Die Kommissarin: Wollt Ihr die totale Datenspeicherung?

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Medienzar Alfred Hugenberg und Gattin Gertrud Adickes (1933)

Schauspieler haben ein Problem: Sie haben von nichts eine Ahnung, ausser, wie man andere Leute imitiert, denken aber, sie müssten zu dem Quatsch ihren Senf dazugeben, besonders dann, wie sie oft in der Glotze zu sehen sind. Bei Heise lesen wir, dass eine Tatort-Komissarin „die abwägende Haltung der FDP zur Vorratsdatenspeicherung als fatal“ bezeichnet und sich für die anlasslose Totalüberwachung der deutschen Bevölkerung ausspricht.

Die Dame ist vermutlich nicht blöd; also kann man nicht davon ausgehen, dass ihr Gatte, von Beruf Medienmogul, ihr das eingeflüstert hätte, sondern dass sie sich den Unfug selbst ausgedacht hat. Auch die anderen üblichen Verdächtigen sind immer nicht fern, wenn es gegen die Eckpfeiler freiheitlich-demokratische Grundordnung geht, etwa Stephanie zu Guttenberg und ihr ominöser Verein „Innocence in Danger“ („Undurchsichtige Finanzen, dubiose Methoden“).

Es ist in Deutschland nicht mehr möglich, rational und öffentlich darüber zu dikutieren, wie Kindesmissbrauch eingedämmt werden kann, weil sich mediale Beißreflexe, hysterisches moraltheologisches Gegeifer und die Sprechblasen der eigennützigen Zensur- und Überwachungslobby zu einem unentwirrbaren Knäuel verwirren, so dass man auch schlicht „Kopf ab zum Gebet“ rufen könnte, um ein ähnliches Ergebnis zu erzielen. Gut gemeint ist hier besonders schwer daneben.

Solche Leute wie die Furtwängler können nur unwidersprochen „wollt ihr die totale Datenspeicherung?“ rufen, weil ihre Präsenz in der volksverdummenden „Yellow Press“ ihre dummdreisten politischen Statements überlagert. Guttenberg müsste schon nachgewiesen werden, dass er mit Kinderpornos handelte, damit sich seine Groupies von ihm anwenden würden. Es ist so ähnlich wie mit den Leuten, die noch FPD wählen.

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Bundeskriegs- und Bildzeitungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (rechts) und seine innocente dangeröse Gattin Stephanie (2011)




Hugendubel

Ich werde ab sofort keine Bücher mehr bei Hugendubel kaufen.




Vorratsdatenspeicherung light plus [Update]

Kurt Biedenkopf, Ex-Generalsekretär der CDU, soll 1973 gesagt haben: „Was sich heute in unserem Land vollzieht, ist eine Revolution neuer Art. […] Revolutionen finden heute auf andere Weise statt. Statt der Gebäude der Regierungen werden die Begriffe besetzt, mit denen sie regiert.“

Richtig: Wenn man dem politiischen Gegner die eigenen Begriffe und Definitionen aufzwingt, dann infiltriert man ihn auch mit den eigenen Ideen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger versucht es gerade wieder, einerseits, um der Überwachungs- und Zensurmafia die halbherzige FDP-Position schmackhaft zu machen, andererseits um die Gegner der Vorratsdatenspeicherung ins Leere laufen zu lassen.

Vorratsdatenspeicherung heisst jetzt Quick Freeze Plus. Jawoll. Folter heisst jetzt „rubuste Wahrheitssuche“, das Atommüllager nennen wir jetzt „Entsorgungspark“, und den Krieg kennen wir ohnehin schon als „Friedenserzwingung“.

Noch mal zum Mitschreiben: „Vorratsdatenspeicherung bezeichnet die Verpflichtung der Anbieter von Telekommunikationsdiensten zur Registrierung von elektronischen Kommunikationsvorgängen, ohne dass ein Anfangsverdacht oder eine konkrete Gefahr besteht (Speicherung bestimmter Daten auf Vorrat).“

Die Regierung will alle Verkehrs- und Kommunikationsdaten aller Bürger auf Vorrat sammeln – ohne konkreten Anlass. Im Prinzip ist die Richtlinie 2006/24/EG der Europäischen über die Vorratsspeicherung von Daten schuld; wie diese Vorgabe juristisch umgesetzt wird, bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht erklärte die deutschen Vorschriften – also den ersten Versuch zur Vorratsdatenspeicherung – mit seinem Urteil vom 2. März 2010 für verfassungswidrig und nichtig.

Das interessiert die Zensur- und Überwachungsmafia und deren politischen Lautsprecher natürlich nicht. Und Leutheusser-Schnarrenberger ist nur so eine Art feministische Theologin: Sie versucht, das Falsche, Lächerliche, Böse noch irgendwie angenehm zu kostümieren und uns schmackhaft zu machen. Mit der Vorratsdatenspeicherung ist es aber wie mit der Schwangerschaft – ein bisschen geht nicht.

Wie absurd die Diskussion mittlerweile ist, zeigt das Beispiel: Welche Reaktion würde jemand ernten, der forderte, alle Jogger und sonstigen Fußgänger würden ab sofort generall überwacht und ihre Wegstrecken protokolliert werden, weil man auf diese Weise auch zu Fuß flüchtende Bankräuber erwischen würde? Genau so argumentieren die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung. Was offline gilt, muss auch online gelten: Anonymität im Internet ist ein Bürgerrecht!

Die German Privacy Foundation hat das so formuliert: „Die zunehmende Überwachung der Kommunikation erfordert das Recht auf und den Schutz der Privatsphäre. Die Freiheit in der digitalen Welt muss verteidigt werden. Das Recht auf ungehinderte Kommunikation ist ein Menschenrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also auch auf Anonymität, ein unverzichtbares Bürgerrecht und eine Grundfeste des Datenschutzes. Jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden, welche Informationen er oder sie über sich selbst preisgibt. Solange nicht ein staatliches Gesetz oder die Rechte anderer entgegenstehen, kann jeder Mensch sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung in der Form ausüben, dass er anonym auftritt und sich insbesondere im Internet anonym bewegt.“

Update: Vgl. Thomas Stadler: „Die Vorratsdatenspeicherung ist aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen heraus abzulehnen und es hat dabei zu bleiben, dass deutschen Ermittlungsbehörden nicht dieselben Imstrumente an die Hand gegeben werden dürfen, wie den Behörden totalitärer Staaten. Zudem wäre wünschenswert, dass die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung stärker in den Kontext des Datenschutzes gestellt wird. Denn die Politik kann nicht einerseits ein hohes Datenschutzniveau, das nur durch die gesetzlich normierten Ziel der Datenvermeidung und Datensparsamkeit erreichbar ist, propagieren und andererseits eine Vorratsdatenspeicherung fordern.“




Die Schattenseiten des Internetzes

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Das ist doch mal eine halbwegs gute Nachricht: Laut Heise setzt zum Glück nur ein Viertel aller Eltern Software ein, um das Online-Verhalten ihrer Kinder zu überwachen. Das sind zwar immer noch viel zu viele, aber eine zweite gute Nachricht kommt gleich hinterher: Die Filter- und Zensursoftware ist in der Regel grottenschlecht. Quod erat demonstrandum.

„Demnach lassen sich mit 84 Prozent der untersuchten Programme nicht für Kinder geeignete Seiten recht gut blockieren. Während die Erfolgsquote wird vor allem beim Filtern von Erotikangeboten hoch sei, funktioniere das bei Webseiten rund um Magersucht, Suizid oder Selbstverstümmelung weniger gut. Gleichzeitig würden teils Angebote mit besonders kindgerechten Inhalten fälschlich blockiert.“

Bruhahaha. Wie kann man bei solchen Sätzen überhaupt ernst bleiben? Ist es ein Erfolg, wenn Kinder keine „Erotik“ mehr sehen dürfen? Und sind Websites, die sich mit Magersucht beschäftigen, jetzt auch verboten und fallen unter den klostertauglichen deutschen Jugend“schutz“? Die Erfolgsquote bei Selbstverstümmelung ist nicht hoch – ich weiß gar nicht, was die meinen?

