Unter reaktionären Sozialpfaffen

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„Und wenn der heutige Krieg bei reaktionären Sozialpfaffen, bei weinerlichen Kleinbürgern nur Schrecken, nur Erschrockenheit, nur Abscheu vor Waffengebrauch, Tod, Blut usw. erzeugt, so sagen wir dagegen: Die kapitalistische Gesellschaft war und ist immer ein Schrecken ohne Ende.“ W. I Lenin)

Die Bonzen haben das Land rechtzeitig verlassen.* Das ist nicht euer Krieg, Soldaten der Ukraine! So würde eine Linke, falls es sie gäbe in Deutschland, vermutlich formulieren müssen. Wäre ich der Sekretär für Propaganda, hätte ich die Parole ausgegeben: Soldaten der Ukraine, desertiert! Lasst Euch nicht verheizen! (Guter Titel für die Qualitätspresse: Die „Linken“ fordert die Ukraine auf, sich zu ergeben!)

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Credits: The Heritage of the Great War

Wenn Krieg zwischen kapitalistischen Staaten herrscht, kann und sollte man keine Partei ergreifen. Ich muss mich aber wundern, warum die herrschende Klasse Russlands diese Option wählt. Man muss jedoch zugeben, dass sie eine innere Logik hat, die der sogenannte „Westen“ nie kapiert hat. Die Oligarchie Russlands hat sich bekanntlich die antifaschistische Tradition des Kampfes gegen Hitler-Deutschland zu eigen gemacht und in ihrem eigenen Sinn erzählt. Das Trauma von 24 Millionen Toten während des 2. Weltkrieges ist immer noch präsent. Wer da glaubt, Panzer der NATO, darunter eben auch die der Deutschen (falls sie mal gerade fahren) nahe der russischen Grenze postieren zu wollen oder auch nur laut über die Option nachdenkt, muss man sehr emotionalen Reaktionen rechnen.

Es geht vielmehr um die Frage, ob die deutsche und europäische Außenpolitik in eine Falle gelaufen ist, weil sie sich nicht dazu durchgerungen hat, sich auf eine Finnlandisierung der Ukraine einzulassen. Gleichzeitig hat sie sich entschieden, die Ukraine nicht unter den Schutzschirm der Nato zu stellen. Auf diese Weise hat sie Putin für militärische Operationen eine „Carte Blanche“ gegeben. (Herfried Münkler, Politikwissenschaftler)

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Credits: The Heritage of the Great War

„Militärisch gesehen ist die Sache gelaufen. Und meine Bewertung ist, dass es nur um ein paar Tage gehen wird und nicht mehr.“ (Erich Vad), Ex-Brigadegeneral der Bundeswehr

Beim Überfliegen der sozialen Medien hatte ich in den letzten beiden Tagen ein Dé·jà-vu. Das Gefühl kam mir irgendwie bekannt vor. Selbst Menschen, die man als einigermaßen vernünftig ansah, wurden des kollektiven Wahnsinns fette Beute. Ich kenne keine Parteien mehr, nur noch Putin-Gegner oder so ähnlich. So wird es einigen auch am Beginn der früheren Weltkriege gegangen sein, wenn man weiß, dass alle in eine Richtung laufen, aber zugleich vermutet, dass es die falsche ist, und deshalb nicht mitläuft, aber scheel angesehen wird, weil man der Masse nicht folgt und deshalb immer wieder überlegen muss: Bin ich bekloppt oder alle anderen?

„Die massiven westlichen Sanktionen könnten Russland China in die Arme treiben – ein Verhältnis, in dem Peking der weit mächtigere Akteur als Moskau ist. Dann würde Putins Versuch, Russland wieder als eigenständige Weltmacht zu positionieren, scheitern, weil er ökonomisch völlig abhängig von China wäre.“ (Herfried Münkler)

Es ist ein bisschen wie im Deutschen Herbst: Man musste damals genau überlegen, was man sagte, um nicht Beruf und Karriere zu verbauen. Eine bleierne Zeit: Ein falsches Wort, und du bist Sympathisant von Terroristen und damit geächtet.

Hat eigentlich irgendjemand einen Plan, wie das alles ausgehen könnte? Gab es schon jemand in den unzähligen Sendungen und Talkshows, der die Position der russischen Regierung vertreten durfte? Aha. Wir leben in interessanten Zeiten…

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Credits: Die Qualitätspresse appelliert an die Volksgemeinschaft.

