Nachlese: Secret Drama und dein Versprechen an die Bienen

mäuse

Ich muss wieder alles, was nicht zusammengehört, in einen Beitrag pressen. Die Mäuse sind für mich eines der besten Fotos, die ich jemals gesehen habe, sogar mit philosophischem Tiefgang: Wenn man das Drama auf Erden auf Mäusegröße schrumpfte, wäre es dann noch ein Drama? Oder flame wars in „sozialen“ Medien?

Oder gar die Riots in Washington, auf einer Modelleisenbahn nachgestellt? (Ich erinnere mich daran, dass ich vor mehr als einem halben Jahrhundert auf meiner ein brennendes Finanzamt hatte, das vor allem im Dunkeln – von innen beleuchtet – sehr hübsch aussah.)

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten Chinas CGTN meint: „The Capitol riot is a collective American failure“. Höre ich da ein wenig Schadenfreude heraus?

„Did Trump light the fuse? You bet. Did the Republicans fan that flame for their own political advancement? Of course. Did the establishment fail to see the fissures in American society and give ultra-nationalism a chance to thrive? Definitely. Did the bureaucracy become so entrenched that roads are potholed, bridges are crumbling and water become poisonous? Undeniable. Did social media wrap people in their own cocoons of comfortable opinions and become irascible to challenges? Can’t be more truthful.“ Full ack, dude.

Der Tagesspiegel gibt mir ein Rätsel auf: „Familien schickten 500 Kinder nach Berlin – sogar Babys und Säuglinge“. Wait a minute. Säuglinge?

„Die vom Landesjugendamt in diesem Jahr erfassten jungen Menschen waren vorrangig Staatsangehörige aus Afghanistan (28 Prozent),.. (…) Sogar Säuglinge und Babys ohne Eltern wurden vom Landesjugendamt in Obhut genommen: Drei Prozent der Kinder waren unter drei Jahre alt, zwei Prozent zwischen vier und fünf Jahren,…“ Wie sind die denn hierhin gekommen?

„Manche wollen unbedingt wieder zu den Eltern zurück, einige haben die ihnen auferlegte Aufgabe des Familiennachzugs erfolgreich erledigt. Manche werden angesichts von seelischen Traumata kriminell und depressiv, andere machen Abitur oder eine Ausbildung im neuen, glücklichen Leben.“

Jawohl! Definiere „glücklich“! Das ist deutscher Haltungsjournalismus vom Feinsten. Manche werden depressiv, manche nicht. Was will uns der Künstler die Autorin damit sagen? Es ist löblich, wenn man etwas bewegen will, aber bei diesem Thema was und wohin?

Und nun zu uns, Anthroposophen und Demeter! Die haben da etwas in ihrer Hauszeitschrift über eine bessere Welt. Ludger Weiss von den Salonkolumnisten schreibt:

„Aber was ist der Boden, auf dem diese Träume wachsen? Ein befremdlicher. Er besteht in der Ablehnung jeglicher moderner Technologie. Kurznachrichten sind ein „scheußlicher Weg der Kommunikation“, „Teufelszeug“. Das Internet, zumal G5 und das damit mögliche „Internet der Dinge“ gilt als Alptraumvision und erledigt sich zum Glück durch „Peak Everything„. Auch die Bekämpfungsmaßnahmen in der Corona-Pandemie werden abgelehnt.“

Ich kann den esoterischen Quatsch nicht lesen, das tue ich mir nicht an. Ich kriege davon die Krätze. „Dein Versprechen an die Bienen“, oder: „Den Willen finden und spüren.“ Das erinnert mich immer an den Titel eines Buches, das ich schreiben wollte, um schnell reich zu werden: „Frauen atmen selber“.




Geschwätz von gestern

SenBJF

Der Berliner Senat verfährt nach dem schönen Motto: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?




Sturm auf [bitte selbst ausfüllen][Update]

Revolution

Sturm auf Parlament in Skopje. Sturm auf Parlament in Kirgisistan. Sturm auf Parlament in Tschetschenien. Sturm auf Parlament in Hongkong. Sturm im Wasserglas in Deutschland. Sturm auf Parlament in Bagdad. Sturm auf Parlament in Belgrad. Sturm auf Parlament in Venezuela. Sturm auf Parlament in Sofia. Sturm auf Parlament in Bangkok. Sturm auf Parlament in Tiflis. Sturm auf Parlament in Luzern. Sturm auf das Parlament in Washington.

Der Schockwellenreiter hat alles schon formuliert, was nötig ist: „Lediglich die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte ihr Vertrauen in die Stärke der US-Institutionen und des US-Kapitals der US-Demokratie.

Wie Recht sie hatte: Inzwischen ist das Kapitol wieder gesichert und der DAX geht von den amerikanischen Ereignissen unbeeindruckt weiter auf Rekordjagd. Der Börse ist es nämlich scheißegal, wer in Washington den Steigbügelhalter des Kapitals (nicht des Kapitols, das darf man nicht verwechseln) macht. Und schade, daß es dieses Mal keine ominösen russischen Hacker gibt, denen man das alles in die Schuhe schieben kann.“

[Update] Fast die Hälfte der Republikaner macht Biden für den Sturm auf das Kapitol verantwortlich.




Wokeness and Diversity

„Der neoliberale Traum ist, dass das in punkto Reichtum obere Prozent der Bevölkerung genauso divers ist wie die restlichen 99 Prozent, damit niemand seine ökonomische Situation mehr auf Diskriminierung schieben kann. Dann können die Reichen nämlich behaupten, dass jeder seinen Platz in der Gesellschaft verdient habe. Bei Diversity-Bestrebungen geht es nicht in erster Linie darum, Ungleichheiten zu minimieren, sondern sie zu rechtfertigen.“ (Walter Benn Michaels 2019, via Fefe)




Total number of vaccination doses

covid-19 Total number of vaccination doses

Warum gehen unsere Medien mit Totalversagern wie Spahn so zartfühlend um? Liegt das an der freiwilligen staatstragenden Attitude, die typisch ist für die Mittelklasse, aus der fast alle Journalisten stammen?




