Die Netze der Macht

Ein Artikel von mir in der taz: „Für die Menschheit ist es ein Segen, dass weder die Deutschen noch die Franzosen das Internet erfunden haben. Die Deutschen hätten einen Zentralrechner konstruiert, der von einer Behörde kontrolliert würde, und die Franzosen würden nur Inhalte erlauben, die sie für zivilisiert halten – was das Netz aller Netze zusammenschrumpfen ließe. Vor dem G8-Gipfel, dem Treffen der acht größten Industrienationen, hatte Sarkozy am Dienstag 800 Gäste nach Paris geladen, um über das Internet zu reden.“ [mehr… ]

Mit Sicherheit unsicher

Ein Artikel von mir in der taz: „Der Staat betont, beim Zensus 2011 alles im Griff zu haben – die Daten seien bestens geschützt. Online ist bereits die erste Sicherheitslücke aufgetaucht.“

Das Prinzip Hoffnung

Ein Artikel von mir bei taz online über das chinesische Online-Netzwerk Renren: „Die Chinesen sind Marc Zuckerberg voraus. Ihren Facebook-Klon haben sie jetzt an die Börse gebracht. Und versprechen sich davon vor allem eins: viel Geld.“ [mehr…]

Sperrlisten sind schlicht ein Misserfolg

Ich habe Alvar Freude vom AK Zensur für taz online interviewt.

Das seelische Exil des Doğan Akhanlı

nitro

Das unabhängige Medienmagazin „Berliner Journalisten“ hat sich nach einem Relaunch umbenannt in „Nitro“. Ich hatte „Berliner Journalisten“ mit gegründet und war auch mehrere Jahre Chefredakteur.

In der aktuellen Ausgabe ist ein Artikel (7,7 mb,pdf) von mir über den in der Türkei geborenen deutschen Schrftsteller Doğan Akhanlı: „Das seelische Exil des Doğan Akhanlı„.

Günter Schild ist offline

Ein Artikel von mir in der taz: „Der Chaos Computer Club hat auf erhebliche Sicherheitslücken beim Internetangebot der Bundesfinanzagentur hingewiesen. Diese ist „not amused“ und hat ihre Seite erstmal abgeschaltet.“

(Der CCC-Sprecher heisst Frank Rosenberg Rosengart, wieso steht da einmal Rosenbaum?)

Big Melons

Ein Artikel von mir in der taz: „Zensur von „prallen Melonen – Der Mobilfunkanbieter O2 will etwas für einen verbesserten Jugendschutz im Internet tun. Nun rutschte die Seite eines Lebensmittelherstellers durch den Filter.“

Wenn ich die Überschrift formuliert hätte, stünde dort der Genitiv: „Zensur praller Melonen“.

Turnitin? Docoloc? Google!

Ein Artikel von mir in der taz: „Die Doktorarbeit von Guttenberg soll Plagiate enthalten, auf der Website GuttenPlag Wiki werden angebliche Beweise gesammelt. Nur: wie findet man eigentlich Plagiate?“

Fidonet in Egypt reloaded [2. Update]

mailbox

In meinem Taz-Aritikel vom 28.01. lautete der letzte Absatz: „Die ägyptische Opposition greift jetzt zu Mitteln, die schon als technisch veraltet galten. Der Twitter-Nutzer @EgyptFreedomNow gab bekannt, dass das Internet noch per Modem-Einwahl zu einem Provider erreichbar sei, also etwa über ein teures Auslandsgespräch.“ Im Originalmanuskript hieß der Satz übrigens „also etwa per Auslandsgespräch nach Israel“ – das „nach Israel“ wurde von der taz gestrichen.

Vermutlich hat kaum jemand verstanden, was ich damit meinte. Fefe hat jetzt darauf hingewiesen, dass clevere Ägypter angeblich das altehrwürdige Bulletin Board System (BBS) reaktiviert haben, das nur in Deutschland irreführend „Mailboxen“ genannt wird. (Auch Golem hat etwas dazu geschreiben.)