Zugegeben, ich würde einem kleinen Kind die Fotos auf rotten.com nicht zumuten, selbst ich kann mir das kaum ansehen. Aber warum sollte ich das sperren wollen? Ich würde meinen Kinder eher verbieten, sich ohne Aufsicht einem katholischen Pfaffen zu nähern. Medienkompetenz bedeutet doch, dass man Kinder über die Risiken und Nebenwirkungen des Surfens aufklärt und diese erzieherische Aufgabe nicht irgendeiner Software überträgt, deren Programmierer ich weder kenne noch deren Kriterien. Vielleicht wollen die lieben Kleinen porn später an der University of Sussex studieren, können sich aber nicht informieren, weil der Rechner sich bei Eingabe der Zeichenfolge s e x gleich in die Luft sprengt?

Der Titel derartiger Medienberichte dürfte nicht heissen „Kinderschutz-Filter oft noch unzureichend“, weil das suggeriert, es gebe einen zureichenden Schutz durch Zensur-Programme, sondern: „Filter-Software ist nicht imstande, Kinder zu schützen.“ Und natürlich gehört zu einer guten Erziehung der lieben Kleinen, dass Eltern Hilfe leisten können, wenn Zensur im Internet umgangen werden muss.

Bei SpOff finden wir heute einen ähnlich schlampig formulierten Artikel: „Seit langem will der Inlandsgeheimdienst FSB Internetanbieter dazu zwingen, missliebige Seiten zu sperren. Ein Gesetz verpflichtet Internetdienstleister, auf eigene Kosten eine Hardware zu installieren, durch die der FSB – nach Genehmigung durch einen Richter – verfolgen kann, wer welche Web-Seiten besucht und welche E-Mails schreibt. Manche Unternehmen üben sich mitunter schon in freiwilliger Selbstzensur.“

Moment – wir hier Russland beschrieben oder Deutschland? Ein kritisches Wort vermisse ich – das wäre eine journalistische Aufgabe. Wie will ein Geheimdienst einen Provider zwingen, „missliebige“ (wem?) Webiste zu sperren? In Nordrhein-Westfalen wurden die Internet-Anbieter gezwungen, zum Beispiel die missliebigen Seiten <a href="http.//www.rotten.com und <a href=" http.="" www.stormfront.org zu sperren. Die deutsche TKÜV – ein Gesetz, dass die rot-grüne Regierung uns bescherte, verpflichtet Internetdienstleister, auf eigene Kosten eine Hardware zu installieren, durch die nicht nur der deutsche Inlandsgeheimdienst, sondern auch Polizeidienststellen alle E-Mails in Echtzeit mitlesen können. Freiwillige Selbstzensur ist bei deutschen Providern ohnehin Standard, (Die These, man könne mit einer Hardware verfolgen, wer welche Web-Seiten besucht, ist übrigens schlicht grober Unfug. Wer als Chef vom Dienst so etwas durchlässt, ist ein Internet-DAU.)

Ein verantwortungsvoller Journalist hätte in einem Artikel über „Russlands Angst vor Datenlecks“ erwähnt, dass Deutschlands „Angst“ nicht nur genauso groß ist, sondern dass auch die Zensur und die Überwachung hierzulande keinen Vergleich mit Diktaturen zu scheuen braucht.

Bei Heise lese ich, „dass 39 Prozent der europäischen Kinder und Jugendlichen bereits mit Schattenseiten des Internets in Berührung gekommen sind.“ Das muss ich energisch zurückweisen – so viele Benutzer hat burks.de denn doch nicht.

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Piratenpartei Hessen spendet TOR-Server an die GPF

Bad Vilbel online – Rhein Main News: „Seit Ende letzten Jahres läuft ein von der Piratenpartei Hessen gesponsorter Anonymisierungsserver bei der German Privacy Foundation. Die Adminstration des neuen TOR-Exit-Nodes „gpfTOR4“ erfolgt in Zusammenarbeit durch die Piratenpartei Hessen (1. Admin) und die GPF (2. Admin). (…) ‚Durch einen weiteren Server leisten wir einen Beitrag für sichere und vertrauenswürdige TOR-Exit-Nodes. Wir möchten an dieser Steller der renommierten German Privacy Foundation dafür danken, dass sie als Betreiber und Berater zur Verfügung stehen“ erklärte Ralf Praschak, Stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Hessen. „Gerade in Zeiten, in denen über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung diskutiert wird und Ungarn eine Zensur innerhalb der EU beschlossen und umgesetzt hat, ist dies nötiger denn je.'“




Torservers.net: Warum es so wichtig ist

Interessanter Artikel über Tor:

„Tor ist eben kein einfaches Anonymisierungsprojekt nur für ‚uns‘. Mit staatlicher Förderung und vor allem viel persönlichem Engagement wird und wurde an Universitäten (und außerhalb) weltweit daran gearbeitet, allen Menschen einen zensurfreien, verschlüsselten Netzzugang zu ermöglichen. Und das in seiner vollen Konsequenz: Nicht nur lesend, sondern auch um aktiv teilzunehmen, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Auf der Startseite von Torservers.net zitiere ich eine Studie des ‚Commitee to Protect Journalists‘, nach der im letzten Jahr 136 Journalisten weltweit im Gefängnis sitzen. Und das sind nur die bekannteren Fälle.

Und, wird Tor genutzt? Und von wem? Die Metriken des Torprojekts zeigen das sehr eindrucksvoll. Wenn man sich nämlich dort anschaut, wie viele Menschen den umständlichen Weg nutzen, sich Tor per Email zu besorgen – vermutlich weil die Seite des Projekts geblockt wird und somit der normale Downloadweg nicht möglich ist – so sind das knapp 100 täglich“.

Lesebefehl!




Die Grünen und der Jugendmedienschutz

Die Nachricht ist schon älter (u.a. via Pottblog): „Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) – die Grünen in Nordrhein-Westfalen entschließen sich zur Zustimmung“.

Dazu gibt es jetzt eine Website: „Wir sind weiterhin gegen die Sperrung von Wikileaks, die Fraktion hat sich aufgrund parlamentarischer Zwänge anders entschlossen. (…) Wir sind weiterhin gegen Internetzensur, die Fraktion hat sich aufgrund parlamentarischer Zwänge anders entschlossen. (…) Wir sind weiterhin gegen parlamentarische Zwänge, die Fraktion hat sich aufgrund parlamentarischer Zwänge anders entschlossen.“

Wer grün wählt, ist selbst schuld. Es gibt nur eine Partei, für die das Internet kein Teufelswerk ist.




Eine rote Linie, die jeder beachten muss

Tagesschau.de: „Das Internet wird in Birma, China, Iran, Nordkorea, Turkmenistan und Vietnam weltweit am schärfsten zensiert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der US-Universität Kansas, aus der die Fachzeitschrift „GeoJournal“ zitiert.“

Natürlich ist tagesschau.de zu blöd oder zu faul oder zu feige („öffentlich-rechtliche Anstalt„) , irgendwelche Links zu setzen, etwa zu dem zitierten Professor Barney Warf. Witzig ist hingegen die Kreiszeitung – Böblinger Bote (whois): „Der Download des Warf-Artikels ‚Geographies of global Internet censorship‘ (Geografien der globalen Internet-Zensur) in ‚GeoJournal‘ ist nur für Abonnenten oder per Einmalzahlung einer Gebühr möglich“ mit dem Hinweis: „Download des Artikels, PDF, 1 MB, 34 Euro“. Vierunddreissig Euro. Das ist doch mal ein Geschäftmodell einer deutschen Zeitung! Es bezieht sich aber auf springer.com, wo das pdf eben so viel kostet – immerhin kein Surplusprofit…

Das abstract bei springer.com lautet: „More than one-quarter of the planet’s population uses the Internet today, although access to it is highly uneven throughout the world. While it is widely celebrated for its emancipatory potential, many governments view the Internet with alarm and have attempted to limit access or to control its contents. This project seeks to provide a comprehensive, theoretically informed analysis of the geographies of Internet censorship. It begins by clarifying the reasons, types, extent of, and opposition to, government limitations of Internet access and contents. Invoking an index of censorship by Reporters Without Borders, it maps the severity of censorship worldwide and assesses the numbers of people affected, and using the Freedom House index, it correlates political liberty with penetration rates. Second, it explores Internet censorship at several levels of severity to explicate the multiple means through which censorship is implemented and resisted. The third part offers a moral critique of Internet censorship via a Habermasian interpretation of cyberspace as the closest real-world approximation of an ideal speech situation. The summary notes the paradox of growing e-government and continued fears of an expanded domain of public discourse.“