Einmal mit Profis arbeiten

Dr. Carola Holzner aka Doc Caro:

„Sehr geehrter Herr Armin Laschet , sehr geehrter Karl-Josef Laumann !
Mein Name ist Dr. Carola Holzner- vielleicht kennen Sie mich bereits durch meine Blogaktivitäten als Doc Caro. Wenn nicht, dann erreiche ich Sie hoffentlich mit diesem Post. Ich bin leitende Oberärztin im Universitätsklinikum Essen in der Notaufnahme.

Wir sind der größte Covid19 Versorger in der Region Rhein/Ruhr. Mittlerweile haben wir die VIERTE (!) Intensivstation für Covid19 erkrankte Patienten eröffnen müssen, versorgen tagtäglich die meisten Patienten in der Umgebung und darüber hinaus.

Meine Kollegen und ich setzen sich täglich dem Infektionsrisiko aus. Das tun wir gerne. Aber auch wir sind nicht davor geschützt, uns zu infizieren und vielleicht zu erkranken.

Wir wurden zurecht an die Spitze der Liste bei der Verteilung der Impfungen gesetzt.. Notaufnahmen, Intensivstationen, Personal von Covid Stationen..
Ja, wir stehen als Risikogruppe 1 ganz oben auf der Liste…

Warum schreibe ich das?

Sehr geehrter Herr Laschet, sehr geehrter Karl-Josef Laumann ,
gerne würden meine Kollegen und ich uns schützen! Gerne würden wir uns impfen (vielleicht nicht alle- aber die meisten!). Wir erhofften die Impfung- wie viele andere auch. Jetzt ist sie da!

Aber überraschend wurden wir nicht berücksichtigt? Vergessen? Sind der Priorisierung zum Opfer gefallen?

Ja, Risikogruppen gilt es zu schützen, die Altenheime werden zuerst geimpft. Aber wer versorgt die Patienten, die in die Krankenhäuser kommen? Wenn wir doch gemeinsam ganz oben auf der Liste stehen, wieso wird nicht mindestens aufgeteilt?

Wie kann es sein, dass Pflegekräfte, Ärzte, Personal in Risikobereichen keinen Impfstoff bekommen- sind wir doch bitte die, die nicht ausfallen dürfen, die die Risikogruppen behandeln und dazu tatsächlich und zu Recht(!) gemeinsam mit den Risikogruppen oben auf der Liste stehen?

Ich möchte ausdrücklich im Namen meiner Kollegen und mir, stellvertretend für das Krankenhauspersonal dringend appellieren – vergessen Sie uns nicht! Wir wollen die Impfung und zwar schnell! Vergessen Sie uns nicht bei der Verteilung des Impfstoffs und auch danach nicht! Wir halten hier den „Laden am Laufen“! Ja, wir sind relevant. Wir wollen es weiter sein.

Wir möchten gesund ins neue Jahr starten und es bleiben. Das haben wir verdient! (…)“

Beate Otto schreibt auf Fratzenbuch: Biontech als deutsches Unternehmen erhält dieses Jahr eine Förderung von 375 Mio. aus Steuergeldern und Deutschland verzichtet auf eine bevorzugte Lieferung von Impfdosen, um „ein Zeichen für die Solidarität in der EU zu setzen“! Die EU wiederum verzichtet auf erhebliche Mengen des angebotenen Impfstoffs von Biontech (immerhin wurde auf 200 Mio. zusätzliche Dosen verzichtet), um sich dafür den französischen Impfstoff von Sanofi zu sichern – der wird aber voraussichtlich erst Ende 2021 zugelassen werden. (…)

Spiegel online: „Während Staaten wie die USA und Israel ihre Impfstoffe allein einkaufen, bestellt die Bundesrepublik sie gemeinsam mit den anderen Staaten der Europäischen Union (EU). Als im Herbst bekannt wurde, dass der Biontech-Impfstoff sehr wirksam ist, reagierte die israelische Regierung schneller und bestellte pro Kopf mehr Dosen bei Pfizer als die EU-Staaten.“




Schnelle Herde

israel vaccination




Schnell oder nicht schnell

Christian Y. Schmidt schreibt auf Fratzenbuch: „Vor einer Stunde Nachrichten von einem Freund, der in einem Dorf nördlich von Peking wohnt. Nachdem vor vier Tagen in Gaoliying- einer kleinen Stadt nördlich der sechsten Ringstrasse im Shunyi District – ein Corona-Infizierter identifiziert wurde, wurde heute jemand in einem der Dörfer in der näheren Umgebung des Dorfes, in dem der Freund wohnt, positiv getestet.
Daraufhin wurden sofort die Bewohner aller Dörfer der Umgebung zusammengetrommelt, und zwar mitten in der Nacht (um 22:30 Uhr), damit sie sich im Gemeinschaftszentrum des Dorfes testen lassen. Natürlich sind die PCR-Tests kostenlos. Falls einer fragt, wieso in China seit Mitte Mai keiner mehr an Corona gestorben ist: Auch wegen solcher schneller Reaktionen.“




Cyberangriff hält an, Cyberlage gehackt dynamisch

waz

Den Prolog schreibt Nutzer Hal auf Heise.de: Die Entscheidung, auf ein Backup-System zu verzichten, fiel aus ökonomischen Gründen. Die Wahrscheinlichkeit eines völligen Datenverlustes wurde von führenden Experten (= der BWL-studierte GF) als vernachlässigbar gering erachtet.