„Actually you can use wi-fi networks/local networks to communicate from one household to another and then if someone can make phone calls abroad/has access to the internet, use it to send packets abroad. Old fidonet software like binkley+/t-mail/hpt/golded/fastecho/frontdoor can be still used. If people in Egypt really need help with this stuff, I guess most of us, fidonet sysops, are ready to help.“

Das Fidonet ist nur eines der BBS-Systeme, die noch existieren, Zone 5 ist für Afrika reserviert. „While the use of FidoNet has dropped dramatically compared with its use up to the mid-1990s, it is still particularly popular in Russia and former USSR. Some BBSes, including those that are now available for users with Internet connections via telnet, also retain their FidoNet netmail and echomail feeds. Some of FidoNet’s echomail conferences are available via gateways with the Usenet news hierarchy. There are also mail gates for exchanging messages between Internet and FidoNet.“

Vor einem guten Jahrzehnt habe ich auch noch eine Mailbox benutzt (vgl. Sceenshot), und mein vor 16 Jahren erschienenes Buch handelt fast ausschließlich von Mailbox-Systemen, insbesondere vom Thule-Netz.

Hier ist eine Website über die Möglichkeiten, mit denen man die Internet-Zensur in Ägypten unterlaufen kann.

Update Die BBC hat jetzt nachgelegt: „Old technology finds role in Egyptian protests“ – „The Manalaa blog gave advice [„Back to Basics: Using dial up internet“] about how to use dial-up using a mobile, bluetooth and a laptop.“

2. Update Es scheint keine Windows-64-Bit-Version der Crosspoint-Derivate zu geben, und unter Linux will ich mir das nicht antun. Weiß jemand mehr?

Wie Ägypten offline ging

Ein Artikel von mir in der taz: „Wie Ägypten offline ging – Dass ein Land alle Kommunikationskanäle sperrt, ist einzigartig in der neueren Geschichte. Die ägyptische Regierung hat das nun getan – mit einfachen Mitteln.“

Sicherheitsprobleme mit zwei Ohren

„Nachdem sie gehackt wurde, ist die AusweisApp für den neuen Personalausweis nun wieder online – wenn auch nicht für jeden. Eine Analyse der Stärken und Schwächen.

Der deutsche Personalausweis und die deutsche Autobahn haben vieles gemeinsam: Beide wurden von den Nationalsozialisten zwar nicht erfunden, aber gesellschaftlich hoffähig gemacht, beide gehören zur deutschen Leitkultur und beide gelten als so selbstverständlich, dass jemand, der sie abschaffen wollte, so scheel angesehen würde wie jemand, der den Deutschen das Biertrinken verbieten wollte.“

Ein Artikel von mir in der taz – wenn man an den richtigen Redakteur gerät, kann man also auch in der taz online Links setzen.

War on Spam

Ein Artikel von mir in der aktuellen „Jungle World“ (leider linkfrei): „Einer der weltweit größten Versender unerwünschter Werbemails ist untergetaucht. Das hört sich an wie eine gute Nachricht, bedeutet jedoch nicht das Ende des lukra­tiven Geschäfts mit Spam-Mails, das weiterhin von der Ignoranz vieler Internetnutzer lebt.“

Hilfloser Antifaschismus

Ein Artikel von mir in der Jüdischen Allgemeinen: „Der hilflose Antifaschismus. Debatte: Initiativen gegen rechts sind ehrenwert – aber bewirken sie auch etwas?“ (Ausgabe vom 26.11.2009, S. 17)

Weimer ist kein Ehrenmann und wird „Focus“-Chef

Weimer wird Nachfolger Markworts bei Focus. Was will Wolfram Weimer laut Wikipedia? (Ich poste das hier nur, weil ich als wütender Wertkonservativer (!) Stabreim witzig (!) finde.)