Das bringt es sehr schön auf den Punkt. Es ist ein Paradoxon, dass Regierungen von „E-government“ reden und gleichzeitig das Internet zensieren und den Diskurs der Bürger dort fürchten. Deutschland und seine German Intenet AngstTM sind das beste Beispiel. Die Süddeutsche u.a. berichtet von einem neuen Datenschutzgesetz: „Die Bundesregierung will demnach eine ‚gezielte Verbreitung von Persönlichkeitsprofilen‘ nur dann erlauben, wenn die Betroffenen dem zugestimmt haben oder ein ‚klar überwiegendes Interesse an der Veröffentlichung‘ bestehe. ‚Hier gibt es eine „rote Linie“, die jeder beachten muss.'“

Gleichzeitig fordern die Hardliner und die Zensur- und Überwachungslobby, dass der Staat anlassloss in blinder Sammelwut die Kommunikationsprofile aller Bürger erfasst – durch die Vorratsdatenspeicherung. Der AK Vorrat schreibt in einen offenen Brief an den Innenminister:

„Die Zulassung einer Vorratsdatenspeicherung wäre – wie Sie es selbst formuliert haben – ein großer Dammbruch auf dem Weg in die Überwachungsgesellschaft. Die globale Speicherung von Daten allein für eine mögliche künftige staatliche Verwendung würde allmählich alle Lebensbereiche erfassen, denn die vorsorgliche Protokollierung personenbezogener Daten ist für den Staat stets und in allen Bereichen nützlich. Wenn dem Staat die permanente Aufzeichnung des Verhaltens sämtlicher seiner Bürger ohne Anlass gestattet würde, würden schrittweise sämtliche Lebensbereiche in einer Weise registriert werden, wie es selbst unter früheren totalitären Regimes wie der DDR undenkbar war. Sicherlich wollen Sie nicht, dass der Staat ‚kurzfristig‘ erfassen lässt, wo Sie sich aufhalten, welche Bücher Sie lesen und mit wem Sie den Tag über sprechen und verkehren? (…) Leider übernehmen Sie damit unbesehen die Behauptung maßloser Innenpolitiker, man brauche insbesondere bei Pauschaltarifen („Flatrates“) eine Protokollierung jeder Verbindung, um Straftaten verfolgen zu können. Gerade weil Union und Polizeifunktionäre eine durchsichtige Kampagne für eine neuerliche Aufzeichnung aller Verbindungen betreiben, ist es wichtig, dass wir die Argumente dieser Kampagne widerlegen, anstatt sie als „berechtigte Einwände“ zu bestätigen.“

Von so einem heuchlerischen Kerl lass ich mir nicht über Datenschutz erzählen. (Dieser Kommentar bei Heise sagt alles.)

Jetzt aber noch einmal tagessschau.de über die Studie zur Zensur des Internet:

„Warf führt Deutschland in der Kategorie ‚unzensiert‘, macht allerdings zwei Einschränkungen: Kinderpornografische Seiten und Inhalte, die rassistisch oder neonazistisch sind, werden blockiert. So sei es etwa mit Google in Deutschland nicht möglich, nach historischen Objekten mit NS-Symbolen zu suchen. Grundlage dafür ist ein Gesetz, das die Holocaust-Leugnung in Deutschland unter Strafe stellt. Anders ist das in den Vereinigten Staaten: Wer dort die systematische Ermordung von Juden verharmlost oder negiert, kann sich auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit berufen.“

Da irrt der gute Mann natürlich – in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel ist das Internet zensiert. In Deutschland kostümiert sich die eben nur als Jugendschutz.




Die Codemaker haben gewonnen, Bosbach und Uhl!

cryptpool

Heise: „‚Wir brauchen dringend eine sichere Rechtsgrundlage für die Strafverfolgungsbehörden, um auch verschlüsselte Kommunikation Terrorverdächtiger über das Internet überwachen zu können‘, so Bosbach. Bislang könnten Verdächtige sich der Verfolgung durch konspiratives Verhalten zu einfach entziehen. Uhl mahnte, der Staat könne seine Bürger nur durch konsequente Aufklärung effektiv schützen. ‚Dabei ist das Abhören auch verschlüsselter Kommunikation eine zentrale Maßnahme.'“

Bosbach scheint einen gewissen Ehrgeiz darin zu entwickeln, möglichst viel dummes Zeug zu reden, wenn es um technische Fragen geht. Sachverstand kann man vom dem guten Mann nicht erwarten, ist er doch nur der Lautsprecher und die Sprechblasen-Hupe der Zensur- und Überwachungslobby. Es sollte ihm aber mal jemand sagen, dass ihn kein Mathematiker jemals wird wählen können.

Wie, zum Henker, will man verschlüsselte Kommunikation „abhören“? Dieser Art von Kommunikation ist es zu eigen, dass sie vor dem Belauschen geschützt ist – sogar die Bundeskanzlerin benutzt ein Krypto-Handy. Otto Leiberich, ehemaliger Leiter des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, sagte: ‚Das Wettrennen der Codemaker mit den Codebreakern ist entschieden, die Codemaker haben gewonnen.“ (Quelle: Vom diplomatischen Code zur Falltürfunktion – Hundert Jahre Kryptographie in Deutschland, in: Spektrum der Wissenschaft, 6/99, S. 26 ff.)

Jede Wette, dass weder Bosbach noch Uhl ihre E-Mails verschlüsseln können und auch nicht wissen, auf welchen mathematischen Prinzipien asymmetrische Kryptorgrafie beruht.

Schaut euch mal CrypTool an, das versteht sogar ein DAU. Oder Cryptoportal: „Das Cryptoportal bietet Lehrern eine Plattform, auf der sie Unterrichtsmaterialien zum Thema Informationssicherheit und Kryptologie veröffentlichen und darüber diskutieren können. Dadurch sollen gegenseitige Anregungen und Hilfen sowohl für Lehrer als auch für Lernende entstehen.“




Wir haben verstanden

„Die Terrorwarnung von Innenminister de Maizière hat eine neue Debatte über die Sicherheit in Deutschland ausgelöst. (…) Politiker von CDU und SPD fordern eine strengere Überwachung per Vorratsdatenspeicherung“. (Quelle: Spiegel offline)

„Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), dringt angesichts der erhöhten Terrorgefahr auf schärfere Sicherheitsgesetze. ‚Wer sich jetzt noch gegen die Vorratsdatenspeicherung wehrt, hat die Bedrohungslage nicht verstanden‘, sagte er der Financial Times Deutschland (Donnerstag).“

Wer jetzt noch meint, es ginge um den Kampf gegen Terror, der hat die Propaganda und die Lügenmärchen der Zensur- und Überwachungslobby nicht verstanden.




Internet-Sicherheitsthermometer, Internet-Sicherheitsgurte und Internet-Führerschein

safety belt

Manchmal kann ich mir nicht anders durch den Tag helfen als die Weisheit eines Zen-Meisters zu beherzigen: „Die Welt ist ein Chaos, und der wahre Weise verhält sich dementsprechend.“

Lesen wir zum Beispiel die Pressemitteilung – aka Agitprop – einer Behörde, deren Titel nicht deutscher sein könnte: „Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg“. Anstalt – da weiß man, was man hat. „Medienkompetenz ist digitaler Sicherheitsgurt im Netz“, heißt es da; und dass man mit einer Firma kooperiere, die sich jugendschutz.net nennt. Da es sich um eine deutsche Pressemitteilung handelt, muss man zunächst exorzieren, somit die German Internet AngstTM demonstrieren, also vor den „Gefahren des Internet“ warnen. Nach diesem kurzen obligatorischem Gebet kann der Kopf dann wieder aufgesetzt werden.

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die RTL-II Fantasy-Sendungen „Tatort Internet“ habe der der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) Thomas Langheinrich behauptet: „Im Netz braucht man digitale Sicherheitsgurte“ und „nannte als zentrale Maßnahme die verstärkte Vermittlung von Medienkompetenz“. Langheinrich, mir graut vor dir! Warum müssen die immer derart verschrobenen Metaphern wählen aus der Zeit, in der Helmut Kohl noch von der „Datenautobahn“ sprach? Medienkompetenz ist zunächst einmal, Jugendliche in die Lage zu versetzen, jedwede Art von „Internet-Filtern“, wie sie die Jugendschutzwarte fordern, und jede Art von Zensur umgehen zu können. Alles andere ist zweitrangig, das kriegen wir später.

