Pirate’s Bay

pirate's bay

Das Foto habe ich 1982 in Charlotteville an der Man-O-War-Bay auf Tobago (Republic of Trinidad and Tobago, Kleine Antillen) gemacht – der idyllischste Ort, in dem ich jemals war. Hotels gab es dort nicht, und alle Strände waren leer.

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Havanna, revisited

havanna

Irgendeine Straße in der Altstadt von Havanna, fotografiert 1984. Das ist das letzte Foto (Dia) aus Kuba, das ich noch nicht veröffentlicht habe.

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Schweinewetter oder: Danke, BVG-Bus!

lynarstrasse

Vom Grunewald nach Neukölln – die Strecke wäre ich bei dem Schweinewetter ungern mit dem Fahrrad gefahren.

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Wan Tan

wantan-suppe

Die besten Wantan-Suppe, die ich jemals gegessen habe – im Vietbowl am Böhmischen Platz in Rixdorf. Ist ein Hauptgericht.

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Innenpolitischer Wetterwinkel

schützinger bürgerkrieg

Ich habe mir aus Gründen der Familien-Recherche ein antiquarisches und höchst interessantes Bändchen zugelegt, bei dem mich eine Seite ungefähr einen Euro gekostet hat: Herrmann Schützingers „Bürgerkrieg“ (weder auf Amazon noch Ebay noch im Zentralen Verzeichnis antiquarischer Bücher erhältlich), erschienen 1924 im Verlag Ernst Oldenburg, Leipzig, 64 Seiten mitsamt Karten. Im ersten Band von Erhard Lucas‘ Märzrevolution fand ich den Hinweis:
Der Verfasser war höherer Polizeioffizier in der Staatlichen preußischen Polizei. Sein Ziel ist: es, die richtige Strategie und Taktik bei der Bekämpfung von Aufständen, sei es von links oder von rechts, zu entwickeln. Für Schützinger ist es selbstverständlich, daß nicht nur die Polizei, sondern auch das Militär im Innern zur „Erhaltung das Staates“, der „demokratischen Republik“ eingesetz wird. Wichtig ist ihm die Frage, nach welchen Grundsätzen der Einsatz erfolgt, und seine Stellungnahme geht dahin, daß das nicht die Grundsätze des Militärs sein dürfen, die auf Vernichtung des Gegners zielen, sondern „die Polizei-Technik und -Taktik“. Bei Aufständen von links zum Beispiel, argumentiert Schützinger, ist es keine Kunst, militärisch gegen die rebellierenden Arbeiter vorzugehen; das Ergebnis wird sein, daß sie erst recht ins Lager der Kommunisten („kleine Clique von Narren und Desperados“) getrieben werden. „Viel höher steht uns jedoch das Ziel, den Brandherd eines rebellierenden Industriegebietes zu löschen durch die gefühlsmäßige und tatsächliche Trennung der staatstreuen Arbeiterschaft von den antirepublikanischen Kampfgruppen und die Bändigung dieser aktivistischen Reste durch Isolierung und möglichst unblutige Beugung unter Recht und Gesetz.“

Diese Ausführungen, die Verfeinerung der alten „Rädelsführer“-Theorie, sind sozusagen die Anfänge der Polizeipsychologie in Deutschland. Dabei ist es interessant zu sehen, wie die eigentlichen politischen Fragen zu Fragen der psychologisch geschichten Behandlung der Massen werden. Am Beispiel des Arbeiteraufstands von 1920 an der Ruhr (nach Schützinger der bisher einzige Arbeiteraufstand in Deutschland, der bis zum höchaten Stadium kam, nämlich zur Bildung einer geschlossenen Front gegenüber Militär und Polizei): hier seien, so Schützinger, von der militärischen Führung „Fehler“ und „Dummheiten“ gemacht worden, z. B. als der Vormarsch ins Ruhrgebiet vor den vertraglich festgesetzten Terminen begonnen wurde, als Standgerichte eingesetzt wurden, oder auch als zu Beginn des Aufstandes Truppen unter der alten Flagge der Monarchie ins Aufstandsgebiet einmarschierten. Solche „Fehler“ und „Dummheiten“ sollen künftig durch „staatsbürgerliche“ Erziehung von Polizei und Militär vermieden werden.

