Bella Servilia

sklavenaufstände

Kleiner Literaturtipp nicht nur für die hier mitlesenden Althistoriker, sondern vor allem für die, die sich einen ersten Überblick über das Thema verschaffen wollen: Mathias Pfeiffer „Bella Servilia – Die großen Sklavenaufstände der römischen Republik im Fokus moderner Theorien sozialer Bewegungen
Soziologische Theorie als Instrument der Altertumswissenschaft?“ (Magisterarbeit 2008). (Bei grin.com kostet das Pdf nur 99 Cent.)

Der Ansatz ist interessant – und ganz schön anspruchsvoll für eine Magisterarbeit. Pfeiffer spart auch nicht mit bissigen Seitenhieben auf sowohl die Soziologen als auch die Althistoriker, weil es offenbar schwierig es, die Disziplinen zur Kooperation zu bewegen. Die gut 100 Seiten starke Arbeit gibt auch einen aktuellen Literatur-Überblick.

Der Stellenwert der Sklaverei bei der Römern und die demographischen Relationen zwischen Freien und Unfreien scheinen es zu rechtfertigen, von einer „Sklavengesellschaft“ zu sprechen. Bei einer Gesamtbevölkerung in Italien von ca. sieben Millionen sei in den letzten beiden Jahrhunderten der Römischen Republik die Zahl der Sklaven von etwa 500.000 um das Vierfache auf zwei Millionen angestiegen. (Pfeiffer bezieht sich auf Ingomar Weiler)

Oha!? Sollte etwa Marx (der den Begriff „Sklavenhaltergesellschaft“ geprägt hat) doch recht haben? (Sehr interessant hierzu s. 44ff.) Irgendwann kann man natürlich als ernst zu nehmender Wissenschaftler nicht einfach an den Fakten vorbeiargumentieren

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Lastenfahrrad im Eigenbau

Lastenfahrrad

Schade, dass so etwas vermutlich nicht in Serie gebaut werden wird oder dass nicht zumindest ein Handbuch, wie man so etwas macht, verfügbar ist (gesehen heute in Berlin-Kreuzberg).

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Sine ira et studio

mitterauer „Inde consilium mihi pauca de principes et extrema tradere, sine ira et studio, quorum causas procul habeo.“ (Ist das korrekt? Mein Latein ist – quam triste miscendum! – total eingerostet.)

Wie schon erwähnt, habe ich mir sowohl die Annalen als auch die Historien des Tacitus zugelegt, die nicht nur amüsant zu lesen sind, sondern, wenn man die Details ernst nimmt, das oft und gründlich korrigieren, was die Populärkultur über das römische Weltreich und deren herrschende Klasse zu wissen meint. Natürlich gibt es die Ausgaben auch in Lateinisch online, und lange Passagen auch übersetzt, aber, wie das Schicksal es so will, nie genau die Sätze, die ich gerne im Original überprüft hätte. Mein großes Latinum ist schon – quam tempus fugit! – ein halbes Jahrhundert her.

Auch sind die spärlichen Anmerkungen bzw. Fußnoten der Krömer-Ausgaben so dürftig, als hätte man Tacitus-Kommentare des frühen 19. Jahrhunderts als Vorlage genommen; von einer kritischen Ausgabe kann nicht die Rede sein. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass bürgerliche Historiker es nicht lassen können, über die Psyche rönischer Kaiser et cetera wild herumzuspekulieren, anstatt es bei den Fakten zu belassen. Tacitus hat bekanntlich keine Wissenschaft betrieben, sondern Propaganda verfasst, die zwar geschickt verpackt, aber doch als solche zu erkennen ist.

Daher habe ich jetzt tief in die Tasche gegriffen (man kann nie genug Bücher haben!) und mir Lateinisch-Deutsche Ausgaben bestellt.

