Nylanderia fulva: Attraction to electrical equipment

Nylanderia fulva

Wie eine Spezies gegen andere gewinnt, zeigt die Rasberry crazy ant aka Nylanderia fulva:

– Sie bewegt sich zufällig und nicht linear („because of the ants‘ random, nonlinear movements“) – es gibt also keine „Ameisenstraßen“. („Non-trailing and crawl rapidly“) Straßen haben also keine Zukunft.

– Sie haben gleich mehrere Königinnen: Eine Gesellschaft ist also dann besonders widerstandsfähig, wenn sie von mehreren Frauen regiert wird und nicht nur von einer. Ihre Staaten sind außerdem hundert Mal größer als die der anderen Ameisenarten. Kleine Staaten, die von Männern oder nur einer Frau regiert werden, haben also keine Zukunft.

– Die Rasberry crazy ant steht auf Süßes, macht aber auch Computer, Fernseher und Mobiltelefone kaputt. („Attraction to electrical equipment“ – „However, it could simply be they are searching for food or a nesting location that is easy to defend“.) Computer haben also keine Zukunft.

– Sie sind zwar klein, aber helfen einander. („When an ant gets electrocuted, it releases a chemical which causes the other ants to rush over and search for attackers.“) Egoismus hat also keine Zukunft.

– Die Rasberry crazy ant ist immun gegen Insektizide. Die USA setzten Fibronil gegen sie, das bei uns verboten ist, weil es auch alle Bienen tötet. Fibronil ist auch in US-amerikanischem Reis. (Füttern deutsche Imker ihre Bienen mit Reis aus den USA?) Der Homo sapiens wird also nur eine Zukunft haben, wenn er gegen Fast Food und anderes Gift immun sein wird.

Jetzt müssen die Rasberry crazy ants nur noch von den Schaben lernen, die sind bekanntlich gegen radioaktive Strahlung immun.

Wenn der Homo sapiens ausstürbe, steht also die Nachfolgerin schon bereit.

Die böse Zirkulationssphäre

„Vergleicht man Attac und die Freiwirtschaft, gibt es einen gewichtigen Unterschied: Die Anhänger Gesells konzentrieren sich auf den Zins. Die Lehre von der Zinsknechtschaft, welche aus der guten Marktwirtschaft den schlechten Kapitalismus mache, ist ihr Dogma. Attac verfolgt grundsätzich eher sozialdemokratisch-reformistische Ziele, die die parteiförmige Sozialdemokratie längst abgelegt hat. Gemeinsam ist beiden, Freiwirtschaft wie Attac, die beschränkte Vorstellung, es seien im wesentlichen Erscheinungen der Zirkulationssphäre für alle Übel dieser Welt verantwortlich.“ (Friedrich Burschel (Hg.): Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn. Kapitalismuskritik von rechts: Der Fall Silvio Gesell, Hamburg 2012, Konkret Texte 57, S. 215))

Atheism 2.0: Don’t get god, get good

Hermann Aichele | Scilogs bespricht „Religion für Atheisten“ – A. de Bottons freundliche Provokationen“ („Religion for Atheists“ – A non-believer’s guide to the uses of religion – Verlag S. Fischer).
…im Buch wird Religionskritik schon als selbstverständlich vorausgesetzt; und Atheismus ist für ihn fraglos die einzig richtige erkenntnistheoretische Denkmöglichkeit. Dabei bestätigt er auf seine Weise Dawkins, der ja betont, religiöse Einstellung der Kinder beruhe oft auf elterlicher Indoktrination. Schon – nur hier anders herum: „Ich bin in einer streng atheistischen Familie aufgewachsen, für die jede religiöse Überzeugung in etwa dem Glauben an den Weihnachtsmann entsprach“. Selbst leiseste religiöse Andeutungen im Bekanntenkreis hätten bei seinen Eltern dazu geführt, die Betreffenden als krank anzusehen und sie nie mehr ernst zu nehmen.

Das trifft für mich auch ausnahmslos bei Esoterikern und sonstigen Homöopathen zu.

Vgl. Atheism 2.0: Don’t get god, get good.

Verschwundenes Geld oder: Der irre Selbstzweck der frei(en) (Markt)wirtschaft

Schwundgeld„Spätestens seit dem Ausbruch der Finanzkrise dürfte jedem klar geworden sein, daß die Kapitalakkumulation an die Warenproduktion gekoppelt ist und nicht allein über die Finanzmärkte dauerhaft aufrecht erhalten werden kann. Das Kapital ist aufgrund der Notwendigkeit permanenter Verwertung das logische Gegenteil einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise, die notwendig wäre, um das Überleben der menschlichen Zivilisation zu sichern. Um immer wieder aus Geld mehr Geld zu machen, müssen Arbeit, Rohstoffe und Energie in permanent wachsendem Ausmaß verheizt, müssen alle Waren möglichst schnell obsolet, müssen im kulturindustriellen Dauerbombardement immer neue Bedürfnisse kreiert werden. Das Kapital ist gewissenmaßen das Parademodell effizientester Ressourcenverschwendung, das auf die permanente Optimierung seines irren Selbstzwecks (höcchstmögliche Verwertung) ausgerichtet ist.“
(Tomasz Konicz: „Noch fünf Jahre. wie der Kapitalismus der Menschheit die Lebensgrundlagen entzieht“, Konkret Nr. 6/2012, gelesen in: Peter Bierl, Friedrich Burschel (Hg.): Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn. Kapitalismuskritik von rechts: Der Fall Silvio Gesell, Hamburg 2012, Konkret Texte 57.)

Ich lese das Buch gerade.

Ein Zehntel Ferkel, in Muscheln ausgedrückt

Was bisher in unserem kleinen „Kapital-Kurs“ geschah: Wir hatten die Ware analysiert und ihre Elemente „Gebrauchswert“ und „Tauschwert“ („Nackte Frauen, Schweine und die Ware an sich“, 27.12.2012),

In einem weiteren Artikel („Moneta, Aes Signatum und die Ware an sich“, 29.12.2012) ging es um den „Warenfetisch“ – das erkenntnistheoretische Problem, dass die abstrakte Warenform „den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt“.

Anschließend diskutierten wir den Begriff „Arbeit“ („Von grôzer arebeit und ihrer fantastischen Gestalt“, 02.01.2013.

Jetzt versuchen wir, die Kategorie „Geld“ oder dessen Embryonalformen näher zu untersuchen.

Geld

Es gibt nur einen Ökonomen, der es verdient, diesen Titel zu tragen. Karl Marx.“ (Börsenlegende Seth Glickenhaus laut sueddeutsche.de)

1. Einfache, einzelne oder zufällige Wertform

Gäbe es nur zwei Menschen auf der Welt, etwa die Neandertaler Alice und Bob, brauchte man kein Geld, selbst wenn diese unterschiedliche Dinge produzierten, von denen sie einige tauschen wollten. Wenn Alice ein lebendes Ferkel gegen zehn lebende Hühner Bobs konvertiert, muss sie nicht annehmen, dass sie immer so viel für ihr kleines Schwein bekommt. Falls Bob das Federvieh wegstürbe oder ein Fuchs die Hälfte klaute und auffräße, würde er beim nächsten Mal die abstrakte Einheit anders definieren. Alice und Bob setzen im Kopf temporär etwas gleich: Ein Huhn sei ein Zehntel Ferkel (obwohl ein zehntel Jungschwein gar nicht laufen könnte und schon tot wäre).