Bonus von Nutzer Ranaka: Bonuspunkte, wenn der Trojaner per Werbung über den Browser kam. Das wäre der absolut perfekte Weg: zielgerichtete Werbung mit Edge-Browserexploit-Payload, die dann einen Ransomware-Trojaner nachlädt, der Paywalls deaktiviert und auf den betroffenen Rechnern uBlock Origin installiert… Mehr fnord geht nicht.

Ich habe mir das Gehackte mal genauer angesehen. Es geht offenbar um ein Trojanisches Pferd der Doppelpaymer-Familie. Im September hatte es die Uniklinik Düsseldorf getroffen (Echo in deutschen Medien: Die Russen! Die Russen!).

Diese Ransomware fügt die Erweiterung „.locked“ an einen Dateinamen jeder verschlüsselten Datei an, z.B. ändert sie „1.jpg“ in „1.jpg.locked“, und so weiter. Jede verschlüsselte Datei erhält eine eigene Lösegeldnotiz (.txt-Datei). Zum Beispiel ist eine Notiz für „1.jpg.locked“ „1.jpg.readme2unlock.txt“, und so weiter. [Vorsicht – der Rest der zitierten Seite ist Bullshit-Bingo und Werbung für eine Software.]

Heise schreibt: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass die entsprechende Sicherheitslücke in Software von Citrix bereits seit dem Jahreswechsel bekannt war. Dabei handelte es sich um eine Lücke in der Citrix-VPN-Software, die unter dem Namen „Shitrix“ bekannt wurde (CVE-2019-19781).

Es geht um einen VPN-Server, mit dem sich Mitarbeiter von außen in das System einloggen können. Die ursprüngliche Warnung vor der Sicherheitslücke stammt vom Dezember 2019.

Das BSI warnte im Januar diesen Jahres:
Das BSI ruft Anwender erneut dringend auf, die vom Hersteller Citrix bereitgestellten Workaround-Maßnahmen umgehend auszuführen und nicht auf die Sicherheitsupdates zu warten. Anwender, die die Workaround-Maßnahmen bislang nicht umgesetzt haben, sollten zudem ihre direkt mit dem Internet verbundenen Citrix-Systeme auf eine wahrscheinliche Kompromittierung prüfen. Angaben des Herstellers zufolge sollen Sicherheitsupdates je nach Versionszweig der betroffenen Produkte erst Ende Januar 2020 verfügbar sein. Diese sollten dann schnellstmöglich eingespielt werden.

Jetzt haben wir Dezember 2020. Noch Fragen?




Fake news vom ZDF

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Die Israel-Berichte im ZDF sind mittlerweile so wahr wie die nordkoreanischen Nachrichten.
Die Millionen Palästinenser, die unter israelischer Kontrolle leben, werden viel länger warten müssen. Israel sieht sich nicht zu ihrer Versorgung mit Vakzinen verpflichtet und so sind sie auf die Palästinensische Autonomiebehörde angewiesen – der es an Geld fehlt.

Fake news! Die Jerusalem Post schrieb vorgestern:
The Palestinians have not approached Israel for help in obtaining COVID-19 vaccines and are planning to purchase them on their own with the help of the international community, Palestinian and Israeli officials said on Sunday.
A senior official with the Palestinian Authority Ministry of Health said that the Palestinians do not expect Israel to sell them, or purchase on their behalf, the vaccine from any country.
The official told The Jerusalem Post that the Palestinians will soon receive nearly four million Russian-made vaccines against COVID-19.

Vielleicht zweigt ja die Hamas etwas Geld vom Tunnel- und Bombenbau ab?




Gernderinfiziert, revisited

Sehr schöner Text von Michael Westerhoff auf ruhrbarone.de: „Warum ich nicht mit Gender* spreche“.

Wir sprechen heute eine akademische Gender-Sprache und nicht mehr so wie auf der Straße. Und uns ist egal, worüber Deutschland spricht. Wir haben uns inhaltlich und sprachlich meilenweit von vielen Menschen abgekoppelt. Das gilt für private elektronische Medien genauso wie für öffentlich-rechtliche. Wir wundern uns also, dass die Menschen ihre „Informationen“ lieber von YouTubern, aus windigen Telegram-Gruppen oder bei rechten Bloggern beziehen? Ich wundere mich darüber nicht.

Für mich gilt das ohnehin nicht, aber ich stimme zu. Insbesondere die „Linke“ sollte sich das zu Herzen nehmen. Das wird aber nicht passieren, weil Sprachesoterik eine quasi-religiöse Konsistenz hat und – vergleichbar mit einer Subkultur – ein soziales Milieu nach „unten“ abgrenzen soll. Gendersprache ist nichts anderes als systemaffiner Klassismus.




Pepe tritt ab

pepe
Pepe Mujica, Protoplasma K, CC BY-SA 2.0

José „El Pepe“ Mujica (*1935) hat seinen Rückzug aus der Politik erkärt.

Für mich ist er ein Held und Vorbild. „Elf Jahre seines Lebens verbrachte Mujica in einer 3,5 Quadratmeter engen Einzelzelle, oft in Handschellen, den eigenen Urin trinkend, unter Dauerbeleuchtung gesetzt, die den Unterschied von Tag und Nacht aus der Wahrnehmung löschte.“

Dieses Virus ist das globalisierteste Wesen aller Zeiten. Ob reiche oder arme Länder, es lässt keinen Kopf auf den Vogelscheuchen sitzen. Zum anderen erleben wir die Folgen der langjährigen Kritik am Staat, weil es einerseits eine sowjetische Staatsformel gab, die glaubte, alles mit dem Staat gelöst zu haben. Doch dann tauchten die Ultraliberalen auf, die im Grunde überhaupt nicht liberal sind, weil sie jede Form von Diktatur befürworten und glauben, dass der Staat auf ein Minimum reduziert werden muss. Doch jetzt, wo die Kartoffeln anbrennen, rufen alle nach dem Staat: „Gib mir dieses, fordere Disziplin, lass dieses und mach das andere“, und so weiter. Unser eigentlicher Kampf sollte sein, dass wir das Beste im Staat erkennen und von ihm fordern, denn in Wirklichkeit ist der Staat ein kollektiver Wert, den wir besitzen und brauchen. Und warum ist er es? Weil der Markt dies nicht leisten kann … Die Welt wird (Anm.: nach dem Virus) nicht dieselbe sein. Wir müssen lernen, das Leben anders anzupacken. Die Frage ist, wieviel wird es uns kosten und welchen Preis werden wir zahlen, bis zu dem Tag, an dem die Wissenschaft uns eine Reihe von Antworten gibt, die heute noch lange nicht verfügbar sind. Es kann dem Homo sapiens auch helfen, etwas bescheidener aufzutreten und zu lernen, dass die Natur befolgt und respektiert werden muss.