Nicht vergessen: Ich komme zwar von Hölzken auf Stöcksken, wie man im Ruhrpott zu sagen pflegt, aber das sind alles Vorarbeiten zum Einen und Einzigen Wahren und Autorativen, Historisch Genauen und Amtlich Anerkannten Bericht über den Feudalismus und wie er den Kapitalismus gebar und warum und warum anderswo nicht – der geplante Beitrag soll allem Widerspruch und Streit zum Thema ein Ende setzen. Ich werde also noch die so genannte Asiatische Produktionsweise diskutieren müssen (ist die Sklavenhaltergesellschaft eine notwendige Vorstufe in der Entwicklung zum Kapitalismus?) als auch die chinesische Kulturrevolution (gibt es Klassenkampf im Sozialismus?) abhaken müssen, bevor ich wieder zum Kern der Sache kommen kann.

Jetzt freue ich mich auf die Lektüre von Michael Mitterauers Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs. Der scheint – von seinen Themen her – ein vernünftiger bürgerlicher und auch kosmopolitisch denkender Wissenschaftler zu sein, und der Buchtitel ähnelt den Fragen, die ich auch zum Thema habe.

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Pappnasen. Spam. Pappnasen.

html e-mails

Wie ich schon schrob schrieb

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Danke, Merkel

masken gutscheine

Mir wäre aber Impfstoff lieber.

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Gracias

Vielen Dank an den edlen Spender B.!

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Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!

förmchenweitwerfen

Bei bestimmten Zeichenketten schlägt gleich mein Bullshitometer stark aus: „Engagiert sich“, „Aktivist“ (außer in historischen sowjetischen Filmen), „Welle der Empörung“, „sensibles Thema“. Ich habe mit der Medienblase nicht mehr viel zu tun, außer als teils amüsierter, teils gelangweilter, teils als kopfschüttelnder Beobachter aus anthropologischer Sicht. Ich bitte daher die Leserschaft, zum Beispiel die Perspektive einer Krankenschwester, eines Fabrikarbeiters, einer Putzfrau Reinigungsfachkraft oder einer Kassiererin im Supermarkt einzunehmen, also aus der Sicht der Leute zu urteilen, die tagaus, tagein hart arbeiten und vielleicht noch eine Familie ernähren müsse, und die mitnichten Zeit und Lust haben, gegen das gefühlt Böse im Internet anzuschreiben oder sich im Sandkasten gegenseitig Torten Förmchen an den Kopf zu werfen. Anders ist das, was folgt, gar nicht zu ertragen.

Ein Journalist schrieb recht langatmig auf Der Achse des Guten (Broder & Co.) darüber, dass er nicht mehr für die Zeitschrift „natur“ (natur.de/wissenschaft.de) schreiben darf. (Ich halte die „Achse“ für genauso „rechts“ wie die F.D.P., Teile der SPD und der CDU sowieso, von den Salonfaschisten ganz abgesehen – also kein Grund zur Schnappatmung oder zu Purifikations-Ritualen).
Ein Kollege sei, zufällig, auf Artikel von mir gestoßen, die auf der Achse des Guten publiziert worden seien. Man wundere sich über meinen „lustvoll prolligen, leicht nationalistisch gewürzten“ Achse-Beitrag über die Anti-Feuerwerks-Kampagne der Deutschen Umwelthilfe, die dem mailenden Kollegen wie eine „bier-/wutschäumende Stammtischrede beim AfD-Kreisparteitag“ vorkam. Ob ich das wirklich geschrieben habe?

„Lustvoll prollig“ ist niedlich: Da schwingt die Verachtung für die Proleten gleich mit. Die benehmen sich bekanntlich nicht „korrekt“, und ein Journalist aus der Mittelklasse muss natürlich die Nase rümpfen.

Ab jetzt geht es natürlich nicht mehr um Inhalte, sondern, wie in der Medienempörungsblase üblich, nur darum, wer wo etwas gesagt hat, wer etwas „sagen darf“ und ob das für den jeweils selbst definierten Mainstream anrüchig (offensive) sei. Ich habe den inkriminierten Artikel „Warum ich Donald Trump die Daumen drücke“ ganz gelesen. Wer die Ironie nicht mitkriegt, ist von allen guten Geistern verlassen und/oder dumm wie Brot. Ich hätte den auch so schreiben können, allein um die zu ärgern, die meinen, es gäbe irgendeinen Konsens, dass Trump als Vertreter der herrschenden Klasse der USA schlimmer sei als Biden, der bekanntlich jetzt dem Ausschuss eben derselben Klasse vorsitzt, um deren Geschäfte zu führen. Trump hatte natürlich auch keine Strategie, um die aktuelle Pandemie zu bekämpfen und gab eine Lüge nach der andern von sich. Mich aber regt das nicht auf: Nichts anderes erwarte ich von einer solchen Charaktermaske.