Noch wissenschaftlicher abstrakter: Der Wert ihres Schweins („relative Wertform“ bei Marx) drückt sich für sie in einer bestimmten Anzahl Hühner („Äquivalentform“) aus, während für Bob dessen Hühner als Teilmengen des noch quietschfidelen Schweinchens erscheinen. Für Alice sind Bobs Hühner nur der Wertausdruck ihres Ferkels – und für Bob umgekehrt: Für ihn ist das Schwein die Äquivalentform seiner zehn Hühner. Bob hat etwas verglichen, was nicht vergleichbar ist (Hühner und Schweine), setzt aber dennoch zehn Hühner einem Schwein äquivalent.

Von „Preis“ kann hier noch nicht die Rede sein. „Das Wertverhältnis zweier Waren liefert daher den einfachsten Wertausdruck für eine Ware.“ (Das Kapital, Bd.1, S. 62)

Komplizierter wird es, wenn wir nicht Tiere nehmen, die sich von selbst vermehren, wenn man sie füttert und einigermaßen gut behandelt, sondern Güter, die selbst schon produziert wurde. Alice besäße Pfeil und Bogen und möchte diese gern gegen zwei Dutzend Feuersteine eintauschen. Indem Alice und Bob im Kopf vergleichen, um herauszufinden, was wieviel wert ist, schaffen sie etwas Abstraktes: Sie beziehen sich beide – nur temporär! – auf die menschliche Arbeit, die sowohl in Pfeil und Bogen als auch in den Feuersteinen steckt. Anders geht es gar nicht.

Äquivalentform

Marx drückt das im „Kapital“ recht verschwurbelt aus und braucht dazu rund 20 Buchseiten. Worauf es ihm ankommt:
Wirkliche Wechsel der Wertgröße spiegeln sich also weder unzweideutig noch erschöpfend wider in ihrem relativen Ausdruck oder in der Größe des relativen Werts. Der relative Wert einer Ware kann wechseln, obgleich ihr Wert konstant bleibt. Ihr relativer Wert kann konstant bleiben, obgleich ihr Wert wechselt, und endlich brauchen gleichzeitige Wechsel in ihrer Wertgröße und im relativen Ausdruck dieser Wertgröße sich keineswegs zu decken.

Noch ein Detail aus der Sicht Alices über Bobs zwei Dutzend Feuersteine: Für sie sind die Feuersteine Bobs die „Äquivalentform“ ihrer Pfeile und des Bogens, die konkrete Arbeit Bobs, die in den Feuersteinen steckt, die er hergestellt hat, erscheint als deren Gegenteil – als abstrakt menschliche Arbeit, die man als Idee braucht, um überhaupt etwas gleichzusetzen (deshalb „Äquivalentform“).

Übrigens: Wenn die Anhänger der Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) jetzt herumjammern, das sei doch kompliziert und man müsse Marx nicht lesen, weil das anstrengend sei und Volkswirtschaftlern dürfe man geistige Arbeit nicht zumuten: Das alles oben hat Marx nicht erfunden, sondern steht fast genauso schon bei Aristoteles. Aber den kennen „Volkswirtschaftler“ vermutlich gar nicht: Philosophie und so ist ihnen ein Gräuel.

Marx beruft sich auf Aristoteles auch deshalb ausführlich, weil er ein weiteres erkenntnis- und wissenschaftstheoretisches Problem abhandelt, was ich hier schon angesprochen hatte („Ciompi und andere“, 24.12.2012): Was konnte Aristoteles warum nicht analysieren bzw. erkennen?

Daß aber in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit und daher als gleichgeltend ausgedrückt sind, konnte Aristoteles nicht aus der Wertform selbst herauslesen, weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit beruhte, daher die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arbeitskräfte zur Naturbasis hatte. Das Geheimnis des Wertausdrucks, die Gleichheit und gleiche Gültigkeit aller Arbeiten, weil und insofern sie menschliche Arbeit überhaupt sind, kann nur entziffert werden, sobald der Begriff der menschlichen Gleichheit bereits die Festigkeit eines Volksvorurteils besitzt. Das ist aber erst möglich in einer Gesellschaft, worin die Warenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts, also auch das Verhältnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhältnis ist. Das Genie des Aristoteles glänzt grade darin, daß er im Wertausdruck der Waren ein Gleichheitsverhältnis entdeckt. Nur die historische Schranke der Gesellschaft, worin er lebte, verhindert ihn herauszufinden, worin denn „in Wahrheit“ dies Gleichheitsverhältnis besteht.

Geld

2. Die entfaltete und die allgemeine Wertform

Nehmen wir an, unsere Neandertaler Alice und Bob kämen überein, nicht nur Schweine, Hühner, Pfeil eund Bogen sowie Feuersteine zu tauschen, sondern noch viel mehr Produkte, weil sie mittlerweile Sex hatten und schon zahllose Nachkommen gezeugt haben, die schon erwachsen sind und ebenfalls an unserem Mini-Markt ohne Geld teilnehmen wollen.

Gesetzt, ein Schweinchen sei zehn Hühner wert. Zehn Hühner könnte man gegen ein Dutzend Feuersteine tauschen. Für ein Dutzend Feuersteine bekäme man aber auch ein Paar Moschusochsenfell-Mokassins. Wenn alle diese Dinge temporär gleich viel wert sind, ist also dieser „Warenwert gleichgültg (..) gegen die besondere Form des Gebrauchswerts, worin er erscheint. (…) Das zufällige Verhältnis zweier individueller Warenbesitzer fällt fort. Es wird offenbar, daß nicht der Austausch die Wertgröße der Ware, sondern umgekehrt die Wertgröße der Ware ihre Austauschverhältnisse reguliert.“ (Das Kapital, S. 78)

Man könnte also auf die Idee kommen, Alices kleines (ein anderes als oben) Schwein nicht nur gegen Hühner oder Feuersteine, sondern auch direkt gegen ein Paar Moschusochsenfell-Mokassins einzuhandeln. Es gilt die mathematische Formel: x Ware A = y Ware B = z Ware C usw.

Irgendwann wird irgendeinem Gut, das auf dem Markt erscheint und gehandelt wird, der Charakter des allgemeinen Äquivalents aufgedrückt – sehr schön zu sehen beim altrömischen Aes signatum.

Halt, stopp: wohlwollende Leserinnen und geneigte Leser, die noch übrig sind und sich gerade den Schweiß von der Stirn wischen: Natürlich denken wir alle zu Recht, dass jetzt – endlich! – das Geld dran wäre. Marx aber macht vor dem Kapitel „Übergang aus der allgemeinen Wertform zur Geldform“ (Das Kapital, S. 83ff) noch eine kleine Pause und schreibt die etwas rätselhaften Sätze (ich ersetze „Leinwand“ durch „Schweine“):

Umgekehrt ist die Ware, die als allgemeines Äquivalent figuriert, von der einheitlichen und daher allgemeinen relativen Wertform der Warenwelt ausgeschlossen. Sollte Alices Schweinchen, d.h. irgendeine in allgemeiner Äquivalentform befindliche Ware, auch zugleich an der allgemeinen relativen Wertform teilnehmen, so müßte sie sich selbst zum Äquivalent dienen. Wir erhielten dann: ein Ferkel = ein Ferkel, eine Tautologie, worin weder Wert noch Wertgröße ausgedrückt ist. Um den relativen Wert des allgemeinen Äquivalents auszudrücken, müssen wir vielmehr die Form III umkehren. Es besitzt keine mit den andren Waren gemeinschaftliche relative Wertform, sondern sein Wert drückt sich relativ aus in der endlosen Reihe aller andren Warenkörper. So erscheint jetzt die entfaltete relative Wertform oder Form II als die spezifische relative Wertform der Äquivalentware.

