Unter Sektenexperten

Ich werde immer hellhörig, wenn sich alle Medien im Gleichklang befinden (um das hässliche Wort „Gleichschaltung“ zu vermeiden). Hamburg schließt seine Arbeitsgruppe Scientology. Das ist doch eine gute Nachricht: Der Staat hat sich aus Aberglauben, Verehrung höherer („Gott“) und niederer Wesen („L. Ron Hubbard„) herauszuhalten. Jeder Bürger hat das Recht, an Blödsinn zu glauben und anderere damit maßvoll zu belästigen („Mission“).

Was lesen wir aber in deutschen Medien zum Fall der „SektenjägerinUrsula Caberta (Ex-SPD, Ex-WASG)? Sie müsse „aufgeben“, die „abservierte Sektenjägerin“ (taz), ein „Riesenskandal“ (Deutschlandradio),“Empörung bei der SPD und bei den Grünen“ (Süddeutsche). Die üblichen medialen Beissreflexe der Gutmeinenden eben. Das Neue Deutschland: „Die LINKE-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke sieht nach der Entscheidung ‚freie Fahrt für Scientology'“. Ich frage mich,wer hier eigentlich irre ist…

Mir sind Leute, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, etwas mit Furor zu bekämpfen, immer ein Gräuel. Das erinnert mich an Saulus, der zum Paulus geworden und die Elche, deren größten Kritiker früher oder später selber welche waren – oder sind. Die taz schreibt ganz richtig: „Der Ton, in dem Caberta dieses Wissen vortrug, wurde jedoch immer schriller, ihre Auskünfte gingen mehr und mehr in Scientology-Beschimpfungen über.“ Man kann „mutig und ausdauernd“ (Hamburger Abendblatt) auch „verbohrt und fanatisch“ nennen. Wo eigentlich ist da noch der Unterschied zwischen „Jäger“ und „Gejagtem“?

Man muss sich nur Cabertas Amt genauer ansehen: „Die Oberste Landesjugendbehörde, genauer die ‚Oberste Landesjugendbehörde für den Jugendschutz bezüglich neuer und ideologischer Gemeinschaften und Psychogruppen‘, trägt durch Beobachtung und Analyse dieser Gruppierungen zur Aufklärung der Öffentlichkeit über deren Aktivitäten bei.“ Das ist so deutsch, deutscher geht es nicht. Eine unterste Landeserwachsenenbehörde für den Schutz der Rentner vor religiösem Wahn gibt es also nicht.

Caberte hat sich immer für ein Verbot der Psycho-Sekte Scientology ausgesprochen. Damit steht sie in einer Reihe mit ähnlichen Figuren wie Beckstein und anderen deutschen Innenministern: „Einschränkend sagte Körting jedoch, dass es bei dem Beschluss nicht primär um ein Verbot der Organisation gehe. Wichtig seien vor allem Prävention und Aufklärung.“

Zensur kostümiert sich also auch hier als „Jugendschutz“ und „Aufklärung“. Aufklärung bedeutet in Deutschland: Verbot – der Staat bestimmt, was sittlich gefährdet. (By the way: gibt es eigentlich noch die Sittenpolizei? Da würde ich gern mal ein Volontariat machen.) Und das „Propagandaministerium“ heisst natürlich „Ministerium für Wahrheit“ und „Krieg“ heißt „Friedenserzwingung“. Kennen wir alles schon.




Virtuelle Streifenfahrt in aller Seelenruhe und unter aller Sau

Polizeistreife

Man muss Udo Vetter recht geben, wenn er im Lawblog schreibt: „Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt ist immer für einen Knaller gut.“ Der hat in der FAZ (Sonntagsausgabe) ein Wort zum Sonntag gesagt: „Bei der Polizei wird die Entwicklung mit Sorge gesehen. ‚Durch den neuen Internetdienst können Kriminelle die Objekte in aller Seelenruhe betrachten. Sie können sehen: Wie ist das Haus gesichert?'“ sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt der F.A.S. Gleichzeitig hegt er Zweifel, ob die neuen Möglichkeiten umgekehrt auch von der Polizei genutzt werden können: ‚Es ist rechtlich unklar, ob eine virtuelle Streifenfahrt möglich ist.'“ (Zeichensetzung im Original)

Da können wir doch helfen. Ja, eine virtuelle Streifenfahrt ist möglich, rechtlich oder unrechtlich, ganz egal! Dieser Avatar hier fährt gerade Streife auf der Straße vor der Marienkirche am Alexanderplatz in Berlin. Die Version Berlin 2.0 ist, wie gewohnt, menschen- bzw. avatarleer. Die pöhsen Kriminellen, Pädophilen und Internet-Bombenbastler könnte man also schon von weitem sehen. Nur die Farbe des Polizeiautos lässt zu wünschen übrig. Dafür hat es aber einen aufmontiertes Maschinengewehr. (Hoffentlich kommt Herr Wendt dabei nicht auf dumme Gedanken… „Polizeigewerkschaft fordert bessere Ausstattung der virtuellen Streifenwagen.“)

Udo Vetter schreibt: „Immerhin ist der bloße Gedanke, Polizeistreifen könnten auf Google Street View Sinn machen, ähnlich belämmert wie die Hoffnung des deutschen Eigenheimbesitzers, der neue Dienst von Google sei ein Fernwartungstool für Immobilien oder mache langfristig gar den Babysitter überflüssig.“ Nun, ob etwas belämmert, bescheuert oder total irre ist, hat weder einen Politiker noch einen Polizeigewerkschaftsfunktionär noch einen Zensur-Lobbyisten noch einen Jugendschutzwart jemals daran gehindert, das zu sagen bzw. zu fordern.

Das erinnert mich an einen schönen Satz Oskar Negts im aktuellen Spiegel: „Es kommt zu einer unmerklichen, aber folgenreichen Wirklichkeitsspaltung: Die subjektiven Orientierungen des Menschen und das öffentliche System der staatlichen Institutionen driften auseinander.“ Das Beispiel passt nicht so ganz, aber von zwei unterschiedlichen und nicht kompatibel „Wirklichkeiten“ kann man schon reden – von der Realität der Internet-Ausdrucker und -Exorzisten und die der anderen, die wissen, worum es geht. Ein gemeinsames Gespräch scheint nicht mehr möglich.

Wenn man sich den – auch aus technischer Sicht – groben Unfug der FAZ zum Thema Internet-Zensur (die nennen das bekanntlich anders) anschaut, gruselt es einen. Da lässt sich jemand von einigen BKA-Lobbyisten briefen und gibt das als „Journalismus“ aus. Das suggestive Meinen, Wünschen und Wollen quillt zwischen den Zeilen hervor wie breit getretener Quark zwischen den Zehen:

„So sei es oft schwierig, den Provider überhaupt ausfindig zu machen. Viele Adressen seien untervermietet oder würden ins Ausland umgeleitet. Dabei ist Amerika das wichtigste Pflaster für die Kinderporno-Mafia. Dort findet sich gut die Hälfte aller entdeckten Internetseiten. Das ganze Ausmaß der Kinderpornographie im Netz ist aber unbekannt.“ Aha. Noch mal langsam zum Mitschreiben: Wer vermietet wem unter und sagt es nicht weiter? Die gesetzliche Grundlage, was child porn sei, ist also in den USA identisch mit der in Deutschland? Und man weiß eigentlich gar nicht, wieviele angebliche Kipo-Websites es gibt? Vielleicht viel weniger, als die Zensur-Lobby und die Jugendschutzwarte behaupten? So hatte ich mir das gedacht. Welch ein Gefasel, Kollege Tomik! Das ist, um es schweinisch zu sagen, unter aller Sau.