* Rossiya Segodnya (SNA) zitiert die Ukrainskaja prawda, die Olena Prytula gehört.

Donbasskaja operazija

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Vielleicht nutzen die Russen noch die alten Karten aus der Donbasskaja operazija. Übrigens: Machiavelli würde behaupten, dass Putin Biden schon in Genf gesagt hat, was er machen werde. Interessant ist die Sprachregelung Chinas: „Das chinesische Außenministerium ruft alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Es handele sich nicht um eine russische Invasion, wie dies teilweise beschrieben werde. Die berechtigten Sicherheitsinteressen aller Seiten würden respektiert, heißt es weiter. Man verfolge die Entwicklung in der Ukraine sehr aufmerksam. (Reuters)“ Offenbar wissen auch die Israelis Bescheid. Und auch die herrschende Klasse der Ukraine.

Ich halte die russischen Oligarchen mit Putin an der Spitze nicht für „irre“, sondern für kühl kalkulierend. Wüssten die nicht, was sie tun, hätten sie vielleicht behauptet, sie wollten Transnistrien heim ins Reich holen. Was könnte das Ziel sein? Die Ukraine komplett militärisch zu erobern, wäre unsinnig. Vermutlich spekulieren die Russen darauf, dass das Regime in Kiew zusammenbrechen wird, und haben schon eine Marionetten-Regierung in petto.

Foreign Affairs schätzt das rational und meines Erachtens auch realistisch ein (Zusammenfassung bei Watson):

Die Nato wird ihre Glaubwürdigkeit verspielen. «Jede Vorstellung, sie könnte weiterhin Frieden für den Kontinent garantieren, wird zu einem Artefakt aus längst vergangenen Zeiten», so Fix/Kimmage.

Die USA und Europa würden sich in einem permanenten Wirtschaftskrieg mit Russland befinden.

Vergleiche mit dem Kalten Krieg werden hinfällig. «Im Gegenteil, eine russische Besetzung der Ukraine würde eine weite Zone von Destabilisierung und Unsicherheit eröffnen, welche von Estland und Polen bis zur Türkei und Rumänien reicht», so Fix/Kimmage.

Deutschlands Stellung in Europa würde massiv geschwächt. «Weil sie über eine stärkere Militärmacht verfügen, würden Frankreich und Grossbritannien das Zepter in Europa in die Hand nehmen», so Fix/Kimmage.
Östliche Staaten wie Estland, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien müssten deutlich mehr Nato-Truppen auf ihrem Boden dulden.

Millionen von Menschen würden aus der Ukraine fliehen. In den nicht sofort besiegten Teilen des Landes würde ein blutiger Guerillakrieg ausbrechen.

Die Flüchtlingswelle würde den rechtsextremen Populisten in ganz Europa Aufwind verschaffen. Putin würde dies zu seinem Vorteil ausnutzen.

Die USA müssten ihre geopolitische Strategie neu überdenken. Eigentlich wollte sich die Biden-Regierung darauf einstellen, China in Schach zu halten. «Ein Erfolg von Russland in der Ukraine würde bedeuten, dass sich die USA wieder Europa zuwenden müssten», so Fix/Kimmage.

Das mit der Flüchtlingswelle sehe ich nicht so, zumal weder die Russen noch die Ukrainer gern gegeneinander Krieg führen wollen. Das lässt sich dem Volk nicht verkaufen. Außer den zahlreichen Nazis in der Ukraine wird kaum jemand einen Guerillakrieg führen wollen.

Es ist aus anthropologischer Sicht immer interessant, der deutschen Volksseele online beim Kochen zuzuschauen: Wer die journalistische Maxime „audiatur et altera pars“ beherzigt, ist automatisch ein „russischer Troll“. Dabei weiß man: Die Wahrheit ist jetzt schon gestorben, und Sieger wird es nicht geben.

Für die Medien gilt: Wer jetzt nicht gegen Putin ist, wird aus der Volksgemeinschaft ausgestoßen.

Haupt- und Nebenfeinde

Der Hauptfeind steht im eigenen Land! (Karl Liebknecht, Mai 1915)

Die Berliner „Linke“ distanziert sich jetzt schon von Liebknecht. Bald ist auch Rosa Luxemburg dran.

