Paddeln durch das Paradies: Eine idyllische Tour um die Zitadelle Spandau

Ich habe ChatPGT den Befehl gegeben: „Schreibe eine Reportage über eine Paddeltour rund um die Zitadelle Spandau bei sehr gutem Wetter“. Alle Fotos sind ebenso künstlich intelligent.

ai art
Citadel Spandau Berlin by kayak, cloudless sunny weather, ultrarealistic, one male person in the kayak sitting, from behind, small streams and channels, walls of red bricks, environment green trees and bushes

Unter einem strahlend blauen Himmel und bei perfektem Wetter begab ich mich auf eine Paddeltour rund um die Zitadelle Spandau, eine historische Festung inmitten der pulsierenden Stadt Berlin. Mit meinem Kajak im Gepäck und voller Vorfreude auf ein Abenteuer voller Naturschönheiten und historischer Entdeckungen, machte ich mich auf den Weg.

Das geht ja mal gar nicht. Man sollte der KI beibringen, dass Adjektive unter dem Generalverdacht des Kitsches stehen und in gutem Deutsch nur spärlich eingesetzt werden sollen. „Strahlend blau“ und „Himmel“ passt zusammen wie dicker Arsch auf hässlichem Eimer. Kombiniert mit perfektem Wetter ist das ein weißer Albino-Schimmel. Pulsiert Berlin wirklich? Was kann eine Stadt sonst tun? Faul herumliegen? Außerdem, KI, hatte ich den/das/divers Kajak nicht im Gepäck – das wiegt 13 Kilo.

Schon beim Startpunkt an der Havel konnte ich die Vorfreude der anderen Paddler spüren. Alle waren in bester Stimmung und bereit, die malerische Umgebung zu erkunden. Die Havel, umgeben von üppigem Grün und blühenden Ufern, lud uns ein, ihre ruhigen Gewässer zu erkunden.

Falsch. Ich spüre grundsätzlich nie die Vorfreude anderer. Das will ich gar nicht. Ich bin Misantroph, wenn es drauf ankommt. Das hätte ich noch dazusagen müssen. Immerhin: Die KI vermeidet das Passiv und lässt den Fluss ganz anthropomorph handeln – mich einladen. Dieser Einladung hätte es aber nicht bedurft. (Kennt die KI den deutschen Genitiv?)

ai art

Mit jedem Paddelschlag fühlte ich mich mehr und mehr von der Natur umgeben. Entlang des Flusses zogen friedlich grasende Kühe meine Aufmerksamkeit auf sich und Vögel zwitscherten in den Bäumen. Das sanfte Plätschern des Wassers begleitete uns auf unserer Reise.

Vögel klingen gut, aber nicht ganz unerwartet, Kühe sind da jedoch nicht. Das hätte ich per Parameter ausschließen müssen. Das nächste Mal phantasiere ich noch einen Säbelzahntiger dazu, damit die Sache Fahrt aufnimmt.

Schon wieder Adjektive, die einem das Blut gerinnen lassen: Vorher wurden wir auf „ruhige Gewässer“ eingestimmt, nicht etwas auf reißende Wildbäche, und jetzt – Überraschung! – plätschert das Wasser sanft. Im Hintergrund röhrt vermutlich ein Hirsch, und Heidi jodelt die mongolische Nationalhymne.

Als ich mich der Zitadelle Spandau näherte, wurde mir die historische Bedeutung dieses beeindruckenden Bauwerks bewusst. Die Festung, die im 16. Jahrhundert errichtet wurde, diente einst als Verteidigungsanlage und hat im Laufe der Jahrhunderte viele historische Ereignisse miterlebt. Heute beherbergt sie ein Museum und zieht Besucher aus aller Welt an.

Als ich mich diesem Abschnitt schreibend näherte… nein, so macht man das nicht. Als ich mich in dem Raum befand, wies das Auto vier Räder auf? Besser: Die Zinnen der Festung, die sich die herrschende Klasse bauen ließ, leuchteten blutrot. Vor dem geistigen Auge des Paddlers poltert der Kopf Tschechs vom Schaffot direkt in die Havel, während man traurig murmelt: „Man hätte in dieser ganzen Art und Weise an einen südlichen Banditen (eher an einen Wahnsinnigen!) denken können.“

Ich beschloss, mein Kajak an einer ruhigen Stelle anzulegen und die Zitadelle zu Fuß zu erkunden. Die majestätischen Mauern und Türme strahlten eine beeindruckende Ruhe aus. Die gepflegten Grünflächen rund um die Festung luden zum Entspannen ein, und ich genoss den Ausblick auf die umliegende Landschaft.

In Badehose? Nein. Gepflegt sind die Flächen und das Flächenbegleitgrün nicht, sondern schön urwaldmäßig. Die umliegende Landschaft kann man nicht sehen, und das ist auch gut so, weil Autoverkehr langweilig ist und viele Häuser, weil Industrie, hässlich. Nur Lamborghini ist backstage originell.

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Nachdem ich die Zitadelle ausgiebig erkundet hatte, setzte ich meine Paddeltour fort. Ich folgte dem Verlauf der Havel, während sich die Landschaft allmählich veränderte. Sanfte Hügel tauchten am Horizont auf und verliehen der Umgebung eine malerische Atmosphäre.

Schon klar, dass ich dem Verlauf der Havel folgte und nicht etwa auf Schienen weiterwanderte, das Kanu im Gepäck! Überrasche mich, KI, sonst wird das nix!