Ich hatte nur den Link zum Artikel auf Fratzenbuch gepostet und wurde schon beschimpft und als „Idiot“ geschmäht. Mich lässt das kalt, aber es ist schon erstaunlich, wie manche Leute, die sich „links“ fühlen, aber es nicht sind, auf Brocken, die man ihnen hinwirft, reflexartig reagieren wie ein Pawlowscher Hund. Man weiß vorher schon, was kommt, inklusive der Gendersternchen.

Noch ärger finde ich die weinerliche Art, mit der unsere Anstalten sich entschuldigen, sobald sich irgendwo in den so genannten sozialen Medien ein Shitstörmchen zusammenbraut oder jemand sich beschwert, den man nicht kritisieren darf und kann, weil er (noch schlimmer: sie) unerbittlich gut und „farbig“ ist, wie etwa die „Aktivistin“ Jasmina Kuhnke aka quattromilf (die sich auch auf den Couponschneider Don Alphonso eingeschossen hat).

Die Ölspur, die der WDR hinterlässt, ist so breit, dass sogar ein Merkava darauf ausrutschen würde. Ein Herr Micky Beisenherz, von dessen Existenz ich bisher nicht wusste, jammert: „Wenn ich Leute enttäuscht habe, dann tut mir das aufrichtig leid, denn das möchte ich nicht.“

Ach ja? Ich gehe nie ins Bett, ohne mich zu fragen, ob ich auch nicht vergessen habe, täglich jemanden enttäuscht, ans Bein gepinkelt oder in den Allerwertesten getreten zu haben. So eine Elendsgestalt nennt sich vermutlich auch noch „Journalist“, ohne rot zu werden vor Scham.

Noch schlimmer eine andere Dame, von der ich auch noch nie etwas gehört oder gesehen hatte: Gerade ich als Mutter von drei Kindern, sollte aufgeklärter sein, wenn es um unser vorurteilsbehaftetes Sprachsystem geht, für dessen Mitgestaltung wir alle verantwortlich sind. Ich werde zukünftig meine Wortwahl überdenken, denn es war falsch, dass ich mir angemasst habe, als privilegierte weiße Frau über ein Thema zu sprechen…“ Blabla. Ein unfassbares Gesülze.

Da rollen sich bei mir die Fußnägel hoch. Man meint, einer Masochistin beim Gang nach Canossa zuzusehen. Der „Tagesspiegel“ hat an ganz anderer Stelle und zu einem (nicht) ganz anderen Thema den treffenden Ausdruck „die Raserei der Tugendhaften“ geprägt. So muss man sich das vorstellen: An den Pranger mit ihnen, unter dem virtuellen Gejohle der Twitter-Menge mit faulen verbalen Eiern bewerfen, und die, die „bei diesem sensiblen Thema“ etwas Falsches von sich gegeben haben, rufen laut und weinend: Ich habe gesündigt! Ich beichte und bereue zutiefst!

Ich habe jetzt gar nicht mitbekommen, um was es eigentlich ging. Um etwas, was die arbeitende Bevölkerung in irgendeiner Weise interessiert? Was in ihrem Leben eine Rolle spielt? Christian Baron beschreibt in seinem Buch Ein Mann seiner Klasse, dass in einer Kneipe in Kaiserslautern, in der sein Vater verkehrte, jemand, der ins Sonnenstudio ging, „Elektroneger“ genannt wurde. Ich möchte den sehen, der sich im TV traute, dieses Wort zu benutzen.