In gewisser Weise kann Schützinger als Sprachrohr seines obersten Vorgesetzten verstanden werden, eines führenden Sozialdemokraten, der 1919 von den beiden Regierungen des Reiches und des Landes Preußen als politischer Kommissar ins Ruhrgebiet entsandt wurde, und der dann selbst ab 1920 als preußischer Innenminister die von Schützinger formulierten Grundsätze in der staatlichen Polizei praktisch durchsetzte: Carl Severing. 1927 veröffentlichte Severing seine Erinnerungen an seine Tätigkeit im Ruhrgebiet unter dem Titel 1919/1920 im Wetter- und Watterwinkel. Als innenpolitischer „Wetterwinkel“ galt das Ruhrgebiet wegen seiner starken sozialen Gegensätze seit langem; Watter war, der Name des seit Januar 1919 amtierenden Oberbefehlshabers der in Rheinland und Westfalen stehenden Truppen mit dem Sitz in Münster.

Schützinger beschäftigt sich auch damit, wie ein Aufstand von Rechts, den er für gefährlicher hielt, bekämpft werden könne und müssen. Interessant ist sein Blick auf die Perspektive: Heute würden bürgerliche Historiker nicht von einem Bürgerkrieg reden, sondern von Aufständen, was die Sache gleich entpolitisiert und die Aufständischen zu Illegalen, ja zu Terroristen macht.

schützinger bürgerkrieg

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Mörderisches System

„Eine konstruierte Vergewaltigung und manipulierte Beweise in Schweden, Druck von Grossbritannien, das Verfahren nicht einzustellen, befangene Richter, Inhaftierung, psychologische Folter – und bald die Auslieferung an die USA mit Aussicht auf 175 Jahre Haft, weil er Kriegsverbrechen aufdeckte: Erstmals spricht der Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, über die brisanten Erkenntnisse seiner Untersuchung im Fall von Wikileaks-Gründer Julian Assange.“

Fefe dazu: „Assange hat sich mehrfach bei den schwedischen Behörden gemeldet, weil er zu den Vorwürfen Stellung nehmen wollte. Die Behörden wiegelten ab. (…) Nach Aussagen der betroffenen Frau selber hat es nie eine Vergewaltigung gegeben. Und nicht nur das: Die Aussage dieser Frau wurde im Nachhinein ohne ihre Mitwirkung von der Stockholmer Polizei umgeschrieben, um irgendwie einen Vergewaltigungs­verdacht herbeibiegen zu können.“

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Klassenkampf oder: Was macht eigentlich das Proletariat?

gendersprache
Auf jeden Fall beschäftigt sich die Arbeiterklasse nicht mit diesem Quatsch, mit dem die reaktionären marginalisierten Intellektuellen ihre bedauernswerten Mitstudenten behelligen.

Die Gewerkschaft IG Metall will offenbar jetzt ganz auf den Klassenkampf verzichten und stattdessen und faselt etwas von „Fairness“. Unfassbar!
Ziel ist es, dass die Arbeitgeber gemeinsam mit der IG Metall die Zukunft der Beschäftigten sichern, indem sie auf Personalabbau, Ausgliederungen, Standortschließungen und Verlagerungen verzichten.

Wer schon „Arbeitergeber“ sagt, hat den Schuss nicht gehört. Zu diesem Neusprech Friedrich Engels: Es konnte mir nicht in den Sinn kommen, in das ,Kapital’ den landläufigen Jargon einzuführen, in welchem deutsche Ökonomen sich auszudrücken pflegen, jenes Kauderwelsch, worin z.B. derjenige, der sich für bare Zahlung von andern ihre Arbeit geben läßt, der Arbeitgeber heißt, und Arbeitnehmer derjenige, dessen Arbeit ihm für Lohn abgenommen wird.

Die Funktionäre der IG Metall nenne ich elende Arbeiterverräter. Aber das ist in Deutschland nicht neu: Der Wolf plan jetzt auch eine strategische Partnerschaft mit den Schafen und Schäferhunden, damit es allen besser gehe. Nehmt euch ein Beispiel an den türkischen Metallarbeitern!

Der Streik bei der Eurobahn wurde „nach wochenlangem Arbeitskampf“ beendet: Die Streikenden bekommen mehr Geld. Geht doch!