„Deshalb hält das BKA Internetsperren weiterhin für nötig. Selbst wenn sich die Websites innerhalb von vielleicht zwei Wochen aus dem Netz nehmen lassen, sagen BKA-Mitarbeiter“. Ach ja? Das sagen sie, so ganz an der Pressestelle des BKA vorbei. Haben die auch einen Namen und eine Funktion? Oder kennt man nur deren Decknamen, wenn sie, den Schlapphut ins Gesicht gezogen, bei der FAZ vorbeischauen, um ihre neueste Agitprop für Internet-Zensur ungefiltert ins Blatt zu hieven? Pfui Teufel.




Journalismus vorgegaukelt

Jetzt werden sie wieder hypen und geifern. Spiegel offline hat das Titel-Stöckchen gehoben, über das alle mit Schaum vor dem Mund hüpfen werden: „Erfolge im Kampf gegen Kinderpornos vorgegaukelt“. Die Original-Meldung ist weniger hysterisch: „Löschen dauert lange“.

Wenn man sich vor Augen führen will, was unter „Qualitätsjournalismus“ in Deutschland verstanden wird, muss man immer wieder dieses Thema bemühen. Zwei Lobby- und Pressure-Groups werden im Artikel bei Spiegel Offline genannt – der Verband der deutschen Internetwirtschaft (Eco) und Inhope, der „internationalen Dachverband der Beschwerdehotlines“. Ein Journalist würde vielleicht auf die Idee kommen, die Leser zu informieren, wer mit welchen Interessen hinter diesen Gruppen steht, damit der mündige Bürger die jeweiligen PR-Meldungen einordnen kann. Ich habe am 31. Juli 2006 über Inhope geschrieben:

Typisch deutsch ist die Internet-Beschwerdestelle. (So etwas gibt es wirklich!) „Über uns: Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco und die Freiwillige Selbstkontrolle Multimediadiensteanbieter FSM betreiben seit Jahren Hotlines zur Entgegennahme von Beschwerden über illegale und schädigende Internetinhalte.“ (…) Die Mutter aller Beschwerdestellen arbeitet, wer hätte das gedacht, mit Inhope zusammen – und dort finden wir natürlich jugendschutz.net. Die üblichen verdächtigen Lobbyisten also, die Zensur und Filter befürworten. Thomas Rickert, der verantwortlich ist für den Inhalt der „Internet-Beschwerdestelle“, ist auch Präsident von „Inhope“. „Rickert leitet die ECO-Internet Content Task Force, eine deutsche Hotline, die im Rahmen von INHOPE gegen illegale Internetinhalte kämpft.“ Bruhahaha. So etwas nennt man unter Luhmännern „selbstreferenzielles System“.

Diese Gruppen verbreiten allesamt heiße Luft, darüber dürfte unter aufgeklärten Menschen kein Zweifel bestehen. „Eine Kontrolle von Internetinhalten ist kaum möglich, weil sich Inhalte im Internet ständig ändern. (..) Sofern es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor illegalen und schädigenden Inhalten geht, so empfiehlt sich auch der Einsatz von Filterprogrammen“, sagt Rickert.

Darum geht es aber nicht, sondern um Moraltheologie, weil man bei Spiegel Offline und anderen Medien weiß: Bei dem Thema hört niemand genau hin. Es heisst nur: „Kopf ab zum Gebet“. Das mediale Rauschen um die Operation Heiße Luft wurde nicht zuletzt von Spiegel offline befächert – und selbstredend nicht korrigiert. Die krude „Mixtur aus Halbwahrheiten, urbanen Märchen und glatten Falschmeldungen“ kann man immer noch unkommentiert einsehen. Regret the error? Nicht in deutschen Mainstream-Medien. Wo kämen wird denn da hin.

Warum finden sind kein Wort über die Tatsache, dass es in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche gesetzliche Grundlagen im Kampf gegen Kinderpornografie gibt, dass also sich immer noch einige Länder weigern, am klostertauglichen deutschen Wesen zu genesen? Die Rechtsprechung in den USA ist anders, deswegen geht man dort gegen bestimmte Inhalte, die nur in Deutschland strafbar wären, gar nicht vor. Wer das verschweigt, ist kein Journalist, sondern ein Lobbyist der profit-orientierten Zensur-Mafia.

Wikipedia darf das noch schreiben: „Manche Sexualforscher vermuten in der aggressiven Gesetzgebung gegen Kinderpornografie den Versuch sexualfeindlicher, moralkonservativer Gruppen, Pornografie allgemein zu kriminalisieren. Da dies aber wegen des politischen Klimas in westlichen Staaten oftmals nicht möglich sei, würden stattdessen Gesetze gegen Kinderpornografie forciert, die auf eine Weise geschrieben werden können, die nicht nur Kinderpornografie, sondern auch viele andere Medien mit pornografischem Inhalt, oder bloßer Nacktheit, kriminalisieren.“ Diese Wissenschafter würden in Deutschland nicht ohne Polizeischutz in eine Talkshow gelassen.

„Die FDP hatte sich gegen die Zensurliste vom BKA ausgesprochen, ebenso wie die Grünen, die Linke und ein breites Bündnis aus der Zivilgesellschaft (…) Derzeit deutet viel darauf hin, dass die Hardliner in der CDU sich durchsetzen und das Sperrgesetz doch noch angewendet wird.“

Haaaaalt! Das ist jetzt kein Journalismus, Spiegel offline. Der Papst, Käßmann, die Taliban, die Zeugen Jehovas und Opus Dei sprechen sind dafür aus, dass es höhere Wesen gebe, deren Zorn man durch ritualisiertes Verhalten besänftigen müsse. Dieser „Gottesbezug“ müsse den Nicht-Gläubigen aufgezwungen werden. Georg Christoph Lichtenberg, Immanual Kant, Ludwig Feuerbach, Karl Marx, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud, Fjodor Michailowitsch Dostojewski und Charles Darwin und noch ein paar andere Personen, deren Intelligenzquotient die durchschnittliche Zimmertemperatur übersteigt, hatten sich gegen die Existenz höherer Wesen ausgesprochen. Derzeit deutet viel darauf hin, dass die Verfechter frommer Legenden und des dummdreisten Aberglaubens sich durchsetzen. Das wäre doch eine Nonsens-Meldung, gelle? Die deutsche Journaille hat also gar keine Meinung, sondern denkt, die These, die Erde sei eine Scheibe, müsse gleichberechtigt neben den Erkenntnissen der aktuellen Astrophysik stehen?

Die „Diskussion“ für und wider Zensur, die sich als „Kampf gegen Kinderpornografie“ kostümiert, ist kein Streit zwischen Meinungen, sondern der zwischen Unfug und Vernunft, zwischen abergläubischem Regenzauber und rationalen Argumenten, zwischen hysterischem Exorzismus und kritischem Denken. Da darf man als Journalist durchaus etwas meinen.




Blackbarry-Sperre in Deutschland

Deutschland und der Blackbarry-Hersteller RAM sollen sich im Prinzip einig sein, wie die Blockade bestimmter Handydienste vermieden werden kann. Aus Berliner Regierungskreisen heißt es, das Unternehmen werde einen Server im Land installieren und damit eine staatliche Datenüberwachung ermöglichen.