Immer wieder passierte ich kleine Inseln, auf denen sich Vögel und andere Tiere tummelten. Die Stille der Natur wurde nur durch das gelegentliche Geräusch vorbeifahrender Boote unterbrochen. Die unberührte Schönheit der Umgebung ließ mich den Stress des Alltags vergessen.

Rharbarber, rhabarber. Ein bisschen neugierig bin ich aber auf die anderen Tiere, die sich tummelten. Mücken? Läuse? Wasserratten?

Während meiner Paddeltour hatte ich die Gelegenheit, mit anderen Wassersportlern ins Gespräch zu kommen. Viele von ihnen waren leidenschaftliche Naturliebhaber und hatten bereits zahlreiche Abenteuer auf dem Wasser erlebt. Ihre Geschichten inspirierten mich und verstärkten mein Verlangen nach weiteren Erkundungen.

„Das Verlangen verstärken“ passiert mir nur bei attraktiven Frauen. Mir kommen da zwei Schönheiten am Bootshaus in den Sinn, von denen eine zu jung und die andere zu verheiratet war. Hätten sie mir zugelächelt, wäre mein Verlangen sicher verstärkt worden. Vermutlich hat die KI mein Alter ergoogelt und irrig angenommen, ich würde statt Sex auf nicht-orgiastische Erkundungen ausweichen. Falsch!

Die Tour führte mich schließlich zurück zum Ausgangspunkt. Mein Kajak gleitete sanft in das ruhige Wasser der Havel, während die Sonne langsam am Horizont unterging. Es war ein perfekter Abschluss für einen Tag voller

Hier fehlt der Schluss, KI! Oder soll ich das selbst ergänzen, damit mein Gehirn nicht dahinsiecht? Ein Tag voller Plattitüden?

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Kunst für alle!

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/imagine roboter going to Eolie Islands passing through mental delirium and hallucinations, dark, bleak, despair, dreaming an undressed mermaid, Bosch style

Das wird mir jetzt doch ein bisschen unheimlich… Ich erinnere mich an das Gefühl, als ich 1995 an meinem Windows 3.11-Rechner saß und die ersten Schritte ins World Wide Web tat, damals mit Compuserve, und irgendwie mit Mosaic oder Netscape auf die Website des Dinosaurier-Museums im mongolischen Ulan Bator geriet und hellauf begeistert war. Ich fühle mich, als nähme ich an einer Revolution live teil. Meine damalige Freundin war uninteressiert und überhaupt nicht neugierig, was auch dazu passt, dass wir uns alsbald trennten.

Wenn ich „mein“ Künstwerk ansehe, fühle ich mich auch inmitten einer technischen Revolution. Dabei zehre ich von dem, was vor einem halben Jahrtausend jemand geschaffen hat. Danke, Hieronymus Bosch!

Cártel del Golfo tiene armas utilizadas en la guerra en Ucrania

javelin mexico

Jetzt wissen wir endlich, wo die Javelin für die Ukraine landen: Bei mexikanischen Drogenkartellen! Hätte uns nur jemand gewarnt… „In Tamaulipas wurde ein mutmaßliches Mitglied des Golfkartells mit einer der exklusivsten und stärksten Waffen aufgezeichnet, einem Javelin, das während der Invasion in der Ukraine verwendet wurde und einen Wert zwischen 20.000 und 60.000 US-Dollar hat“.

Was die Russen jetzt dringend brauchen

russian revolution

Nein, nicht warnen! Lebhaft begrüßen! Wir warten auf den 25. Oktober bzw. den 7. November!

Wg. Arbeiterklasse

Deutschlands Arbeiterklasse verarmt. Und ich bin offenbar der einzige Scheiberling in ganz Deutschland, der das so formuliert.

Rechte Mülleimer [Update]

Harald Martenstein (leider hinter der Paywall der „Welt“): Der AfD-Aufschwung in Umfragen hat wenig bis nichts mit Nazi-Nostalgie oder Putin-Liebe der neuen Partei-Anhänger zu tun: Diese Menschen grauen sich vor dem, was gerade in Deutschland passiert. Und sie halten die Union nicht für mutig genug, sich dieser Entwicklung entgegenzustellen.

Viele wenden sich der Option AfD gerade aus antitotalitären Motiven zu. Sie haben den Eindruck, dass ihr Land sich zu einem historisch neuen Typus von Diktatur entwickelt, zu einem Land, in dem Freiheit und Bürgerrechte wenig gelten, wo Privatsphäre und Widerspruch nicht mehr selbstverständlich sind, wo Spitzel hofiert, aber die westliche Zivilisation und ihre Lebensweise verteufelt werden und wo eine wirtschaftlich und sozial geradezu suizidale Klima- und Migrationspolitik als alternativlos zu gelten hat.

Der neue Berliner CDU-Bürgermeister Kai Wegner nannte es „nicht akzeptabel“, wenn „Leute in Parks von Dealern angemacht werden“. Man werde in Parks auch wieder mehr Mülleimer installieren. Die Kreuzberger Grünen dagegen wollen das Müllproblem lösen, indem sie einfach alle Mülleimer entfernen, die Leute würden dann den Müll halt mit nach Hause nehmen.

Da erkannte man wie im Brennglas zwei grundverschiedene Welt- und Menschenbilder. Eines davon ist unrealistisch.

Ein Berliner Grüner quittierte Wegners Äußerungen mit dem Satz: „Der Kulturkampf von rechts beginnt.“ Mülleimer sind also rechts. Und Drogendealen ist links.

[Update] N-TV hat sich offenbar von Martenstein beeinflussen lassen.