Wenn die Revolution kommt, dann aus Lateinamerika. Menschen wie „El Pepe“ oder Camila Vallejo oder Francisca Alvarado Mamani werden sie anführen.

In Montevideo hat auch wieder ein Linksbündnis gewonnen. Ab nächsten Herbst denke ich darüber nach; die Flüge sind mittlerweile bezahlbar.




Carlo & Malik & Alba

Carlo & Malik

Glotzempfehlung auf Netflix: Carlo & Malik (OmU!). Ich halte den Titel für irreführend, weil Alba, die Tochter des Kommissars, die dritte Hauptdarstellerin ist.

Ich hätte dem italienischen Fernsehen so eine intelligente und unterhaltsame Krimi-Serie gar nicht zugetraut (nein, die Mafia kommt erstaunlicherweise nicht vor). Bei italienischem TV denke ich zuerst an Berlusconi und dass viele Italiener diesen Bunga-Bunga-Zombie wählten, und damit war das Thema bisher gegessen.

Ich habe nicht viele ernst zu nehmende Rezensionen in deutscher Sprache gefunden, ich teile die Kritik nicht. „Ein bisschen altmodisch ist Carlo & Malik in seiner Formelhaftigkeit, etwas für die Fans Krimis alter Schule.“ Jaja, bei Krimis ist old school nie falsch, weil fast alle herausragenden Serien wie etwa Bosch einen Kommissar als Helden haben, der ebenfalls old school ist und auch so handelt.

Carlo & Malik

Witzigerweise ist der „dunkelhäutige“ zweite Hautdarsteller Malik in der Realität gar kein Afrikaner, sondern Lateinamerikaner. Der Film haut einem das Thema „Rassismus“ zwar ständig um die Ohren, aber nicht auf eine aufdringliche Art. Nette Szene: Carlo und Malik müssen zu einer Villa reicher Leute: Hohe Mauer, Gegensprechanlage. Malik klingelt und eine Stimme kreischt ihn an, ob „sie“ jetzt schon am hellichten Tage kämen. Gemeint sind natürlich legale und illegale Einwanderer aus Afrika. Das klingt übertrieben, ich halte es aber auch für Deutschland für durchaus realistisch.

„Carlo & Malik“ hätte in Deutschland so nicht produziert werden können oder nur als totaler Kitsch. Bei US-amerikanischen Serien kann man es übertrieben finden, dass wegen der zwanghaften Political correctness immer ein Afroamerikaner in der Nähe sein muss, wenn ein Weißer die Hauptrolle spielt. In Deutschland wirkt es verkrampft und zwanghaft pädagogisch. (Wenn das Feuilleton der taz etwas bejubelt, hat man gleich einen zuverlässigen Hinweis darauf, dass es jetzt mit dem moralischen Holzhammer weitergeht.)

Man kann mit Filmen nicht die Realität verändern, sie aber gut gemeint verfälschen. Die Hautfarbe solle gar keine Rolle spielen. Nicht vergessen: Mit dem US-amerikanischen Diversity-Konzept kommt die Rassenlehre („back to blood“) durch die Hintertür in den Mainstream zurück. (Ja, ich bin für eine afrodeutsche Tagesschau-Sprecherin oder eine Latina, die „Afro“ aussieht, um die einschlägig Verdächtigen zu ärgern, aber nie und nimmer für eine Religiotin, womöglich gar mit Hijab.)

Ich habe noch nicht alle Folgen geschaut, auch dazu habe ich keine Zeit. Ich konnte mich auf den Plot anfangs gar nicht richtig konzentrieren, weil bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Frauen überirdisch schön sind. Die Hauptdarstellerin Rosa Diletta Rossi kannte ich nicht, auf Bildern sieht man ihre üblichen Model-Qualitäten, aber im Film kommt noch die Ausstrahlung dazu – das Lächeln! Ich war hin und weg. Sind eigentlich alle italienischen Frauen so attraktiv? Ist das irgendwie repräsentativ? Ein blödes, aber offenbar wieder zutreffendes Vorurteil. Auch die Männer sind gutaussehend und immer geschmackvoll gekleidet, was man von deutschen Kommissaren nicht sagen kann.

Das erinnert mich an einen Insider-Second-Life-Gamedesigner-Roleplay-Joke: Italienische Avatare sehen am besten aus, italienische Sims sind immer die schönsten, aber organisiert kriegen sie nix, und die Sache wird schnell wieder aufgegeben. Stimmte immer.




Im Tastatur- und Keulenbusiness

yamaha

Ich habe gerade so viel zu tun, dass ich nur kurz zwischendurch zur Feder greifen in die Tasten hämmern (oder sagt man „auf“?) kann. Apropos Tastatur: Ins Bett um 6.30 Uhr, nach der Nachtschicht, um 11.30 Uhr klingelt das Handy direkt neben meinem Ohr: „Ich bringe Ihr Klavier und stehe unten vor der Tür!“ – „Ich bin in fünf Minuten unten, gähn, seufz…“.