Hamburg – Die gemeinsame Kommunikation ist noch verbesserungswürdig. Aus Kreisen der Bundesinternetzagentur, der staatlichen Aufsichtsbehörde für Zensur und Telekommunikation Deutschlands, verlautete am Samstag, der italienische Smartphone-Hersteller Research and Motion (RAM) stehe kurz vor einer Einigung mit den deutschen Sicherheitsbehörden.

Deutschland hatte im Hinblick auf die Sicherheitsstandards von Blackbarry Bedenken angemeldet. Dabei geht es vor allem um Internetfunktionen wie Messenger und E-Mail. Weil die Daten verschlüsselt übertragen und über Server im Ausland versendet werden, ist die Kommunikation mit den Geräten der staatlichen Kontrolle weitgehend entzogen. Deutschland fürchtet nach eigener Aussage, dass die Dienste von Extremisten, Internet-Bombenbauern und Pädophilen genutzt werden könnten, um ungestört zu kommunizieren.

Laut einem Bericht des TV-Senders WNDR vom Samstag sollen die Behörden künftig bedingt Einblicke in die versandten Daten erhalten und sich dabei an den Datenschutzrichtlinien Googles orientieren. RAM beabsichtigte, einen Server in Deutschland zu installieren, sagte ein Vertreter des Bundestagsausschusses für Kommunikation und Informationstechnologie, Christian Schwarz-Schilling. Dies ermögliche dem BND, dem BKA, dem Verfassungsschutz und den befreundeten Geheimdiensten der Europäischen Union und in den USA, mit denen man vertrauensvoll zusammenarbeite, den Datenverkehr zu überwachen, etwa bei der Terrorfahndung.

Offiziell ist die Vereinbarung noch nicht, auch von Seiten der Firma RAM äußerte sich zunächst niemand zum Stand der Verhandlungen.

Wer einen Blackbarry nutzt, dessen Mails und Telefonate werden auf dem Gerät verschlüsselt und dann über die in Italien stehenden Server von RAM weitergeleitet. Daher gelten sie als relativ abhörsicher, was jedoch verschiedenen Ländern nicht passt. Könnten doch, so die Argumentation, sich Kriminelle, Kinderschänder und Terroristen der Geräte bedienen, um sich einer Verfolgung zu entziehen. Neben Deutschland haben daher wohl auch China, die Vereinigten Arabischen Emirate, Libanon, Algerien, Saudi-Arabien, Lybien, Nordkorea und Russland angedroht, Blackbarrys zu sperren, sollte RAM sich nicht ausspähen lassen.




Konkret gesagt: medialer Kindersex

Ich finde meine politische Meinung nur in zwei Holzmedien wieder, und nur das letztere lese ich auf Papier regelmäßig. Das erste ist die Jungle World und das zweite Medium ist die konkret (deren Internet-Auftritt kann man getrost vergessen, der ist nur peinlich).

Schon in der Einleitung der August-konkret habe ich mich festgelesen und köstlich amüsiert. Eine Redakteurin des „politischen Radio-Feuilleton des WDR“ erkühnt sich, bei Gremliza anzufragen, ob ein Gespräch über (sinngemäß) „Israel als Hemmschuh für Obamas Politik“ möglich sei. „…sollten wir in einem Vorgespräch miteinander reden.“

Wenn man Gremliza kennt, ahnt man schon, was kommt. Ihm gefällt das Thema. „Ich sehe aber nicht ein, was es da zuvor zu besprechen gäbe.“ Das hätte ich selbstverständlich auch geantwortet. Entweder wollen die einen einladen – oder eben nicht. Absprachen, was zu sagen wäre und was nicht, gehören in den real gar nicht mehr existierenden Sozialismus, zu Berlusconi oder nach Nordkorea.

Oder zu deutschen Medien. „Aber so wird das nicht funktionieren“, antwortet die Redakteurin. „Ich führe immer Vorgespräche – also wir alle hier in unserer Redaktion. (…) Ich bereite das Gespräch auf, damit wir auch wirklich unterschiedliche Positionen vertreten.“

Sie hätte vermutlich auch antworten können: „Das haben wir schon immer gemacht. Wir haben Interviews schon immer autorisieren lassen, damit sich der Gefragte auch wohlfühlen kann. Wo kämen wir denn da hin.“ Man riecht den „Gremienvorbehalt“, den öffentlich-rechtlichen Mief und Opportunismus, die Feigheit, eine Meinung vorkommen zu lassen, die nicht dem Mainstream entspricht, und das alles unter dem Neusprech-Deckmantel, „kontroverse“ Positionen zu Wort kommen zu lassen.

Gremliza antwortet: „Sie führen immer Vorgespräche, ich nie. Das wird daran liegen, daß (sic) ich keinen Chefredakteur, keinen Programmdirektor, keinen Intendanten, keinen Rundfunkrat über mir weiß – und auch keine Redaktionskonferenz. Daß Sie, nachdem Sie mich um ein Interview gebeten haben, für das ich mich ja durch irgendwelche Äußerungen qualifiziert haben müßte, meine Meinung zum Thema ’schon vorher interessieren‘ würde, ist süß. So tollpatschig hat noch keiner ihrer Kollegen sich herauszureden versucht.“

Bruhahaha. Allein diese Sätze waren die fünf Euro wert, die die konkret kostet.

Auf derselben Seite geht es gleich weiter mit Zensuralice Schwarzer („löschen und sperren“ und andere sinnfreie Sprechblasen mehr). Deren „Vereinszeitschrift“ (Gremliza) hat einen zweiseitigen Artikel über Pädophilie mit uralten konkret-Titelbildern versehen aus einer Zeit, als Röhl die konkret auch zur Wichsvorlage für den sexuell verklemmten 60-er ummodelte. Die „Emma“ wirft der damaligen konkret vor, sie sei „quasi der Erfinder des medialen Kindersex.“

Was lese ich in der konkret dazu? „Das Autorenverzeichnis von KONKRET weist für das Jahr 1970, den Höhepunkt in der Geschichte von Röhls medialen Kindersex, vier Artikel einer gewissen Alice Schwarzer aus, die nun die Wahl hat, ob ihr die obzöne Mischung von Marx und Lolita damals so gut gefiel, daß sie mitmischen wollte, ob sie entschlossen war wegzusehen, ob sie zu dumm war, etwas zu ahnen, oder ob sie mit Priscilly Presley („Die nackte Kanone“) sagen will: ‚Ich war jung und brauchte das Geld.'“

Bruhahaha. Die konkret sollte man lesen. Wollen Sie so dumm bleiben, wie Sie sind?




Meidet die dunklen Ecken des Internet (burks.de)!

dunkle Ecke

Immer wenn man glaubt, dümmer ginge es nimmer, kommt der Bund deutscher Kriminalbeamter daher und legt noch einen drauf. Bei Heise las ich: „Wer zukünftig im Internet einkauft, Geld überweist, Behördengänge erledigt oder andere Geschäft abwickelt, soll sich nach dem Willen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter zuvor bei einer staatlichen Stelle registrieren lassen, sagte der BDK-Vorsitzende Klaus Jansen in einem Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung. (…) Zudem solle die Polizei das Recht bekommen, ‚Trojaner, Viren und Schadprogramme von privaten Rechnern entfernen zu dürfen‘.“

Das Märchen von der real gar nicht existierenden Online-Durchsuchung also. Anscheinend hat dieser Kerl gar nicht gemerkt, dass das Bundesverfassungsgericht den Wunschtraum des behördlichen Zugriffs in Echtzeit auf alle „Internet-Festplatten“ schon längst verboten hat, obwohl das Anliegen ohnehin technisch nicht umsetzbar ist. Nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ wird der Unfug einfach immer und immer wieder wiederholt. Politischer Flankenschutz kommt von Leuten wie Uhl (um mal jemand anderen als den unvermeidlichen Bosbach zu nennen), der die chinesische Zensur gern in Deutschland einführen möchte: „Was die Chinesen können, sollten wir auch können. Da bin ich gern obrigkeitsstaatlich“.