Jetzt wieder heiße Luft zufächeln: „Unterstützung erhält der LFK-Präsident von Friedemann Schindler, Leiter von jugendschutz.net, einer zentralen Einrichtung, die das Internet kontrolliert und für die Einhaltung des Jugendschutzes sorgt.“ Eine „zentrale“ Einrichtung? Das klingt ungeheuer wichtig und viel toller als etwa „dezentral“, zeigt aber nur, dass die Verfasser dieses schwülstigen Blähdeutsch am liebsten „Zentralrat für das Internet“ geschrieben hätte. Das internet kontrolliere ich auch, und zwar mehrmals täglich. „‚Auch ein Notfall-Button kann helfen‘, so Schindler.“ Sicher, um die Jugendschutzwarte und andere Wichtigtuer aus dem digitalen Weg zu katapultieren.

Was wollen uns die Künstler aus der Anstalt sagen? „Informationen über den richtigen Umgang mit den Chats und dem Internet bieten von der LFK geförderte Seiten. (…) mit einem attraktiven Verkehrsleitsystem durchs WorldWideWeb.“ Das ist ja mal ein schöpferisches Denglisch: WorldWideWeb. Vermutlich weiß niemand von diesen Lobbyisten, was IRC ist und dass man das weder kontrollieren noch zensieren kann. Deshalb reden alle nur vom WWW-basierten Chat. Wer denen glaubt, muss eben dumm sterben. Die Textbausteine, die sich hinter dem vermeintlichen Anliegen „Aufklärung“ verbergen, dienen also ausschließlich der Eigenwerbung.

Wir hatten hatten also die Internet-Sicherheitsgurte und das „Worldwideweb“-Verkehrsleitsystem. Kommen wir zum Internet-Sicherheitsthermometer. Das empfiehlt ein „Experte“ laut heise für „Online-Anwendungen“. „Als Beispiel für eine künftige nutzerfreundliche Sicherheitsapplikation brachte Bub auch eine Art ‚Thermometer‘ für Webseiten oder Online-Anwendungen ins Spiel, über das Verbraucher mit einem Blick die Vertrauenswürdigkeit digitaler Plattformen einschätzen könnten.“ Au ja. Ich bringe jetzt auch etwas „ins Spiel“, zum Beispiel ein Thermometer für Dummschwätzer, das gekoppelt ist mit einem akustischen Alarm. Wer etwa jugendschutz.net oder eict.de aufrüft, muss vorher die Lautsprecher einschalten und wir dann mit zwei Minuten lang mit 120 Phon beschallt, damit man auch weiß, was jetzt kommt und dass der Dummschwatz-Ausschlag die Quecksilbersäule auseinandergesprengt hat.

„Die Herausgeber der Studie empfehlen zudem die Einführung ‚eines bundesweit einheitlichen Internet-Führerscheins‘ mit regelmäßigen Erneuerungsfristen sowie die Veröffentlichung eines Leitfadens mit einfachen und anschaulichen Regeln für die Online-Nutzung.“ Das musst ja kommen. „Fahren Sie Ihre IP-Adresse mal rechts ran. Ihr Internet-Führerschein bitte! Filesharing ist schon seit drei Monaten abgelaufen, das gibt Punkte!“

Zum Glück wurde burks.de ein Musterexamplar des neuen Internet-Führerscheins vorab exklusiv zugespielt. Ihr könnt also nicht sagen, dass ich euch nicht gewarnt hätte!

Internet-führerschein

By the way, burks.de enthält ausschließlich „verdächtige Inhalte“ im Sinne des Pentagon. „Was die frühere Bush-Regierung landes- oder auch weltweit sich gewünscht hat, will nun das Pentagon wenigstens für das US-Militär realisieren, nämlich die gesamte Kommunikation überwachen und durchsuchen, ob sich dort Zeichen für ein verdächtiges Verhalten finden lassen.“ Es gebe jedoch „noch keine etablierten Techniken, um Anomalien in Datenmengen“ zu entdecken.

Das macht überhaupt nichts! Ich verkünde es hiermit: burks.de ist eine Datenanomalie, also überwacht mich! Ich wäre beleidigt, wenn ihr mich einfach ignoriertet! Lest gefälligst mein Impressum: „This site may contain explicit descriptions of or advocate one or more of the following: adultery, murder, morbid violence, bad grammar, deviant sexual conduct in violent contexts, or the consumption of alcohol and illegal drugs.“




Online Erotica and Cyberporn: on a screen near you

cyberpornJeder Mensch, der bei der Zeichenkette „Kinderpornorgrafie im Internet“ nicht gleich den Kopf zum Gebet abnimmt, weiß, dass dieser populistische Kampfbegriff den Zensur-Lobbyisten nur dazu dient, das Internet technisch zu überwachen und/oder reaktionäre gesellschaftlichspolitische Ideen durchzupeitschen. Das was von Anfang an so. Ich schrieb im September 2003 auf meinen Blog:

Gesellschaftliche Regeln Tabus besitzen eine quasi-religiöse Konsistenz: sie grenzen ein, was gesagt und gedacht werden kann, sie stiften die Identität einer Gruppe und ritualisieren den öffentlichen Diskurs darüber. In den siebziger Jahren diskutierte die Öffentlichkeit in der alten Bundesrepublik das Thema „Drogen“, hysterisch, ohne Rücksicht auf die Fakten und mit einer puritanischen Attitude als Konsens, die heute nur noch lächerlich wirkte. Niemand würde heute die Medien auf sich aufmerksam machen, warnte man davor, im „Internet“ gebe es Informationen darüber, welche Cannabis-Sorten in Holland gerade besonders günstig zu erwerben wären. Experten durften damals ungestraft in medizinische Fachbücher schreiben, Opiate wie Heroin bewirkten Hirnschäden oder Haschisch machte süchtig. Beide Thesen sind gleichmassen grober Unfug. (…)

Dieser Hype zum Thema Kinderpornografie im Internet setzte voraus, dass die Selbstkontrolle der Medien völlig versagte, weil niemand die Fakten nachprüfen wollte. Die quotenträchtige, weil angstbesetzte Schlagzeilen wie „immer mehr (Kinder)Pornografie im Netz“ versprachen offenbar mehr Wohlwollen der Rezipienten als die unbequeme Recherche, die diese Behauptung schnell ad absurdum geführt hätte. Die Berichte in den Zeitungen und Fernsehsendern der letzten fünf Jahre zu diesem Thema, die versuchen, sich der Realität anzunähern und nicht nur Presseerklärungen bestimmter Lobby-Gruppen unkommentiert übernahmen, kann man an einer Hand abzählen.

Franz Wegener schrieb 1996 in einem Artikel „Cyberpornographie: Chronologie einer Hexenjagd“ – für die mittlerweile nicht mehr existierende Zeitschrift „Intro“ des Kulturfördervereins Ruhrgebiet e.V. – : „Kaum zu glauben: Der momentane Medien-Hype über Pornogaphie im Internet, der nun auch die 200 von Compuserve gesperrten Usenet-Gruppen zum Opfer gefallen sind, basiert in erster Linie auf einem schlampig geschriebenen Artikel von Time-Autor Philip Elmer-Dewitt über die Studie „Marketing Pornography on the Information Superhighway“ von Martin Rimm…, der die Untersuchungsergebnisse einer Studie, die sich auch mit Pornographie im Internet befaßt, stark verzerrt wiedergegeben hat. Der Artikel…hatte schlicht und ergreifend keine faktische Grundlage.“

Das hinderte aber die Mehrzahl der Journalisten in Deutschland nicht daran, den Artikel als ernst zu nehmende Quelle einfach zu übernehmen. Die Nachwirkungen sind noch heute zu spüren: Wer es wagt, sich dem irrationalen Mainstream des Diskurses entgegenzustemmen, wird scheel angesehen, als sympathisiere er mit Kinderschändern. (…)

Grundlage für den berühmt-berüchtigten Artikel der Time war Martin Rimms Studie „Marketing Pornography on the Information Superhighway“ von der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh. In dieser Publikation geht es um Pornography on Computer Network? – also nicht primär um das Intenet, sondern um vernetzte Computer allgemein. Die Studie beschäftigt sich vornehmlich mit rund siebzig privaten Mailboxen (Bulletin Board System, abgekürzt BBS), die in technischer Hinsicht mit dem Internet nicht verbunden und auch kein Teil dessen sind. Am Rande widmete sich Rimm drei Dutzenden Diskussionsforen im Usenet – die wiederum haben mit dem World Wide Web nichts zu tun. Im WWW analysierte der Autor circa zehntausend Seiten, er fand (im Jahr 1995) nur auf neun Webseiten harte Pornografie – Kinderpornografie überhaupt nicht.