De Facto [Update]

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Die Fakten werden in dieser Analyse der Konrad-Adenauer-Stiftung korrekt dargestellt. „Seit dem Beginn des Konflikts in der Ostukraine im Frühjahr 2014 sind mehr als 400 Kilometer der ukrainischen Grenze mit Russland nicht mehr unter Kontrolle der Regierung in Kiew. (…) Seit dem Sommer 2014 kommt es somit zu einer zunehmenden Verschmelzung der besetzten Gebiete mit Russland und zu ihrer weitreichenden Abkoppelung von der Ukraine. (…) Im Osten Europas sind also seit 2014 zwei neue „Grenzen“ entstanden, die de facto das Territorium der Ukraine durchschneiden.“

Sehr hübsch: „Wer es sich leisten kann, nimmt gleich den Minibus von Kiew nach Sewastopol auf der Krim. Die Grenzbeamten drücken gegen Bezahlung, so wird berichtet, beide Augen zu. Der offizielle Stopp des Personenverkehrs trifft daher vor allem die Älteren und sozial Schwachen.“

[Update] Christopher Miller (BuzzFeed): „Russian Interior Minister Kolokoltsev told Putin that Moscow should recognize all of Donetsk and Luhansk regions as D/LNR. He said, „from Mariupol and ending with those historical borders.““

Aufs strengste prüfen

Streiten sich zwei kapitalistische Staaten um ein Territorium, lehnt sich der mündige Bürger entspannt zurück und murmelt: Империализм, как новейший этап капитализма.

Merke: Nicht aufs Wort glauben, aufs strengste prüfen – das ist die Losung.

Сделка, брат!

putin biden

In Wahrheit war natürlich alles ganz anders. Aber darüber berichten die Lügenpresse die bürgerlichen Medien nicht. Putin und Biden haben sich bekanntlich in Genf getroffen. Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurden mir Teile des Gesprächsprotokolls zugespielt:

(…) Biden: Vladimir, wir werden uns also noch einmal treffen, vorausgesetzt du marschierst nicht in die Ukraine ein. Wir werden denen sowieso nicht zur Hilfe kommen, aber wären dann sehr schlecht gelaunt. Sanktionen und so. Muss sein.
Putin: Deal, Bro. Kein Einmarsch in die Ukraine, nur nach Donezk und Luhansk. Da sind, wie du weißt, ohnehin keine Ukrainer mehr.
Biden (seufzt): Wenn es denn sein muss. Hast du übrigens mit Xi Jinping wegen der Sache telefoniert?
Putin: (Grinst) Natürlich. Er lässt dir ausrichten, wenn ihr rumzickt wegen der Ukraine, sackt er Hongkong und Taiwan ein.
Biden (hebt abwehrend die Hände) Nur das nicht! Wie willst du es machen?
Putin: Zitier doch mal deine ukrainischen Freunde ans Telefon. Sag ihnen, sie sollen irgendwo an ihrer Ostgrenze einen Radiosender aufbauen und ihn meinetwegen Глейвіц nennen. Wir ballern dann ein bisschen herum und befreien dann unsere Brüder in Donezk und so.
Biden: Und die Schwestern nicht?
Putin: (Rollt die Augen) Du hast wohl zu viel mit dieser Annadings zusammengesessen… wie heißt die noch gleich? Sergei sagt immer, diese Dame sei die schlechteste deutsche Außenministerin seit Ribbentrop.
Biden: Wer ist Ribbentrop?
Putin: Lass es gut sein. Die Ukraine – also die Restukraine meine ich – soll meinetwegen in die NATO. Wir haben die Ostukraine und die Krim und Weißrussland frisst uns aus der Hand. Ich kann meinen Leuten dann sagen, dass wird keine direkte Grenze mit der NATO haben außer bei Kaliningrad.
Biden: Wo ist Kaliningrad?
Putin: Südlich von Schweden.
Biden: Deal, Bro. Die Grenzfrage zwischen Russland und der Ukraine wäre damit gelöst?
Putin: Ist sie, Du solltest dir überlegen, ob du die Westukraine den Polen schenkst. Die waren da schon mal. Aber natürlich ohne die Gebiete, die ohnehin schon Xi gehören.

Bauernrebellen, Käsegrafen et al

bauernrebellen

Bin wieder auf einen fiesen Marketing-Trick reingefallen, der speziell für Feudalismus-Experten wie mich zugeschnitten war. Wann kommt der Thomas-Müntzer-Hartkäse?