Fünf wie Hundert [Update]

rote armee fraktion

Irritiert waren Bundesregierung, Bundesanwaltschaft und BKA, als das Allensbacher Meinungsforschungsinstitut, dessen Leitung der CDU nahestand, 1971 die Ergebnisse einer Meinungsumfrage »Baader-Meinhof: Verbrecher oder Helden?« veröffentlichte. 82 Prozent kannten die Gruppe. 18 Prozent von 1000 Befragten sagten, die RAF handle »auch heute noch vor allem aus politischer Überzeugung«. 31 Prozent hatten keine Meinung. Jeder vierte Befragte unter 30 Jahren hatte »gewisse Sympathien« für die RAF. Jeder zehnte Norddeutsche war bereit, ein Mitglied der Gruppe zu beherbergen, das Gleiche galt für jeden 20. Bundesbürger. Allensbach stellte ein »schwieriges sozialpsychologisches Klima für die Fahndung der Polizei« fest. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sorgte sich: »Fünf Prozent wirken hier wie hundert Prozent.« (Aus: Jutta Ditfurth: Ulrike Meinhof. Die Biografie.)

Update: Ich wollte mir gerade zum besseren Lesen Oliver Tolmeins „RAF – Das war für uns Befreiung“- Ein Gespräch mit Irmgard Möller über bewaffneten Kampf, Knast und die Linke“ herunterladen. Der Text ist auf der Website Tolmeins merkwürdigerweise nicht mehr vorhanden. Das erinnerte mich daran, dass ich schon lange HTTrack installieren wollte.

Cheerleader ohne Asche

banos ecuadorbanos ecuadorbanos ecuador

Baños aka Baños de Agua Santa, Ecuador, fotografiert am 16.12.1979.

Ich wohne damals laut meinem Reisetagebuch direkt am Hauptplatz in einer preiswerten Pension, die aber nicht mehr existiert. Heute sind dort überall Hotels und hospedajes. Anhand eines anderen Fotos nehme ich an, dass es im heutigen Neubau des Hotel eruptión war (Ambato Ecke Thomas Halflants).

Welches Fest gefeiert wurde, weiß ich nicht mehr. Die Tage zuvor hatten wir den Tungurahua bestiegen und mussten uns von der dreitägigen Strapaze erholen.

Ende 1999 wurde die Stadt aufgrund dringender Empfehlungen vor allem ausländischer Vulkanexperten komplett evakuiert und geschlossen. Nachdem der Ausbruch den Ort wie all die Jahrhunderte zuvor verschont und nur eine dicke Ascheschicht hinterlassen hatte, erzwangen die Einwohner nach einigen Monaten gegen den Widerstand der Behörden und des Militärs ihre Rückkehr in ihren Ort. Bei den damit verbundenen Unruhen gab es einen Toten.

Bleierne Zeiten

meinhof Im Publikum kam die Frage auf, ob es sich lohne, eine Biografie über Ulrike Meinhof zu lesen, hier geschrieben von Jutta Ditfurth. Ja.

Die meisten Bundesbürger waren gegen die Wiederbewaffnung und wollten selbst dann keine Uniform mehr tragen, wenn eine »kommunistische Invasion« drohte. Es gab eine breite »Ohne uns«-Bewegung, die sich aus Menschen unterschiedlicher Wekanschauung zusammensetzte. Die Furcht vor einem dritten Weltkrieg war groß. Der Adenauer-Staat reagierte repressiv und verbot die Freie Deutsche Jugend (FDJ), die Jugendorganisation der KPD, die mit den sozialistischen Falken, der Gewerkschaftsjugend und christlichen Jugendverbänden spektakuläre antimilitanische Aktionen veranstaltet hatte. UUnter anderem hatten sie Anfang 1951 die Insel Helgoland besetzt, um die britischen Alliierten, die die Insel als Testgelände benutzten, zu zwingen, ihre Bombenabwürfe einzustellen.

Ich habe die anderen Bücher über die Meinhof nicht gelesen und werde das auch nicht tun. Hier repräsentiert die „Heldin“ und deren Biografie eine ganze Zeitspanne. Ich kenne kein besseres Buch über alte Bundesrepublik und die 50-er und 60-Jahre. Meinhof steht für die politische Sozialisation der Generation vor meiner – damals reichten schon zehn Jahre Altersunterschied, und man dachte politisch ganz anders. Ditfurths Biografie ist ein Standardwerk wie Stefan Heyms Nachruf: Man erfährt alles, was man wissen sollte über eine „Epoche“. Heyms Autobiografie ist aber glänzend und spannend geschrieben; Ditfurths Buch eher trocken-dokumentarisch – wen das Thema nicht interessiert, wird es schnell aus der Hand legen.

Für Unruhe sorgten bei konservativen Regierungsmitgliedern auch die – sogar in Großbetrieben — ziemlich populären »Ausschüsse für Volksbefragung«, die ebenfalls gegen die Wiederbewaffnung waren und deren Hauptausschuss sich aus Funktionären der CDU, der SPD, der KPD sowie aus ehemaligen Offizieren zusammensetzte. Bald ließ das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen überall Plakate anbringen mit der Aufschrift: »Wer an der kommunistischen Volksbefragung teilnimmt, gefährdet den Frieden und stellt sich in den Dienst des Bolschewismus!« Ausgerechnet Sozialdemokraten forderten als Erste ein Verbot der Volksbefragung, Erfolgreich. Mehr als 7000 Aktivisten wurden verhaftet (…)

Mit immer größerer Härte gingen Politik und Polizei jetzt auch gegen Demonstrationen vor: Alles, was oppositionell war, galt als »kommunistisch«…

Wenn man sich die heutige einförmige Berichterstattung in den Medien anschaut, wird man das Gefühl nicht los, dass die herrschenden Klassen die gesamte Nachkriegsgeschichte noch einmal in ihrem Sinne umschreiben wollen. Gegen den Krieg? Nein, wir müssen uns bewaffnen. Der Russe steht bekanntlich vor der Tür. „Pazifismus“ ist mittlerweile schon gesellschaftlich geächtet – wie in den 50-er Jahren. Nur dass heute das Verdikt „Querdenker“ droht, was nur noch durch „Nazi“ zu toppen ist.