Nur, um das klarzustellen: Ich mag nicht urteilen, ob zum Beispiel Frau Kuhnke recht hat oder nicht. Das sieht jeder anders, und bei rassistischen Vorurteilen gäbe ich ihr vermutlich oft recht. Es geht um die Art und Weise, wie man sich mit dem Thema auseinandersetzt. Als öffentliches Ritual der Schuld und Sühne? Als moraltheologisches Spektakel? Oder darf es vielleicht auch mal politisch sein – Rassismus als Feature des Kapitalismus, das Sinn ergibt und eine Funktion hat, insbesondere für die Herrschenden, und nicht als Fehler? Kann man mit den „Aktivisten“ auch über den tendenziellen Fall der Profitrate reden? Den kennen die gar nicht? Dann geht doch rüber zur systemaffinen Greta und rettet das Klima oder so.

Zum Erinnern: Die richtige Perspektive einnehmen und nicht in diesem weltanschaullichen Morast versinken!

So muss man auch über das ehemalige Nachrichtenmagazin und dessen daily soap, wer wen welchen Posten abkriegt, lesen. Oder die lächerlichen Sätze von meedia.de, die vermutlich dem Anus einer Werbeagentur entsprungen sind: Zwei Zeitungen in Brandenburg „rücken näher zusammen„. Eine „tief schürfende“ Analyse, die sich gewaschen hat. Meine Prognose: Der Mantel wird bald derselbe sein, Redakteure werden hinausgeworfen, alles soll digitaler werden oder auch: vor dem Sterben noch mal ein bisschen zucken.

Jetzt hätte ich mich beinahe aufgeregt. Aber zum Glück habe ich es nicht getan. Und ich werde meine Wortwahl nie, nie, nie überdenken.

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Sehr sehr scharf

chili

Vielen Dank an die edlen Spender!

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Burks mit Ball und Hund

daubermühle

Aufgenommen vor 1958. Im Hintergrund die Daubermühle zwischen Winterberg und Züschen im Sauerland.

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Ferrocarriles Ecuatorianos, revisited

eisenbahn ecuador

Das Foto habe ich 1981 1979 irgendwo an der Bahnstrecke zwischen Guayaquil (eigentlich Durán) und Quito gemacht. Leider weiß ich nicht mehr, wo genau das war.

Komisch, dass ich dieses Foto bisher noch nicht veröffentlicht hatte. Das Bild gehört zu meinen Favoriten, weil ich es immer exotisch und aufregend finde, wenn ein Zug, hier sogar eine Dampflok mit Güter- und Personenwagen, mitten durch einen Ort fährt, ohne dass die Schienen irgendwie gesichert sind.

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Schneeblumen

balkonrosen

Meine Balkonrosen sind jetzt eingeschneit. Ich hatte sie gewarnt.

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Für die moderne Frau von heute

missy

Bonus: 17 Seiten über Fetische! (Das ist übrigens eine Anzeige.)

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Wohlstand für alle!

Der Wanderpokal Lautsprecher des Kapitals geht heute an Daniel Eckert und Holger Zschäpitz von Welt online für den wunderbaren Satz:

Das wilde Hin und Her droht einen Kerngedanken der Wirtschaftswissenschaften auf den Kopf zu stellen, nämlich dass der Kapitalmarkt effizient ist und den Wohlstand der gesamten Gesellschaft mehrt.

Was haben wir gelacht.

Um zu erinnern: „Der Wanderpokal “Lautsprecher des Kapitals” geht an Journalisten, die (…) sich die Propaganda der Kapitalisten unkritisch zu eigen machen, die deren Neusprech und und Propaganda-Worthülsen übernehmen, die in Populär-Okonomie dilettieren, ohne jemals ein Buch über den tenzenziellen tendenziellen Fall der Profitrate oder die Theorie des Werts gelesen zu haben. Kurzum: die ihren Beruf nicht nur verfehlt habe, sondern auch noch dummschwätzen und sich als Lobbyist missbrauchen lassen, freiwillig oder aus Dummheit und/oder Ignoranz.“

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Nicht smart

smart home

Ich bin sozusagen ein Digital-Native-Neanderthalensis und noch zu einer Zeit sozialisiert worden, als Betriebssysteme keine Leerzeichen in Dateinamen mochten. Ich habe mir angewöhnt, statt eines Leerzeichens immer einen Unterstrich zu machen und Sonderzeichen in Dateien zu vermeiden. Daher fragte mich Alexa gestern: „Soll ich die Lampe workunterstrichdesk anmachen?“ Das nervt. Ich musste also alles umbenennen und auf den IQ eines Computers downgraden.