Auf Fratzenbuch wurde ich gerade darauf hingewiesen, dass es tatsächlich eine rebellische Geschichte gibt:
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts herrschten die Bregenzerwälder Käsegrafen mit wirtschaftlichem Geschick über den heimischen Milchmarkt. Sie verdienten Unsummen mit Käselieferungen in die Lombardei, nach Venetien, in die Niederlande sowie nach Ungarn und Wien. Gleichzeitig knebelten sie die Bauern mit ihrer Marktmacht und Schuldscheinen. Dieses ausbeuterische Handeln der Bregenzerwälder Käsegrafen wollten sich die Urväter der Käserebellen nicht länger mitansehen, das Milch- und Käsemonopol musste gebrochen werden: 1860 beschlossen vier Bauern in Sulzberg, ihre Milch eigenständig zu verarbeiten und verkästen diese im Keller des ortsansässigen „Gasthaus Bären“ (heute: Alpenblick).

Was gab es noch? Ich habe mich heute nach einem ausgiebigen Frühstück von zwei Stücken (sic) selbst gemachtem Käsekuchen und von einer Bulette vom Metzger meines Vertrauens (morgen gibt es Königsberger Klopse!) ernährt, dazu noch eine Avokado mit Zitrone verzehrt (esse ich fast täglich). Ist das genug und gesund?

Ach ja, vorwärts und nicht vergessen: Die Revolution in Deutschland wird auf unbestimmte Zeit verschoben, weil die so genannte Linke hierzulande völlig verstrahlt ist. Das Kommunistische Manifest wird um den obigen Satz ergänzt.

schreibtisch

Cold War

Berlin 69

„Neuer Aktenfund von 1991 stützt russischen Vorwurf. Russland behauptet seit Jahrzehnten, die Nato-Osterweiterung verstoße gegen westliche Zusagen nach dem Mauerfall. Nun ist ein bemerkenswertes Dokument aufgetaucht.“ (Spiegel Paywall)

Ja, Russland hat Recht. „Wir haben deutlich gemacht, dass wir die Nato nicht über die Elbe hinaus ausdehnen“, schrieb der deutsche Diplomat Jürgen Chrobog über ein Treffen der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands im März 1991.

„Der US-Politikwissenschaftler Joshua Shifrinson hat das ehemals als geheim eingestufte Dokument gefunden. Es handelt von einem Treffen der Politischen Direktoren der Außenministerien der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands in Bonn am 6. März 1991. Thema war die Sicherheit Polens und anderer osteuropäischer Staaten.“

Deutsche Medien geruhen ja nicht, uns mit Links und Quellen zu belästigen. Entweder steht das in einem von Shifrinsons Publikationen oder es bezieht sich auf ein alte Quelle aus dem Jahr 2016: „Deal or No Deal? The End of the Cold War and the U.S. Offer to Limit NATO Expansion“.

Wer bringt das jetzt den Grünen bei? „US-Regierung bewilligt 250 neue Kampfpanzer für Polen“. Aha.

Unter Säbelrasslern

kriegspropaganda

Ich darf das geneigte Publikum auf eine merkwürdige Tatsache hinweisen: Keine relevante deutsche Zeitung, kein Radiosender, keine Fernsehsendung unterstützen die russische Position im Ukraine-Konflikt, welche auch immer das sein mag. Alle jammern für die arme Ukraine. Das nenne ich „Schießschartenmodus“.

Man könnte doch auch – ganz anarchistisch gestimmt – fordern: Warum nicht die Ostgrenze Polens und die Westgrenze Russlands wie 1922 neu festlegen? Warum marschiert Russland nicht in den failed state Ukraine ein und überlässt den Westen eben dieser, also die ehemaligen Ostgebiete Polens, dem neuen Nachbarn, als Zeichen ewiger Freundschaft oder so ähnlich? Auch wenn das vielleicht absurd klingt, aber es zeigt, dass es ein breites Spektrum von Meinungen zum Thema, was doch zu erwarten wäre, hierzulande nicht gibt – in den Medien. Die propagandistische Dauerberieselung wirkt. Und in der Ukraine werden kritische Stimmen sowieso unterdrückt.