Alles klar? Puls und Atmung auch? Marx will hier noch mal klären, dass der Wert dessen, was als allgemeines Äquivalent („Geld“) dient – aes signatum, Muscheln, Goldmünzen, irrelevant ist für seine Funktion: Ob der Metallwert einer Münze schwankt, ist unerheblich für deren Funktion als Geld(stück) oder wieviel man dafür kaufen kann.

Eine Ware erhielt im Lauf der Zeit das „Monopol“, „innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen. Diesen bevorzugten Platz hat (…) eine bestimmte Ware historisch erobert, das Gold.“

Nachdem Marx im „Kapital“ (S. 83) das Geld eingeführt hat, folgt zunächst das berühmte Kapitel über den „Fetischcharakter der Ware“, das ich hier schon mehrfach verhackstückt hatte. Erst ab S. 142 beschäftigt Marx sich dann noch einmal ausführlich mit den Facetten des Geldes. Dazu mehr beim nächsten „Kapital-Kurs“ in diesem Theater.

Fotos oben und unten: Burks

Fakten zum variablen Kapital

variables Kapital

Naked capitalism zitiert Wolf Richter: „The Stunning Differences In European Costs Of Labor – Or Why “Competitiveness” Is A Beggar-Thy-Neighbor Strategy“:

„Alas, the rejuvenated ’sick man of Europe,‘ Germany, isn’t surviving just by cutting its cost of labor. At €31 per hour, it was 32% higher than the EU average, though 11% lower than in France. In manufacturing, it was even more striking: Germany’s cost of labor of €35.20 per hour was 47% higher than the EU average, but still 3% lower than in France.“

Variables Kapital bezeichnet in der Marxschen Theorie die Lohnkosten der in der Produktion beschäftigten Arbeiter. Der Lohn ist der Preis der Ware Arbeitskraft, die die Kapitalisten von den Arbeitern kaufen. Dieser Wert der Arbeitskraft bestimmt sich dabei durch die zu ihrer Produktion durchschnittlich notwendigen Arbeitszeit, also die Lebens- und Erhaltungskosten des Lohnarbeiters.

Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.

Vorurteile in der Physik

Lesenswert (via SciLogs): Josef Honerkamp, emeritierter Professor für Theoretische Physik, schreibt über „Vorurteile in der Physik II – Von der Newtonschen Physik zur Speziellen Relativitätstheorie“.

Über die erkenntnistheoretischen Folgen der der Relativitätstheorie: „Als Folge stellt sich auch heraus, dass es kein universelles „Jetzt“ gibt. Zwei Ereignisse, die sich an verschiedenen Raumpunkten für einen Beobachter „jetzt“, also zur gleichen Zeit ereignen, finden für einen dazu bewegten Beobachter zu verschiedenen Zeiten statt.“

„Homöopathie ist institutionalisierter Geisterglaube“

Harald Neuer auf Telepolis interviewt Christian Weymayr über alternative Medizin, Geisterglauben und sein Buch „Die Homöopathie-Lüge„:

„…ein Wesensmerkmal des Glaubens ist, dass der Gläubige keine rationalen Argumente an sich heranläss.“

Das gilt natürlich auch für die Anhänger der Glaubensgemeinschaft Freie Marktwirtschaft(TM).

The Big Slurp oder: Das Ende ist nahe

Wissenschaftler sind nach Analyse des Higgs-Boson schockiert: „It may be that the universe we live in is inherently unstable. At some point, billions of years from now, it’s all going to be wiped out.“

Häufig gestellte Fragen über die Zukunft

future

Frage: Welche Gesellschaft folgt nach dem Kapitalismus?

Antwort: Es wird eine Ökonomie sein, die bestimmte Ressourcen und Produkte der Irrationalität des so genannten „freien“ Marktes entzieht. Der Kapitalismus ist dadurch definiert, dass er alles, aber auch alles im Sinne des Wortes „vermarktet“, auch Immaterielles wie Ideen (das so genannte „geistige Eigentum“). Der Kapitalismus würde sogar die Atemluft und die Versorgung mit derselben am liebsten in eine GmbH umwandeln. Das ist ein immanentes wirtschaftliches Gesetz. Erst in heutiger Zeit hat sich der kapitalistische Markt weltweit als vorherrschende Form der Ökonomie durchgesetzt.

Eine zukünftige Gesellschaft wird also bemüht sein müssen, Güter, die alle brauchen, zu vergesellschaften; etwa Mietwohnungen, Grundnahrungsmittel, den öffentlichen Transport, Energie, den Zugang zu Informationen, bestimmte Banken. Vorausgetzt ist ein bestimmtes Niveau der Produktion und des gesellschaftlichen Reichtums: Das ist aber jetzt schon existent. Niemand müsste auf dieser Welt hungern oder am Existenzminimum leben, wenn die vorhandenen Mittel anders verteilt wären.

Frage: Wie wird diese Gesellschaft heißen?

Antwort: Das lässt sich nicht beantworten. Die Lehnsherren im Mittelalter nannten sich selbst nicht „Feudalherrn“; die Besitzer altrömischer Latifundien „wussten“ nicht, dass sie – im ökonomischen Sinn und wissenschaftlich formuliert – in einer „Sklavenhaltergesellschaft“ lebten. Es scheint so, dass sich Gesellschaftsformen erst im nachhinein adäquat beschreiben lassen.

Marx benutze den Begriff „Kommunismus“ aus historischen Gründen: „Kommunismus (vom lateinisch communis ‚gemeinsam‘) bezeichnet politische Lehren und Bewegungen, die zuerst die Gütergemeinschaft zum Ziel haben…“ Die „kommunistische“ Idee ist uralt und konterkariert ursprünglich das Bestreben Einzelner innerhalb einer Gemeinschaft, sich unverhältnismäßig mehr anzueignen als andere. Heute bedeutet „kommunistisch“ immer, etwas dem Markt zu entziehen und der Allgemeinheit unter rationalen Bedingungen zur Verfügung zu stellen.

Die Pariser Kommune, eine Vorform der Räterepublik, nannte sich nicht so, weil man vorher die Marxschen Schriften gelesen hätte. „Kommun“ heißt ja nur: „vergesellschaftet“. Niemand würde den heutigen Begriff „Kommune“ für „Gemeinde“ als „linksextremistisch“ diffamieren, obwohl er denselben Wortstamm hat wie „Kommunismus“.

Frage: Wann wird der Kapitalismus sich in eine rationale Ökonomie transformiert haben?