Im September 1960 geriet konkret dann richtig unter Druck. Auf der Heftrückseite war das Gedicht »Nato unser« von Gerd Schulte veröffentlicht worden, was die Hamburger Staatsanwaltschaft zum Anlass nahm, gegen die Zeitschrift wegen »Gotteslästerung« zu ermitteln: »Nato unser, / […] dein Manöver geschehe / [..] Unsern täglichen Atomversuch / gib uns heute und vergib / den bösen Kommunisten keine Schuld, / […] führe uns ständig in / Versuchung, bis wir den Kanal / restlos voll haben, / denn du bist / für die Reichen / […] und die Konzernherren /[…] Amen.«

Auch die DDR wird heute unter „Putin“ eingetütet. Natürlich war der erste Versuch, einen sozialistischen Staat auf deutschem Boden zu erreichten, unter den damaligen Voraussetzungen schon gescheitert, bevor es losging – mit dem Personal und mit einer „Schutzmacht“, ohne die alles gleich zusammengefallen wäre. Nichts kam „von unten“, wie schon die – im Gegensatz zu Frankreich – gar nicht stattgefundene bürgerliche Revolution. Alles wurde von oben von beschränkten Spießern und Funktionären verordnet. Vergleicht man die DDR jedoch mit der BRD und deren Personal, war jene eindeutig das bessere Deutschland.

Albert Norden, Mitglied des Politbüros der SED, betreute de, Aufbau der Deutschen Friedensunion (DFU). Norden, Sohn eines von den Nazis ermordeten Oberrabbiners, war vor 1933 Redakteur der Roten Fahne. Er floh nach Paris, arbeitete am legendären Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror mit – ein Versuch, die Welt über den deutschen Faschismus aufzuklären -, wurde Sekretär des von Heinrich Mann gegründeten »Aktionsausschusses deutscher Oppositioneller«, floh erneut um die halbe Welt und überlebte in New York als Fabrikarbeiter.

Mich würde interessieren, ob von den voll bekloppten Klimaklebern jemand auch nur einen der erwähnten Namen kennt? Vermutlich wissen die noch nicht einmal, wer Adenauer war. Ich würde sie eher über Auschwitz befragen wollen…

Friedrich Karl Kaul, im Westen »Staranwalt der SED« genannt, stammte aus einer großbürgerlichen, jüdischen Familie und hatte nach der Flucht aus einem Konzentrationslager in der Emigrtion überlebt. Da er 1949 am Westberliner Kammergericht als Anwalt zugelassen worden war, konnte er auch in der Bundesrepublik tätig sein, wo er viele KPD- und FDJ-Mitglieder vor Gericht verteidigte. Jahrelang versuchte die Bundesrepublik vergeblich, ihm auf Dauer die Zulassung zu entziehen. Unter anderen beschaffte Kaul dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer Dokumente für den Auschwitz-Prozess.

Betr.: Artemovsk

Artemovsk
Russisches Propagandafoto, daher automatisch voll gelogen

Ich glaube nicht, dass Artemovsk jetzt russisch besetzt worden ist. Ist bestimmt nur Propaganda. Selenskij hatte doch versichert, das könne und dürfe nicht geschehen. Einen Rückzug hatte er auch verboten.

Alto de los Idolos

san agustin

Alto de los Idolos ((An-)Höhe der Götter), San Agustín, Kolumbien. Fotografiert am 13.11.1979.

Ich habe dieses Motiv – außer bei Google Maps – nur einmal gefunden. Die Figur ist nicht im Park selbst, sondern außerhalb hoch über dem Tal des Rio Magdalena, in La Chaquira. Wir sind auf Pferden dahin. Heute ist alles schön touristisch ausgebaut mit Treppenstufen und Geländern.

(vgl. 30.08.2022, 14.10.2020, 25.02.2019, 12.12.2012 und 23.07.2016)

Damit ich das nicht entziffern und mühsam eintippen muss, habe ich die passenden Seiten meines Reisetagebuchs eingescannt. Wenn ich das Tagebuch mit dem fünf Jahre später vergleiche, als ich sieben Monate in Peru und Bolivien war, merke ich, wie sehr ich mich verändert hatte und auch ganz anders reiste. 1979 habe ich noch viel Unfug und überflüssiges Zeug notiert. Damals ahnte ich nicht, dass ich noch drei Mal lange nach Lateinamerika reisen würde.

diari

במטבח

heidelbeermarmeladeheidelbeermarmelade

Die Heidelbeermarmelade blubbert wie in einer Hexenküche.

First Witch When shall we three meet again
In thunder, lightning, or in rain?
Second Witch When the hurlyburly’s done,
When the battle’s lost and won.
Third Witch That will be ere the set of sun.
First Witch Where the place?
Second Witch Upon the heath.
Third Witch There to meet with Macbeth.
First Witch I come, graymalkin!
Second Witch Paddock calls.
Third Witch Anon!
ALL Fair is foul, and foul is fair:
Hover through the fog and filthy air.