„Die Warnungen vor dem Klimawandel hat er unter anderem als ‚Öko-Horrorshow‘ bezeichnet, die Ergebnisse des Weltklimarats zieht er in Zweifel. In der Integrationsdebatte kritisiert Weimer ’naiven Multikulturalismus‘ und spricht von einer ‚Multi-Kulti-Lüge‘. [Ich auch, aber aus anderen Gründen.] Wenngleich er sich des Öfteren islamkritisch geäußert hat, bewertet er die sog. Rückkehr der Religion im Allgemeinen positiv und sieht darin die Chance für eine kulturelle Renaissance des Abendlands.“

Ein glühender Vereherer höherer Wesen als Chefredakteur eines Nachrichtenmagazins (gefühlt)? Dazu: „Ausgesprochen atheistische Positionen finden sich zwar bis heute, aber eher vereinzelt, wie ein Zitat von Burkhard Schröder, dem ehemaligen Chefredakteur des Magazins Berliner Journalisten belegt. Im Editorial zu dem Heft ‚Religion und Medien‘ fragt und antwortet er: ‚Dürfen Journalisten höhere Wesen verehren oder gar Mitglied einer Religionsgemeinschaft sein? Nein, natürlich nicht. Respektlosigkeit und Mut zur Aufklärung gelten als journalistische Tugenden. In Deutschland herrscht jedoch finsteres Mittelalter, wenn Religion zum Thema wird‘ (Schröder 2006).“ Das Original „Ohne Gott – eine Frage der Berufsehre“ ist natürlich online.

Ich bin selten! Ja! Und Weimer ist kein Ehrenmann.

Artikel jetzt frei zugänglich

Alle meine Artikel zwischen 1990 und 2007 sind jetzt ohne Username und Passwort zugänglich. (Einige Links funktionieren vermutlich nicht mehr, zum Beispiel zu den Artikeln im Medienmagazin Berliner Journalisten..)

Operation „Heisse Luft“ reloaded

Tor_Server

Die Medien überschlagen sich im Gleichlaut: „Polizei zerschlägt Kinderporno-Ring“ (Süddeutsche). „Polizei gelingt Schlag gegen Kinderporno-Ring“ (RP ONLINE). „Internationaler Kinderporno-Ring zerschlagen“ (AFP). „Schlag gegen internationalen Kinderpornografie-Ring“ (Deutsche Welle). „Polizei zerschlägt Kinderporno-Ring“ (Welt online). „Polizei zerschlägt Kinderporno-Ring“8 Bild). Nur die Tagesschau schert aus und und titelt einigermaßen korrekt, um was es geht: „Kinderporno-Razzia bei 121 Verdächtigen“.

Razzia. Zum Beispiel hat die Polizei den Torserver „nami“ beschlagnahmt. „I just was informed by my Dad that the police is searching our Family House. They took the machine running Tor exit node called „nami“. Expect it to be down for quite some time“, schreibt der Betreiber in einer Mailingliste. Ich habe mit ihm telefoniert. Auch das Laptop seines Vaters haben sie mitgenommen, weil der Telefonanschluss auf ihn gemeldet war. Das zur „Qualität“ der Ermittlungen.

Ich gehe davon aus, dass diese „groß angelegte“ Razzia, von der die Medien so schwärmen wie BKA-Chef Ziercke, ein Schlag ins Wasser war.. Er „wertete die Festnahmen als ‚großen Erfolg im Kampf gegen die Kinderpornografie-Szene‘. Bei den Durchsuchungen stellten die Ermittler außerdem etwa 220 Computer und rund 17.000 digitale Speichermedien sicher.“

Eben. Es geht Ziercke nicht darum, wieviele Verdächtige schließlich verurteilt werden (vermutlich nur sehr wenige wie bei der Operation Heiße Luft), sondern nur darum, möglichst viele Rechner zu beschlagnahmen und damit zu protzen, damit es gut in den Medien rüberkommt, die gewohnt kritik- und recherchefrei alles nachplappern.