Antwort: Wie man am Beispiel der Ciompi sieht, gab es in Europa erste Ansätze, Vorformen des kapitalistischen Marktes auch politisch zu repräsentieren, schon im 14. Jahrhundert. Es hat aber noch ein halbes Jahrtausend gedauert, bis der Kapitalismus sich weltweit durchgesetzt hatte. Es könnte also noch mehrere hundert Jahre dauern, bis die ersten Gesellschaften funktionieren, deren ökonomische Basis nicht der so genannte „freie“ Markt ist. An den materiellen Voraussetzungen (den „Produktivkräften„) liegt es nicht; die sind jetzt schon vorhanden. (Mit dem mittelalterlichen Lehnswesen aka Feudalismus hätte man eben nicht die gesamte Menschheit öknonomisch versorgen können; der Kapitalismus war ein gewaltiger Fortschritt, weil er die Produktivkräfte dynamisch entfesselte.)

Viele „kommunistische“ Wirtschaftsformen im Kleinformat fußten auf Relikten noch älterer Gesellschaften, wie etwa die peruanische Ayllu, die man am ehesten mit der Allmende des Mittelalters vergleichen kann. Eine Genossenschaft ist aber heute immer auch eine Keimform der zukünftigen Gesellschaft, was die Teilhabe der Mitglieder angeht; eine Genossenschaft, die sich ökonomisch auf dem kapitalistischen Markt dauerhaft behaupten will, ist aber ein Widerspruch in sich.

Die Zahl der Menschen, die nichts mehr zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft, auch bekannt als „Proletarier“ (also die „Arbeitgeber“ im Sinne des Wortes), steigt weltweit – immer noch. Der Kapitalismus startet also erst jetzt richtig durch. Damit öffnet sich auch die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr.

Die so genannte „Eurokrise“ ist bekanntlich eine ganz normale und regelmäßig wiederkehrende kapitalistische Überproduktionskrise, die dazu dient, riesige Mengen unproduktiven Kapitals zu vernichten, das wegen des tenzenziellen Falls der Profitrate wertlos wurde. Das ist im ökonmischen Sinn „vernünftig“, ganz gleich, ob dabei Millionen von Menschen ins Elend gestürzt werden.

Hegel hat das philosophisch korrekt formuliert: „Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig.“

Unter Zockern

zocker

„Auswischen wird Allah den Wucher. und vermehren wird er die Almosen, (…) O ihr, die ihr glaubt, fürchtet Allah und lasset den Rest des Wuchers fahren, so ihr Gläubige seid.“ (Der Koran, Sure 2, Vers 276ff.)

Wir zäumen den Gaul immer noch von hinten auf: Obwohl wir das Geld noch gar nicht eingeführt haben (vgl. den Tag „Marx revisited“), sind wir heute schon bei der London Interbank Offered Rate, also known as LIBOR („rate“ ist ein Femininum – so wie URL ein Maskulinum ist).

Wir bewegen uns also in den luftigen Gefilden des Geldmarktes, der keine Werte schafft. Wenn Geld ein stoffliches Mittel ist, um den Tauschwert zu realisieren, sollte klar sein, dass es sich hier um ein Ding handelt, das an sich wertlos ist, sondern nur dazu dient, ein Verhältnis gesellschaftlicher Arbeit auszudrücken, also das abstrakte Gemeinsame mehrere produzierter Dinge. Wenn Geld aus Gold gemacht wird, besitzt es natürlich auch einen Gebrauchwert, aber der hat nichts mit dem Tauschwert des Geldes zu tun.

Eine Staatsbank, die das Recht hat, Geld in Umlauf zu bringen, kann anderen Banken Geld leihen und die können es weiterverleihen. Auch wenn die Aktion tausend Mal stattfindet – das Geld wird nicht mehr. Der Zins ist ja nur ein spekulativer Aufschlag, der die Banken am Leben hält, weil sie hoffen, dass irgendjemand Geld investiert, um Gebrauchswerte zu schaffen. Nur die vermehren den Wert, der durch Geld repräsentiert wird.

Einen mehr oder minder entwickelten Finanzmarkt hat es gegeben, seitdem Geld verliehen wurde. Alle monotheistishen Religionen sahen aber den Zins zunächst als etwas Böses an. Aber wer wird schon der Wirtschaft auf Dauer widersprechen wollen, vor allem, wen man selbst davon profitiert!?

Man könnte natürlich auf folgende Idee kommen: Jeden Morgen nach dem Frühstücksmüsli berechnen wir den durchschnittlichen Zinssatz, den eine Menge X einiger ausgewählter Banken festlegt, um Geld zu verleihen. Damit hätten wir einen Referenzzinssatz. Wir legten diesen Zins zum Beispiel auf drei Monate fest. Da jede Bank tun kann was sie will, vermuten wir nun, dass dieser Referenzzinssatz drei Monate „hält“. Das muss aber nicht so sein.

Wenn wir nun ganz abgezocket wären und uns Roulett zu langweilig wäre, könnten wir zusätzlich auf die Idee kommen darauf zu wetten, wie hoch der reale durchschnittliche Zinssatz der Menge X der von uns ausgewählten Banken in den nächsten Monaten sein wird. Wir würden anderen Mitspielern sogar Wettscheine verkaufen. Ein Artikel der deutschen Ausgabe des Wall Street Journal über „das Milliardenspiel der Deutschen Bank mit dem Libor“ erklärt, wie das gemacht wird.

Die Dokumente zeigen, wie Händler in London und New York erfolgreich darauf gewettet haben, dass die Kosten der Geldaufnahme von Euro, US-Dollar und Britischem Pfund wegen der zunehmenden Spannung im globalen Finanzsystem über drei oder sechs Monate schneller steigen als die Einmonatszinssätze.

Die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser werden jetzt zweifelnd nachfragen: Was aber, wenn die beteiligten Banken die Zinssätze, zu denen sie Geld verleihen und aus dessen Durchschnitt der Referenzzinssatz besteht, das, um was es geht, einfach frei Schnauze festlegen, wenn diese Banken also auf etwas wetten, was sie selbst festlegen? Das wäre ja so, als wettete Burks mit seinen LeserInnen, wieviele Blogbeiträge er in der nächsten Woche schreiben wird. Sind es genau so viele, wie Burks meint, dass es sein werden, haben diejenigen Leser, die etwas anderes wetten, verloren. Alle werden jetzt entsetzt aufschreien und rufen: Aber wir sind doch nicht bescheuert?

Hm, ja, nun, niemand hat die Macht, dem Markt des Geldes vernünftige Regeln aufzuzwingen. Wie sollte das funktionieren? Markt ist Markt und der soll freiheitlich-demokratisch frei sein, rufen die Angehörigen der Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) im Chor.

Die Deutsche Bank selbst gibt sich gelassen: Die Handelsstrategie unterliege den Risikobeschränkungen des Hauses und sei zudem in der Branche weit verbreitet.

Quod erat demonstrandum. Dann kann ja nichts mehr schief gehen. Alle machen es so. So isser eben, der freie Finanzmarkt im Kapitalismus. Übereinstimmungen mit verbotenem Glücksspiel und organisierter Kriminalität sein purer Zufall.

Von grôzer arebeit und ihrer fantastischen Gestalt

nibelungenlied

Wahrscheinlich bin ich der einzige Mensch auf der Welt, dem bei „Nibelungenlied“ und „Das Kapital“ von Karl Marx gleichzeitig etwas einfällt. Da die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser dieses kleinen und gesellschaftlich irrlevanten Blogs vermutlich zu einer bildungsbürgerlichen Elite gehören, die die Hexameter Homers und das Geschwurbel Hegels auswendig zitieren können und gleichzeitig bei „Python“ nicht nur Schlangen assoziieren, die das Hildebrandslied beim Duschen summen und die wissen, was das Zahlkörpersieb mit asymmetrischer Kryptografie zu tun hat, kann ich heute die intellektuelle Schraube noch weiter anziehen. Nein, die allgemeine Relativitätstheorie kommt nicht vor. (Noch jemand hier?)