Pfirsichtorte mit Sahne (rechts), Heidelbeermarmelade, und hinten wartet Kasseler mit Schalotten und Tomaten im Römertopf. Und die Küche sieht aus wie ein Schlachtfeld. (Hebräisch muss ich heute auch noch lernen: במטבח heißt „in der Küche“. Bitte von rechts nach links lesen.)

Die Lage an allen Fronten

ukraine

Ich muss das Publikum schockieren dergestalt, dass ich Dinge zusammenposte, die gar nicht zusammengepostet gehören.

1. Wir sind bekanntlich im Krieg. Die Lage an der Ostfront:

Die geleakten Pentagon-Papiere zeigen, dass Washington offenbar nicht mit einem durchschlagenden Erfolg der Ukrainer im Sommer rechnet. Auch der renommierte Militärstratege Markus Reisner vom Verteidigungsministerium in Österreich sagt: „An einen vollständigen Zusammenbruch der russischen Verteidigung glaube ich aktuell noch nicht.“ Die Ukraine hat vor allem Probleme mit dem Munitionsmangel, es fehlen ausreichend gut ausgebildete Soldaten und eine schlagkräftige Luftwaffe.

Erstens: Schon jetzt glauben weder europäische noch amerikanische Spitzendiplomaten daran, dass die Ukraine jemals die annektierte Halbinsel Krim und den gesamten Donbass wieder zurückerobern wird. Das sagt aus Rücksicht auf die ukrainische Regierung niemand offen. In Wahrheit hat der Westen an einer Rückeroberung auch kein ernsthaftes Interesse – die Nato fürchtet Vergeltungsschläge des Kreml, der den Verlust der Krim zur „roten Linie“ erklärt hatte.

Zweitens: Die Kämpfe in diesem Sommer dürften einen hohen Blutzoll fordern, Militärexperten erwarten eine Ermattung auf beiden Seiten. Gleichzeitig wird sich im Westen die Einsicht durchsetzen, dass dann der richtige Zeitpunkt für einen Waffenstillstand gekommen sein dürfte. (Mehr hinter der Paywall der Qualitätsmedien)

Ich füge hinzu: Der Krieg wird spätestens 2024 beendet werden.

statista

2. Wir sind im Kapitalismus. Die Lage an der Front:

Leider hat sich Marx nicht vorstellen können, dass ein kapitalistischer Staat selbst seine Ökonomie aus pseudoreligiösen ideologischen Motiven heraus ruiniert, ohne dass jemand auch nur theoretisch in der Lage wäre zu benennen, was danach käme, geschweige denn die Macht an sich zu reißen, um eine Alternative durchzusetzen. Es wäre bestimmt lustig zu lesen, wie Marx seine Häme über den Ausschuss ausgeschüttet hätte, der die Geschäfte der Bourgeoisie organisieren will.

Man muss einschränken, dass das Bruttoinlandsprodukt (GDP) nicht viel aussagt für die Fragen, die sich denkende Bürger stellen. Wie ist der Reichtum verteilt? Welche Branchen haben Zukunftschancen, und wird in die investiert? Was macht die Konkurrenz? Ich sehe schwarz, vor alle bei der Digitalisierung, die uns bald auf das Niveau der so genannten Welt hinabdrücken wird – im Gegensatz etwa zu Israel (auch wenn es da manchmal oder deswegen teuer sein kann). Außer im Gendern und beim Denunzieren, Canceln, Framen, Empören, Strafen, Umerziehen, Ausstoßen, Zensieren, Entlassen, Einschüchtern, Moralisieren, Politisieren sind die Deutschen nirgendwo wirklich gut. (Ich lasse mich gern eines Besseren belehren.)

Ich füge hinzu: Es hängt an der Bildung der Arbeiter der Faust und der Stirn und an der Emanzipation der Frauen. Wir werden bald – in den Ballungsgebieten – eine große arabischstämmige und ungebildeete Unterschicht haben, so wie Israel, aber wir haben die positiven Seiten nicht, die das Lumpenproletariat konterkarieren können.

Womit wir beim nächsten Thema wären:

powerty report israel

3. Wir sind immer noch im Kapitalismus. Die Lage an einer ganz speziellen Front:

Over one in five Israelis, a total of 22.7%, are currently living in poverty, according to a report by the country’s Social Security Institute. In 2019 the poverty rate was 21.6% and in 2020 it had dropped to 21%, but provisional estimates show that it has risen again in 2021. The same trend was seen among children, whose poverty rate in 2019 was 29.2%, in 2020 dropped to 28.7%, and estimates show rose to 31.2% in 2021.

Media reports said poverty levels are particularly high in the Arab minority and among Orthodox Jews.

The Israeli economy’s 2021 growth was not felt equally in the various sectors of society. (Ich habe eine italienische Quelle genommen, die sich aber auch auf den vom mir verlinkten Report bezieht.)

Ganz einfach: Die prozentuale Größe der Klassen in Israel ist ähnlich wie überall („Mittelklasse“ ca. 60%). Die Armut findet man bei Orthodoxen (hohe Kinderzahl und freiwillig keine Arbeit) und bei Arabern. Die Jerusalem Post hat dazu einen differenzierenden Artikel:

Jerusalem is one of the poorest cities in Israel and some 42% of the city’s residents live under the poverty line – double the national level of 21%. The poverty, however, is not equally distributed. A stunning 60% of the city’s Arab residents live under the poverty line, compared to 31% of Jewish residents (the Jewish poverty rate is driven in large part by poverty in the city’s haredi community, which is at 43% – still significantly below the rate among Arab Jerusalemites).