Keine Sorge, bei mir dürfen „smarte“ Geräte nur das, was ich ihnen erlaube. Ich habe einige Lampen über die Fritzbox laufen, weil ich es leid bin, immer halb hinter Bücherregale kriechen zu müssen, um an Lichtschalter zu kommen und weil die Option, mein Schlafzimmer plötzlich mit Rotlicht erleuchten zu können, auch lustig ist.

Ich nutze für einige Steckdosen Produkte des Marktführers und muss noch ein wenig herumfummeln, zumal die volksrepublikchinesischen Teile nicht so recht mit dem Router harmonieren, da ich auch zwei Repeater laufen habe. Als zeitweilige Lösung habe ich allen Geräten, denen ich nicht über den Weg traue – und das sind eigentlich fast alle -, per Kindersicherung das Internet verboten (dafür ist die eigentlich nicht gedacht, es ist aber ein eleganter „Hack“, ich will auch nicht löten müssen).

Für die Wetteransage, als Wecker und zum Abspielen von Musik per Voice-Befehl ist Alexa ganz gut… Ob das Teil sich zu mehr eignet, muss ich noch herausfinden.

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Keine Utopie in der Weite

the expanse

Fast hätte ich übersehen, dass schon die 5. Staffel von The Expanse läuft. Ist natürlich Pflichtprogramm, da IMHO die beste Sci-Fi-Serie überhaupt (was aber nicht viel heißt).

Die üblichen Verdächtigen sind wieder dabei, zu meinem Entzücken auch Cara Gee. Schauspielerei findet aber in Wahrheit nicht wirklich statt oder auf dem Niveau einer Daily Soap. Das erwartet man auch nicht. Stattdessen gibt es – wie gewohnt – superrealistische Weltraum-Szenen, futuristische Handys und den Plot, dass wieder die Welt gerettet werden muss.

Erstaunlich aber, dass das Science im Gattungsnamen nie ernst genommen oder nur auf die Technik beschränkt wird. Gibt es keine Autoren mehr, die eine Utopie entwickeln wollen, was die Gesellschaft angeht? Kapitalismus forever und bis nach Pandora? Da ist sogar „Raumschiff Enterprise“ anspruchsvoller, wo immerhin behauptet wird, die Menschheit sei so vernünftig geworden, keine Kriege mehr zu führen. Auch die Strugatzkis wagen mehr Utopie, sogar der kommunistischen Art.

„The Expanse“ macht auch hier keine Ausnahme. Die Handlung spielt nicht in einer Post-Apokalypse, sondern – Überraschung! – in einer Zukunft, in der es Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot gibt, arme Schweine, die nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft und eine Oberschicht aka herrschende Klasse, die in Saus und Braus lebt. Das soll es gewesen sein?

Man kann in einem Science-Fiction natürlich ausschließlich grundlegende philosophische Probleme exemplarisch abhandeln und die Futuristik nur als Kostüm benutzen, wie Stanislaw Lem in „Solaris“ oder dem „Unbesiegbaren“ (oh, das kann man demnächst nachspielen?) oder die Gegenwart parodieren.

Eine der Gründe für die mangelnde politische Fantasie der Drehbuch-Autoren ist vermutlich, dass die sich gar nicht erlauben, eine gesellschaftliche Utopie zu erfinden. Dazu müssten sie vom Kapitalismus theoretisch abstrahieren können. Fantasy parodiert bekanntlich unfreiwillig und oft auf lächerliche Weise den Feudalismus oder tribalistische Gesellschaften. Zu mehr reicht es nicht. Sogar John Norman ist mit seinem Gor-Zyklus tiefgründiger und präsentiert einen Gender-Alptraum, als hätten sich Hieronymus Bosch und Alice Schwarzer zusammengerauft, um eine Hölle zu schaffen. Das ist legitim und gar nicht so einfach.