Das Paket hätte ich allein nie nach oben bekommen, aber ich sagte dem netten Anlieferer, dass ich zufällig noch einen größeren Schein übrig hätte habe, und ob er sich vorstellen könne, obwohl er nicht müsse usw.. Er konnte und wuchtete den Brocken fast allein die Stufen hoch. Jetzt hat er den halben Tagesverdienst eines Amazon-Lagerarbeiters zusätzlich in der Tasche, und das ist auch gut so (der Kapitalist Jeff Bezos, dem Amazon gehört, verdient 4,4 Millionen Dollar pro Stunde). Vielleicht waren nicht alle seine Kunden, denen er mit dem riesigen LKW der Spedition etwas lieferte, höflich und dankbar; er schien höchst entzückt und bestand darauf, die rund 40 Kilo auch noch in meine Wohnung zu schleppen.

Vor Sonntag komme ich, wenn überhaupt, nicht dazu, das Teil zusammenzusetzen. Auch der Klavierhocker muss noch zurechtgedröselt werden. Ein kurzer Blick auf die beiden fucking manuals reichte, um bei mir den Eindruck zu hinterlassen: Das machst du erst, wenn du guter Laune bist, mental ganz entspannt und ein paar Stunden in Reserve hast.

Was hatten wir noch? Ich empfehle einen höchst lesenswerten Artikel von Eva Menasse auf Zeit online „Blondes Gift?“ Natürlich geht es wieder um Lisa Eckart, zu der bekanntlich schon alles gesagt wurde, hier aber um ihre Kritiker und um die Frage „Was ist eigentlich Kabarett, wie funktioniert es, und warum findet sich diese Kunstform eher selten auf ökumenischen Kirchentagen?“ Jeder Absatz ist auch ein sprachliches Kunstwerk und amüsant. Meine Lieblingsstelle:

Lisa Eckhart mit ihren kriegerischen Fingernägeln und Absätzen zieht den Hass, wie früher Biller, mit voller Absicht auf sich. Humortechnisch funktioniert das ähnlich wie damals, als Christoph Schlingensief gleich neben der Wiener Staatsoper die Fernsehshow Big Brother mit Asylbewerbern nachstellen ließ, die man per Abstimmung abschieben lassen konnte – Übertreibung bis weit über alle Schmerzgrenzen hinaus. Sehr viele fanden das gar nicht lustig, vielleicht war es das auch nicht. Vielleicht ruft bald Schlingensief aus dem Jenseits bei Maxim Biller an und erklärt es noch mal.

Mit ihrer blasierten Brillanz und der Eiseskälte ihrer Kunstfigur, deren Schutz sie öffentlich nie verlässt, ist Lisa Eckhart wahrlich die Göttinseibeiuns all der altbekannten Toreros, die ihr eigenes Denken öffentlich als „wild und klar“ rühmen müssen.

Man kann sich vorstellen, was passierte, wenn Gerhard Polt Mai Ling im Jahr 2020 veröffentlicht hätte. Er würde vermutlich öffentlich geächtet und geshitstormt, und in den Anstalten traute man sich schon gar nicht, das dem Volk zuzumuten. Wie auch bei Eckart: Man knirscht manchmal mit den Zähnen und weiß nicht, ob man jetzt lachen sollte oder nicht. Es muss richtig weh tun, sonst ist es keine gute Satire. Fast alle deutschen Komödianten bedienen nur den Humor der eigenen Zielgruppe (das gilt sowohl für Pispers als auch den unsäglichen Nuhr), aber Eckart teilt gezielt nach allen Seiten aus. I love it.

Noch mehr gute Nachrichten, leider nur für Franzosen: „Die Franzosen dürfen den Jahreswechsel nicht im Freien feiern: Die Regierung verhängte für die Silvesternacht eine Ausgangssperre zwischen 20 Uhr und 7 Uhr morgens.“ Großartig und richtig! Hier wird alles vermasselt werden, auch das.

Übrigens: Der Tagesspiegel berichtet über eine Razzia. Interessant ist dabei: „Die Zahlen des aktuellen BKA-Lagebildes „Organisierte Kriminalität“ zeigen, dass deutsch-arabische Großfamilien 2019 gerade 7,8 Prozent der OK-Ermittlungsverfahren ausmachten. In Berlin jedoch, das teilten die hiesigen Behörden 2018 mit, betrafen mehr als 20 Prozent, nämlich 14 von 68 OK-Verfahren, deutsch-arabische Familien.“

Das müsste mal wissenschaftlich interpretiert werden – aber nicht von grünen Religioten, Diversity-Theologinnen oder den Freunden der Hijabisierung im gefühlslinken Milieu.

PS Ich habe Korrektur gelesen.




Perpetuierten Nörgeln

nörgeln

Das spülte in mein Postfach, angeschaut per Smartphone.

Dazu fällt mir etwas ein, aber gleichzeitig komme ich mir vor wie Don Quichote: Die werden weder meine Kritik zur Kenntnis nehmen noch etwas ändern. Das kenne ich vom Deutschen Journalisten-Verband. Man wechselt bei Kritik gleich in den Modus „beleidigte Leberwust“, rümpft hochnäsig den Gesichtserker und meint, alles zu ignorieren, löse das Problem.

Warum und zu welchem Ende versende ich (nicht) E-Mails im HTML-Format? Das BSI warnt davor. Warum beherzigen Journalisten das nicht oder diejenigen, die den Newsletter von „Aufstehen“ versenden? Ich sage es euch: Weil sie dumm und ignorant sind. Basta. Oder weil sie denken, diejenigen, die sich um Sicherheit kümmern, sind eine gesellschaftlich irrelevante Gruppe und sitzen irgendwo mit Popcorn im Keller, dort, wo die „Linke“ nie hinleuchtet.