Die Studie Rimms wurde aber als „the first systematic study of pornography on the Information Superhighway“, kategorisiert, als zöge man eine Expertise der Bundesbahn über den Gleisbau zur Konzeption neuer Autobahnen heran. Im Unterschied zu Grafiken im Internet kann der Nutzer eine Mailbox nicht sehen, welche Inhalte auf ihnen zu finden sind, er muss sich nach bestimmten Schlüsselbegriffen orientieren, bevor er eine Datei auf seinen Rechner kopiert. Die Studie Rimms beschränkte sich im wesentlichen auf Mailboxen, die ihre Inhalte selbst als „commercial“ oder gar „adult“ anpriesen – kein Wunder, dass dort Pornografie zu finden war. Das war ihr eigentlicher Zweck.

Man kann die Geschichte dieses Hypes nicht rational diskutieren. Das scheitert in der Regel daran, dass Zensur-Lautsprecher wie Bosbach, Volksverdummer wie der BKA-Präsdident Ziercke oder die Jugendschutzwarte gar nicht wissen, was eine Mailbox ist. Sie werden daher auch nicht begreifen, dass „Cyberporn“ schon immer viel Lärm um nichts Wichtiges war.

Auf Zeit Online lesen wir heute das aktuelle Update des Hypes. „Cyberporn“ wurde im lauf der Jahre ersetzt durch die Sprechblase „Kinderpornografie“. Die Parole „Löschen statt sperren“ ist nur deshalb erfunden worden, um den Befürwortern der Sperrlisten und sinnfreien Stoppschildern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Leider haben auch die Guten diese Parole aufgegriffen, weil man froh sein muss, dass der gesellschaftliche Konsens der Komitess für die unmoralischen Umtriebe im Internet nicht die einstweilige Erschießung von Leuten wie mir durchgesetzt haben. In Wahrheit ist „Löschen statt sperren“ genau so ein Quatsch wie Sperrlisten – es gibt nicht zu sperren, was des Sperrens würdig wäre.

Schauen wir uns doch die Liste der Websites an, auf die das BKA ein virtuelles Auge geworfen hat. Kein einziges deutschen Medium hat erwähnt, dass die US-amerikanische gesetzliche Grundlage, was „Kinderpornografie“ sei, eine andere ist als die deutsche und dass deutsche Behörden weder das Recht noch die geringste Chance haben zu fordern, dass die dortigen Provider „einschlägiges“ Material löschen. Und natürlich kann jeder in zehn Sekunden herausfinden (das ist keine Website mit Kipo, Herr Internet-Blockwart!), welche Firma welchen Server hostet – und das nicht nur in den USA, sondern weltweilt. Wer diese beiden wesentlichen Fakten unterschlägt, ist ebenfalls ein Volksverdummer.

„Von Erfolg oder Misserfolg der Löschbestrebungen hängt ab, wie es mit dem sogenannten Zugangserschwerungsgesetz weitergeht“, schreibt Zeit online affirmativ. Wer das Orwellsche Neusprech der Zensur-Lobby übernimmt und statt Zensurgesetz „Zugangserschwernisgesetz“ sagt, outed sich selbst als jemand, der nicht weiß, was Journalismus sein könnte.

Der Artikel auf zeit Online nennt auch keinen Autor. Das liegt vermtulich daran, dass man bei moraltheologischen Themen wie Drogen, Rechtsextremismus und Kinderpornograpfie im internet auch die Volontäre ranlassen kann. Recherche (Wo, verdammt noch mal, gibt es öffentliche zugängliche Kinderpornografie im World Wide Web? Nicht zu vergessen: World Wide Web bekanntlich kein Synonym für Internet.) ist nicht erwünscht und man weiß ja eh, was bei dem Artikel herauskommt.

Liebe wohlwollende Leserin und lieber geneigter Leser! Sie werden verstehen, dass mich das Thema nur noch ankotzt und ich keine Lust habe, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Man ist nur noch von einem Haufen Irrer umgeben.




Vorratsdatenspeicherung heisst jetzt Mindestspeicherfrist

Schöner Artikel von Kai Biermann in Zeit online über die gegenwärtige PR-Kampagne der Zensur- und Überwachungslobby: „Die Angstkampagne des BKA“.




Massenwahn “Kinderpornografie im Internet”, reloaded

„BKA will Besitz und Verbreitung von Kinderporno-Links kriminalisieren“, berichtet Heise. Dem BKA geht es offenbar gar nicht mehr um rationale Argumente oder um Verfolgung der Täter, sondern ausschließlich um Zensur-Lobbyismus. Das zeigt die „Analysis of a representative example of European blacklists„, die der Arbeitskreis Zensur (AK Zensur) vorgelegt hat:

Results:
•Three domains were found to contain illegal child abuse images.
•Two of these have been on the Danish blacklist since 2008 and were also blocked in Norway, Finland and Sweden. After sending an abuse message to the hosting provider in the USA, the websites were removed in less than 30 minutes. This suggests that the police did nothing to shut these sites down for about two years.
•One domain has been on these blacklists since about spring 2010, in the TLD .in (India), hosted in the Netherlands. The domain was suspended by the Indian domain name registry three hours after a request was sent.
•More than half of the blocked domains (92) were already deleted.
•Many domains (66) were not registered anymore.
•Some domains (6) did not contain any child abuse images or obvious illegal content.

Summary:
The vast majority of the blocked domains are no longer active. Only a few still are.
•164 domains were blocked in Denmark, but offered no illegal material or were not connected at all at the time of our investigation.
•3 of the blocked domains were found to contain child abuse images, even though two of them had been blocked for as long as two years. After 30 minutes and 3 hours of action respectively, they were taken down by their webhoster or registry. This could have been achieved much earlier. All we had to do was to send a few emails.

„‚Das Ergebnis ist eine Blamage für die Strafverfolgungsbehörden‚, meint Alvar Freude vom AK Zensur, da von allen untersuchten Links lediglich drei Seiten tatsächlich Inhalte enthielten, ‚die als Kinderpornografie eingestuft werden können‘. (…) Trotzdem habe es offensichtlich ‚keine Versuche von Seiten der Strafverfolgungsbehörden‘ gegeben, diese illegalen Inhalte aus dem Netz zu entfernen.“

Wen wundert das…. Mich wundert auch nicht, dass ausser Heise kein deutsches Medium darüber berichtet. Der Opportunismus der Mainstreamholzmedien ist vergleichbar mit der Zeit der US-amerikanischen McCarthy-Ära: Der Staat braucht die öffentliche Meinung und die Medien nicht zu zensieren. Wenn die vom Massenwahn und der allgemeinen Hysterie schon infiziert sind, funktioniert die Gleichschaltung auch so.

Irgendwie erinnert mich das Krankheitsbild des Massenwahns „Kinderpornografie im Internet“ an einen Roman von Camus, den ich in meiner Schulzeit lesen musste (leider auf französisch – vieles habe ich damals gar nicht verstanden): „Die Pest„. Thema: „die ständige Revolte gegen die Sinnlosigkeit der Welt“. Man kann gegen die Hysterie und Kritiklosigkeit deutscher Medien nicht argumentieren. Man kann auch gegen andere psychische Krankheiten, etwa Schizophrenie“, nicht argumentieren. Wer Stimmen hört, wird sich von einem Beweis, dass es diese gar nicht gäbe, nicht von seiner Meinung abbringen lassen.

Anthropologen, Ethnologen und Soziologen späterer Epochen werden über die Hysterien und Exorzismen des beginnenden Internet-Zeitalters sowie deren urbane Märchen („Kinderpornografie im Intenet“, „Online-Durchsuchung“) sicher interessante wissenschaftliche Arbeiten verfassen und schmunzelnd den Kopf schütteln, wie wir heute über die Kinderkreuzzüge, – ähnlich wie Elias Canetti in „Masse und Macht“ den „psychischen“ Zustand großer Menschengruppen genial beschrieben hat.




Mythos „Kinderpornografie im Internet“

Heise: „Ein Fortschrittsbericht der ‚European Financial Coalition‘ (EFC) gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Netz kommt zu dem Ergebnis, dass vom viel beschworenen ‚Massenmarkt‘ für Kinderpornographie im Internet keine Rede sein kann.“

Dazu ein sehr interessanter Kommentar im Heise-Forum (gekürzt): Die Studie

… – basiert auf 14.500 „records“ einschlägig bekannter Organisationen wie dem US-amerikanischen National Center for Missing and Exploited Children, das sich aus der „Kinderschänderhysterie“ finanziert und sie selbst mit erzeugt hat(1), oder der Internet Watch Foundation (IWF), eine britische Zensurorganisation, (…)

– Als kommerzielle Websites für Kinderpornografie (KP) gelten auch konstenpflichtige unzensierte Newsgroups.