Die Agitprop der obrigkeitsstaatlichen Internet-Ausdrucker steht ähnlich auch bei RP Online (Rheinische Post). Zeit Online wie auch andere verzichten auf jedwedes kritisches Wort – deutscher „Qualitätsjournalismus“ eben.

Die Neue Osnabrücker Zeitung titelt: „Kriminalbeamte wollen in sozialen Netzwerken verdeckt ermitteln.“ Das ist natürlich eine tolle Idee: Wenn jeder, der sich in Partnerbörsen, bei Facebook, StudiVZ oder sonstwo im so genannten Web 2.0 herumtreibt, damit rechnen muss, dass der Gesprächspartner ein verdeckter Ermittler ist, würden vielleicht einige DAUs mit ihren Daten vorsichtiger umgehen.

Im Heise-forum steht schon ein Entwurf der „Internet-Verkehrsordnung“, der mir gefallen hat:
§1: Ins Internet darf nur, wer einen Internetführerschein hat.
§2: Für P2P-Protokolle gelten Geschwindigkeitsbegrenzungen.
§3: Staatlichen Paketen, bei denen das Blaue-Blinklicht-Flag im Header gesetzt ist, ist Vorrang zu gewähren. Zuwiderhandlungen werden mit Internetführerscheinentzug von sechs Monaten bestraft; sollten die Pakete den Bundestrojaner enthalten, kann die Strafe auf ein Jahr erhöht werden.
§4: Teile des Webs dürfen durch Aufstellen entsprechender Verkehrszeichen gesperrt werden.

„Weniger als ein Prozent der 260000 Polizisten in Deutschland“ seien „fit fürs Netz“. Das merkt man. Jansen ist ein schlagendes Beispiel dafür.




Hurra! Pornografieverbot im Internet! [Update]

screenshot

Hurra! Darauf haben wir alle gewartet! Man sieht jubelnde und Winkelemente schwingende Jugendschutzwarte auf Deutschlands Straßen, die Kirchen lassen alle Glocken läuten und im Kölner Dom wird eine spontane Dankesmesse gelesen.

Die Junge Union Berlin fordert: „Stoppt die Generation Porno! Wir fordern ein Pornografieverbot im Internet! (…) Anstatt mit aller Macht nach technischen Lösungen für die Eindämmung der Pornografie zu suchen, wird über die Meinungsfreiheit und Zensurfragen philosophiert.“ Zu dumm aber auch, dass es diese Meinungsfreiheit gibt und man auch nicht so einfach Zensur fordern darf. Das kommt (noch) nicht so gut.

By the way: Ist Alice Schwarzer eigentlich schon in die CDU eingetreten?

[Update I] Interview mit Conrad Clemens von der Jungen Union (via netzpolitik.org): „In dem Interview wird auch deutlich, dass Clemens Conrad auf den Zug aufspringen wollte, der heute durch den unkritischen Welt-Artikel über eine ‚Studie‘ des BKA entstanden ist. (Diese scheint wiederum keine wirkliche Studie zu sein, sondern eine Präsentation, die BKA-Präsident Ziercke vergangene Woche vor den Regierungsfraktionen gehalten hat. Wenn das stimmt, sollte sich die Welt-Redaktion fragen, warum man hier im Qualitätsjournalismus aus einer Präsentation eine Studie machte.)“

[Update II] Dazu golem.de: „Von einer Studie könne keine Rede sein, heißt es von Seiten des Bundesjustizministeriums. Die Zahlen stammen vielmehr aus den Monatsstatistiken des BKA, die nur den Zeitraum von Januar bis Mai 2010 abdeckten. Repräsentativ seien diese Zahlen nicht.“

Bei welt.de kann man nur noch von „Schweinejournalismus“ sprechen.

[Update III] ODEM.blog: „Das BKA und das Löschen“




Abscheuliche Freitagsblogger

Zeig Mal

Ich habe mich auf der Website des Freitag umgesehen. Das ist die Wochenzeitung mit Ost-Wurzeln, die Jakob Augstein gehört. Beim Freitag kann man sich als Blogger registrieren und dann unter deren Logo gleich loslegen. Man hofft wohl auf eine Art Schwarmverhalten, wofür der Deutsche ohnehin empfänglich ist.

Das gewohnt linkfreie Holzmedium FAZ hat sich darüber ironisch geäußert: „Auch über Politik wird beim ‚Freitag‘ diskutiert. Sogar versprengte Liberale schreiben mit“. Man riecht den Willen der bezahlten FAZ-Schreiberlinge, ein Schild aufstellen zu wollen: „Ab hier Qualitätsjournalsismus – wir werden schließlich dafür bezahlt!“

Dumm für den Freitag, dass ich „Allgemeine Geschäftbedingungen“ lese. Im Kleingedruckten finden man oft die wahren Absichten, die sich hinter dem einlullenden Werbe-Gefasel verbergen. Der Deutsche kann seinen Hang zur unkontrollierten Zensur natürlich nicht ablegen, auch wenn er ein „versprenger Liberaler“ ist oder gar ein nicht versprenger Linker. Was lesen wir also beim Freitag? „3.2 Insbesondere verpflichtet sich der Nutzer, keine Inhalte zu verfassen oder zu verbreiten, die rassistisch, beleidigend, obszön, vulgär, sexuell orientiert, abscheulich oder bedrohlich sind oder sonst gegen ein Gesetz verstoßen würden.“

„Sexuell orientiert, abscheulich oder bedrohlich“. Aha. No sex please, we are Ossis and Protestants? Abscheulich hat etwas mit „Scheu“ zu tun und kann auch „verwerflich“ bedeuten. Da haben wir wieder den deutschen Tugendwächter und Jugenschutzblockwart, der überall mit zusammengekniffenen Lippen lauert, wo es etwas zu melden, denunzieren, durchführen und verbieten gäbe, der aber beim Freitag vermutlich genau so wenig Honorar bekommt wie die Blogger. Bedrohlich? Ein Journalist, der keine Artikel schreibt, die für irgendwelche Schelme oder Bösewichter bedrohlich sind, hat seinen Beruf verfehlt.

Ich habe mich natürlich sofort auf die Suche nach etwas sexuell Orientiertem, Abscheulichen und Bedrohlichem gemacht. Der obige Screenshot zeigt die antiquarische Ausgabe des Aufklärungsbuches „Zeig mal“, das 1974 erschienen ist. Bei Wikipedia heisst es: „In dem Buch wird durch anschauliche Bilder die neugierige erwachende kindliche Sexualität gezeigt. Als Begleittexte dienen die Kommentare der fotografierten Kinder. Das Buch erlangte bei seinem Erscheinen hohe Anerkennung, wurde mehrfach von den Art Directors Clubs Deutschlands und der USA ausgezeichnet und unter anderem von Pro Familia und Organen der evangelischen Kirche empfohlen. Bis 1995 erschienen mehrere zum Teil erweiterte Auflagen, von 1988 an unter dem Titel Zeig mal mehr! Das Buch wurde in sieben Sprachen übersetzt und weltweit in nahezu einer Million Exemplaren verkauft.“

Nach der geistig-moralisichen Wende Helmut Kohl sah das plötzlich anders aus: „Nachdem 1996 die Junge Union Wuppertal und das Jugendamt Frankfurt am Main voneinander unabhängig erneute Indizierungsanträge gestellt hatten und die Zeit in einem Artikel Will McBride der Förderung von Kindersexualität bezichtigte, ließ der Autor selbst sein Werk vom Markt nehmen.“ O tempora o mores!