Der lange Marsch in den Mainstream

Dieser Text erschien am 15.8.1997 (!) im Berliner Tagesspiegel. Er war bisher nicht öffentlich zugänglich, aber es wird darauf verwiesen. Jetzt also für alle lesbar…(ohne Links)

Der lange Marsch in den Mainstream
„Und der Schmul‘ mit krummer Nase,
Krummer Vers‘ und krummer Hos‘,
Schlängelt sich zur hohen Börse,
Tief verderbt und seelenlos.“
Diese Zeilen stammen von einer CD der Neonazi-Rockband „Saccara“ aus Meppen. Titel des Liedes: „Schmulchen Schievelbeiner“. Text: Wilhelm Busch. Jeder weiß gemeint ist: das antisemitische Klischee des Juden. Und trotzdem wird man Wilhelm Busch wohl kaum auf den Index setzen.

Die vier Zeilen und die Rechtsrock-Band aus dem Emsland widerlegen so gut wie alle Klischees, die in der Öffentlichkeit über die ultrarechte Musikszene herumspuken. Die Musiker sind keine Skinheads, sondern Langhaarige, die ihre Karriere in der Heavy-Metal-Szene begannen. Nur ein Teil der rechten Texte verherrlicht direkt Gewalt, primär geht es um den Transport rassistischer und antisemitischer Versatzstücke. Die Käufer der Platten und CDs gehören in der Regel nicht der Neonazi-Szene an, sondern sind ganz normale Jugendliche, die sich meist als unpolitisch verstehen. Trotzdem bommt der Rechts-Rock. Wer nicht bewußt darauf spekuliert, Texte durch Verbote erst recht interssant zu machen, kann juristische Hürden leicht umgehen. So wird die neueste Platte der Band „Arisches Blut“ mit dem Hinweis angepriesen: „intelligente Umschiffung bundesdeutscher Gesetzesklippen.“

Im neonazistischen Mailboxen-Verbund „Thule-Netz“ erschien vor wenigen Wochen der Hinweis, daß Bands aus dem ultrarechten Spektrum vor allem in den neuen Bundesländern fünfstellige Verkaufszahlen erreichen, ohne daß ihre Musik beworben, im Radio gespielt oder in normalen Läden angeboten wird. Das Angebot richtet sich nach der Nachfrage, wie in der Marktwirtschaft üblich, nicht umgekehrt. Mit Rechtsrock läßt sich viel Geld verdienen. Die, die das professionell tun wie der Düsseldorfer RockNord-Verlagschef Torsten Lemmer, stehen den Inhalten in der Regel gleichgültig gegenüber. Indizierungen gelten als kalkulierbares Geschäftsrisiko. Verluste werden durch Preisaufschläge wettgemacht. Das Geschäft mit ultrarechter Musik hat große Ähnlichkeit dem dem Drogenhandel und läßt sich mit nur polizeilichem Zugriff und juristischen Mitteln ebensowenig in den Griff bekommen.

Die Szene hat sich in den letzten Jahren diversifiziert. Skinhead-Bands wie „Landser“ bestätigen ganz bewußt das Klischee „dumm, brutal, gemein“. Der bekannteste Rechts-Barde Frank Rennecke steht musikalisch in der Tradition des Liedermachers, politisch in der des Nationalsozialismus. „Rheinwacht“ bietet auch melancholischen Gitarren-Rock oder musikalische Imitate der „Böhsen Onkelz“. Viele Bands, deren Outfit bei Techno-Parties nicht auffallen würde, sind nur einem lokal eng begrenztem Personenkreis bekannt. Einschlägige Konzerte, deren Termine nur per Mundpropaganda weitergegeben werden, ziehen bis zu 1000 Besucher an. Jedes Wochenende findet mindestens eines statt, häufig getarnt und angemeldet als private Feier. Hochglanz-Magazine wie „RockNord“ aus dem rechtsextremistischen Spektrum werben mit eigenen Internet-Seiten, von denen Tonbeispiele der Bands abgerufen werden können. Lokale Skin-Fanzines wie „Foier Frei“ aus Chemnitz erreichen nur geringe Auflagen, dafür gibt es aber Dutzende der primitiv zusammengestoppelten Blättchen.