kriegspropaganda

Meine Prognose stimmt mit der von Al Jazeera überein: „No, Russia will not invade Ukraine. A large-scale military operation does not fit into Moscow’s cost-benefit calculus.“ Man kann natürlich nie wissen. Der ehemalige deutschen Generalfeldmarschall Helmut von Moltke dazu: „Jede Strategie reicht bis zur ersten Feindberührung. Danach kommt nur noch ein System von Aushülfen.“

Man darf annehmen, dass Putin sich mit dem chinesischen Premier verständigt hat, wie weit er gehen sollte und könnte. Die werden sich weise eins grinsen, sich nicht wirklich festlegen und ihm bedeuten, er solle mal machen. Alle wissen, dass die USA keine Soldaten in die Ukraine schicken wird. Die Vereinigten Staaten wollen nur, dass Deutschland ihr Fracking-Gas kauft, das extrem umweltschäödlich produziert wird, anstatt das billigere Gas von Russland. Bei diesem Thema ist den „Grünen“ die Umwelt plötzlich schnurzpiepegal.

kriegspropaganda

Aber der Gerd sei entspannt, erzählen Freunde. Er habe schon ganz andere Kämpfe durchgestanden. Was gerade passiere, sei ein laues Lüftchen. Hauptsache, die Deutschen sehen es mehrheitlich wie er: Frieden mit Russland. Das sei das Einzige, was zähle. Er, Gerhard Schröder, soll mit seinem Kurs der Außenpolitik dieses Landes schaden, gar ganz Europa, wie führende Parteifreunde jetzt kritisieren? Ach Gottchen. Ist ja niedlich. (Aus dem aktuellen „Spiegel“)

kriegspropaganda

Ich frage mich, welche Motive die deutsche Journaille treiben? Der Klassenstandpunkt? Die Eitelkeit, endlich der Politik mal sagen zu können, was sie tun soll? Wen interessiert schon, was Journalisten zum Thema zu kommentieren haben? Das ist doch nicht systemrelevant. Wer meint, jetzt müsste „hart durchgegriffen“ und Putin „in seine Schranken verwiesen“ werden, den würde ich persönlich auf einen LKW verladen und in einem Schützengraben im Donbass wieder auskippen. Was für eine lächerliche Mischpoke!

kriegspropaganda

Wieder mal stimmt der Marxsche Satz: „Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“ Leider stimmt aber auch: „Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden.“ Man sollte nicht glauben, dass alle Beteiligten, die herrschenden Klassen und ihrer medialen Helfershelfer, jeweils rational handeln.

kriegspropaganda

Unvollständige Journalistengehirne

zdf

Israel hat also eine „unvollständige“ Demokratie? Auch wenn die sich auf eine externe Quelle beziehen – das ZDF hat den Quatsch unkritisiert übernommen.

Die Economist Intelligence Unit gehört zum Londoner Verlag The Economist Group. Haupteigentümer ist das Italienische Großkapital.

Vielleicht erklärt das, warum auch Frankreich und Spanien „unvollständige“ Demokratien sein sollen? Und für so einen Unfug bezahle ich Gebühren und finanziere indirekt auch das Zeug, was die da beim ZDF offensichtlich rauchen!

The Rebel Maya

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Credits: The Modern Maya: A Culture in Transition, X-Cacal, 1974

Frage an die aus Wokistan: War der Krieg der Maya gegen die Weißen (Guerra de castas, 1847 bis 1901) rassistisch oder ist er ein Anlass für reaktionäre völkische Romantik wie bei den Themen „Kurdistan“ und „Tibet“?

Geschaltet und gleich

katjuscha
Deutsche Medien bei der Berichterstattung über Russland und China (Symbolbild), Credits: RIA Novosti

„Ich bedauere, dass Sie Informationen bezweifeln, über die die US-Regierung verfügt.“ (Ned Price, „United States government official“)

Nein, niemand hat die Absicht, die deutschen Qualitätsmedien als „gleichgeschaltet“ zu bezeichnen. Um das umzusetzen, brauchte es einen Masterplan und Institutionen, die so viel Druck aufbauen könnten. Beides gibt es nicht. Nur der Profit zählt im Kapitalismus, und letztlich ist der opportunistisch.