In Frankreich streiken sie immer noch militant gegen die Rentenreform; da werden immer sechsstellige Zahlen genannt.
Am Freitag hatten einige Dutzend Reformgegner stundenlang das Louvremuseum blockiert, andere waren in die Geschäftsräume von Frankreichs größter und reformbereiter Gewerkschaft CFDT eingedrungen und hatten auch dort für Krawall gesorgt. Sabotage an der Stromversorgung gehörte schon zu Beginn der Streiks zum Repertoire der radikalen Gewerkschaften.
Eine solche Militanz ist hierzulande kaum noch bekannt. Warum eigentlich? Weil „radikal“ kein Kompliment, sondern ein Schimpfwort ist? Die Franzosen haben auch mehr Fantasie.

Im Norden streiken die Busfahrer, leider nur einen Tag – das tut doch keinem weh! In Lübeck blieben auch die Fähren im Hafen. In Kiel wird der Arbeitskampf noch ausgeweitet.

In Mecklenburg-Vorpommern gab es Streikbrecher. Schade, dass Sylvester Stallone nicht da war.

Auch im Südwesten streiken Busfahrer und andere Angestellten der jeweiligen Verkehrsbetriebe. „Die hohe Beteiligung hat uns selbst überrascht“, sagt ein Gewerkschafts-funktionär.“ Dann hatte er sein Ohr nicht an dem des Proletariats, was seine Aufgabe wäre, sondern hat sich nur den Hintern breitgesessen.

Schon Mitte Januar stimmten die Angestellten der Ameos-Kliniken ins Sachsen-Anhalt darüber ab ob wie streiken wollen. Jetzt streiken Ärzte und Pfleger unbefristet“ Gut so! Das erste Bauernopfer musste schon gehen.
Denkbar in Berlin? Nein. Da gibt es nur zahme Warnstreiks, bei denen nette Leute ein bisschen mit Winkelementen hantieren. In Kiel könnte das auch anders laufen.

Im Baskenland streiken Hunderttausende – Generalstreik! Ist in Deutschland sogar verboten. Deswegen müssen die hiesigen Medien nicht berichten – man könnte auf dumme Gedanken kommen.

In Costa Rica wird das Streikrecht eingeschränkt. Mal sehen, ob die damit durchkommen.
Shirley Díaz Mejía von der Partei der Christsozialen Union (Partido Unidad Socialcristiana, PUSC) kritisierte, dass „das Projekt die Arbeiter in eine unvorteilhafte Position bringt“, wenn es um die Verteidigung ihrer Rechte gehe. Während der Parlamentsabstimmung mobilisierten Gewerkschaften unter dem Slogan „Mit Gesetz oder ohne, Streik bleibt Streik“ zu einer Demonstration.

Arbeiter! In deutschen Mainstream-Medien würde das wegen der freiwilligen ideologischen Selbstzensur umformuliert in „Arbeitnehmer“. Und was wilde Streiks sind, wenn die Gewerkschafts-Funktionäre wieder mal vor dem Kapital kuschen, hat man in Deutschland auch vergessen. Wikipedia: „Ein Streik, der ohne vorherigen Aufruf durch die Gewerkschaft erfolgt, ist nach geltender deutscher Rechtsauffassung rechtswidrig, da er von keiner tariffähigen Partei geführt wird.“

Hatte ich hier schon den Begriff Klassenjustiz erwähnt?

Das nur, weil immer wieder leise Stimmen aus dem Publikum zu hören sind, Arbeiter bzw. deren Klasse gebe es nicht mehr. Schon klar, wenn die Kämpfe in den jeweiligen Lokalteilen der Medien verschwinden…

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Copacabana, aber nicht der Strand

copacabana

Copacabana in Bolivien (1984). Hinter dem Cerro Calvario und der Stadt liegt der Titicaca-See. Auf Aymara heisst Titicaca „grauner Puma“. Der Ort Copacabana war damals ein verschlafenes Nest, nur zu Ostern trafen zahllose Pilger ein.

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Ein Ultimatum

Der einzige einigermaßen vernünftige Kommentar in den deutschen Medien zu Trumps „Deal des Jahrhunderts“ stammt von Alan Posener auf Welt online: „Kein israelischer Ministerpräsident und kein US-Präsident wird hinter Trumps Plan zurückgehen können. Die Europäer täten gut daran, ihn zu unterstützen – weil er das offen ausspricht, was jeder Realpolitiker hinter vorgehaltener Hand seit Jahren sagt.“

Natürlich weiß jeder, dass die korrupte Bande, die sich „Führer“ der „Palästinenser“ nennt, alles ablehnen wird. Das ist doch geschickt eingefädelt. Die Regierung Israels hat dann später freie Hand.