Die GEMA hat sich Anfang August von Werken distanziert, „die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung wenden“. Das immer wieder reflexartig abgespulte Ritual, „damit“ nicht zu tun haben zu wollen, zeigt nur, wie hilflos die Öffentlichkeit auf eine Entwicklung reagiert, die bisher kaum wahrgenommen wird: Die rechte Szene hat sich aus dem Dunstkreis neonazistischer Politsekten gelöst und sich – vor allem im Osten – als soziale Bewegung in das Alltagsmilieu integriert.

Das zeigt sich vor allem in der Musik: Rechte Inhalte werden als solche nicht mehr politisch wahrgenommen, sondern als „normal“ akzeptiert. Der Reiz der Texte besteht in der Opposition zum „System“. Die gewalttätige Attitude gehört zur Vermarktungsstrategie wie das martialische Band-Logo: „Brutal Attack“, „Kraftschlag“, „Oithanasie“. Rassisten und Antisemiten gelten aber in der Öffentlichkeit und bei Sozialarbeitern in den neuen Bundesländern nicht als Problem, solange sie nicht gewalttätig werden. Die beiden wichtigste Nazi-Bands aus Sachsen-Anhalt, „Elbsturm“ und „Doitsche Patrioten“, durfen jahrelang in Magdeburger Jugendclubs proben, gefördert mit Mitteln des AGAG-Programms, obwohl ihre Konzerte regelmäßig von der Polizei verboten wurden. Der Antisemitismus als zentrale Klammer rechtsextremistischer Einstellungen gerät so aus dem Blickfeld. Das Ergebnis ist dementsprechend: Die rechte Szene ist im Aufwind, obwohl polizeilich registrierte Gewalttaten aus politischen Motiven zurückgehen. Kapitalismuskritik mittels Musik samt nationaler und sozialistischer Einsprengsel ist im Osten ein Renner.

„Sie ist sehr hart, die Zeit in der wir leben, so soll auch die Musik dazu sein,“ textet Saccara. Rechtsrock ist zum einen ein Initationsritual für die aufbegehrenden Underdogs am Rande der Wohlstandsgesellschaft: Die nehmen die Rolle des unverstandenen Verlierers ein – eine beliebte Attitude bei Jugendlichen, vor allem in den neuen Bundesländern. Weder das Gemeinschaftsgefühl der Punks noch Party-Stimmung des Lehrer-und-Ärzte-Pop noch Kommerz des Techno-Mainstreams: Rechte Musik ist zum anderen eines der letzten Dissidenz-Reservate für Jugendliche und bezieht daher ihren Reiz.

Ähnlich verlief die Geschichte der Skinheads, der ältesten Jugendkultur Europas, die sich seit 30 Jahren beharrlich dem Zugriff wohlmeinender Sozialarbeiter und auch der Kommerzialisierung verweigert. Sie, die sogenannte „Oi-Musik“, ist heute nur ein Segment der rechten Musikszene. Ihre Ikonen wie Fred-Perry-Hemden und Doc-Martens-Schuhe gelten nicht als Zeichen für Marginalisierung, sondern als Mainstram. Die Glatze ist kein Vorbote der Gewalt, sondern gängige Mode auch unter Techno-Fans, wie früher der Façon-Schnitt.