Man fragt sich daher um so mehr, woher es kommt, dass einem beim sporadischen medialen Konsum eine dicke und trübe Propaganda-Suppe entgegenquillt und warum fast die gesamte Journaille ähnliches dummes Zeug fabriziert, das einem Fakten-Check nicht standhält, wie man bei den abgenudelten Themen „Ukraine“ und „Uiguren“ leicht beweisen kann. Bonusse (nein, nicht Boni – ich habe nachgesehen!): Dalai Lama, VVN. Ich nenne das im schönsten Bürokratendeutsch „freiwillige Selbstkontrolle“ (aka Opportunismus und Feigheit), ein Begriff, der eh ein Oxymoron ist, aber die Absurdität trefflich zeigt. Ich will ja nicht gleich mit dem „Klassenstandpunkt“ deutscher Journalisten ins Haus fallen. Dann hörte ja niemand mehr zu.

Audiatur et altera pars (Christian Y. Schmidt, der in Peking lebt): „Natürlich wurde die Uigurin Dinigeer Yilamujiang nicht zufällig als letzte Fackelträgerin der Winterspiele in Peking ausgewählt. Sie wurde genommen, um der ganzen Welt zu zeigen, dass die Behauptung, an den Uiguren in Xinjiang fände ein Genozid statt, eine schlichte Propagandalüge ist, die dazu dient, China in der Welt zu isolieren und dem aufstrebenden Land möglichst stark ökonomisch zu schaden. Um so mehr wird in den nächsten Tagen das Propagandageheule gegen China zunehmen. Ganz sicher wird dabei gebetsmühlenartig wiederholt werden, Dinigeer Yilamujiang sei instrumentalisiert worden. Selbstverständlich wurde sie das, und zwar, um eine Botschaft der Versöhnung zu verbreiten und das Bild eines Chinas, in dem jede der 56 Ethnien eine gute Zukunft hat. Diese Instrumentalisierung ist zu begrüßen.“

By the way: Warum gibt es bei den muslimischen Salar in China keine islamistischen Terroristen wie bei den Uiguren? (Lesen: Das Gutachten von Prof. Norman Paech)

Und noch einmal Christian Y. Schmidt: „Ich hatte neulich schon darauf hingewiesen, dass die Zahl der Uiguren, die angeblich in Umerziehungslagern in Xinjiang festgehalten werden, in letzter Zeit auf magische Art und Weise geschrumpft ist. Wurde vor zwei bis drei Jahren von den westlichen Medien noch gern gemeldet, dass drei Millionen Uiguren in Lagern stecken würden, wahlweise aber auch eine Million bzw. anderthalb Millionen, heißt es in letzter Zeit immer öfter, es seien Hunderttausende. Jetzt wird bei DER SPIEGEL daraus „viele Tausende“, was zumindest gefühlt noch einmal deutlich weniger ist als „Hunderttausende“.

Diese Entwicklung zeigt klar und deutlich, dass die westlichen Medien über die Zahl der Internierten in Xinjiang rein gar nichts wissen, sondern sie einfach ins Blaue hinein erfinden. Ganz sicher aber weiß man, dass das, was in Xinjiang passiert – wo die Behörden keine Menschen töten – ein Genozid ist. Dagegen haben die Massaker, die westliche Bomber unter den Zivilbevölkerungen des Irak, Libyens, Syriens und Afghanistans angerichtet haben, für die westlichen Medien nie etwas Genozidales. Sie sind immer bloß ein Versehen.“

Audiatur et altera pars, Russland, Gas. Es gibt da noch die Power of Siberia, eine Gasleitung vom Baikalsee in die VR China. Nord Stream 2 ist dagegen Peanuts. Russland könnte auch auf den westeuropäischen Markt verzichten. Dann würde das Gas noch teurer, China stünde im Wettbewerb noch besser. Nennt man „sich ins eigene Bein schießen“ und gilt beim Militär als Selbstverstümmelung.

Es ist wie bei Esoterikern: rationale Argumentation hilft nicht.

dietrich antifachistin

Schnitzel mit Wiener Sauce et al

wiener schnitzel

Frau Oberin, bitte ein klimaschädliches Wiener Schnitzel mit Zigeunersauce!

Jetzt ist aber gut. Sonst wird dieses Blog noch als „unseriös“ deklariert. Wir wissen, wie die Qualitätsmedien darauf reagieren: Sie würden dieses Blog sozial ächten, indem sie es nie zitieren oder erwähnen (Ausnahme: der Lünschermannsweg wäre das Thema). Was war noch gleich das Thema heute?