Die Araber aus Palästina, die keine israelischen Staatsangehörige sein wollen, werden alles verlieren – oder sie revoltieren gegen ihre eigene Herrschenden, die Hamas und die Fatah. Für Trump ist das eine Win-Win-Situation.

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Unberechtigter Zugriff erlaubt

Datenreichtum beim Klinikkonzern Vivantes:
Dennoch ist bei einem Einbruch am 19./20. November 2019 aus einem verschlossenen Dienstraum der Klinik für Urologie im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum eine externe Festplatte gestohlen worden. Diese war zwar mit einem Passwort gegen unberechtigten Zugriff geschützt,… (….) Es handele sich meist um Identitätsdaten (Name, Adresse, Geburtsdatum), zum Teil aber auch um Informationen zu Diagnose und/oder Krankheitsbild. Dieser Vorfall ereignete sich, obwohl die Beschäftigten von Vivantes regelmäßig Schulungen zum Thema Datenschutz und Informationssicherheit erhalten.

Ich möchte gar nicht wissen, wie diese „Schulungen“ aussehen – vermutlich durch hausinternes Personal. Das Berliner Kammergericht lässt von ferne grüßen.

Mit einem Passwort schützen – das ist doch lächerlich. So etwas macht man mit Veracrypt oder verschlüsselt die Daten.

Zum Thema ein Kommentar bei Heise: „Ich würde vermuten das in vielen Firmen die dem zum Opfer fallen, die Admins vielleicht doch nicht schuldig sind, sondern mit Absicht die Systeme nicht sicher Konfigurieren durften. Klingt bescheuert, aber so ist doch die deutsche IT Realität.“

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Zone Blanche

black spot

Allerwärmste Empfehlung: Black Spot, eine französisch-belgische Produktion auf Netflix.

Wer mehr US-amerikanische und russische Serien gewohnt ist (wie ich), empfindet französisches Kino als wohltuend intelligent (vgl. Ad Vitam). Das Niveau könnte nur durch südkoreanische oder japanische Filme übertroffen werden – die überfordern den durchschnittlichen Europäer aber meistens (vgl. Bittersweat Life).

Vor allem die unglaublich überzeugend spielende Suliane Brahim (die ich leider bisher noch gar nicht kannte) macht die Serie zu einem ästhetischen Genuss. Von einem Augenblick zum anderen kann sie nur mit Gesichtsausdruck von einer mittelalterlichen verschlossenen harten Frau zu einem jungen hübschen Mädchen wechseln. Das nenne ich Schauspielern. Große Kunst und großes Kino.

Auch die anderen Rollen sind hervorragend besetzt, vor allem ihr Counterpart, ein gegen alles allergischer Staatsanwalt, dessen sanfte Coolness und nie erlahmende Ausdauer die lethargischen Hinterwäldler zur Raserei bringt.

Zu Beginn wusste ich nicht, was mich erwartet: Nur ein Krimi oder Mystery (igitt) oder gar Horror? Der Wald als prägendes Ambiente ist eigentlich ein typisch deutscher Plot, hier auch in opulenten Bildern düster umgesetzt.

Ich habe mich bisher keine Sekunde gelangweilt: Keine überlangen Dialoge, keine übermäßige Action – trotzdem spannend bis zum Zerreißen. (Ich schaue den in Französisch mit Untertiteln. Mein Schulfranzösisch kommt so langsam wieder zum Vorschein.)

Ich bin immer noch bei der ersten Staffel, aber ich habe den Verdacht, dass die Kommissarin und der Staatsanwalt sich noch näher kommen werden, obwohl es zur Zeit nicht so aussieht.

black spot

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Lonely Girl

chica

Fotografiert 1981 an irgendeiner Bahnstrecke im Norden Mexikos.

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Thank you, you criminals!

Mein Dank geht auch an die Kriminellen im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh..

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Спасибо!

dank der roten armee

Mehr muss man nicht sagen. „Heute vor 75 Jahren, am 27. Januar 1945, befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz. Dank an die Rote Armee! Spasibo!“ (Sevim Dagdelen)

By the: Was machen Journalisten beim Spiegel eigentlich beruflich?