Neulich hatte ich einen Tagtraum: Was machten diese Leute, wenn plötzlich der Faschismus oder so etwas Ähnliches käme? Nichts, vermutlich. Nur dumm gucken und jammern. Oder sie fragen mich (zu spät), was man tun könne. (Ich habe heute die zweite und letzte Mahnung an die Linke Medienakademie verschickt, weil die mein Honorar nicht zahlen. Bei sowas zögere ich nicht, denen einen Gerichtsvollzieher auf den Hals zu schicken. Dann lernen sie es auf die harte Tour und ganz ohne Gendersternchen.)

Wie sieht denn so etwas aus? Mein Nachname wird zerhauen? Ist das etwa höflich und benutzerorientiert? Das liegt nicht an mir! Just saying!

Aber nun zu uns, Inhalte! Nehmen wir den ersten Satz. Der ist nicht so verständlich, wie er sein könnte. Was sagt er aus? Die Gegner des „Neoliberalismus“ (was auch immer das sei – ein extremistischer Kapitalismus vielleicht?) bekämpfen sich. „Vor allem“ ist ein überflüssiges Füllsel, es sei denn, man erklärte, was sie sonst noch so tun. Und das Kapital darf weitertoben. Ein schönes starkes Verb, nur ist es nicht anschaulich. Tobte das Kapital schon bei Schleicher oder erst bei Hitler? Tobt es immer, oder hat es seine Tobsuchtsphasen, die man eventuell medikamentös behandeln könnte?

Die Gegner des Kapitalimus bekämpfen sich, während das Kapital sich ins Fäustschen lacht.

Ok? Ist das „bemerkenswert“, oder ist das ein wiederum überflüssiger Anfang nach dem Motto „bevor wir zum Anfang kommen, lassen Sie mich sagen, dass dieser bemerkenswert ist“? (Sorry, Leute, ihr habt weder von Propaganda noch von deutscher Sprache irgendeine Ahnung.)

Weiter: Man fängt einen Satz nicht mit „dass“ an. Da werden die Leser sofort unaufmerksam. „Der Nebensatz kann nicht alleine stehen; er ist einem anderen Teilsatz untergeordnet, von dem er durch ein Komma getrennt ist“. Das ahnt das Publikum, gähnt, und sucht dann, wo und ob der Hauptsatz eventuell käme.

Es ist schlimm, dass Schwächsten der Gesellschaft systematisch gegeneinander ausgespielt werden. Jaja, nicht unsystematisch, sondern systematisch – aber was heißt das jetzt? Das tobsüchtige Kapital hat einen Plan?

Ab jetzt wiederholt sich alles: „Doch die Linke schafft es auch eigenständig“ – herrje! „Doch“ und „eigenständig streichen! In der Kürze liegt die Würze! Weniger ist mehr! Aber hattet ihr nicht eben schon gesagt, dass die Gegner des Kapitalismus sich bekämpften? Warum das zwei Mal? Damit es besser ins Langzeitgedächnis eingemeißelt wird?

„Individualismus ist ein hohes Gut [hier fehlt ein Komma] und der Schutz und die Teilhabe von Minderheiten“ blabla. „Die Teilhabe“ ist typisches Katja-Kipping-Sprech. Ja keine Verben! Und um eines höheren Wesens willen nicht Rössin und Reiterinnen nennen! Ich erinnere mich an eine Notiz von Wladimir Iljitsch Lenin: „Anarchismus ist umgestülpter bürgerlicher Individualismus. Der Individualismus als Grundlage der gesamten Weltanschauung des Anarchismus.“ Ich weiß, dass ihr das nicht böse meint. Aber verbreitet solchen Quatsch einfach besser nicht. D’accord?

„Die eigene Ausgegrenztheit“ – das Geschwurbel wird immer schlimmer. Es reicht. Ich möchte mich am Sonntag nicht ärgern. Und in meiner Küche steht noch eine selbst gemachte Sauer-Scharf-Suppe.




Extrem quer

extremismus

Das passt. Als ich die Überschrift im Tagesspiegel las, den Rechtschreibfehler bemerkte und die typischen sinnfreien Texbausteine kritisch beäugte, trudelte die neueste Ausgabe der Z. Zeitschrift für marxistische Erneuerung ein mit dem Schwerpunkt „Kritik der Extremismustheorie“. Quod erat usw.

Ich glaube aber, dass man die offizielle (und wissenschaftlich unhaltbare) Staatsdoktrin nicht „kritisieren“ kann, weil sie für diejenigen, die sie permanent verbreiten wie ein Mantra, eine wichtige Funktion erfüllt wie Gendersternchen Globuli für Esoteriker oder der Glaube an „Heilige“ für Katholiken. Die „Extremismus“-Theorie ist die Lebenslüge des vereinigten Deutschland. Sie institutionalisiert sich und inkarniert im Verfassungsschutz.

Ich habe das hier schon so oft geschrieben, seit zwanzig (!) und mehr Jahren, dass ich keine Lust habe, das noch einmal zu erklären. Viel interessanter ist, wie und warum diese Pseudo-Theorie sich perpetuiert (jaja, „bildungssprachlich, oft abwertend“). So etwas kommt nicht durch Indoktrinierung zustande. Die Autoren des Artikels im Tagesspiegel könnten allesamt meine Enkel sein. Es sind naive Textbausteine, die vom weltanschaulichen Horizont des Kleinbürgertums, aus dem die Journalisten fast ausnahmslos stammen, fallen.

Man könnte zunächst bescheiden fragen, was die Unterschied zwischen „extrem“ und „extremistisch“ sei? Jede Wette: Es gibt keinen, den man benennen könnte. „Extremistisch“ hört sich nur böse an, und deswegen will man als angepasster Kapitalismus-affiner Journalist mit so etwas nichts zu tun haben.

Warum sind also die Leute, die man in den Mainstream-Medien mit dem unsäglichen Wort „Querdenker“ bezeichnet, „extremistisch“? Das heiße ja, sie verträten eine Position, des es woanders „gemäßigt“ gibt, nur etwas extremer? Oder wie soll ich das verstehen?