Whoopi Goldberg hat zuviel Veganes gegessen? Nein, daran kann es nicht liegen. Der Holocaust war eine Sache „zwischen Weißen“? WTF? Natürlich rudert sie jetzt zurück. Ist ihr eben nur so rausgerutscht. Jemand schreibt auf Fratzenbuch: „Why was Whoopi Goldberg wearing a Palestinian scarf with an American flag pattern? Is she trying to make some pro-Palestinian statement or an anti-American one or an anti-Israel/Jewish one or what?“ Ach, das ist schon zehn Jahre her. Dieses Internet verwirrt einen.

Vielleicht übe ich mich auch nur in kalkulierter Aufmerksamkeitsökonomie? Stefan Niggemeier: Und als Leser kann man sich natürlich fragen: Warum lese ich das dann?

Gebt Laut gegen Seufzer der bedrängten Kreatur!

„Muslimische Lehrerinnen, die kein Kopftuch tragen, werden von manchen Jungen nicht akzeptiert; Eltern halten ihre Kinder vom Sexualkundeunterricht fern, muslimische Schülerinnen werden wegen freizügiger Kleidung angegangen; Schüler wollen Israel aus dem Atlas herausschneiden; radikale Moscheen gewinnen an Einfluss und Aleviten verleugnen sich aus Angst vor Sunniten und Schiiten. Vieles davon bestätigt die Berichte der vergangenen Jahre.“ (Tagesspiegel, Paywall)

Was sagen die Grüninnen und die Linkinnen dazu? Nichts? Quod erat demonstrandum.

Спасибо!

israeli airforce auschwitz

Am 27. Januar 1944 befreiten sowjetische Soldaten Leningrad. Die Wehrmacht hatte die Stadt fast 900 Tage, von September 1941 bis Januar 1944, belagert und bombardiert. Mehr als eine Million Menschen überlebten dieses Kriegsverbrechen nicht. Sie starben an Hunger und Kälte.

Aam 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz.

Langer Atem wird belohnt oder: Berichten, wo es unübersichtlich wird

schlaf

Leider bin ich gezwungen, mich an das Internet an die Öffentlichkeit zu wenden. Ich will nur ein bisschen Transparenz in meinem kleinen Verein DJV Berlin – JVBB schaffen. Das erweist sich als schwierig, weil der Vorstand mauert und sich einbunkert und alle Fragen unbeantwortet lässt. Rational ist das nicht. Ich nenne es im Juristenjargon unsubstantiierte Arroganz.

Bevor man einen Krieg anfängt, muss man sich Verbündete suchen und auch überblicken, wer einen unterstützt. Da steht man, falls man die Journaille in Berlin kritisierte, auf verlorenem Posten. Eine Krähe An wen könnte man sich wenden? Natürlich ist das Thema Vereinsmeierei total langweilig. Aber letztlich kann man jedes Thema interessant machen.

Die „Taz“ fällt aus. Der DJV-Berlin-Vorsitzende Steffen Grimberg ist dort Kolumnist. Michael Rediske, der Noch-Geschäftsführer des DJV Berlin, war bei der „Taz“, auch ein Mitglied im Aufnahmeausschuss des DJV Berlin. Dort wird also nicht Kritisches über den Journalistenverband erscheinen, zumal beide Herren im Gendersternchen-affinen Milieu gut vernetzt sind.

Der „Tagesspiegel“? Kann man vergessen. Der DJV Berlin schaltet dort bezahlte Anzeigen, um seinen Preis „Der lange Atem“ zu bejubeln. Und, wie nicht anders zu erwarten, erschienen im „Tagesspiegel“ bisher nur nur Halleluja-Artikel zum Thema „wenn Journalisten andere Journalisten bejubeln„. Noch nicht einmal die Frage wird gestellt, ob das gegenseitige Bepreisen, spätestens nach Relotius, nicht eher cringe ist.