Science Fiction sollte mehr können. Wenn das aber umgesetzt würde, hätte das Ergebnis eine Sprengkraft, die Hollywood auf keinen Fall dulden könnte. Das K-Wort muss nicht vorkommen, aber eine Gesellschaft, die nicht mehr auf Ausbeutung beruht und in der, was natürlich heute schon möglich wäre, alle Ressourcen gerecht verteilt würden? Wo kämen wir denn da hin?!

Insofern sage ich als Berufsnörgler: „The Expanse“ ist politisch reaktionärer Scheiß, übrigens genau so wie auch „Avatar„.

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Nachtgedanken

Denk ich an Deutschland in der Nacht, / Dann bin ich um den Schlaf gebracht.
Am besten nicht lesen, wenn man schon Schweres im Magen hat: Der Spiegel berichtet über das dutzendfache Totalversagen aller möglicher Behörden im Fall des Attentäters von Hanau. Ich fasse es nicht. Ist das überall so?

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In Shitstormgewitterchen

twitter

Wenn Männer sich mit #feminist und #vegan taggen, muss ich immer lachen. Das Klischee scheint ausnahmslos zu stimmen. Fehlt nur noch der Herren-Dutt für Hipster, die prekäre pseudo-intellektuelle Randexistenz und die völlige protestantische Humorlosigkeit.

Auf Fratzenbuch sinnierte ich vor mich hin, ob es nicht sinnvoll sei, auch öfter bei Twitter vorbeizuschauen, weil in der Kürze bekanntlich auch die Würze liegt. Oder: Wer nicht mit 120 Zeichen Propaganda auskommt, sollte es ganz lassen. (Oder sind es jetzt sogar mehr?) Ich bin mir aber nicht sicher, ob das nicht komplette Zeitverschwendung ist. Andererseits liebe ich es, mit dem Holzhammer zu argumentieren, weil das mehr Leben in die Bude bringt. Wer nicht eine Million Instagram-Follower erwartet, sollte gar keine Fotos posten. (Johann Wolfgang von Goethe)

twitter
„Sei stolz, Kamerad, du bist ein Arbeiter!“ (Sowjetisches Poster 1982, credits: Soviet Visuals)

Nimm dies zunächst, Twitter-Blase!
§ 241a – Politische Verdächtigung: Wer einen anderen durch eine Anzeige oder eine Verdächtigung der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ich hatte hier schon auf einen Artikel von Fatina Keilani im „Tagesspiegel“ hingewiesen. Die erlebte einen flame war Shitstorm der üblichen Verdächtigen in den üblichen Social-Media-Blasen. Letztere halte ich nicht für so relevant wie sie selbst, sondern für eine Art moralisierende und selbstreferenzielle Lichterkette, die sich – wie diese – nur an die eigene Peer Group richtet, also irrelevant ist.

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Zum Thema las ich, um mich zu amüsieren, Don Alphonso, der Politik, obzwar stilvoll und elegant, aber dennoch nur aus der Klassenperspektive des Couponschneiders beschreibt (was die Kommentare beweisen), eine Meinungsschießscharte unter vielen, die ich gegenüber den Positionen bevorzuge zu konsumieren, die mich unnötigerweise nur bestätigen. Ich meine zu allem etwas, und zwar stark, und brauche niemanden, der mir sagt, dass ich recht habe – das weiß ich selbst. Also schaue ich beim Klassenfeind nach dort nach, wo vielleicht eine winzige und interessante Korrektur meines gefestigten Weltbilds zu erwarten wäre.