Heute würden Zensursula und Konsorten gleich von Kinderpornografie reden. Und wer über den Fall bloggt, darf das keineswegs beim Freitag tun, denn das Thema ist „sexuell orientiert, abscheulich und bedrohlich“ – weil man für Aufklärung heute schnell in den Knast kommen kann.




Wulff for President

yes we can

Die Hamburger Piratenpartei hat einen offenen Brief an Gauck publiziert. Der Brief bezieht sich auf ein Interview Gaucks mit dem Hamburger Abendblatt, in dem sich der Ost-Pfaffe und Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten offen für eine Zensur des Internet ausspricht.

„‚Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein‘, sagte Gauck dem Abendblatt. ‚In unserem Land mit unserer Geschichte darf all das, was in gedruckter Form verboten ist, im Netz nicht ohne Weiteres erlaubt sein.'“

„Das Internet“ war noch nie ein rechtsfreier Raum. Wer derartige sinnfreie und hohle Phrasen von sich gibt, disqualifiziert sich für eine rationale Diskussion. Die Hamburger Piraten dazu: „Die Piraten betrachten das Internet ausdrücklich nicht als rechtsfreien Raum. Als Bürgerrechtspartei treten wir gerade im Internet für klare gesetzliche Regelungen ein, selbst wenn von Vertretern der etablierten Parteien oftmals fälschlich das Gegenteil behauptet wird.“ (Was war noch mal der Unterschied zwischen „falsch“ und „fälschlich“? Jenes ist Deutsch und dieses ist Bläh- oder Furzdeutsch.)

Ich bin ja Realist und Zyniker. Ich wünsche mir Wulff. Wie ich schon zitierte: Es macht keinen Unterschied, ob nun Christian Wulff Bundespräsident wird oder ein lesbisches Eichhörnchen. Die Wählerinnen und Wähler draußen im Lande sollen kapieren, dass es bei dieser „Wahl“ nicht um Inhalte oder die Ideen von Personen geht, sondern um bloßen Parteienproporz und um Machtpolitik. Wenn Gauck gewählt würde, würden wieder Illusionen über den Charakter dieses Systems aufkommen. Man sollte den Leute aber ihre Illusionen und andere Versionen des Aberglaubens rauben.

Sehr hübsch ist die Galerie der Arschgesichter (ausser Nina: „Wählt: Schauspielerin Nina Hoss“ ist kein Deutsch, Basler Zeitung, aber ihr seid ja auch Schweizer), die den Bundespräsidenten wählen werden, bei der FAZ: „Diese Promis wählen den Bundespräsidenten“. (FAZ: Seit wann ist „Promis“ ein deutsches Wort? Hat das der Sprachwart eures Feuilletons gegengelesen? Oder biedert ihr euch an den vermeintlichen Jargon der Generation unter 35 an?) Wen haben wir denn da: Friede Springer, Hubert Burda, Edmund Stoiber, Fürstin Gloria von Thurn und Taxis – nun, deren politischer Sachverstand ist ja unbestritten. Ich vermisse aber Josef Ackermann, Thomas Middelhoff und Johannes Heesters als Wahlmänner.

Ich bin übrigens auch gegen Gauck, weil der für den Krieg in Afghanistan ist. Wulff natürlich auch, der ist ja ohnehin erzreaktionärer christlicher Kreuzzügler, lässt seine Familie gern auf Staatskosten fliegen und ist für Atom-Energie. Nur so für die Entscheidungshilfe zwischen Pest und Cholera.




Tugendpolizei gegen Anstössiges

Penis

Ja, ich gebe zu: Ich suchte nach einem Penis-Bild. Nein, ich weiß, was das ist. Der Anlass: die Überschrift eines Heise-Artikels: „Wikimedia engagiert Tugendwächter“, von der ich nicht wirklich weiß, ob sie ironisch gemeint ist.

„Gleichwohl hätten zu freizügige Inhalte zur Folge, dass viele Menschen nicht von Projekten wie der Wikipedia profitieren könnten. So wird Wikipedia beispielsweise in vielen Bildungseinrichtungen gesperrt. Wo genau die Grenze zwischen Weltwissen und vorwiegend anstößigem Material zu ziehen ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.“

Man muss sich nur die Wortwahl ansehen: „freizügig“ und „anstößig“. Was könnte das sein – das kleinste gemeinsame Vielfache aller moralischen Vorstellungen zwischen Afghanistan, Kalifornien, Nord-Korea und Guinea-Bissau?

Tugend bedeutet laut Wikipedia „eine Fähigkeit und innere Haltung, das Gute mit innerer Neigung (das heißt: leicht und mit Freude) zu tun. Im allgemeineren Kontext bezeichnet man mit Tugend den Besitz einer positiven Eigenschaft.“ Worüber wacht also ein Tugendwächter?

Ich stelle sie mir vor, unsere Jugendschutzwarte, wie sie mit zusammengekniffenen Lippen und der Moral der 50-er Jahre in ihrer vertrockneten Seele „Anstößiges“ suchen, also etwas, was einer puritanischen Evangelikalen oder selbst ernannten „Jugendschützern“, die vor einem Jahrhundert Heime für „gefallene Mädchen“ gegründet hätten, die Schamrote ins Gesicht treiben könnte. Igitt, ein Penis! Das beeinträchtigt doch die Jugend in ihrer Entwicklung!

Die US-Amerikaner wissen zwar im Gegensatz zu den Deutschen, was Meinungsfreiheit ist, bei nackter Haut jedoch hört der Spaß auf. Was will man von einer Kultur halten, die die Prohibition und den Exorzismus der McCarthy-Ära erfunden hat. Da sind wir Deutschen ihnen dicht auf den Version.

Ich empfinde es als anstößig, wenn geistig Minderbemittelte, die an höhere Wesen glauben, mir etwas von Tugend erzählen wollen. Das ist genau so beleidigend, als wollte mir Zensursula erzählen, wie das Internet funktionere. Ja, ich bin „freizügig“, und das ist auch gut so.

Der Screenshot zeigt einen „Markt“ in Second Life, auf dem für virtuelle Penisse geworben wird.




Stoppschilder für Raubkopierer

Stoppschild für Raubkopierer

Spiegel Offline schreibt: „Leutheusser-Schnarrenbergers Idee: Internetprovider sollen Nutzer, die eine Urheberrechtsverletzung begehen, frühzeitig warnen. Da würde dann zum Beispiel ein Nutzer den automatischen Hinweis auf seinen Bildschirm bekommen: „Was Du gerade tust, ist illegal und verletzt das Urheberrecht.“ Die Ministerin erhofft sich eine erzieherische Wirkung.“

Nun, hier ist mein Beitrag. Ich hoffe, er erzieht die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser. Ach ja: wie das gehen soll mit den Stoppschildern? „Sie müssen den Inhalt der Kommunikation mit einer wie auch immer gearteten Datenbank urheberrechtlich geschützter Inhalte abgleichen.“ Ab heute ist Leutheusser-Schnarrenberger für mich Zensursula 2.0.