– Die Kategorien sogenannter kinderpornografischer Websites:
o A: Kinder und/oder Jugendliche mit sexuellem Kontakt, nackt oder in „sexuell suggestiven Posen“
o A1: „junge Kinder“ (wahrscheinlich unter 14) in suggestiven Posen aber bekleidet
o angebliche Linkseiten auf Seiten des Typs A und A1
o allgemein nicht mehr aktive Seiten

Was bedeutet das?
oo Um eine hohe Zahl angeblicher KP-Seiten zu suggerieren, wurden auch Seiten mit Links auf angebliche KP sowie Seiten gezählt, die nicht (mehr? waren sie es jemals?) aktiv sind. Somit verblieben von den ursprünglichen 14 500 Seiten nach Abzug 46(!) übrig

oo Von den 46 Seiten hatten lediglich zehn(!) selbst Bilder des Typs A, davon vier(!) kommerziell.

oo Von den vier kommerziellen hatten zwei virtuelle KP (Zeichnungen, 3D). Das ist in den USA legal und schadet niemand. Die anderen beiden waren Nudisten-Sites.

oo Von den sechs nicht kommerziellen waren zwei legale Teen-Sites, eine Nudisten-Site, eine mit virtueller KP und von den restlichen zwei ist nichts über den Inhalt in Erfahrung zu bringen.

– Bilder posierender angezogener Kinder (sogenannte Child Modelling Sites wie WALS oder nicht posierender nackter Kinder bzw, Jugendlicher(!) werden als Kinderpornografie bezeichnet

– Tatsächlicher sexueller Missbrauch zur Herstellung von KP konnte nicht in einem einzigen Fall festgestellt werden.

Fazit:
Als Bilder von sexuellem Kindesmissbrauch gelten auch Bilder angezogener posierender und nackter nicht posierender Kinder. Teilweise müssen Jugendliche definitorisch als Kinder herhalten. (…) Mit Kinderschutz hat das nichts zu tun; das ist eine unglaubliche anglo-amerikanische Prüderie, wenn ein nackter Jugendlicher per se als „sexuell missbraucht“ bezeichnet wird. Hier geht es nicht um Kinderschutz, sondern um die Durchsetzung moralinsaurer Moralvorstellungen und die Hysterisierung ganzer Bevölkerungen, um Überwachung und Zensur einzuführen.

Die Studie konnte bei 14 500 mutmaßlichen Seiten nicht eine einzige Site (!) belegen, auf der Bilder von Sex mit Kindern zu finden sind (…). Die 14 500 Sites stammen von Organisationen, die zensieren oder Zensur befürworten und seit Jahren von massenweiser, auch kommerzieller, KP im Internet faseln. (…)

So bleibt von der Kinderpornohysterie, geschürt durch einschlägige Organisationen, nichts übrig. (…)

Vor fast zwanzig Jahren erschien ein wissenschaftlichen Artikel, der die Entstehung der Wahnvorstellung „Kinderpornografie im Internet“ analysiert hat. Fazit: „We have called the claims about child pornography ‚myths.‘ The existence of child pornography is certainly not. The myths are the exaggerated estimates of the number of children, the volume and value of the trade, the profits that are alleged to have been made, and the horrifying damage said to have been done to the children.“

Quelle: Jan Schuijer und Benjamin Rossen: The Trade in Child Pornography (Vol. 4, 1992), Institute for Psychological Therapies, 5263 130th Street East, Northfield, MN („The Institute for Psychological Therapies is a private practice of clinical psychology. IPT’s primary work is related to allegations of child sexual abuse, but also deals with cases of sexual harassment, claims of recovered memories of childhood abuse, accusations of rape, allegations of improper sexual contact by professionals, forced and coerced confessions, false confessions, personal injury claims, mitigating factors in sentencing, custody, and medical and psychological malpractice.“

(1) „Das NCMEC ist maßgeblich mitverantwortlich, dass Jugendliche die in den USA Sex haben, entweder ins Gefängnis kommen oder einer „freiwilligen“ Zwangs-„Therapie“ unterzogen werden.“




Telekommunikationsüberwachungsverordnungsmaßnamen

Ich musste mich regelrecht prügeln, zum Entenbraten, auch bekannt als der einflussreichste Hoax des Jahrzehnts, auch bekannt als das Märchen von der real gar nicht existierenden und technisch nicht umsetzbaren so genannten „Online-Durchsuchung“ etwas zu verfassen. Wie gewohnt ist die Berichterstattung der ahnungslosen Medien interessanter als das Faktum selbst. Natürlich fordert ein Innenminister immer schärfere Gesetze, ungeachtet seiner Parteizugehörigkeit und seines Charakters, falls vorhanden, hieße er Schily, Schäuble oder de Maiziere. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, und ein Innenminister, der sich ausschließlich von opportunistischen Karrieristen, Zensur-Propagandisten, ahnungslosen Dampfplauderern (ja, ich denke an Bosbach) und Lobbyistne des Überwachungsstaats umgibt und qua Amt umgeben muss, der trägt immer den unvermeindlichen Komparativ auf den Lippen: Der Staat muss härter melden, durchführen und verbieten.

Bei Heise las ich die irreführende Überschrift: „De Maizière will heimliche Online-Durchsuchungen auch zur Strafverfolgung“. Der Kollege Krempl ist für merkwürdige und suggestive Formulierungen schon einschlägig bekannt: „Zudem macht sich de Maizière für den Einsatz heimlicher Online-Durchsuchungen zur Strafverfolgung stark. Bisher darf allein das Bundeskriminalamt (BKA) zur Abwehr terroristischer Gefahren verdeckt auf IT-Systeme Verdächtiger zugreifen. Der Innenminister drängt nun auf eine Verwertungsbefugnis für Daten, die mit dem Bundestrojaner gewonnen werden, in der Strafprozessordnung (StPO).“

Kein Wort darüber, dass der „verdeckte Zugriff“, der hier suggeriert wird, weder bisher ein einziges Mal stattgefunden hat noch jemals so stattfinden wird. Auch ist die Bezeichnung „Bundestrojaner“ Schaumschlägerei, weil es diesen „Trojaner“ (es müsste eigentlich Trojanisches Pferd heissen, die Trojaner standen aussen um den antiken hölzernen Gaul herum) gar nicht gibt. Aber Krempl drückt eben wie der mediale Mainstream die Zahnpaste weiter aus der Tube. Man muss Unfug nur lange genug wiederholen, irgendwann glaubt jeder daran. Aber der Begriff ist eben so sexy, da kann niemand widerstehen.

Welt Offline hat etwas genauer formuliert: „Im Einzelnen will de Maizière dem Verfassungsschutz die Erlaubnis zur sogenannten ‚Quellen-Telekommunikationsüberwachung‘ (Quellen-TKÜ) geben.“ Diese Wort-Ungetüm wird immer dann ins Spiel gebracht, wenn niemand mehr nachfragen soll, was eigentlich gemeint ist. Die fromme Legendenbildung der Überwachungslobby hat bekanntlich zur Sprachregelung geführt: Man muss die Daten der Kriminellen überwachen, bevor sie auf den Knopf zum Verschlüsseln drücken. So stellen die sich das vor. Das Neusprech hat seinen Weg in die Medien auch deshalb gefunden, weil die brav jedwedes Deutsch des Grauens nachplappern, ohne ihrer verdammten Pflicht nachzukommen, dieses gespreizte Bläd- und Furzbürokratendeutsch in kleine und verständliche Teile zu zerhacken. Man geriert sich als Durchblicker, wenn man den Quatsch und jeden Jargon übernimmt. Ich sage nur: Telekommunikationsüberwachungsverordnungsdurchführungsmaßnahmen.

Die so genannten „Quellen-TKÜ“ hat auch mit dem, was bei DAUs und im Volksmund als „Online-Durchsuchung“ bezeichnet wird, gar nichts zu tun, sondern handelt davon, wie man Telefonie und E-Mails belauschen soll.

