der Gutmütigkeit der Gemeinschaft kann der einzelne nicht lange rechnen. Man erwartet, dass jeder seine Arbeit allein ausführt. Spontane oder unbezahlte Hilfeleistungen sind nicht üblich und gelten gegebenenfalls als unhöflich, weil sie zu ungewollten Gegenleistungen zwingen. Auch Alte tragen schwerste Lasten, ohne daß dabeistehende Jugendliche ihnen zu Hilfe kommen. (…) Mann und Frau behalten jeder das Verfügungsrecht über ihr mitgebrachtes Erbe. Handel unter den Tarahumaras dauert deshalb so lange, weil beispielsweise ein Mann in der Regel nichts aus dem gemeinsamen Besitz verkauft, ohne seine Frau vorher zu fragen.

Man sieht, welche Vorteile es hat, wenn das Christentum niemals viel zu melden hatte. Die Tarahumaras sind dafür bekannt, dass sie ihre Kinder nie schlagen. Häuptlinge gibt es auch nicht, sie kennen noch nicht einmal ein Wort dafür: „Von einem gebietenden Herrn haben die Tarahumaras keinen Begriff“, schreibt ein katholischer Pfaffe 1791 missmutig. Das einzige „Amt“, das die Tarahumara zu vergeben haben, ist eine Art Redner – der „Stabträger“ – bei jährlichen rituellen Trinkgemeinschaften („tesgüinada“ – ein Maisbier) – und das will niemand gern haben, weil es dazu verpflichtet, die gleichen Geschichten im Wortlaut zu erzählen, die allen schon immer erzählt wurden. Die Missionare waren über die Sitten und Gebräuche entsetzt: „Mehr oder weniger alle Teilnehmer einer tesgüinada nehmen an diesen schauspielerischen Formen des Geschlechtsverkehrs teil.“

Die Tarahumara haben mit Fremden, die sie chavochi nennen, fast nur schlechte Erfahrungen gemacht. Touristen interessieren sie nicht.

Der Zug hatte 1982 an mehreren Bahnhöfen lange Aufenthalte, einmal sogar einen ganzen Tag, daher könnte ich mich ausgiebig in den kleinen Siedlungen an der Bahnstrecke umsehen. Das Foto mit den drei Tarahumara habe ich in Creel gemacht, das damals noch ein winziges Nest war.

Und nun zu etwas ganz anderem, der Barranca (spanisch für Schlucht oder Canyon) del Cobre. Hm, nun ja, die ist sehr schön, wie die Fotos zeigen. El condor no pasa, weil er fast ausgestorben ist. Mehr weiß ich dazu nicht zu sagen.

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Heuchler

Dieselben Journalisten, die sich darüber aufregen, dass das Berliner LKA vielleicht einen Mord unter Rockern hätte verhindern können (Unschuldsvermutung!?), zitieren den Verfassungsschutz immer noch als seriöse Quelle für „Extremismus“, „Islamismus“ usw.. Das nenne ich eine Frechheit und Heuchelei.

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1979, Stammheim und andere strafbewehrte fahrlässige Veröffentlichungen

stammheim

Wie ich neulich schon schrieb: Ergänzend zu Austs Der Baader-Meinhof-Komplex habe ich jetzt Oliver Tolmeins: RAF – Das war für uns Befreiung: Ein Gespräch mit Irmgard Möller über bewaffneten Kampf, Knast und die Linke gelesen. Es hat mir etwas gebracht, obwohl ich das gar nicht erwartet hatte; ich behaupte sogar, das Buch gehört zum Kanon der gebildeten und historisch bewussten Linken. Ich muss zugeben, dass ich jetzt keine Meinung mehr dazu habe, was in der Todesnach von Stammheim wirklich geschehen ist – zu viele Variablen. Ich traue allen – beiden Seiten – alles zu. Wir werden die Wahrheit vermutlich nie erfahren.

1979 nahmen die USA und die Volksrepublik China diplomatische Beziehungen auf.

Der Schah von Persien verließ sein Land. Die fundamentalische Opposition unter dem aus dem Exil heimgekehrten Ayatollah Chomeini übernahm die Macht und gründete einen anfangs begeistern, weil, so ihre Hoffnung, von den Mullahs statt des verhaßten Marxismus eine Alternative zum westlichen Fortschrittsmodell entwickelt wurde. 1980 kam es zwischen dem Iran und dem Irak zum 1. Goldkrieg.

1979 siegte sandinistische Revolution in Nicaragua. Am 24. Dezember 1979 intervenierten sowjetische Truppen in Afghanistan, um den ehemaligen Sozialisten Hafiz Allah Amin, der ein zunehmend terroristisches Regime etablierte und Kontakte zu den USA und Pakistan knüpfte, zu entmachten und eine sozialistische Regierung unter Babrak kamal zu stützen.

In Europa standen die Zeichen auf Eskalation der Nato beschloß 1979 die sogenannte Nachrüstung, die Stationierung atomarer Marschflugkörper und Mittelstreckenraketen. Die BRD und die USA schlossen das für den Kriegsfall gedachte „Wartime Host Nation Support-Abkommen, das später für Interventionen der USA und der Nato im Nahen und Mittleren Osten Bedeutung bekam. (Tolmein, S. 158)

Wo war ich? Ich hatte gerade mein Studium und die Examen abgeschlossen und flog am 18.09.1979 von Berlin nach New York und von dort aus über Mittel- nach Südamerika, wo ich mehr als ein halbes Jahr umherreiste.

Ich kenne heute Leute, die 1979 noch gar nicht geboren waren. Wissen die von den Ereignissen, und was bedeuten die ihnen?

Ich habe jetzt angefangen, das Buch Pieter Bakker Schuts Stammheim – Der Prozess gegen die Rote Armee Fraktion: Die notwendige Korrektur der herrschenden Meinung zu lesen. Warum? das Buch wurde nach seinem Erscheinen von allen Mainstream-Medien totgeschwiegen. Der „Spiegel“ beschloß, es nicht vorzustellen, der „Stern“ – damals ein wichtiges Medium – lehnte eine Besprechung ab. Das änderte sich erst später:

Am 18. August 1987 wurde auf Antrag des Generalbundesanwalts bestimmt, das Buch und „die zur Herstellung des Druckwerkes gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen zu beschlagnahmen. Der Generalbundesanwalt hatte ein Ermittlungsverfahren gegen Peter H. Bakker Schut und den Neuen Malik Verlag nach § 129a, Abs. 3 StGB eingeleitet. Im September folgte die größte Durchsuchungsaktion, die der westdeutsche Buchhandel nach dem Kriege erlebt hatte. Setzerei und Druckerei wurden durchsucht und mit Hilfe der in der Verlagsauslieferung aufgefundenen Rechnungsunterlagen wurden in über 300 Buchhandlungen ca. 3.000 Exemplare des Titels beschlagnahmt.

Ach? Wovor hatten die so eine große Angst? By the way: Natürlich gab und gibt es politische Zensur in Deutschland. Und den leider schon vor mehr als einem Jahrzehnt gestorbenen Pieter Bakker Schut halte ich für einen großartigen Typen. Nur damit ihr vor lauter Paddelbildern nicht vergesst, bei wem ihr hier mitlest….

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Iran und Israel usw.

Wer hat recht, Rainer Trampert oder Hermann L. Gremliza?

Ich habe keine Zeit, das zu kommentieren, weil ich arbeiten muss. Will ich aber nachholen. Ansonsten: Keep on Förmchenweitwerfen im Sandkasten.

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