Beipiel: Die Partei „Die Linke“ will den Kapitalismus nur reparieren, sie will das Ausbeutungssystem nicht abschaffen. Was wäre jetzt die „extremistische“ Version? Enteignet die Produktionsmittel? Es lebe der Kommunismus?

Diese Leserschaft wird Antworten finden, da bin ich mir sicher.




Unter Heckflossen

Die Grünen möchten in Berlin die Yorckstraße, die Blücherstraße, den Blücherplatz, die Hornstraße, die Möckernstraße, die Gneisenaustraße, die Katzbachstraße, die Hagelberger Straße, die Großbeerenstraße, die Eylauer Straße, die Obentrautstraße und Großgörschenstraße umbenennen. Der Initiator sieht auch genauso aus wie eine Heckflosse.

Gleichzeitig möchte die Grünen-Chefin die Wehrmacht Bundeswehr stärken.

Wählt hier jemand diese Partei? Ich kenne niemanden, der das mir gegenüber zugibt. Gilt das Wählen der Grünen in Berlin eigentlich schon als Behinderung geistiges Handicap?




Religioten und ihre diversen Freunde

Künstler sollten keine Witze über den Islam machen. Das könnte die Religioten verunsichern. Der Kabarettist Karl Ray wurde beim Hamburger Schmidt Theater deswegen gefeuert.

Er hatte gesagt:
„„Wir leben in einem Land, in dem Böhmermann beinahe in den Knast sollte und Helene Fischer mit Preisen überhäuft wird. Das gehört doch umgekehrt. Nein, eigentlich gehören beide in den Knast.

Gut, wie kann Herr Böhmermann auch schreiben, dass Erdogan eine Ziege fickt. Das geht natürlich nicht, vor allem nicht, wo wir genau wissen, dass alle Türken meine Mutter ficken. Was denn? Machen sie mal einen Türken wütend, dann sagt der: „Ich ficke Deine Mutter!“ Die große Frage lautet: Warum wollen die eigentlich alle meine Mutter ficken? Die ist noch gut in Schuss. Sie ist aber 84.

Nun ist meine Mutter ja meine Mutter. Ich bin wie sie. Deshalb hätte sie große Lust, sich von einer Horde Türken durchraspeln zu lassen. Sie hat aber keine Zeit. Sie sitzt auf dem Fernseher und guckt Sofa.

Ich hoffe, wir haben Muslime hier im Publikum. Das beweist: Ihr habt Humor und das ist mir eine große Freude. Bedenkt bitte: Wir dürfen in diesem Land über Euch, Euren Gott und Eure Religion lachen. Dafür bekommt Ihr auch unser Weihnachtsgeld.

Ich mache Witze über alle Religionen. Wie nennt man die Vagina eine Nonne? Christstollen!“




Im Namen des Volkes

House of cards
Tibetanische Esoterik im Weißen Haus – Szene aus „House of Cards“

„Die Ära [bitte selbst ausfüllen] ist damit geprägt von zwei partiell widersprüchlichen Tendenzen: dem Aufbau eines neuen charismatischen Personenkults und, parallel hierzu, der Stärkung der legal-rationalen Herrschaft.“
Welche Ära ist gemeint?
[ ] Die des römischen Kaisers Gaius Octavius, genannt Augustus?
[ ] die des weißrussischen Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka?
[ ] die des Generalsekretärs der KP Chinas, Xi Jinping?

Die Antwort steht in diesem interessanten theoretischen Text, den ich dem Publikum empfehle – Niko Switek (Hg.): Politik in Fernsehserien – Analysen und Fallstudien zu House of Cards, Borgen & Co.“. (Vorsicht! TL;DR)!)

Ich bin gerade dabei, die fünfte Staffel von House of Cards vor dem Einschlafen anzusehen. Mir gefällt die Serie; ich mag tiefschwarzen Zynismus. Ich hätte nie gedacht, dass Bertolt Brecht von Hollywood ernst genommen würde. Keine romantisch glotzenden Rezipienten mehr? Großartig – bin sofort dabei. Ich habe da aber noch ein paar Fragen.

Es waren vor allem die Erfahrungen mit den industriellen Dimensionen der amerikanischen Filmindustrie, die Günther Anders, Theodor W. Adorno und Max Horkheimer zu ihrem Urteil veranlassten, dass Filme als Produkte der Unterhaltungs- und Kulturindustrie nur den Zweck der Ablenkung und damit der Stabilisierung des bürgerlich-kapitalistischen Systems dienen.

Ach so? Dann darf ich solche Serien vielleicht gar nicht gucken? Brecht hätte es mir aber vermutlich erlaubt. Die Frage ist spannend, was eine realistische Szenerie – künstlerisch im Film umgesetzt -, wie Politik im Kapitalismus gemacht wird, bei den Zuschauern bewirkt: Werden die zynischer, also realistischer? Oder behalten die ihre Illusionen dergestalt, dass Biden besser als Trump sei?

Die Autoren des erwähnten Textes sprechen von Relevanz durch Realitätsimitation – die realistische Politikfiktion sei echter als echt. Diese Serien sind also „besser“ als die bloße Imitation des Politischen wie in Talkshows. Aber: Politik wird vor allem als politics gezeigt, als dynamischer Prozess, in dem Akteure (vor allem die Protagonisten) in Machtbeziehungen versuchen, ihre Interessen durchzusetzen und auszuhandeln „who gets what, when, how“. Die verfolgten Ziele (policies) bleiben dabei in der Regel vage und Vehikel für die dramaturgisch interessanteren politics.