Der Don bemerkt über einen Kollegen, der auch für die Jungle World schreibt (die im übrigen genausowenig antideutsch“ ist wie Don Alphonso großbourgeois): Wer ist dieser Krsto Lazarevic, woher hat er all die Zeit, einer Autorin hinterherzuforschen, solche Bezüge zu konstruieren, sie bei Twitter zu verbreiten und sich am Rufmord zu beteiligen? Darüber sagt sein Profil bei Twitter wenig aus, dort steht nur, er würde im Europaparlament arbeiten: „Working @Europarl_EN„. Das ist natürlich eine Spitzenreferenz, die er da für sich in Anspruch nimmt, aber die Realität von Krsto Lazarevic sieht anders aus. Er arbeitet nicht etwa direkt für das Europaparlament, sondern, wie eine kurze Recherche ergibt, als Mitarbeiter eines Abgeordneten. Konkret ist Lazarevic der Pressesprecher des grünen Europaparlamentsabgeordneten Erik Marquardt – nur agiert er im Netz ohne diese Information, die man eigentlich bei mit Steuergeldern finanzierten Pressemitarbeitern von Parlamentariern erwarten müsste. Denn sein Chef Erik Marquardt wiederum ist innerhalb der Grünen Experte für Migration, und hat als Aktivist das Projekt Civilfleet verantwortet. Das Projekt begann 2018 mit großer Medienaufmerksamkeit und scheiterte dann spektakulär: Gelder waren weg, das Schiff konnte nicht zu Rettungseinsätzen starten. Als der Skandal im September 2019 ruchbar wurde, war der Aktivist Marquardt für die Grünen auf einer Welle der Popularität schon ins Parlament eingezogen.

twitter

Die riechen schon, was kommt und rufen prophylaktisch „Hurra“. Ich bin dankbar, beweist dieser Politschleim doch meine These, dass zusammenwächst, was zusammengehört. Die oberen Schichten des angestellten und verbeamteten Bürgertums und deren Milieu fraternisieren mit der Großbourgeoisie. Das nennt man in revolutionären Zeiten „Stockholm-Syndrom“, in nicht-revolutionären Zeiten „gesunder Klasseninstinkt“.

Es ist wie überall. Man muss sehen, wo man bleibt und wo die finanzielle Alterssicherheit herkommt. Meinungen stören da nur. Positionen, die nicht stromlinienförmig sind, machen das digitale Leben zu unbequem. Die Attitude der Blockwartin ist die den Deutschen gemäße. Melden, durchführen, verbieten und sich dabei moralisch höherwertig fühlen – ich sagte es hier schon.

Ich halte den Opportunismus der übergroßen Mehrheit übrigens für einen Vorteil: Diese Mischpoke passte sich auch schnell an und hielte die richtigen Winkelemente hoch, wenn ein kommunistischer Arbeiter-und Soldatenrat plötzlich von einem höheren Wesen (anders ist es nicht vorstellbar) an die Macht geputscht worden wäre.

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Post-Apokalyptic Blackout

the blackout

„We’re all going to die.“

Tief in meinem Herzen fühle ich wieder, wie vorteilhaft es war, in einer Sekte aufgewachsen zu sein. Armageddon – ein vertrautes Gefühl! Könnte schon morgen eintreffen, nur ohne Zombies. Ein Film, den alle anderen „dull“ finden und verreißen. Ihr habt mein Mitleid! Alle anderen haben unrecht! Ich finde den russischen Science-Fiction-Film „The Blackout“ (2019) gut. (Wenn es keinen deutsche Wikipedia-Eintrag gibt, werde ich ohnehin neugierig.)

Natürlich ist der Plot „ridiculous„. Zum zuverlässigen Einschlafen habe ich in den letzten Tagen – immer nur einige Minuten lang – Star Trek: Enterprise angeschaut, die von allen Star-Trek-Versionen die erträglichste. Natürlich ist auch dort alles extrem lächerlich, dennoch Teil der Populärkultur.

Russische Science Fiction hat eine lange Tradition, die heute leider langsam vom Feuilleton vergessen wird. Jeder russische Filmemacher wird wissen, dass die Messlatte ziemlich hoch liegt, was man von Hollywood-Filmen nicht unbedingt sagen kann.

„The Blackout is the only film from Russia included in the program of the American festival Cinequest, combining cinema and high technology.“ Ich fand die Atmosphäre von Beginn an faszinierend. Das können die Russen mittlerweile genauso gut wie die US-Amerikaner. (The Expanse spielt in einer eigenen Liga.) Natürlich geht es um Herumballern auf Aliens, aber immerhin sehen die Militärs um ein Zehnfaches futuristischer und martialischer aus als jeder Klingone.