Interview: Köhler aus dem Amt gebloggt?

Ein Interview mit mir von Schülerinnen der Evangelischen Journalistenschule zum obigen Thema: „Blogger feiern ihren Einfluss beim Rücktritt Köhlers. Den ‚etablierten Medien‘ werfen sie vor, schnarchnasig zu sein oder sogar, unter Zensur zu stehen. Was ist dran an dem Vorwurf?“

By the way: BBS ist keine Abkürzung für Blogger Burkhard Schröder, sondern für Bulletin Board System. SCNR




Demnächst Internetsperren über den Umweg Europa

Nein, die FDP ist nicht umgefallen. Das könnte sie nur tun, wenn sie jemals gestanden hätte. Golem.de meldet: „Mit Regierungsmehrheit hat der Rechtsausschuss des Bundestags verhindert, dass gegen den Plan für europaweite Internetsperren eine Rüge ausgesprochen wird. Der Antrag der Grünen wurde vertagt und kann damit nicht mehr rechtzeitig gestellt werden.“

Das kapiert so natürlich keiner. Verhindert, dass gegen etwas gerügt wird? Dreifach verneinen tut man nicht in einem deutschen Satz, weil das Publikum sich entweder mit Grausen abwendet oder gar das Gegenteil versteht, was ein höheres Wesen verhindern möge.

Die EU will Internet-Sperren. Die EU? Die EU-Kommissiarin Cecilia Malmström hatte der FAZ auf dem Niveau der Emma gesagt, sie wolle „Internet-Sperren“. Wie das zu bewerkstelligen sei, weiß sie selbstredend nicht, weil es sich hier um populistische Moraltheologie handelt. Der EU-Ministerrat teilt ihre Meinung und will dem Europaparlament einen „Entwurf für Schlussfolgerungen des EU-Ministerrats für einen Aktionsplan für eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung der Computerkriminalität“ vorlegen. „In dem Arbeitsentwurf vom 8. März 2010 geht es um einen Aktionsplan, den die Strafverfolgungsbehörden der EU bis spätestens 2012 umgesetzt sehen wollen“, schreibt golem.de.

Die Grünen legten im Rechtssausschuss des Bundestags einen Antrag vor, der die EU-Kommission rügen sollte, weil diese ihre Kompetenz überschritten habe. Es hätte sich um eine so genannte Subsidiaritätsrüge gehandelt:

Die Europäische Union darf nicht wahllos Gesetze erlassen. Sie muss die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beachten. Das Subsidiaritätsprinzip bedeutet, dass die EU nur dann handeln darf, „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können“ – so steht es im Vertrag von Lissabon.

Audiatur et altera pars, golem.de: Der Antrag der Grünen war nicht der einzige zum Thema. Die Grünen wie auch andere Lichterkettenträger haben nicht den Mut, schlicht gegen Internet-Zensur zu sei. Sie trauen sich das nur, wenn sie gleichzeitig den Medien-Hype „Kinderpornografie im Internet“ im Munde führen, damit auch klar ist, dass sie die Guten sind. Deswegen heisst der Antrag (Drucksache 17/1584) der Grünen: „Sexuellen Missbrauch effektiv bekämpfen – Netzsperren in Europa verhindern.“

Was hat sexueller Missbrauch mit Internet-Zensur zu tun? Wird jeder durch diese verhindert? Mitnichten, aber die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser seien versichtert, dass wir es hier nicht mit einem rationalen Diskurs zu tun haben, sondern mit den Symbolen einen öffentlichen Exorzismus – soziologisch vergleichbar mit der McCarthy-Ära in den USA -, der auf protestantischer Prüderie fußt und den man im Ausland als „Germany’s Internet Angst“ bezeichnet.

Die Linke hatte im Rechtsausschuss auch einen Antrag gestellt: „Keine Internet-Sperren in die EU-Richtlinie aufnehmen.“ Klingt doch viel besser und ehrlicher. In diesen Ausschüssen geht es aber nicht im Inhalte, sondern darum, wer gewinnt, also seinen Antrag durchbekommt. Die Grünen hätten also eher öffentlich Harakiri begangen anstatt einem ähnlichen Antrag als dem ihren zugestimmt. Das tut man nicht. Deshalb hätte golem.de mehr als die „abhängige Quelle“ Jerzy Montag befragen sollen. Auch im Bundestag haben SPD und Linke jeweile einen fast gleichlautenden Antrag gestellt; sie werden aber nie kooperieren, auch wenn der naive Bürger irrig glaubt, das sei doch der Sache angemessen. Das ist Parteipolitik: Es geht zunächst darum, wer sein Förmchen im Sandkasten am weitesten wirft.

Jetzt wieder zu Sache: Der Antrag der Grünen im Rechtsausschuss wurde auf Antrag der FDP vertagt. Ich wette auch, dass sich die Regierungsparteien CDU und FDP vorher angesprochen haben, wer diesen Antrag stellen würde. Die FDP bekam, weil sie der Juniorpartner ist, die Arschkarte.

Ganz nebenbei: Was de rechtspolitische Sprecher der Grünen sagt, ist schlicht falsch. Die Bundesregierung könnte auch im nachhinein jederzeit vor dem Europäischen Gerichtshof eine Subsidiaritätsklage führen, um ein bereits von der EU erlassenes Gesetz anzugreifen. Aber mit derartigen Petitessen wollen uns deutsche Medien nicht behelligen. Jerzy Montag hat seine Public Relations für die Grünen bekommen, und nur ein paar Querulanten wie Burks recherchieren selbst nach, was es in Wahrheit damit auf sich hat.




Piraten eine Politsekte? [Update]

Unna

Die Wahlergebnisse in meiner Heimatstadt Unna in Westfalen sind beispielhaft: die Piraten kommen auf 1,8 Prozent. Damit haben sie mehr Stimmen als die Nazis, sind aber dennoch eine Politsekte geblieben.

In Unna haben von rund 50000 Wahlberechtigten gut 500 Menschen die Piraten gewahlt. Davon kann man noch die üblichen Querulanten und Spinner abziehen, die ihr Kreuzchen so abgeben wie beim Lotto. Bei Twitter lese ich: „Piraten verlieren nicht nur fast 0,2% sondern haben auch 40.000 Zweitstimmen weniger als bei der Bundestagswahl“. Auf der Website der Piraten steht nichts Aktuelles, das ist lächerlich. Schlafen die noch alle? Beim Piratenweib habe ich die beste Analyse gefunden: „Die Piratenpartei hat sich standhaft geweigert, Positionen einzunehmen. Ja, es haben sich sogar rechte und linke Gruppen innerhalb der Partei ‚bekriegt‘ und tun es noch.“

Ich halte 300 von 50000 für repräsentativ für den Bundes-Durchschnitt: Nur so viele wüssten, wie man die Zensur im Internet umgeht, nur so viele wüssten, wie man seine E-Mails verschlüsselt, nur so viele wüssten, wie man die immer noch real existierende Speicherung der Daten auf Vorrat umgeht, nur so viele stehen für ein modernes Urheberrecht. Die Themen bleiben aktuell. Und die Noch-Nicht-Wähler der Piraten werden wieder sehr schnell auf den Boden der Realität zurückfinden, wenn es eine große Koalition gibt oder wenn sie merken, dass auch die Linken und die Grünen bei den Kernthemen der Piraten sich nur marginal von der Meinung der Mainstream-Parteien unterscheiden.