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Pfahlbauten

Torre Latinoamericana

Der Torre Latinoamericana in Mexiko-Stadt, 181,33 Meter hoch, fotografiert am 05.10.1979, heute nicht mehr das höchste Haus des Landes. „Das Gebäude mit einem Gesamtgewicht von 25.000 Tonnen ist auf 361 Pfählen gegründet.“

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Moralisierende Selbstgerechtigkeit und die Religiotisierung

identitaetspolitik

Klaus von Dohnanyi verteidigt in der Süddeutschen Thilo Sarrazin. Der Artikel ist lehrreich, nicht, weil ich mit den Thesen übereinstimmte, sondern weil man die Argumente des politischen Gegners widerlegen sollte, falls es sich nicht um bloße Vorurteile handelt, was in diesem Fall strittig ist, die bekanntlich jeder Vernunft trotzen, ganz gleich, welches Argument man vorbrächte.

Richtig ist, dass der öffentliche Diskurs aka die Mainstream- und die so genannten „sozialen Medien“ nur selten, wenn überhaupt, das Für und Wider abwägen, sondern meistens danach trachten, das nicht Erwünschte in eine Schublade zu packen, womit das Thema zwar nicht vom Tisch, aber erledigt zu sein scheint. Die Berliner Morgenpost zitierte den ehemaligen ARD-Journalisten Joachim Wagner: „Beim Thema Zuwanderung hat unsere Gesellschaft ihre Dialog- und Streitfähigkeit in weiten Teilen verloren. Die Bereitschaft, andere Meinungen überhaupt zu hören, erodiert. Nach einer Allensbach-Umfrage haben ja 71 Prozent der Menschen den Eindruck, man kann sich nur mit Vorsicht zur Flüchtlingsthematik äußern. Das hat zwei Ursachen: Es gibt eine moralisierende Selbstgerechtigkeit auf der links-grünen Seite, aber auch im kirchlichen Milieu – diese dominiert die Debatte in der medialen Öffentlichkeit. Und es gibt die Hetze auf dem rechten Rand. In der Mitte regiert die Sprachlosigkeit, aus Angst in die rechte Ecke gestellt zu werden.“

Was auch immer von solchen Umfragen zu halten sei: „Moralisierende Selbstgerechtigkeit“ beschreibt das, was ich meine korrekt: Politik wird von den Mittelschichten durch Moral ersetzt, bei welchem Thema auch immer – das enthebt einen der unbequemen Frage, ob der Kapitalismus an sich zu kritisieren sei, was zwangweise die Machtfrage auf die Bühne bringt, oder nur seine Auswüchse Risiken und Nebenwirkungen, etwa das Klima, Genderfragen oder das Finanzkapital.

Wagner sagt: „Von allen Migrantengruppen schneiden die Schüler mit türkischem und arabischem Hintergrund nach allen Bildungsvergleichen am schlechtesten ab. Das hängt mit dem sozioökonomischen Status der Bevölkerungsgruppen zusammen, aber auch mit dem teilweise mangelnden Bildungsehrgeiz.“

Ist diese These nun Sarrazinismus? Klaus von Dohnanyi: „Sarrazins Behauptung, dass es besondere, kulturelle Eigenschaften von Volksgruppen gibt, kann heute niemand mehr mit Sachkenntnis bestreiten. Die amerikanische Enzyklopädie der Sozialwissenschaften nennt das social race: „soziale Rasse“. Sarrazin sieht nun bei Teilen islamischer Gruppen eine Ablehnung der Integration und darin Gefahren für unsere Bildungs- und Leistungsgesellschaft.“

Hier geraten wir in die Nähe des reaktionären „Multikulti“-Begriffs des „grünen“ Milieus: „Kultur“ ist nie (in Worten: überhaupt nicht) eine Eigenschaft von Menschen, und schon gar nicht von „Volksgruppen“. Kultur ist immer ein Projekt und kann sich jederzeit ändern. Natürlich gibt es Traditionen und kollektive Gewohnheiten, die sind aber selbst wieder schon das Resultat, warum und wie man sich der Gesellschaft angepasst hat oder nicht.

Race is a “social concept, not a scientific one” claimed geneticist J. Craig Venter following the discovery that humans share 99.9% of the same genetic code irrespective of our skin color.

Das widerlegt IMHO Dohnanyi und Sarrazin sowieso, weil letzterer dumm und biologisch, also rassistisch daherfaselt. Und noch mehr gilt das matürlich für das Konzept der „Rasse“ beim Homo sapiens. (Daraus folgt: „Racism is a Social Product of Race“. Und es wundert überhaut nicht, dass es für den Eintrag Race and society kein deutsches Wikipedia-Pendant gibt.)