Ich habe in den letzten Tagen den ersten Band des Marxschen „Kapital“ durchgeblättert, was ich seit den 70-er Jahren so ausführlich nicht mehr getan hatte. Man fragt sich natürlich, warum man sich das antun sollte und warum Marx mehr als hundert Seiten braucht, um den Begriff „Ware“ zu analysieren, anstatt das auf Wikipedia-Niveau mit ein paar Sätzen abzuhandeln. Nur damit das klar ist: Wenn man mit der Marxschen Theorie nicht hinreichend und einleuchtend erklären könnte, was es mit der so genannten „Krise“ in Griechenland auf sich hat, oder wenn man den tendenziellen Fall der Profitrate nur gebrauchen könnte, um bei einer Party von „Volks“wirtschaftlern die Gäste zu erschrecken, dann könnten wir uns das auch ersparen und Marx im Ordner „Alles, was die Welt dringend nicht braucht“ abheften, gleich neben Adalbert Stifter, dem Vordenker des Lebensgefühls der Grünen, Anaximander und dem Vaterunser auf Prägermanisch.

Das Publikum stritt hier herum, was „Arbeit“ und „gesellschaftlich“ bedeute. Im Nibelungenlied (mittelhochdeutsch, 12. Jh.) zum Beispiel ist von „grôzer arebeit“ die Rede: Das Wort hat aber mitnichten mit dem etwas zu tun, was wir darunter verstehen. Im Althochdeutschen, das ungefähr zur Zeit Karl des Großen gesprochen wurde, bedeutet „Arbeit“ nur „Mühsal“ oder „Beschwernis“. „Arbeit“ als ein Tun, das Werte schafft, ist bis zum hohen Mittelalter in der gesamten Literatur unbekannt. Im Neblungenlied steht es als Synonym für „Kampf“.

Marx arbeitet (sic!) sich ja deswegen am Wort „Arbeit“ ab, weil diese in der Zeit vor dem entwickeltem Kapitalismus anders organisisiert war. Ein abstrakter Begriff „Arbeit“ im Sinne von „Wertschöpfung“ war im Sinne des Wortes undenkbar, genausowenig wie die Himmelsmechanik Isaac Newtons im antiken Griechenland hätte erdacht werden können – die alten Griechen hatten zwar von Mechanik Ahnung, aber für eine wissenschaftliche Theorie der Astronomie waren zu ihrer Zeit die Produktivkräfte und die Technik noch nicht genug entwickelt. Denken und abstrakte Begriffe fallen eben nicht einfach vom Himmel. Ökonomie ist eine Wissenschaft, und für die gilt das auch. Marx schreibt:

Versetzen wir uns nun (…)in das finstre europäische Mittelalter. Statt des unabhängigen Mannes finden wir hier jedermann abhängig – Leibeigne und Grundherrn, Vasallen und Lehnsgeber, Laien und Pfaffen. Persönliche Abhängigkeit charakterisiert ebensosehr die gesellschaftlichen Verhältnisse der materiellen Produktion als die auf ihr aufgebauten Lebenssphären. Aber eben weil persönliche Abhängigkeitsverhältnisse die gegebne gesellschaftliche Grundlage bilden, brauchen Arbeiten und Produkte nicht eine von ihrer Realität verschiedne phantastische Gestalt anzunehmen. Sie gehn als Naturaldienste und Naturalleistungen in das gesellschaftliche Getriebe ein. Die Naturalform der Arbeit, ihre Besonderheit, und nicht, wie auf Grundlage der Warenproduktion, ihre Allgemeinheit, ist hier ihre unmittelbar gesellschaftliche Form. Die Fronarbeit ist ebensogut durch die Zeit gemessen wie die Waren produzierende Arbeit, aber jeder Leibeigne weiß, daß es ein bestimmtes Quantum seiner persönlichen Arbeitskraft ist, die er im Dienst seines Herrn verausgabt. Der dem Pfaffen zu leistende Zehnten ist klarer als der Segen des Pfaffen. Wie man daher immer die Charaktermasken beurteilen mag, worin sich die Menschen hier gegenübertreten, die gesellschaftlichen Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten erscheinen jedenfalls als ihre eignen persönlichen Verhältnisse und sind nicht verkleidet in gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen, der Arbeitsprodukte.

Wir sind also immer noch beim „Warenfetisch“. Lauschen wir Stefan Niemann und der „Tagesschau“ vom 29.12.2012, der als aktuelles pädagogisch wertvolles Beispiel dienen kann:
Spätestens dann müssen auch die republikanischen Abgeordneten öffentlich bekennen, was ihnen am Ende wichtiger ist: ihre Parteilinie oder die Ängste des amerikanischen Volkes oder die Nervösität der Märkte.

Die Nervösität der Märkte?! Im Marxschen „Kapital“ heisst es dazu: „Ihre eigne gesellschaftliche Bewegung besitzt für sie die Form einer Bewegung von Sachen, unter deren Kontrolle sie stehen, statt sie zu kontrollieren.“

Das Geld, die Waren, das Kapital, der „Markt“ erscheinen als beseelte Dinge, die eigenständig agieren – also wie ein Fetisch, dem Eigenschaften zugesprochen werden, die das Ding in Wahrheit nicht hat. Friedrich Engels nannte das „ein Naturgesetz, das auf der Bewußtlosigkeit der Beteiligten beruht.“ Marx: „Derartige Formen bilden eben die Kategorien der bürgerlichen Ökonomie. Es sind gesellschaftlich gültige, also objektive Gedankenformen für die Produktionsverhältnisse dieser historisch bestimmten gesellschaftlichen Produktionsweise, der Warenproduktion.“

(Wer sich das im Detail antun will, lese die Anmerkung 32, in der Marx die Mängel und Beschränktheit der damaligen Theorie der Ökonomie referiert. Die heutige „Volks“wirtschaftslehre verzichtet ganz auf die Anaylse und „argumentiert“ nur noch auf auf dem Niveau des gesunden Volskempfindens – mit dementsprechenden Ergebnissen.)

Jetzt wird es aber Zeit, dass wir endlich zu(m) Geld kommen. In Kürze mehr in diesem Theater.

Moneta, Aes Signatum und die Ware an sich

aes signatum

Eine der ersten römischen Münzen, genannt aes signatum, ca. 15 cm lang und 1,75 Kilo schwer, 3. Jh. v. Chr., British Museum

Warum in meinem letzten Posting über Gebrauchswert und Tauschwert Schweine vorkamen, hatte ich noch nicht erwähnt. Argumente, die gegen die Marxsche Theorie der Ware vorgebracht werden könnten, habe ich auch noch nicht gehört, zumal damit auch Aristoteles und bürgerliche Ökonomen wie Adam Smith unrecht gehabt hätten. [By the way: bloße Beschimpfungen meiner Person, wütende Hasstiraden (die ich nicht freigeschaltet habe) und die „überzeugende“ These, Marx sei tot, kann ich nicht wirklich als Gegenbeweis akzeptieren; es zeigt nur, dass die Anhänger der Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) intellektuell aber auch rein gar nichts anzubieten haben.]