Die Piraten dürfen nur nicht den Fehler machen, sich wie eine der anderen Parteien aufzuführen. Plakate aufhängen? Damit fängt man nicht die Klienten, die die Piraten wählen. Es muss alles anders sein, sonst kann man es gleich vergessen. Ceterum censeo: Internet, Internet, Internet.

Update: Feynsinn und Finkeldey haben Recht.




Child pornography is great

So richtig schön ekelhaft zum Abkotzen (via Fefe): „EU zahlt 300.000 Euro für Pro-Netzsperren-Lobbying“ (Quelle, Quelle, englisch). Zensur wird also finanziell gefördert, Meinungsfreiheit nicht. Und was sind „Jugendschutzgruppen“?

Deren schmierigen Motive mag ich mir gar nicht ausmalen, sie werden vergleichbar sein mit denen der katholischen Jugendarbeit. Um Profit geht es auch, und darum, um Gelder für sich selbst abzuzocken: „Unter anderem soll die European NGO Alliance for Child Safety Online (ENACSO) im Europaparlament direkt eine Lobbying-Veranstaltung abhalten, um Abgeordnete zu beeinflussen, für Netzsperren zu stimmen“.

„Ein Anwalt der Musiklobby IFPI soll laut Engström schon 2007 bei einer Veranstaltung gesagt haben, dass Kinderpornos ‚großartig‘ seien, da man über sie Politiker zur Einführung von Netzsperren bewegen könne.“ (Quelle)

Noch Fragen?




Pornografie ist nicht schädlich für Jugendliche

Hier gibt es nichts zu klicken

Auf Heise lese ich die pädagogisch wertvolle Meldung: „Der Leipziger Sexualwissenschaftler Kurt Starke hält die schädliche Wirkung von Pornographie auf Jugendliche für nicht belegt. (…) Nicht der Konsum einfacher Pornographie, sondern erst das Verbot und die damit einhergehende soziale Ächtung könne Jugendliche in ihrer Entwicklung beeinträchtigen. Ein Verbot könne den Konsum nicht verhindern, sondern sorge letztlich nur für Schuldgefühle bei Jugendlichen. Das Strafgesetzbuch kriminalisiere schon Nacktbilder, die Jugendliche von sich selbst ins Netz stellen.“

Natürlich. Das weiß doch jeder. Aber der so genannte „Jugendschutz“ in Deutschland dient bekanntlich nicht dem Schutz der Jugend, sondern ist ein probates Mittel, auf der kulturellen Basis puritanischer Moraltheologie Geld abzuzocken.

Der arme Wissenschaftler denkt vermutlich, er könne mit rationalen Argumenten etwas ausrichten. Weit gefehlt. Das kann er sich abschminken. „Ein Verbot von einfacher Pornographie für Jugendliche, wie es der Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV, PDF-Datei) vorsieht, lehnt der Forscher daher ab.“ Wo kämen wir denn da hin!?

Allein das Wortungetüm zeigt doch schon, dass es um den Urgrund der deutschen Seele geht, um Heuchelei und und Propaganda – da werden die Wörter immer länger: Zugangserschwernisgesetz, Durchführungsbestimmung, Ausführungsverordnung, Telekommunikationsüberwachungsverordnung.

Ich schlage vor, hier ganz konsequent zu sein: Die Zensurgesetze gegen missliebige politische Meinungen kann man von China übernehmen, mit kleinen Veränderungen, und, damit die Jugend auch ganz sicher nicht beeinträchtigt wird, wenn sie sich da unten entwickelt, die Zensurgesetze gegen Pornografie von Saudi-Arabien oder Nord-Korea. Erst dann werden unsere Jugendschutzwarte und deren Lobby aufhören, nach immer neuen Strafverschärfungen und „Schutzgesetzen“ zu rufen. Wenn ich jedoch zu bestimmen hätte, was ein höheres Wesen verhüten möge, dann würde ich alle „Jugendschützer“ in Schutzhaft nehmen, damit sie nicht noch mehr Unheil anrichten. Ihr Fehlen würde niemandem unangenehm auffallen.




BKA-Lobbyismus: Sperren statt löschen

Leseempfehlung: Netzpolitik.org und RA Stadler über das BKA und dessen Lobbyismus für Zensurgesetze.

Netzpolitik.org: „Während die FDP-Fraktion für den 17.03. zu einer öffentlichen Anhörung “Lösungen und Wege im Kampf gegen die Kinderpornographie” einlädt, plant die CDU-/CSU-Fraktion parallel eine “fraktionsoffene” Informationsveranstaltung zum gleichen Thema. Eingeladen sind u.a. BKA-Chef Ziercke und ‚Innocence in Danger‚.“

Jeder lädt nur die ein, deren Meinung die eigene schon bestätigt. Es geht den Zensurbefürwortern nicht um eine rationale Diskussion, sondern um moraltheologisch geprägte Propaganda, der sich, was zu erwarten war, auch die Internet-Ausdruckerin Alice Schwarzer angeschlossen hat.

Mein Rat: Alle Veranstaltungen und Talkshows weiträumig umfahren, bei denen die exakte Zeichenkette „Kinderpornographie“ irgendwo auftaucht. Dort heißt es nur „Kopf ab zum Gebet“.

By the way: Der Kaiser ist nackt! Im World Wide Web gibt es keine Kinderpornografie, deren (technisch) Verantwortlicher anonym bleiben könnte.




Avanti Facebook Dilettanti

Facebook

Was ist das Gute an Facebook? Dass sich die deutschen Zensoren darüber aufregen und meinen, am deutschen Wesen müsse die Welt genesen: „Es kam zu einem offenen Brief an Facebook mit der Aufforderung, die Profile der Neonazis zu löschen, oder es komme zu einer Anzeige wegen Volksverhetzung. Am 17. April 2009 stoppte die Deutsche Telekom ihre Werbung auf Facebook mit Hinweis auf ‚rechtsextreme‘ Webseiten auf dem Portal“. Was ist eigentlich daraus geworden? Deutsche Staatsanwälte verklagen Facebook wegen „Volksverhetzung“ – trotz des First Amendment? Zuzutrauen wäre es ihnen. Nur mal zum Erinnern: „Der 1791 verabschiedete Artikel verbietet dem Kongress, Gesetze zu verabschieden, die die Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit oder das Petitionsrecht einschränken.“

So etwas gibt es in Deutschland nicht. Der Bundestag darf Gesetze erlassen, die die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und die Versammlungsfreiheit einschränken. Einige Grünen haben jüngst wieder schärfere Zensur-Gesetze gefordert, die Partei „Die Linke“ will das Internet zensieren und das Bundesverfassungsgericht muss immer wieder eingreifen, wenn deutsche Gerichte die Versammlungsfreiheit mit Füßen treten. Aber es ist verschwendete Zeit, den Deutschen erklären zu wollen, was Meinungsfreiheit (auch für die Blösen, die Doofen und die Ekligen) bedeutet. Das ist intellektuell zu anspruchsvoll für Lichterkettenträger.