Ich habe keine Lust, alles immer zu wiederholen. Also zitiere ich mich selbst: Krempl (..:), hier diese Rezension weiterlesen: „Als nächstes zeigen die Autoren, dass es sich bei der Online-Durchsuchung um ein sich selbst verstärkendes Phänomen handelt, das aus unklaren Definitionen darüber herrührte, was mit der Online-Durchsuchung eigentlich gemeint sein soll. Gepaart mit dem Mythos des allmächtigen Hackers schaukelte sich die Darstellung der Online-Durchsuchung in den Medien zu immer größeren Horrorszenarien auf, die man letztlich als nahezu faktenfrei bezeichnen kann. Die einzig gesicherten Fakten waren nur die Berichte in den Medien, nicht deren Inhalt. Aus der vielleicht noch anfangs verwendeten konjunktiven Form ‚könnte‘ wurden dann konkrete Forderungen von Politikern. Journalisten stellten suggestive Fragen, ob es denn solche Fälle nicht schon längst gegeben habe, und weil man nicht genau wusste, was mit ‚Online-Durchsuchung‘ gemeint ist (oder was man selbst darunter versteht) und man es mit anderen Verfahren vermischte/verwechselte, ergab sich das Bild, dass schon seit langem dieses Verfahren ohne Rechtsgrundlage abgelaufen ist. Dies Alles, gepaart mit dem fehlenden Sachverstand, führte zu dem schon genannten ‚Medien-Hype‘. Beim Lesen dieses Teils des Buches kommt man aus dem Staunen über diese Vorgänge nicht heraus. Steht es so schlecht um den Journalismus in Deutschland?“

Zitat im Zitat: Ich zitiere mich selbst: „In Wahrheit hat es eine „Online-Durchsuchung“ oder gar den „Bundestrojaner“, der seit geraumer Zeit durch die Medien geistert und sogar einen eigenen Eintrag bei Wikipedia bekommen hat, nie gegeben – und es wird ihn auch nie geben. Er ist ein Hoax und beruht auf dem mangelnden Sachverstand eines Oberstaatsanwaltes, jeweils einer Falschmeldung der taz und der Süddeutschen und der Tatsache, dass alle deutschen Medien, ohne die Fakten zu recherchieren, voneinander abgeschrieben haben. Nach dem Prinzip ‚Stille Post‘ steht am Ende der Berichterstattung dann der ‚behördliche‘ Hacker, vom dem am Anfang nie die Rede war.“

Ceterum censeo: Der Kaiser ist nackt! Es gibt keine ‚Bundestrojaner‘!




Die Zeitschrift als Waffe und Durchsuchungen als Strafe

Annalist: „Die Zeitschrift als Waffe. Mehr Durchsuchungen in Berlin“.

„Der Tagesspiegel, der in solchen Sachen in der Regel außerordentlich gut informiert ist (sich aber zu der Behauptung verstieg, es sei die Redaktion durchsucht worden), berichtet dann in einer Meldung auch gleich von Durchsuchungen bei Neonazis. Extremist = Extremist, ist wohl die Botschaft.“

Stichwort: „Bombenbauanleitungen“. Das kommt gleich nach „Kinderpornografie“. „‚Interim‚ ist zwar nicht verboten, wird aber im Untergrund hergestellt, schätzungsweise mit 1500 Exemplaren.“ Dazu vergleich auch Heise Online: „BKA-Honeypot www.bka.de“.

Vgl. auch Ermittlungsausschuss: „Durchsuchungswelle in linken Buchläden“ (Juli 2010): „Wir haben es also mit einer politischen Initiative der Staatsanwaltschaft zu tun, die, so sie Erfolg haben sollte, die Möglichkeiten zur staatlichen Verfolgung von politischen Gedanken und Einstellungen ausweiten wird. So, wie der §130a keine konkrete Tat unter Strafe stellt, sondern die ‚Anleitung‘ zu einer solchen schon zur Straftat macht, wird nun versucht, vom bloßen Vorhandensein bestimmter Schriftstücke auf deren inhaltliche Befürwortung durch die Ladenbetreiber zu schließen und diese zu kriminalisieren. Angeblich – siehe Artikel 5 Grundgesetz – findet eine Zensur nicht statt, dafür aber aktive Verunsicherung und Einschüchterung, wenn HändlerInnen und LeserInnen nicht wissen können, ob das radikale Blatt, das sie in Händen halten nicht morgen schon kriminalisiert werden wird, und sie gleich mit.“

Diese Tendenz ist zwar nicht neu, aber immer noch und immer wieder eine „Waffe“ der Staatsanwaltschaft, um einzuschüchtern und das Verfahren selbst als „Strafe“ androhen zu können, selbst wenn sich die Unschuld der Verdächtigten herausstellte. Ich sage das aus eigener Erfahrung, denn mehr als ein Jahr nach meinem Freispruch habe ich meinen damals beschlagnahmten Rechner immer noch nicht wieder.




Strafverfolgungsfreier Raum

Neue Sprachregelung der Zensur-Lobby: „Das Internet wird zunehmend zum strafverfolgungsfreien Raum“ (sagt natürlich Bosbach, das merkbefreite Sprachrohr der Überwachungsstatt-Fanatiker, laut Heise.) Ich aber sage euch: die Vorratsdatenspeicherung wird erneut kommen, keine Frage.




Rechte werden immer öfter immer aktiver im Netz

Deutsche Mainstream-Medien lassen sich für die Propaganda diverser Pressure Groups aka Lobbyisten missbrauchen – das ist kein Geheimnis. Man kann das aus Faulheit erklären, aus mangelnder Professionalität, aus ökonomischem Druck, die Anzeigenkunden nicht zu verärgern. Es gibt viele Gründe. Keiner ist entschuldbar, aber so wie es schlechte Politiker, Ärzte und Juristen gibt, gibt es auch schlechte Journalisten.

Ein schlagendes Beispiel ist wieder einmal Spiegel offline mit einem überaus nichtssagenden, aber um schlampigeren Artikel über das beliebte Sprechblasen-Thema „Neonazis sind immer öfter im Internet“ (wahlweise: „Rechte werden immer aktiver im Netz“). Der Autor Hendrik Ternieden gibt sich noch nicht einmal mehr den Anschein, irgendetwas recherchiert zu haben, sondern plappert kritiklos die Agitprop der Dauer-Skandaltruppe Verfassungsschutz und die der Jugendschutzwarte nach.

„Zwar können viele Inhalte gelöscht werden – doch oftmals tauchen sie ebenso schnell wieder auf.“ Wer löscht hier welche Inhalte? Der Verfassungsschutz? Und welche Inhalte? Verbotene Inhalte? Oder nur ekelhafte, falsche oder unangenehme? Ternieden gibt hier den kritiklosen Nachplapperer der Zensur-Lobby. Es wird noch nicht einmal die Frage gestellt, ob überhaupt eine politische Meinung verboten werden sollte und ob das nützlich und Erfolg versprechend sein. Dieses suggestive Dampfplaudern ist aber typisch für moraltheologische Artikel „gegen“ Rechts, die weder journalistischen Ansprüchen genügen noch das Publikum über irgendetwas aufklären.

„Nie zuvor gab es so viele rechtsextreme Websites, warnte unlängst Jugendschutz.net, die Zentralstelle der Länder für Jugendschutz.“ Wie viele unabhängige Quellen haben wir denn hier? Nur eine abhängige, dazu noch eine umstrittene Lobby-Organisation: Eine kleine Recherche, zum Beispiel im Whois zur Domain, bringt zu Tage, dass jugendschutz.net in Wirklichkeit eine GmbH, also eine Firma, ist. Zwar präzisieren andere Quellen, dass es eine gemeinnützige GmbH sei, aber das sorgt im Wesentlichen nur für Steuervergünstigungen. Dabei ist jugendschutz.net bzw. die „LPR Trägergesellschaft für jugendschutz.net GmbH“ eine der wenigen Firmen, die es geschafft haben, in einem Gesetz erwähnt zu werden. Schon mal nachgeprüft? Oder Kopf ab zum Gebet, es sind ja Jugend“schützer“?

„Doch wie gefährlich sind die Braunen im Netz wirklich? Nur schwer lässt sich abschätzen, wie groß ihre Wirkung ist“, schreibt Spiegel Offline. Nichts Genaues weiß man offenbar nicht, nur, dass die Bösen immer böser werden und immer klüger und das „Netz“ immer öfter nutzen. Das habe ich schon 1993 so gehört. Ihr langweilt mich mit eurem sinnfreien Mahnen und Warnen.

Ich habe 2007 dem Tagesspiegel ein Interview gegeben: Nein, das Wort „neue Strategie“ oder „neue Qualität“ ist ein Textbaustein, den ich seit 15 Jahren in regelmäßigen konjunkturellen Zyklen höre, aus den immer gleichen Meldungen des Verfassungsschutzes: Neonazis werden immer böser, nutzen immer öfter das Internet… Ich höre da schon gar nicht mehr hin. Anfang der 90er Jahre wurde behauptet: Neue Qualität – Neonazis nutzen Mailboxen. Bombenbauanleitungen… Das war ja alles ganz fürchterlich. Später: Neonazis nutzen das Internet, und jetzt aufgesplittert: Neonazis nutzen Foren in den USA, jetzt nutzen Neonazis auch flickr.com, und jetzt nutzen Neonazis Web 2.