Die Sache mit der Ware und ihrem „Doppelcharakter“ hört sich einfach an, ist es aber nicht. Wenn man die These konsequent weiter denkt, wird es schnell kompliziert. Die Ware ist, wie Marx es ausdrückt, ein „vertracktes Ding“ und „voll theologischer Mucken“.

These: Nur gesellschaftliche Arbeit schafft Werte. Das deutsche Wort „Wert“ drückt leider – und missverständlich – beides aus: sowohl den Gebrauchswert als auch das abstrakte Dritte, das Verhältnis, mit dem ein Produkt mit einem ganz anderen verglichen wird (aus dem später das Geld entsteht). Übrigens ist auch für Adam Smith, den Gründervater der bürgerlichen Wirtschaftslehre, die Arbeit die einzige Quelle gesellschaftlichen Reichtums.

Wer das also akzeptiert, muss bei der Redewendung „das Geld arbeiten lassen“ die Augen rollen. Geld arbeitet nicht und schafft auch keine Werte, auch wenn es jahrelang in einem Banktresor liegt. Jetzt haben wir ein Problem: Wo kommen denn die Zinsen her?

Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, daß sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhältnis von Gegenständen. Durch dies Quidproquo werden die Arbeitsprodukte Waren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche Dinge. (Das Kapital, Bd. 1: Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis)

Das ist – zugegeben – ein bisschen verschwurbelt formuliert. Der von Marx so genannte „Fetischcharakter der Ware“ ist nichts weniger als eine erkenntnistheoretische These, die die Wahrnehmungspsychologie müsste verifizieren können. Marx behauptet, die bloße Existenz der Ware zwänge die Akteure zu einer falschen Sicht der Realität.

„Falsch“ in dem Sinne, wie Ludwig Feuerbach Gott und die Religion beschreibt: „Denn nicht Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, wie es in der Bibel steht, sondern der Mensch schuf (…) Gott nach seinem Bilde.“ (Vorlesungen über das Wesen der Religion, Leipzig 1851, XX. Vorlesung) Das heisst: Gott existiert nicht, sondern ist eine Projektion.

Und genau das behauptet Marx über die Eigenschaften der Ware, die ihr zugeschrieben werden: Der Tauschwert, also der „gesellschaftliche“ Teil des Wertes, erscheint als Eigenschaft der Ware selbst und nicht mehr als das, was er ist – nur eine abstrakte Kategorie, um zwei Dinge miteinander vergleichen zu können.

Um daher eine Analogie zu finden, müssen wir in die Nebelregion der religiösen Welt flüchten. Hier scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes mit eignem Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis stehende selbständige Gestalten. So in der Warenwelt die Produkte der menschlichen Hand. Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt, sobald sie als Waren produziert werden, und der daher von der Warenproduktion unzertrennlich ist.

Juno

Die römische Göttin Juno (vgl. die Münze oben: Julia Soaemias Denarius, 22o v. Chr.) hatte den Beinamen Moneta. Bei ihrem Tempel wurde die ersten Münzen geschlagen, die oft ein Schwein oder ein Rind zeigten. Man merkt gleich, für welche Produkte das Geld zuerst benötigt wurde. (Wer mehr darüber lesen will, dem empfehle ich Horst Kurnitzky: Triebstruktur des Geldes: Ein Beitrag zur Theorie der Weiblichkeit. Wagenbach, Berlin, 1974.)

Nackte Frauen, Schweine und die Ware an sich

Baubo

Die sicherste Methode, die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser von diesem gesellschaftlich irrelevanten Blog alsbald zu vertreiben, ist, ein Posting mit Zitaten von Aristoteles und Thomas von Aquin zu beginnen. Auf vielfachen Wunsch des harten Kerns tu ich das doch – und jetzt erst recht.

Ich zweifle übrigens an den edlen Motiven der Leserschaft: Wer würde heute noch 1500 Seiten dröge Lektüre in Kauf nehmen, um zu verstehen, wie Wirtschaft funktioniert? Und wer liest länger als fünf Minuten ein Blog – außer es geht um nackte Weiber (oder Männer – aber ich glaube nicht, dass ich Leserinnen habe)? Wollt Ihr das also wirklich? Wer jetzt schon bereut, kann sich ja stattdessen Fleisch ohne Text reinziehen.

Also von hinten nach vorn: Was käme dabei heraus, wenn man sich die Marxsche Werttheorie antäte? Zum Beispiel die Erkenntnis, dass manche Philosophen im alten Griechenland wesentlich tiefschürfender dachten als heutige „Volks“wirtschaftler“ und andere Dummschwätzer und dass – daraus folgend – die Menschheit nicht klüger wird, sondern das Dümmerwerden durchaus eine ernst zu nehmende Option der Evolution zu sein scheint.

Ich warne also: Wer mir nicht sofort widerspricht, wenn sie oder er das Folgende rezipiert hat, darf das in Zukunft auch nicht mehr. Wer akzeptiert, dass zwei mal zwei vier ist, darf nicht meckern, wenn ich später behaupte, vier mal vier seien sechzehn. Ja, man ahnt es schon: erstens geht es heute um den Wert an sich („Geld“ und „Kapital“ kommen erst später), und zweitens sagt Karl Marx nichts anderes als Aristoteles dazu; ersterer drückt es nur klarer aus und nimmt aktuellere Beispiele. Wer aber die Werttheorie Marxens nicht mit guten Argumenten falsifiziert, darf auch nicht herumnörgeln, wenn wir später das Ausbeutungsverhältnis der Lohnarbeit, den tendeziellen Fall der Profitrate und den Kapitalismus an sich kriegen.

Nehmen wir den christlichen Philosophen Thomas von Aquin (†1274):
Der Wert der Dinge aber, die zum Nutzen des Menschen in Umlauf kommen, wird nach dem bezahlten Preis bemessen. (…) Teurer verkaufen oder billiger einkaufen, als eine Sache wert ist, ist also an sich ungerecht und unerlaubt.

Ist das richtig? Im 13. Jahrhundert dachte man offenbar nicht anders als die heutige Glaubensgemeinschaft des „fairen“ Preises und Handels und des „gerechten“ Lohns. Es geht hier aber nicht um Moral und Theologie, sondern darum, die Ökonomie wissenschaftlich zu beschreiben. Wer sagt, ein bestimmter Preis sei ungerecht, muss auch sagen, dass die Zahl Pi unfair ist, weil man sie so schwer berechnen kann und weil man, wenn man sie betrachtet, unweigerlich beim Buffonschen Nadelproblem landet, was einem den ganzen Tag versauen kann.

Erster Einwand: Geht das überhaupt, die Wirtschaft wissenschaftlich zu analysieren? Sind da nicht zu viele Variablen im Spiel? Gute Frage! Wenn es einem aber gelänge, vom Konkreten zu abstrahieren, also etwas streng Logisches zu finden, das Gesetzen folgt. wären wir schon einen Schritt weiter in Richtung Induktion. Und das wäre kein Kaffeesatzlesen oder Astrologie wie der Wirtschaftsteil deutscher Medien und dem Gefasel der Gläubigen des niederen Wesens „freier Markt“, sondern richtige Wissenschaft, deren Schlüsse andere nachvollziehen können.