House of cards

Das ist ein starkes Argument, wenn man sinniert, was die Protagonisten etwas in „House of Cards“ politisch durchsetzen wollen. Die Ziele sind ungefähr so, als hätten sich Greta und die Jungliberalen zusammengetan, um den Kapitalismus zu erklären. Ein Klischee reiht sich ans andere: Von NGOs und ihrer fragwürdigen „Entwicklungshilfe“ bis zum Dalai Lama, der positiv und plakativ auftaucht und den unpolitischen und pseudofeministischen Mittelschichts-Tussen von Pussy Riot, die natürlich von der Präsidenten-Mischpoke hofiert werden. So stellt sich Hillary Clinton den modernen Kapitalismus vor. Die Armen brauchen mehr Geld usw. – eine Robinhoodisierung der Systemfrage, wie sie hier auch die „Linke“ betreibt: den Reichen nehmen und denen da unten geben. Machiavelli für Kinder eben.

Mich amüsiert, dass in „House of Cards“ die „Volksmassen“, in deren Namen agiert und Politik gemacht wird, nur als dumpfer Pöbel auftaucht, der sich beliebig manipulieren lässt – für jeden Zweck. Das müsste sich hier jemand trauen: Parteitage nur als Kulisse, was sie sind, darzustellen, und oben drüber groß das Motto: „Inhalte überwinden“. Das würden die öffentlich-rechtlichen Anstalten nie zulassen. Wo bliebe der volkserzieherische Auftrag?

Die US-Amerikaner sind offenbar künstlerisch weiter. Als marxistisch geschulter Zyniker werde ich natürlich jetzt erst recht neugierig. Was sagt es über den Stand der Klassenkämpfe aus, wenn die Mittelklasse, für die solche Serien gemacht sind, mit bloßem Entertainment à la Förster vom Silberwald nicht mehr zufriedengestellt werden kann? Mittelklasse deshalb, weil die gesamte Ikonografie inklusive der Kostüme passt wie das kleine Schwarze auf den Hintern eines Mädels aus der Werbebranche. Alle Frauen tragen immerzu Stöckelschuhe, alle sind, auch wenn sie fluchen, höflich. Ich hörte gefühlt eine Milliarde Mal „thank you“. Das wird nie, nie vergessen. In Wahrheit fällt niemand aus der Rolle, sogar beim Morden. Natürlich sagt in „House of Cards“ niemand nigger. Und, was unbedingt im Sinne der political correctness sein muss: Eine Weiße hat sogar Sex mit einem Schwarzen. Man vergewissert sich gegenseitig – Filmemacher und Publikum -, dass man das nicht als Skandal sieht. Donald Trump würde nicht hineinpassen: Der missachtet zwar nicht die Regeln der herrschenden Klasse, aber die Verhaltenskodices und den unausgesprochenen common sense, was vermutlich einer der Gründe der unteren Klassen ist, ihn zu wählen. Die tun das bekanntlich auch nicht.

House of cards

Polit-Serien tragen so zur Reproduktion eines liberalen und instrumentalistischen Bilds von Politik bei, wenn man die Forschung zum Einfluss popkultureller Darstellungen auf politische Einstellungen betrachtet. Damit fügen sich Polit-Serien, wie auch die Politikwissenschaft, in ein Politikverständnis, das antipolitischen Ressentiments Vorschub leisten kann.

Jetzt eine Gegenrede. Mir fehlt das Thema Charaktermaske. Das politische Geschehen ist zu sehr das Ergebnis dessen, was die „Spieler“ wollen und ihrer Interaktion. Der Illusion entsteht, dass man nur „gute“, womöglich ehrliche Politgestalten brauchte, um etwas zu ändern. In „House of Cards“ bestimmt das Bewusstein das Sein und nicht umgekehrt. Alle sind immer so, wie sie immer waren, schwere oder leichte Kindheit, je nachdem. Spannend wäre zu erfahren, ob jemand, der „von unten“ käme, sich anpasste(n) (müsste) oder nicht.

Mich lässt die Serie irgendwie kopfkratzend zurück: Müsste die Linke (nicht die Partei) so machtversessen, intrigant, zynisch und korrupt sein, um an der Macht bleiben zu können? Sollte sie das moralische Gesülze (Frieden! Keine Kriege!) einfach lassen, weil man die Herrschenden nur mit deren eigenen Mitteln schlagen kann? Man müsste Lenin fragen.

Oder wir warten, bis endlich Im Namen des Volkes mit englischen Untertiteln bei Netflix oder Amazon gestreamt wird. Ich fürchte, das wird nicht geschehen.




Heringsfürze und anderes

herrings fart

– Neu ist die Erkenntnis nicht: Heringe kommunizieren durch Fürze. Das muss irgendwie dem Geräusch ähneln, das U-Boote machen. So denken offenbar die Schweden.

– Benutzt hier jemand Telegram? „Trotz des hippen Images ist der angeblich sichere Messenger Telegram in Bezug auf Privatsphäre eine Katastrophe.“ Ach.

– Es gibt einen neuen Impfstoff gegen COVID-19. Der ist besser und billiger und wird deshalb vermutlich nicht benutzt werden.

– Aus der Rubrik: Die „freie Marktwirtschaft“ – auch bekannt als Kapitalismus – macht uns alle reich und glücklich: In Guatemala brennt das Kongressgebäude.
Der Tagesspiegel schreibt: „Das guatemaltekische Parlament, das von Giammatteis Partei und deren Verbündeten dominiert wird, hatte diese Woche das Milliardenbudget verabschiedet. Es bürdet dem Land hohe Schulden auf. Außerdem fließt das meiste Geld in von Privatunternehmen verwaltete Infrastruktur und nicht in die Bekämpfung der in Guatemala weit verbreiteten Armut. 59,3 Prozent der 17 Millionen Einwohner Guatemalas leben in Armut, rund die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.“

– Die Giordano-Bruno-Stiftung fordert nicht zum ersten Mal, den Blasphemie-Paragrafen abzuschaffen. Das werden die Grünen aber nicht mitmachen.