Richtig ist, dass große Teile des Einwanderer-Milieus, dazu gehören auch Deutschtürken, sich nicht mit der Gesellschaft, in der sie leben, identifizieren. Warum wählen Deutsche türkischer Herkunft den Diktator Erdogan?

Die Araber“ stimmt vielleicht, wenn man nur die Sprache meint, im Detail wird das aber kompliziert.
Eine Studie hat gezeigt, dass die durchweg höchsten Leistungen im Leseverständnis als auch in naturwissenschaftlichen Kompetenzen die Kinder erreichen, deren beide Eltern in Deutschland geboren wurden. Signifikant niedriger fallen die Leistungen aus, wenn ein Elternteil im Ausland geboren wurde und die niedrigsten Werte haben Kinder, deren beide Eltern nicht in Deutschland geboren wurden (IGLU-Studie). (…) Viele hier lebende „Araber“ sind beispielsweise Kurden, sie kommen zwar möglicherweise aus einem Land, in dem die Amtssprache arabisch ist, ihre eigentliche Muttersprache ist jedoch kurdisch. Auch sind nicht alle Araber Muslime.

In der Neue Zürcher Zeitung argumentiert Kacem El Ghazzali – wohltuend ohne Hyperventilation – unter der Überschrift: „Ich kritisierte den politischen Islam und die Identitätspolitik. Und plötzlich galt ich als «rechts». Warum eigentlich?“

Auch hier schimmert „Multikulti“ durch: Die Verehrung höherer Wesen gilt im grünen Milieu als „Kultur“ und muss deshalb verteidigt werden. Ich erinnere daran, dass Ströbele einen islamischen Feiertag forderte.

Zum Thema muss man nur eine Presseerklärung der Aleviten lesen (nicht mehr online, von 2009): „Die Dominanz und das Selbstbewusstsein, mit dem der politische Islam in Deutschland eine Form der Religiösität in den Mittelpunkt der Gesellschaft rückt, der in seiner Ausprägung mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist, verängstigt nicht nur alevitische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Deutschland zunehmend. (…) Dieses Urteil (das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29.09.2009 (AZ.: VG 3 A 984.07), wonach einem muslimischen Schüler das Recht eingeräumt wurde, einmal täglich sein Gebet in der Schule verrichten zu dürfen) ist die Fortführung einer befremdlichen Tradition der deutschen Justiz. Das betäubungslose Schächten von Tieren, die Teilnahme am Schwimmunterricht im Burkini, Kinder die Jihad heißen sowie Frauen, die mit Verweis auf die Scharia keine Härtefallscheidung von prügelnden muslimischen Ehemännern bekommen. All das hat den Segen der freiheitlich demokratischen Justiz in Deutschland. Dieses Maß an Liberalität bei Entscheidungen deutscher Gerichte in Bezug auf den Islam vermissen wir in Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit z.B. in ausländer- und asylrechtlichen Entscheidungen“.

Wahrscheinlich würden die gefühlten „Linken“, die die Hijabisierung glauben verteidigen zu müssen, auch die Aleviten als „Rechte“ beschimpfen (wenn sie wissen, was Aleviten sind).

Einen hab ich noch. Der Deutschlandfunk zitiert französische Islamwissenschafter (!), darunter den hier oft lobend erwähnten Gilles Kepel.
Gilles Kepel, der schon in den 90er Jahren die Entstehung eines originären Islam in Frankreich diagnostizierte, spricht von einem Kulturkampf, der sich heute in Frankreich abspielt:

„Es ist ein Kulturkampf zwischen denen, die unsere muslimischen Mitbürger mit ihrer salafistischen Vision in Geiselhaft nehmen, eine Vision, die direkt zum Dschihad gegen die Ungläubigen führt – und auf der anderen Seite jenen, die daran glauben, dass es in der französischen Gesellschaft für alle Menschen, unabhängig von ihrem Glauben, den gleichen Platz gibt, nach dem Prinzip der Laizität.“

Darum geht es: Soll der Staat weltlich (laizistisch) sein – oder nicht? Deutschland ist nicht säkular, solange Staat und Kirchen nicht getrennt werden, solange der Staat die Kirchensteuer einzieht, solange Religionsunterrricht in den Schulen stattfindet, solange die Kirchen in Rundfunkräten sitzen und vieles andere mehr.