Hier also Marx im Originalton über die Methode (Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie, aus dem Nachlass, 1903 zum ersten Mal veröffentlicht):

Es scheint das Richtige zu sein, mit dem Realen und Konkreten, der wirklichen Voraussetzung zu beginnen, also z.B. in der Ökonomie mit der Bevölkerung, die die Grundlage und das Subjekt des ganzen gesellschaftlichen Produktionsakts ist. Indes zeigt sich dies bei näherer Betrachtung [als] falsch. (…) Finge ich also mit der Bevölkerung an, so wäre das eine chaotische Vorstellung des Ganzen und durch nähere Bestimmung würde ich analytisch immer mehr auf einfachere Begriffe kommen; von dem vorgestellten Konkreten auf immer dünnere Abstrakta, bis ich bei den einfachsten Bestimmungen angelangt wäre. Von da wäre nun die Reise wieder rückwärts anzutreten, bis ich endlich wieder bei der Bevölkerung anlangte, diesmal aber nicht als bei einer chaotischen Vorstellung eines Ganzen, sondern als einer reichen Totalität von vielen Bestimmungen und Beziehungen. Der erste Weg ist der, den die Ökonomie in ihrer Entstehung geschichtlich genommen hat. Die Ökonomen des 17. Jahrhunderts z.B. fangen immer mit dem lebendigen Ganzen, der Bevölkerung, der Nation, Staat, mehreren Staaten etc. an; sie enden aber immer damit, daß sie durch Analyse einige bestimmende abstrakte, allgemeine Beziehungen, wie Teilung der Arbeit, Geld, Wert etc. herausfinden. Sobald diese einzelnen Momente mehr oder weniger fixiert und abstrahiert waren, begannen die ökonomischen Systeme, die von dem einfachen, wie Arbeit, Teilung der Arbeit, Bedürfnis, Tauschwert, aufsteigen bis zum Staat, Austausch der Nationen und Weltmarkt. Das letztre ist offenbar die wissenschaftlich richtige Methode.

Baubo

Was also ist eine Ware – also was haben Waren im Neolithikum, im alten Sparta und im heutigen Havanna und Chicago gemeinsam?

Eine Ware hat einen Gebrauchswert und einen Tauschwert. Beide sind selbstredend nicht identisch. „Geld“ oder gar die Kategorie „Preis“ sind hier noch gar nicht im Spiel – man kann sich auch Gesellschaften vorstellen, die kein Geld haben, sondern Naturalien tauschen.

Weder der Gebrauchswert noch der Tauschwert sind „natürliche“ Eigenschaften der Dinge. Im Tauschwert steckt jedoch etwas Anderes. „Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‘ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein,“ schreibt Marx in Das Kapital.

Man kann das auch anders sehen. Wer aber subjektive Gefühle ins Spiel bringt wie manche „Volks“wirtschafts-Groupies, der sollte erst gar nicht von einem wissenschaftlichen Anspruch reden – das ist nichts anderes als primitive Populärpsychologie.

Aristoteles schreibt das in seiner Nikomachischen Ethik so:
Daß aber das Bedürfnis als eine verbindende Einheit die Menschen zusammenhält, erhellt daraus, daß wenn kein Teil des anderen bedarf, oder auch nur der eine des anderen nicht, sie in keinen Verkehr des Austausches treten, wie sie es tun, wenn der eine Teil dessen benötigt, was der andere hat,…

Der Tauschwert verkörpert „irgendwie“ die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit für ein Produkt, das als Ware auftaucht. Wenn alle Produzenten einer autarkten Gemeinschaft plötzlich weniger Zeit und Aufwand brauchten, um ein bestimmtes Ding herzustellen, weil sie zum Beispiel bessere Werkzeuge haben, dann sinkt der Tauschwert. Oder: Die Wertgröße wechselt mit der Produktivkraft.

Übrigens gibt es einen Streit unter „Marxisten“, den die Apparatschiks leider sowohl in der ehemaligen Sowjetunion als natürlich auch in der DDR unter den Tisch kehrten. Dort wurde Marx bekanntlich als eine Art Religionsstifter angesehen, dessen Werke man nicht als bloßes Werkzeug ansah, sondern als heilige Schriften, die die absolute Wahrheit verkündeten – oder das, was die jeweiligen Parteifunktionäre meinten daraus machen zu müssen. In diesem Streit geht es um die erkenntnistheoretische Frage, ob die Fähigkeit, überhaupt abstrakt zu denken, also sich ein „Drittes“ vorzustellen, das zwei völlig unterschiedliche Dinge erst vergleichbar macht, nicht ein Produkt des Tausches ist. Der marxistische britische Altphilologe George Thomson gehört zu dieser Denkschule, insbesondere aber Alfred Sohn-Rethel oder auch der von ihm beeinflusste Rudolf Müller mit seinem Hauptwerk „Geld und Geist„. Ich sehe das übrigens nicht so; die Idee ist aber sehr interessant.

Demnächst mehr in diese Theater.

Ciompi und andere

Feudalismus

Neulich habe ich beim TV-Zappen ein wenig in die Borgia-Serie hineingeschaut. Die kleinen Leute kommen natürlich nie vor, nur als Staffage. Derartige Filme dienen auch nicht dazu, die Leute zu bilden oder ihnen womöglich lehrreiche Beispiele vorzuspielen, um sie aufzurütteln, dass sie ihr Schicksal in die Hand nehmen, sondern dazu, das Volk ruhig zu halten aka unterhalten. Falls ein Aufrührer und Rebell aufträte, dann würden dessen Rezepte und Methoden, könnte man sie auf die heutige Zeit übertragen, selbstredend zensiert.

Es gibt natürlich Ausnahmen, die kommen aber nicht zur Prime Time. Die Masse will sie auch nicht sehen, das wäre viel zu anstrengend. Die „Borgias“ sind eher Mantel-und Degen-Filme für Oberstudienräte und ihre Gattinnen.

Ich habe heute Ernst Piper seit langer Zeit wieder durchgeblättert: „Der Aufstand der Ciompi. Über den ‚Tumult‘ der Wollarbeiter im Florenz der Frührenaissance“ – gekauft 1978 als Taschenbuch. Es geht hier zwar um das 14. Jahrhundert, also etwas früher als die Borgias, kann aber trefflich das Thema soziale „Schichten“ demonstrieren und außerdem der Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) zeigen, wie dämlich ihre Mitglieder sind.

Karl Kautsky schrieb 1895 über die Textilindustrie in Italien im späten Mittelalter:
Weder die Bergarbeiter, noch die Handwerksgesellen noch die unorganisirten städtischen Proletarier waren berufen, die Träger der Anfänge der kommunistischen Arbeiterbewegung zu sein. Nur eine Arbeiterschicht gab es, welche die Verhältnisse nicht nur für kommunistische Tendenzen empfänglich machten , sondern der sie gleichzeitig die nöthige geistige Anregung gaben, aus diesen Tendenzen ein neues Gesellschaftsideal herausarbeiten, der sie aber auch die nöthige Energie verliehen, an diesem Ideal festzuhalten in Zeiten, in denen seine Erreichung völlig aussichtslos erschien. Diese Arbeiter waren die der Textilindustrie, namentlich die Wollenweber.