Was müsste also eine „Linke“ tun und mit wem? Die so genannte Kommunistische Partei Israels, eine Politsekte mit ähnlicher Massenbasis wie hierzulande die MLPD, ist auf dem völkischen Irrweg – ähnlich wie viele Linke in Lateinamerika – und könnte sich genausogut in „nationalsozialistische palästinensische Partei“ umbenennen. Kein Wunder, dass die dort niemand wählt. Diese „Linken“ fallen noch weiter hinter Rosa Luxemburg zurück, so wie die hiesige „Linke“, was Religion angeht, noch auf dem Stand vor der russischen Revolution ist.

Die Frage hatte ich schon gestellt. Ich kann sie immer noch nicht beantworten. Vielleicht erfahre ich in Israel mehr.

bard google

4. Wir sind im Internet. Die Lage an der KI-Front:

Ich müsste mein virtuelles Deutschtum verschleiern, aber bard.google.com wirft mich sogar raus, wenn ich per Tor-Browser komme. Ich könnte mir jetzt die Mühe machen, einen neuen undeutschen Account bei Google anzuschaffen, aber das ist es zur Zeit nicht wert. Heise hatte mich angefixt.

Ich hatte eh Discord (für Secondlife), aber bisher keine Zeit, das mit Midjourney auszuprobieren. Ich lese zur Zeit ein paar fucking manuals. Aber ist das acht Dollar im Monat wert? Das sehe ich noch nicht.

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Diese Foto ist hier nur durch ein bedauerliches redaktionelles Missgeschick hineingerutscht.

5. Die Affäre Faeser interessiert mich nicht besonders. Sie bestätigt nur, was ich eh schon dachte. Auch die Journalistenverbände halten dazu das Maul, was mich ebenso überrascht. Wenn ich mich langweile, hätte ich da ein Thema vorbereitet.

6. Wahlumfragen sind irrelevant, solange nicht klar ist, ob die Wagenknecht den Laden aufmischt.

Geisterfahrer und Rechtsruckende

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Deutsche Journalisten und die Wähler in Europa (Symbolbild)

Man muss sich Sorgen machen um die deutsche Journaille. Vielleicht sollte man Telefonnummern von Seelsorgern und Psychotherapeuten bereit halten Allüberall wählen die Wähler nicht so, wie sie sollen wie es die Journalisten hierzulande gern hätten. Woran kann das nur liegen? Geht die Welt bald unter? Naht Armageddon? Ist der altböse Feind übermächtig?

Israel: Rechtsradikale an der Regierung. Ungarn: Rechtsruck. Italien: Faschisten in höchsten Staatsämtern. Polen: Rechte und Nationalisten. Dänemark: rechtsliberale Einwanderungspolitik. Schweden: Rechtspopulisten. Frankreich: Rechtsextreme auf dem Vormarsch. Türkei: Rechtsruck und niederschmetternde Wahlergebnisse. Finnland: Rechtsruck. USA: Das Ende ist nahe, wenn Trump wieder Präsident wird.

Irgendwie ist das doch komisch? Sind unsere Anstalten ihrem weltweiten Erziehungsauftrag nicht nachgekommen? Das Mäkeln und Jammern deutscher Journalisten erscheint mir wie die Beschwerde eines Geisterfahrers, dass ihm so viele entgegenkämen. Oder wie die „Linke“, die ihre diversen Wahldesaster damit erklärt, dass die dummen Wähl die Weisheiten der Partei noch nicht begriffen hätten, statt einzusehen, dass man dummes Zeug verbreitet hat, das niemand hören will. Oder, wie ein sich links fühlender Türke meiner Schwester das Wahlverhalten der Deutschtürken erklärte: Es sei nicht die intellektuelle Elite nach Deutschland ausgewandert.

Schon klar. Die Wähler sind dumm, wenn sie die zentralen Themen aus Wokistan ablehnen oder diese uninteressant finden, weil sie mit ihrem Leben nichts zu tun haben: Diversity, was auch immer das sei, offenen Grenze für alle, [irgendeine Abkürzung mit vielen Buchstaben, die ich mir nicht merken kann], Tunten sind Frauen, Man darf nicht mit den Russen saufen, man muss Bandera Krieg gut finden, und Klima und Kapitalismusreparierei.

So einfach ist es natürlich nicht. Aber man könnte sich natürlich ein bisschen mehr anstrengen und nachdenken und analysieren, ob man nicht selbst das Falsche meint. Oder das Richtige nicht richtig gendert formuliert.

Vor 15.080 Tagen

Amazonas

Der Amazonas, dessen Oberlauf in Brasilien Solimões genannt wird; hier der Anflug auf Leticia im Süden Kolumbiens (ungefähr hier, vgl. etwas näher und noch näher).

Die betreffende Passage aus meinem Reisetagebuch hatte ich schon am 11.08.2020 gepostet: „In den Spelunken Leticias“. Wie ich meinem alten Reisepass entnehme, muss ich das Foto am 30 Januar 1982 gemacht haben. Alexa sagt mir gerade: Zwischen damals und heute liegen 15.080 Tage.

Reisepass

75 Jahre Israel

israel

Gestern wurde bzw. heute wird Israel 75 Jahre alt. (By the way: Wer sind eigentlich exakt diese „Palästinenser“?)