Ich habe die Sponsoren des Preises – Daimler, die BVG, die BSR, Lotto Brandenburg, die Berliner Sparkasse – angeschrieben, wie viel sie gespendet haben, ob sie das weiterhin tun wollen und was sie sich davon versprechen. Auch hier: Niemand will etwas verraten, die Antworten waren zum Teil patzig: „Wir können Sie jedoch nicht als Pressevertreter und Ihr Schreiben nicht als Presseanfrage wahrnehmen.“

Und jetzt sitzen einige Funktionäre jammernd herum und beantragen Rechtsschutz gegen mich, weil sie jedes Komma umdrehen nur in der Hoffnung, irgendwann mit einem Zettel herumwedeln zu können, dass der pöhse Schröder ein Semikolon an einer bestimmten Stelle nicht mehr setzen darf. Es sind nur einige, aber die anderen, die sich wegducken, nichts tun und Angst vor der Gruppendynamik haben, sind genauso schlimm. Was für eine armselige Mischpoke – an der Grenze zur Niedertracht…

Wenn es soweit kommt, werde ich mich mit Crowdfunding befassen. Das wollen wir doch sehen. Ich gebe nie klein bei. Just saying.

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„Sonderseite“ im „Tagesspiegel“ über den Preis „Der lange Atem“

Teuflische Allmacht

telepolis

Ein Artikel von mir in (auf?) Telepolis: „Rückblick auf 2.000 Jahre christlichen Antijudaismus. Bug oder Feature der dominierenden abendländischen Religion?“ Der Text bezieht sich auch auf die in Teuflische Allmacht. Über die verleugneten christlichen Wurzeln des modernen Antisemitismus und Antizionismus genannten Quellen.

Umstrittene Äußerungen

Die Halbinsel Krim ist für die Ukraine verloren. Der russische Präsident verlangt lediglich Respekt und verdient diesen wahrscheinlich. Dieser Wunsch ist leicht zu erfüllen. – Werde ich jetzt sozial geächtet?

Im Schützengraben

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Von der Taz bis zum Spiegel – die deutschen Qualitätsmedien liegen schon im Schützengraben und schreiben im Schießschartenmodus. Wenn man Journalismus ernst nähme, müsste es doch mindestens heißen „Wie weit geht die NATO?“ Oder: „Wie weit gehen die NATO und Putin?“

Hinderliches, aufrührerische Massen und unabdingbare Kerne

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Schild für alles, überall aufzustellen, insbesondere längsseits von Impfgegner-Versammlungen (oder auch vor dem Wohnhaus der Genossin Wagenknecht)

Ich muss wieder Dinge zusammenpuzzeln, die gar nicht zusammengehören.

– Just for fun: Mir fiel neulich eine Werbebroschüre aus Papier in die Hände, die ich mit Vergnügen und Interesse von vorn bis hinten durchlas, weil sie mich in deutscher Leitkultur weiterbildete: Hein® Industrieschilder (Klaus Kroschke Gruppe). Das ist ja mal sowas von „Mittelstand“. Oder: Wie entdecke ich Marktlücken und fülle sie aus?

Ich halte es nicht für Zufall, dass man mit diesen Produkten in Indien oder Pakistan oder in Arabien nicht weit käme. Es fehlt die dazu passende Affektkontrolle – ja was eigentlich? Das ist das wohlbekannte Henne-Ei-Problem: Ignorieren sie Schilder, weil Regeln sowieso überschätzt werden? Oder wirken Piktogramme weniger, weil man zu viel rumlabert und eher auf Rat und Tat der jeweiligen Peer Group hört? Oder ist alles Fatum, und man sollte nicht so ein Gewese darum machen?

Auf jeden Fall ist allen das Motto deutscher Industrieschilderhersteller (allein das Wort!) gemeinsam: Interlassen Sie einen bleibenden Eindruck bei Ihren Kunden!

lumumba
Der freie Westen und seine Werte in Aktion

Die belgische Regierung sah Lumumba als eine Gefahr an, da er als Sozialist die reichen Bergbau- und Plantagen-Gesellschaften verstaatlichen wollte. Der belgische Staat übte auf die Medien Druck aus, um das Image Lumumbas zu ruinieren. Die belgische Presse bezeichnete ihn als Kommunisten und Anti-Weißen, was er immer zurückwies. Eine westdeutsche Zeitungskarikatur bezeichnete Lumumba sogar als Negerpremier. Nach seinem Tod lautete der Titel einer belgischen Zeitung „der Tod des Satans“ (la mort de Satan).

– Aus der Vergangenheit lernt man manchmal mehr als studierte man die gegenwärtigen Weltläufte das, war gerade in den Qualitätsmedien auftaucht. In diesem Sinne: Was lese ich zurerst?

Bildungskanon

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