Sorry, der Text ist viel zu lang, aber mir kam so manches in den Sinn…

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Georgetown, backstage

georgetown guyanageorgetown guyana

Leider weiß ich nicht mehr, wo dieser Markt in Georgetown, Guyana, war – auf jeden Fall nicht weit vom berühmten Staebroek-Market und dem Demarara River. (vgl. „The place for independent, rugged, Indiana Jones types“, 20.10.2012).

Ich war 1980 und 1982 in Guyana. Aus meinem Reisetagebuch 1982:
Staebroek-Markt teuer, dunkel. und eine exostische Mischung aus Schwarzen und Indern. Letztere verkaufen meistens Bildchen, Stoffe und Schmuck. Leider versäumen wir es, die Essbuden im Markt zu testen. (Unser Restaurant vom damals [1980] ist leider abgebrannt.) Rund um das Demicohouse lungern finstere Gestalten herum. Taxifahrer und Besoffene.

Sehenswert die Straßenzeile vor dem Rathaus. In einigen Straßenzügen jedes zweite Haus eine Sekte, Gospelzentrum, Hindus, Buddhistische Meditation, Spiritistische University, Islamic Center, auch ein muslimische Metzger („Become a Muslim now!“)…

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Religioten, aber nicht in Island

Wenn ich auswandern müsste, wäre Island erste Wahl. Iceland declares all religions are mental disorders.

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Error 403

Nein, sehr geehrte Schiedskommission der SPD: Was „rechtens“ ist, bestimmt immer noch die Justiz, nicht eine Partei.

Nicht, dass ich irgendwelche Sympathien für Sarrazin hätte, aber wenn er sich dagegen wehrte, bliebe er Mitglied. Das so genannte „parteischädigende Verhalten“, was ihm vermutlich zum Vorwurf gemacht wird, muss nachgewiesen werden, und da geht es nicht um Gefühle, sondern um nachweisbare Fakten.

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MacGyver: Gebt mir mehr Metall!

Märklin Metallbaukasten

Nein, ich spiele nicht mehr damit, sondern plane, pädagogisch wertvolles Spielzeug – mehrere erworbene antike Märklin-Metallbaukästen – später zu verschenken. Die Elektronik hat mich als Kind nie interessiert, ich habe nur liebend gern mit der Mechanik herumgespielt und Kräne, Bagger, Autos und Schiffe gebaut.

Doch halt! Manche Teile sind auch heute nützlich. Meine Espresso-Kanne passt nicht auf das Gestell meines Gasofens, weil die Stangen zu weit auseinander liegen und die Kanne schlicht durchfällt. Daher habe ich mir eine Apparatur gebaut, die den Mangel beseitigt, aus Teilen meines Metallbaukastens (der IMHO aus den fünfziger Jahren stammt). Der Griff – weil das Metall natürlich heiß wird – ist eine zweckentfremdete Fahrradschelle.

Märklin Metallbaukasten

Die Kästen sind zum Teil in einem desolaten Zustand, viele Teile fehlen oder sind noch zusammengeschraubt und wurden einfach in die Verpackung gekippt, was dazu führt, dass, wenn man nicht höllisch aufpasst, bein Auspacken gefühlt eine Milliarde Schrauben und Muttern sich auf dem Fußboden ungleichmäßig verteilen.

Märklin Metallbaukasten

Ich verstehe nicht, warum man so etwas weggibt. Erstens werden die Metallbaukästen immer wertvoller. Zweitens sind sie die Vorstufe zum Roboterbaukasten, den die Nachgeborenen vermutlich bekommen und nötig haben werden. Drittens schult das Spiel mit den Metallteilen die Feinmotorik und das räumliche Denken. Viertens lernt man Geduld – ich erinnere mich noch daran, wie ich als Kind angesichts der komplizierten Anleitungen manchmal völlig verzweifelt war. Und fünftens macht es Spaß, weil man alles selbst macht und kann. Sechstens lernt man spielerisch, wie Technik funktioniert.

Es darf auch nicht zu kompliziert sein. Heutige Modelle (Link geht zu Amazon) sehen oft hübscher aus. Vermutlich ist das aber einem oder einer Fünf- oder Sechsjährigen nicht so wichtig.

Märklin Metallbaukasten

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