Eine Diskussion über das Thema israelisch-arabische Beziehungen scheitert meistens schon im Ansatz, weil die meisten Leute, die meinen, ihr Maul „kritisch“ über Israel aufreißen zu müssen, die historischen Fakten weder kennen noch wissen wollen. Ich habe auch keine Lust mehr, mit „Israel-Kritikern“ zu diskutieren, auch wenn diese Juden sind.

israel
Israelischer Unabhängigkeitskrieg 1947-1949

„Das Ziel der arabischen Allianz, die den UN-Teilungsplan nicht akzeptierte und das Existenzrecht Israels bestritt, war die Beseitigung des entstehenden jüdischen Staates.“ Noch Fragen?

israel
Sechs-Tage-Krieg 1967. Credits: BBC

„Unmittelbare Auslöser des Krieges waren die ägyptische Sperrung der Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt am 22. Mai, der vom ägyptischen Präsidenten Nasser erzwungene Abzug der UNEF-Truppen vom Sinai und ein ägyptischer Aufmarsch von 1.000 Panzern und fast 100.000 Soldaten an den Grenzen Israels.“ Noch Fragen?

israel

„Der Krieg begann mit einem Überraschungsangriff Ägyptens und Syriens am 6. Oktober 1973, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, auf dem Sinai und den Golanhöhen, die sechs Jahre zuvor von Israel im Zuge des Sechstagekrieges erobert worden waren.“ Noch Fragen, wer angefangen hat?

Die Araber werden sich damit abfinden müssen, dass das gesamte Gebiet, das 1948 sowohl Israel als auch den Staat „Palästina“ umfassen sollte, heute Israel ist und bleiben wird, inklusive der Golan-Höhen, Judäa und Samaria. Ägypten kann froh sein, dass es den Sinai behalten durfte und dass Kairo damals nicht besetzt wurde.

Das Konzept Land für Frieden ist komplett gescheitert, obwohl die deutschen Journalisten noch daran glauben, und sollte einfach entsorgt werden.

Wollt ihr oder wollt ihr nicht?

Hoffentlich raten Selenskijs Berater davon ab, dass der ukrainische Präsident die Deutschen fragt, ob sie den totalen Krieg gegen die Russen wollten. Vermutlich würde die Mehrheit, einstimmig orchestriert von den Qualitätsmedien, versehentlich mit „ja“ antworten. Sie sind es halt so gewohnt.

Hyperventilierende Katharsis

bücherverbrennung

Es regnete in Strömen, doch Carl Schmitt spürte weder die Tropfen in seinem Gesicht noch die kleinen Rinnsale im Nacken, während er wie gebannt in die Flammen starrte, die vor ihm in den Himmel aufschlugen. Der Abend hatte mit der Antrittsvorlesung eines neu berufenen Professors für Philosophie und politische Pädagogik begonnen, in deren Anschluss ein Fackelzug, eskortiert von berittener Polizei, von der Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden zum Opernplatz marschiert war, den nun eine vieltausendköpfige Menschenmenge füllte: ein überwältigendes nächtliches Schauspiel, dargeboten von Professoren in ihren Talaren, NS-Studenten mit Hakenkreuzarmbinden und Korporierte im Verbindungswichs sowie Heerscharen von SA und SS und Hitlerjugend, die sich alle gemeinsam um einen riesigen, funkenspeienden Scheiterhaufen drängten, der eines Savonarola würdig gewesen wäre.

Ein Vertreter der Studentenschaft trat ans Feuer, hob ein Buch in die Höhe und rief: „Gegen Klassenkampf und Materialismus! Für Volksgemeinschaft und idealistische Lebenshaltung. Ich übergebe der Flamme die Schriften von Karl Marx!“

Unter tosendem Beifall warf er das Werk ins Feuer. Hunderte Studenten und Uniformierte machten es ihm nach. Bündelweise wurden Bücher von Lastwagen gehoben und in Menschenketten weitergereicht, von Leiterwagen und Handkarren flogen sie in die Flammen, die gierig an den Einbänden leckten.

Der Deutsche an sich mag das Feuer im Wald in der Dunkelheit. Man muss als Anthropologe fragen: Was soll das? Und was soll dabei herauskommen bei dem Verbrennen? Schon klar: Man befreit sich symbolisch von dem, was die Führer als das Böse definiert haben, und die Mitläufer fühlen sich hinterher besser. Das Primäre an der Struktur dieser Gruppendynamik ist nicht das Verbrennen, sondern der Ausschluss des Bösen. Lichterketten sind auch nur eine andere Version des Fackelzuges, der wiederum ist eine Teilmenge des Scheiterhaufens.

Man kann physisch vernichten wie bei den Hexenverbrennungen, man kann Symbole für das Unerwünschte verbrennen (es geht nicht um die Bücher, sondern um die Ideen, die sie verbreiten), man kann abstrakt ausschließen, indem das Unerwünschte ignoriert und verfemt wird. Die Zeugen Jehovas haben dieses gruppendynamische Prinzip vervollkommnet: Die höchste Strafe für Sünden wider die Regeln der Gruppe ist der „Gemeinschaftsentzug“. Da Böse ist nicht weg, sondern wird allen sinnfällig vorgeführt, ist aber nicht mehr gefährlich, weil es das Maul halten muss bzw. alle weghören.

Ich schrieb schon vor einiger Zeit: „Der kategorische Imperativ in der protestantisch geprägten Alltagskultur lautet: Habe die richtigen Gefühle, dann wird alles gut.“ Die richtigen Gefühlslagen müssen immer wieder hergestellt werden, besonders in Zeiten der Krise. Warum sind die Führer der jeweiligen kleinen und großen Massen so verunsichert, dass sie das Böse nicht einfach ignorieren können? Warum braucht man noch zusätzlich Rituale?

katharsis
José Clemente Orozco: „Katharsis“ (Ausschnitt), 1934

„Gegen Frechheit und Anmaßung! Für Achtung und Ehrfurcht vor dem unsterblichen deutschen Volksgeist! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Tucholsky und Ossietzky!“

Wegen des Regens hatte das Feuer erst nicht brennen wollen, Feuerwehrleute hatten Benzinkanister auf den durchnässten Scheiterhaufen leeren müssen, um es zu entfachen. Doch jetzt loderten die Flammen haushoch in den Nachthimmel hinauf.