Erholsam ist vor allem die fehlende Political Correctness dergestalt, dass man nicht schon vorher weiß, was jetzt kommen muss: Nein, es gibt keine Figur, die Lesben zur Identifikation einlädt, es gibt keine „Quotenneger“, die Geschlechterrollen sind „sowjetisch“: Traditionell, die Männer verhalten sich Frauen gegenüber oft wie in den 50-er Jahren, die Frauen sind aber viel emanzipierter und „stärker“, als dass die Stereotypien das erwarten ließen. Es gibt nicht wirklich eine zentrale Figur, obwohl die Story oft aus der Perspektive des Helden Yura (Pyotr Fyodorov) erzählt wird. Angenehm und frisch auch, dass man die Frauen noch nicht aus jedem zweiten Film kennt: Die Kommandantin (!) Osmolovskaya (Ksenia Kutepova) in einer Funktion, wie sie Jodie Foster in „Contact“ hatte, die Journalistin Olya (Svetlana Ivanova), Alena (Lukerya Ilyashenko) als Party-Maus, die ganz am Anfang eher einen Sugar Daddy zu suchen scheint und dann beim Militär aufkreuzt. In Deutschland sind vermutlich die Schauspieler Islands bekannter als die Russlands, obwohl dort das Publikum „etwas“ zahlreicher ist.

Der Algorithmus von Amazon hatte bei mir recht. Von selbst hätte ich die Kombination aus Post-Apokalypse (Islam!), Ego-Shooter und Alien-Jagd nicht unbedingt angeklickt. Ich bin erst am Anfang; die Handlung ist nicht so spannend, dass man unbedingt weitergucken muss, aber auch nicht so träge, dass man dabei einschläft. Wie ich die Russen kenne, wird später vermutlich auch kräftig Sex eingespielt.

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Geografie und Heimatkunde

keller kopf
Das 130er-Denkmal am Kellerkopf, im Volksmund oft einfach Kellerkopf-Denkmal genannt, ist in Holzwickede im Ortsteil Hengsen.

„Es ist kein Zufall, daß die moderne Geographie von Anbeginn an eine deutsche Wissenschaft war. Sıe entstand zu einer Zeit, als man Deutschland noch kaum als »geographische Einheit« und noch viel weniger als politische Größe bezeichnen konnte. Ihre herausragende Stellung geht auf das 18. Jahrhundert zurück, als sich eine »politisch-statistische Schule« in den Dienst der deutschen Territorialstaaten stellte; der Ursprung der modernen Geographie ist daher im Ethos des »wohlgeordneten Polizeistaats« zu suchen. (…)

Der entscheidende Aspekt war der aus der Tradition der Romantik abgeleitete Anspruch einer besonderen Beziehung zur Landschaft als typische Merkmal des deutschen Nationalcharakters: der Wesenszug des Landschaftsgefühls beziehungsweise der Landschaftsverbundenheit. (…)

Unter dem Dach dieser Vorstellung hat sich eine ganze Reihe von Phänomenen und Institutionen zusammengefunden: die Jugendbewegung der Wandervögel, die nationale Einrichtung des Wanderwegs, Traditionen der Landschaftspflege, ökologische Utopien, die vielen um den Begriff Heimat kreisenden Konzepte, wıe zum Beispiel das Schulfach Heimatkunde.“ (Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten: Eroberung, Kolonialisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg. 2002)

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Rossum’s Universal Robots

robot
Bühnenbild von Bedřich Feuerstein für das Drama „R.U.R.“ (1921), Credits: Wikipedia

Vor hundert Jahren erfand Karl Čapek das Wort Roboter. Sein Bühnenstück R.U.R. wurde bis 1923 39 Sprachen übersetzt „und hat das internationale Denken über die menschenähnlichen Maschinen geprägt. Beim ersten britischen Roboter Eric, der 1928 konstruiert und 2017 als Museumsexemplar neugebaut wurde, standen sogar die Buchstaben RUR auf der Brust.“

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