Ich schweife ab. Zum Thema. In der aktuellen c’t las ich einen interessanten Artikel über soziale Netzwerke. „Facebook hat nach eigenen Angaben mehr als 400 Millionen aktive Benutzer, von denen sich jeder zweite täglich einloggt: Wäre der Dienst ein Staat, so wäre er noch vor den USA der drittbevölkerungsreichste der Welt.“

Bei Wikipedia las ich: „Ebenso überarbeitete Facebook im Dezember 2009 die Kontrolle über die Privatsphäre. Nun kann jeder Nutzer bei der Veröffentlichung von Statusmeldungen, Medien oder Links differenziert festlegen, wer diese sehen darf und wer nicht.“

Ich wollte also einfach mal reinschauen, nur so aus Neugier. Die wohwollenden Leserinnen und geneigten Lesen ahnen schon, was jetzt kommt: Es ist mir nicht gelungen, trotz meines guten Willens, sogar die Standardeinstellungen meines Browsers zu verändern. Für Linux gibt es ohnehin keine „Hilfe“, die diesen Namen verdient, und mein Problem, das ich gern detailliert wüsste, was ich an Javacsript, Cookies usw. zulassen muss, damit ich mich registrieren kann, wird nirgendwo beantwortet.

Ich bin kein Exot – ich bin normal. Ich surfe mit Mozilla/Firefox für Linux und habe die Add-Ois Cookiesafe, NoScript und RefControl in Gebrauch. Sogar wenn ich Javascript und Cookies für Facebook temporär erlaube, kann ich mich nicht registrieren – ich müsste noch zahlreiche andere aktiven Inhalte von Anbietern, die nicht kenne, auf einen Rechner lassen. Warum und wer das ist, wird mir nicht verraten. Und deshalb könnt ihr mich mal kreuzweise, ihr sozialen Netzwerke.

Update: Jetzt habe ich mein Windows-Laptop hervorgekramt…




Bizarre Argumente der Holzmedien zu Chávez

El Nacional

Man braucht nur die Überschriften Revue passieren zu lassen, dann ahnen die medienkompetenten Leser schon, dass wieder einmal eine falsche Sau falsch durchs falsche Dorf getrieben wurde. „Chavez fordert Kontrolle des Internets! (Deutsche Welle). „Chávez will Internet in Venezuela streng kontrollieren“ (AFP). „Venezuelas Präsident hat Angst vor Online-Putsch“ (Welt „Online“. „Venezuelas Präsident fordert Internetregulierung“ (TDNet.de). „Web-Opposition – Venezuelas Präsident Chávez fordert Kontrolle des Internets“ (Spiegel Offline).

„Web-Opposition“? Verwechselt da wieder ein Internet-Ausdrucker das World Wide Web mit dem Internet? Immerhin ist dieses zwei Jahrzehnte älter als dieses.

Aber zum Thema: Das ist eine Falschmeldung, die bewusst etwas suggeriert, was sich bei einer fünfminütigen Recherche als Blödsinn herausgestellt hätte. Besonders perfide formuliert Spiegel Offline: „bizarr anmutende Argumente – unter anderem berief sich Chávez auf Aussagen von Bundeskanzlerin Merkel.“ Das ist mitnichten bizarr, sondern völlig korrekt, weil Chavez genau das sagte, was auch Merkel verlautbart hat. Das ist kein Journalismus, sondern Meinungsmache und Agitprop.

Was ist geschehen? „Venezuela: Wir planen keine Zensur des Internets. Keine staatlichen Eingriffe wie in China, Kuba oder im Iran“ (golem.de). Aha. „Eine rechtsextreme Internetseite verbreitet gezielt Falschmeldungen, legt dem Militär einen Staatsstreich nahe, verbreitet manipulierte Fotos und Leserkommentare, in denen offen zur Ermordung bekannter Politiker und Journalisten aufgerufen wird. Nun ist Venezuelas Präsident Hugo Chávez endlich der Kragen geplatzt. Am Sonnabend forderte er die Staatsanwaltschaft des Landes auf, Ermittlungen gegen die Internetseite ‚Noticiero Digital‚ einzuleiten. (…) Tatsächlich hatte Chávez gesagt, das Internet dürfe ‚kein rechtsfreier Raum‘ sein und zitierte damit ausdrücklich niemand anderes als Bundeskanzlerin Angela Merkel.“ (Junge Welt).

Natürlich ist auch die Junge Welt ein verschnarchtes Holzmedium, das nicht in der Lage ist, einen Link zur betreffenden Website zu setzen, damit die Leser sich selbst ein Bild machen können (Ja, verdammt noch mal, ich kann Spanisch!) Und ich wüsste verdammt noch mal auch gern, wo und wann er das gesagt hat! (Da gibt es doch so eine Linksammlung OMG: „Last update: 05.08.2006, last check: 19.05.2005“. Ich hatte ganz vergessen, dass es die noch gibt…)

El Nacional: „Chávez: Internet no puede ser una cosa libre donde se haga y diga lo que quieran“. Das ist nichts anderes als die Sprachblase, hier man hierzulande permanent hört: Das Internet dürfe kein „rechtsfreier Raum“ sein (was es sowieso nicht ist und noch nie war). Also nichts Aufregendes.

„Wenn in Venezuela eine faschistoide Seite (hoffentlich bald) geschlossen wird, die immer wieder Menschen zum Abschuß freigibt, dann ist das Zensur“, schreibt die Junge Welt. Die Heuchelei der Mainstream-Medien ist damit zwar korrekt benannt, die Junge Welt outet sich damit aber als reaktionäres Blatt, das Zensur fordert und das mit dem modernen Verständnis von Meinungsfreiheit auch für die Gegner der Demokratie nichts anzufangen weiß. Melde gehorsamst, Herr Block- und Jugendschutzwart: Verbot „faschistoider“ Meinungen im Internet durchgeführt!




Die Angst der Deutschen vor dem Internet

internet

„72 Prozent halten das Netz für einen gefährlichen Ort, um seine Meinung frei zu äußern – mehr als in jedem anderen Land. So eine aktuelle Studie, die die BBCVerfassungsblog, und das erklärt, warum die deutschen Mainstream-Medien eine höllische Angst for dem Link an sich haben – allen voran Spiegel Offline, Focus Offline und wie sich die anderen Medien für Internet-Ausdrucker nennen.

Es ist ein kulturelles Phänomen – ich ahnte es. Natürlich läuft man in Deutschland als Blogger immer in Gefahr, einem Abzock-Anwalt in die Hände zu fallen, der sich sein mieses Gewerbe vom Landgericht Hamburg und seiner Kammer des Schreckens juristisch absegnen lässt.

Da auch die konservative Linke mehr nach Zensur schreit als sich für das Gegenteil stark macht, hat Meinungsfreiheit keine starke Lobby. Kein Wunder, dass das die Deutschen eh nicht interessiert. Und die Medien bestärken durch Verschwörungstheorien, der Staat könne alle(s) belauschen und nachvollziehen, was man so macht im Internet… Angst…Angst…Angst. Das deutsche Wort ist nicht zufällig in andere Sprachen übernommen worden.

Wie kommt es nur, dass doppelt so viele Australier als Deutsche meinen, man könne im Internet seine Meinung frei verbreiten, obwohl sich Australien anschickt, das chinesische Zensur-Modell zu imitieren? Dass sogar mehr Chinesen das Internet für eine Ort halten, der sich für das freie Wort eignet, als Deutsche? Ich bin gespannt, ob diese Studie der BBC den Weg in irgendein deutsches Medium findet und wie dann herumgeeiert wird, um das Ergebnis zu erklären.