Bei der Lektüre des hysterisch angehauchten Artikels bei Spiegel Offline fragt man sich irgendwann: Was will uns jetzt der Künstler damit sagen? „Die staatlichen Kontrolleure sind machtlos. Solange keine strafbaren Inhalte veröffentlicht werden, haben sie keine Handhabe. Dann kann auch der Verfassungsschutz nur eines tun: beobachten. Und das ist in den Tiefen des Internets eine gewaltige Aufgabe. “

Wer hätte das gedacht? Muss man denen jetzt mehr Geld oder mehr Mittel geben? Vielleicht hat der geschätzte Kollege Ternieden in den letzten 30 Jahren hie und da die Forderung gehört, diese total überflüssige Organisation ersatzlos zu streichen? Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich vor langer Zeit ummehr als vierzig Kästen Champagner gewettet, dass es keinem unangenehm auffallen würde, wenn es den Verfassungsschutz nicht mehr gäbe.

Der „Jugendschützer Glaser“ ist eine der abhängigen Quellen, die der Spiegel-Offline-Autor zu Wort kommen lässt, ohne auch nur eine einzige These überprüft zu haben. Etwas klarer wird auf Endstation Rechts, wes Geistes Kind dieser „Jugendschützer“ ist: „‚jugendschutz.net‘ erreicht zwar in vier von fünf Fällen, dass unzulässige Inhalte gelöscht werden.“ Unzulässig! Was ist hier warum „unzulässig“? Was den Jugendschutzwarten nicht gefällt?

Ich frage mich, ob man bei den Mainstream-Medien einfach nur dumm und faul ist oder ob eine Methode dahinter steckt – ich wüsste aber nicht welche. Vielleicht machen wie wohlwollenden Leser und geneigten Leserinnen einfach einen Selbstversuch: Man lese den oben erwähnten Spiegel-Offline-Artikel noch einmal ganz unvoreingenommen und frage sich anschließend, welche Inhalte im Gedächnis haften geblieben sind und welchen Gefühl im Magen zurückbleibt? Keine? Und das dumpfe Grummeln: Der Staat muss da doch härter durchgreifen und die Jugend noch mehr klostertauglicher schützen? Zensur ist gut, wenn es gegen die Bösen geht?

Bei mir bleibt nur das Gefühl zurück, das sich gleich kotzen könnte, wenn ich diese als Journalismus getarnte Propaganda lesen muss.




John F. Kennedy zur Online-Durchsuchung

Das war ja zu erwarten: Die einflussreichste Ente des letzten Jahrzehnts watschelt immer noch. Hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen (aka Schweiz) ist alles ein weniger langsamer, aber jetzt quakt es auch dort. Wie 20 Minuten Online berichtet, gibt es nur zwei Denkschulen: Die einen wollen im Männer im Kreis um ein Feuer tanzen lassen, damit es bald regnet, und die anderen sagen, das sei grob sittenwidrig und auch Frauen müsse das erlaubt sein.

Halt! So war es gar nicht. Die einen wollen private Computer behördlicherseits heimlich überwachen und die anderen sind dagegen, weil das obrigkeitsstaatlich undsoweiter sei.

Also führen wir schnell eine dritte Denkschule ein, um die schweizer Diskussion aufzulockern. Ganz egal, ob Männer oder Frauen im Kreis tanzen, das hat nichts mit dem Regen zu tun. Ganz egal, ob man einen „Bundestrojaner“ blöd findet oder nicht – ihn gab es noch nie, ihn gibt es noch nicht und es wird ihn so, wie DAUs sich das vorstellen, nie geben. Punktum. Es ist ein Hoax, ein Mythos, eine urbane Legende, eine frommes Überwachungsmärchen, aus den feuchten Wunschträumen der Zensur-Lobby entschlüpft, gar nicht wahr, eine Ente, alles gelogen und noch nicht mal gut erfunden, die Welt als Wille und Vorstellung – muss ich noch deutlicher werden?

John F. Kennedy wird der Satz zugeschrieben: „Der größte Feind der Wahrheit ist nicht die Lüge – absichtsvoll, künstlich, unehrlich -, sondern der Mythos – fortdauernd, verführerisch und unrealistisch.“

Besser kann man es nicht beschreiben. Der Mythos von der real gar nicht existierenden „Online-Durchsuchung“ wirkt deshalb, weil er fortdauernd wiederholt wird – von dämlichen Journalisten, die von den technischen Hintergründen gar nichts wissen wollen, von eitlen Möchtegern-Hackern, die sich mit ihrem vermeintlichem Allwissen brüsten, von Verschwörungstheoretikern („der Staat/die NSA/der Mossad sind schon drin“), von selbst ernannten Experten, die vor jedes Mikrofon springen, das ihnen hingehalten wird, aber eine Waschmaschine nicht von einem Kühlschrank und einen Algorithmus nicht von einem Oktopus unterscheiden können.

Verführerisch, weil es so schön sexy ist, wie aus einem Hollywood-Movie entsprungen, dort, wo der Hacker als Schamane des 21. Jahrhunderts mit seinen magischen Fähigkeiten in alles Digitale eindringt, was nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist. Sexy besonders für die Gegner, weil man mit der Ente schon herumwedeln und vor dem ultrabösen Staat warnen kann.

„Auch bürgerliche Parteien sind skeptisch gegen die Computer-Überwachung: Der SVP etwa sind die Anforderungen für den Einsatz von Trojanern nicht hoch genug, wie sie in einer Stellungnahme schreibt. Die CVP meldet ‚gewisse Vorbehalte‘ an und die FDP befürchtet ’schwerwiegende Folgen‘ für die infizierten Computer.“

Das ist doch zum Kringeln! Sie gehen schon von „Trojanern“ aus, obwohl die vermutlich gar nicht wissen, was das ist. Magie eben. „Die“ können das „irgendwie“. Haben wir doch im Fernsehen gesehen. Oder im „Tatort“, wo ein Hacker mit einem Laptop auf einem Hochhaus steht und die Verkehrsampeln ausschaltet.

Unrealistisch sowieso. Aber deswegen ist der Mythos ja einer – im Gegensatz zur Wahrheit. Die Zahnpasta ist aus der Tube und ich könne 77 Büchern über den Hoax „Online-Durchsuchung“ schrieben, es würde nichts nützen.

Was lesen wir über Rheinland-Pfalz? „Mit der gesetzlichen Zulassung von Online-Durchsuchungen dürfen rheinland-pfälzische Ermittler künftig zudem verdeckt auf Computer von Terrorverdächtigen und Schwerkriminellen zugreifen.“ hat auch nur einer der Journalisten, die sich das Gefasel des dortigen Innen-Daus anhörten oder darüber schrieben, gefragt, wie das geschehen, also technisch umgesetzt werden soll? Nein, niemand. Wieso? Sind die Medien gleichgeschaltet? Droht ein Bußgeld, wenn man Fragen stellt als Journalist? Nein, aber bei einem Mythos denkt eben niemand nach. Kopf ab zum Gebet.

Mich ärgert auch die schlampige Formulierung bei Heise. „Die rheinland-pfälzische Polizei erhält damit die Befugnis, Programme auf IT-Systemen zu installieren, die ein Mitschneiden von Kommunikation etwa in Form von Internet-Telefonie noch vor einer Verschlüsselung erlauben (Quellen-TKÜ). Voraussetzung für die Maßnahme ist ein richterlicher Beschluss.“

Natürlich kann man Spionage-Programme auf Rechnern installieren, wenn man den physischen Zugriff hat. Aber ist das bei einem verdächtigen Privatier realistisch? „Heimlich online“ geht es nicht.

Das Mitschneiden der Kommunikation hat uns schon Rot-Grün beschwert in Form der (Luftholen vor dem Aussprechen des Wortes nicht vergessen) Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) und der SINA-Box. Das Abhören hat aber rein gar nichts mit der „Online-Durchsuchung“ zu tun, es handelt sich auch um zwei völlig verschiedene Rechtsgrundlagen. Wieso muss man das immer total durcheinanderwürfeln? Nur um irgendwann das sexy Wort „Online-Durchsuchung“ unterbringen zu können?