„Gegen literarischen Verrat am Soldaten des Weltkriegs, für Erziehung des Volkes im Geist der Wehrhaftigkeit! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Erich Maria Remarque.“

Wie alle hier versammelten Professoren trug auch Carl seinen Talar, um als Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Bücherverbrennung beizuwohnen, die an diesem Abend nicht nur in der Reichshauptstadt, sondern in allen deutschen Universitätsstädten veranstaltet wurde und von langer Hand vorbereitet worden war. Schon im April hatten der Völkische Beobachter „12 Thesen“ abgedruckt, an denen auch Carl mitgewirkt hatte, um die zersetzende Kraft des jüdisch vergifteten Liberalismus anzuprangern. Seitdem waren alle Bibliotheken des Reichs systematisch nach verbrennungswürdigen Schriften durchsucht worden, um sie auf den Scheiterhaufen zu werfen und nun dieses Purgatorium zur Austilgung des undeutschen Geistes mit der gesamten Volksgemeinschaft zu zelebrieren.

Purgatorium des putinschen Geistes Man muss sich fragen, was in den Köpfen derjenigen vorgeht, die fordern, jemand solle aus der Volksgemeinschaft aufgestoßen werden. Heute formuliert man das nur anders, wie Stephan-Andreas Casdorff, der Herausgeber der Berliner Zeitung „Tagesspiegel“: „Der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder schadet sich, dem Staat und seiner Partei. Ihn zu ächten, liegt jetzt nahe.“

Das ist ekelhaft. Ächten? Also symbolisch verbrennen? Exorzieren? Was für eine verkommene Mischpoke. Kontaktverbot zu allen Russen? Kai Dieckmann im vermutlich „autorisierten“ Interview: „Ich schreibe von der hyperventilierenden Gesellschaft. In der Art und Weise, wie Schröder jetzt niedergemacht wir, ist jedes Maß verloren gegangen. Selbst Schröders Friseur wollte ihm nicht mehr die Haare schneiden.“

Die Menschheit lernt nie und nichts dazu.

„Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann und Erich Kästner!“

Eine Trommel wurde gerührt. Carl lief ein Schauer über den Rücken. Obwohl Bücher ihm heilig waren, auch Bücher geistiger Widersacher, faszinierte ihn der Gedanke, für eine Idee, die größer als alle anderen Ideen war, sogar den Geist selbst zu vernichten. Was für ein kühner, großartiger Frevel! Der Anblick des Flammenopfers, die laut in die Nacht verkündeten Feuersprüche, der glühende Fanatismus der Studenten – all das erfüllte ihn mit einer Erregung, die nach Entladung drängte.

Ein letztes Mal trat der Vertreter der Studentenschaft ans Feuer.
„Gegen die seelenzerfasernde Überschätzung des Trieblebens! Für den Adel der menschlichen Seele! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Sigmund Freud!“
[Aus: Peter Prange, Eine Familie in Deutschland, Bd. 1, Kapitel 49]

Surreal Urban Space
Surreal Urban Space, Till Nowak

Die Würde des Menschen ist antastbar

ulrike Meinhof

Ulrike Marie Meinhof, geboren am 7. Oktober 1934 in Oldenburg, gestorben am 8. Mai 1976 in Stammheim.

Man kann dazu Jutta Ditfurth lesen, Fembio oder Wolf Farkas. Nicht zu vergessen: Meinhofs Aussagen über Juden und Israel.

Meinung und Moral

zensur

Die öffentliche Meinung verachten ist so gefährlich, als wenn man die moralischen Grundsätze verachtet, schrieb der österreichische Staatsmann und gefürchtete Unterdrücker Klemens Wenzel Lothar von Metternich einmal so treffend. Das schrieb Don Alphonso, von Beruf Couponschneider und, was das Schreiben mit feiner Ironie angeht, nicht untalentiert.

Das gefällt mir nicht. Der Satz holpert zu lang einher, und der Schluss hört sich an wie eine Schlagzeile aus dem „Neuen Deutschland“ von vor fünfzig Jahren. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), Vorsitzender des Staatsrats der DDR und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates… ja was denn nun? Jetzt kommt, worauf wir alle lange genug gewartet haben: Erich Honecker!

Die öffentliche Meinung zu verachten ist so gefährlich, als verachtete [Konjunktiv] man moralischen Grundsätze. Das schrieb treffend Klemens Wenzel Lothar von Metternich [man kann Links ins weltweite Internet setzen, Welt „online“!], ein österreichischer Staatsmann und gefürchteter Unterdrücker.

Angeblich hatte Metternich gesagt: „Die öffentliche Meinung ist das wichtigste der Mittel, das wie die Religion in die verborgensten Tiefen dringt, wo administrative Einflüsse keine Einfluss mehr haben. Die öffentliche Meinung verachten ist so gefährlich, als wenn man die moralischen Grundsätze verachtet.“

Mag sein, dass er nicht korrektes Deutsch sprach oder schrieb. Das ist keine Schande. Außerdem war er ja Österreicher.

Ich habe das Zitat nur in der Sekundärliteratur und auf gefunden, aber keine Quelle. Man müsste dazu zu viel lesen, was das Thema nicht wert ist. Also bleibt der Satz vorerst ein Meme.

Vermutlich wäre Metternich aber ein besserer Außenminister gewesen als de [sic], den [sic] wir jetzt in Deutschland haben.

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