Und Burks rückte seinen Oberlehrer-Hut zurecht und sprach: Was war noch mal gleich der Unterschied zwischen Feudalismus Michele di Landound Kapitalismus? Da heulen sie gleich auf, die „Der freie Markt muss frei bleiben und alle werden reich und glücklich“-Gläubigen: Es gab und gibt immer noch einen erbitterten Streit zwischen „linken“ und „rechten“ Historikern, ob man das „Mittelalter“ so nennen sollte oder vielleicht das „Lehnswesen“ oder ob man nicht besser „Feudalismus“ sagen sollte, was unsere „bürgerlichen“ Historiker natürlich rundheraus ablehnen, nicht aus inhaltichen Gründen, sondern weil Marx auch „Feudalismus“ sagte, und was Marx sagte, ist in Deutschland tabu, verpönt und darf nicht zitiert werden. (Zum Glück war Marx kein Mathematiker, der behauptete, zwei plus zwei seien vier, dann wären Mathematiker, die dem beipflichteten, im heutigen Deutschland Linksextremisten.)

Was sagt also der Markt zum Mittelalter? Es gab ihn nur rudimentär; in Südeuropa vermutlich sogar erheblich weniger als im römischen Weltreich.

Die römische Antike fußte zwar auf der Arbeit freier Bauern, aber die „Massenproduktion“ vieler für den Handel benötigten Güter, wenn man davon sprechen will, wurde durch Sklaven auf den Latifundien organisiert.
Latifundien kamen in Italien nach dem Zweiten Punischen Krieg auf und verdrängten in der späten Republik in vielen Gegenden die bisherige kleinbäuerliche oder auf Gutshöfe mittlerer Größe gestützte Landwirtschaft. Sie wurden unter Einsatz zahlreicher Sklaven bewirtschaftet, neben denen freie Landarbeiter als Saisonkräfte zum Einsatz kamen. Hauptsächliche Wirtschaftsform der Latifundien war die Viehzucht, daneben auch der Oliven- und Weinanbau. Der Getreideanbau hingegen war im Rahmen der Sklavenwirtschaft unrentabel.

Warum eigentlich? Das ist doch eine interessante Frage. Und wenn man sich dann das 12. Jahrhundert in Deutschland ansieht, bemerkt man Erstaunliches: Erst dann wurde die Dreifelderwirtschaft „erfunden“. Ein „richtiger“ Pflug kam erst im 18 Jahrhundert zum Einsatz, ebenso die Dampfmaschine, die die industrielle Massenproduktion ermöglichte und somit den Kapitalismus.

Waren also die alten Römer zu blöd, um eine Dampfmaschine oder einen vernünftigen Pfug zu bauen? Und wenn die Dreifelderwirtschaft dafür sorgte, dass sich die landwirtschaftiche Produktion vervielfachte, warum kam das erst im „Mittelalter“, wo doch die Römer sogar Aufzüge im Colosseum hatten und Fußbodenheizung, während die alten Rittersleut sich auf ihren zugigen Burgen einen abfroren?

Erfindungen, die die Gesellschaft verändern, fallen eben nicht zufällig vom Himmel. Und wie Arbeit organisiert wird, auch nicht. Der Markt ist nicht wichtig, sondern die so gennannten Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte. Will sagen: Mit Feudalherrn und abhängigen Bauern kriegt man keinen Kapitalismus mit Arbeitern hin, die nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft. Und mit Sklaven hat Kapitalismus auch keine Zukunft – das wissen die US-Amerikaner aus ihrem Bürgerkrieg.

Bank in der Renaissance

Zurück zu den Ciompi. Am 18. Juni 1378 trat Salvestro de‘ Medici, einer der reichsten Männer von Florenz, auf den Balkon der Signoria und rief: „Es lebe das Volk.“ Er meinte das Volk als Hilfstruppen für seine Interessen, aber die „Ciompi“, die Arbeiter der Wolltuchindustrie, einer der Vorformen der kapitalistischen Massenproduktion, nahmen ihn ernst, entmachteten den Adel und schufen die erste Demokratie der Neuzeit in Mitteleuropa.

Darüber würde ich gern mal eine TV-Serie anschauen, aber das wird nie passieren. Aber wir wollten uns den Gläubigen des niederen Wesens „Freier Markt“ widmen.

Die Keim und Emryonalformen einer neuen Gesellschaft schlummern also sehr lange innerhalb des Alten. Die Arbeiter der Wolltuchindustrie waren mit die ersten ihrer Art, und genau so kämpferisch wie 300 Jahre später die Bergarbeiter des Erzgebirges. Dann dauerte es aber noch einmal 300 Jahre, bis die industrielle Produktion die vorherrschende Form war, die Arbeit zu organisieren, also den Besitzern der Produktionsmittel zu ermöglichen, sich den Mehrwert anzueigen.

Ich glaube, jetzt muss ich doch mal endlich etwas über die Theorie des Werts schreiben. Aber ist ein so hochwissenschaftlichen Unterfangen etwas für die wohlwollenden Leser und geneigten Leserinnen?

Foto Mitte: Michele di Lando, credits: Sailko

Komplex aus Mythen, Symbolen und Ritualen

Einen interessanten Artikel über den mir bisher nicht geläufigen Begriff „Zivilreligion“ fand ich auf Scilogs.de: Der „Soziologe Robert Bellah prägte unter anderem das heute unverzichtbare Konzept der ‚Zivilreligion‘, wie der Komplex aus Mythen, Symbolen und Ritualen beschrieben wird, den sich Gesellschaften zulegen, um sich politisch-emotional zu organisieren.“

Was fällt mir dazu ein? Der Drogen-Diskurs. Die „Online-Durchsuchung“. Kinderpornografie im Internet. Virenscanner. Gesicht und Flagge zeigen. Fackelzüge Lichterketten. Der Disclaimer.

Können Sie Penetration?

Neuer Beruf: „Penetrationstester“ – vielleicht habe ich doch meinen Beruf verfehlt.

Der Deutsche Wortschatz sagt:
Sachgebiet: Chemie
Technik allgemein
Sex
Morphologie: penetr|at|i|on
Grammatikangaben: Wortart: Substantiv
Geschlecht: weiblich
Flexion: die Penetration, der Penetration, der Penetration, die Penetration
die Penetrationen, der Penetrationen, den Penetrationen, die Penetrationen
Pragmatikangaben: etym: lat.

Interessante Auskünfte gibt auch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (geht leider nur mit Javascript) zum Thema „Penetration“.

Und nun zu uns, Glaubensgemeinschaft Freie Marktwirtschaft!

Ein schöner Artikel in Telepolis über einen zentralen theologischen Satz der Glaubensgemeinschaft Freie Marktwirtschaft, weniger Steuern führten zu Wohlstand und Glück für alle: „Ausgerechnet eine Studie des Congressional Research Service über die Wirtschaftsentwickelung seit 1945 zeigt, dass an dem neoliberalen Mantra nichts dran ist“. („Taxes and the Economy: An Economic Analysis of the Top Tax Rates Since 1945“)

Aber wie es mit religiösen Thesen so ist: Argumente helfen nicht dagegen.

Erdgroßer Planet entdeckt

Daniel Fischer hat alles Wissenswerte über den entdeckten Planeten in der „Nähe“ von Alpha Zentauri B zusammengetragen (via Michael Khan).

Gezielte Lügen

„Es wurde befürchtet, dass das Kraftwerk sofort abgeschaltet worden wäre, falls Tsunami-Risikostudien enthüllt worden wären.“ Das geben die Betreiber des japanischen Atomkraftwerks zu.

So etwas würde natürlich in Deutschland nie passieren. Alles grundehrliche Leute hier bei den Stromkonzernen.

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