Die Nachfrage läßt sich durch Mahnen, Warnen und durch eine permanent besorgte Attitude kaum verkleinern. Wer sich reflexartig distanziert, bestätigt für die Jugendlichen den Gebrauchswert rechter Musik – Identität durch Abgrenzung gegen den vermeintlichen Mainstream.

Die gängigen Vorschläge, was zu tun sei, richten sich jeweils nach dem politischen Verwertungsinteresse: Wer Rassismus als Phänomen gesellschaftlicher Randgruppen mißdeutet, wird nach Polizei und Justiz rufen, wer Antisemitismus als Resultat fehlender Lehrstellen interpretiert, eher nach dem Sozialarbeiter. Beides wird nichts nützen. Jede Gesellschaft hat die Musik, die sie verdient.

©Burkhard Schröder

Verfasse eine textbezogene Erörterung zum Text

Mein Telepolis-Artikel: „Die Medien und die grausamen Bilder – Sollen Journalisten entscheiden, welche Bilder die Öffentlichkeit sehen darf?“ vom 13.05.2004 ist jetzt vom Klett-Verlag in einem Lehrerband nachgedruckt worden: deutsch.punkt 6 Gymnasium (Klett Nr. 313936).

„Klassenarbeitsvorschlag zum Lernvorhaben: Argumentieren und Erörtern: 1. Erläutere, was man mit Blick auf die Anordnung von Argumenten unter dem ‚Sanduhr-‚ und dem ‚Reißverschlussprinzip‘ versteht. 2. Lies den text und nenne die Gründe, die der Autor für seine Auffassung anführt, Bilder bzw. Videos der im Text genannten Art zu zeigen. 3.- Welchen Gegengrund, grausame Kriegbilder nicht zu zeigen, deutet der Autor an? 4. Hältst du die Aussage ‚Die Bilder Goyas unterscheiden sich in ihrer Wirkung nicht von den schrecklichsten Kriegsfilmen, die heute gezeigt werden.‘ für richtig: Bewerte die Aussage. 4. Verfasse eine textbezogene Erörterung zum Text.“

Ein Gegengrund, etwas nicht zu zeigen…ähhh…muss ich jetzt dafür oder dagegen sein? Und habe ich wie eine Sanduhr oder wie ein Reissverschluss argumentiert?

Schäubles Abhörzentrale bei der taz [Update]

Leider kam ich für diesen hübschen Anlass zu spät, hatte das Thema schlicht überlesen, weil die taz bei allen Themen, das Internet betreffend, nicht mehr ernst nehme. Nicht nur ein Blogger hat das Thema dokumentiert: „Am 23.08.2009 veröffentlichte die taz den Artikel Schäubles Abhörzentrale von Meike Naber, mit pikanten Details über die neugeschaffene Bundesabhörzentrale in Köln. Bereits am Nachmittag ließ sich der Artikel nicht mehr abrufen, zunächst mit dem Hinweis auf rechtliche Gründe.“ Der taz-Artikel enthielt totaken Blödsinn wie „Bei E-Mails und SMS werden die Inhalte erfasst, beim Mobilfunk kommt die Funkposition hinzu.“ Typisch taz, die schreiben dort nur elektronscihe Postkartne, niemand, aber auch niemand verschlüsselt seine E-Mails und zum Thema Sicherheit im Internet hat die Redaktion ein Verhältnis wie Klaus Störtebeker zum Handelsrecht. (Auf Wikileaks ist eine Kopie des Original-Artikels und auch anderswo)

Der Blooger schreibt weiter: „Bereits am Abend des 23.08. verschwindet der Hinweis auf die “rechtlichen Gründe” von der taz-Webseite. Nunmehr ist davon die Rede, dass der Artikel von der “Redaktion aktualisiert” wird.“

Auch sonst glänzt der Artikel durch unjournalistische Propaganda: „Kriminelle und Terroristen tarnen sich, indem sie ausländische Telefon- und Internetanbieter benutzen, ihre IP-Adressen durch Anonymisierung unkenntlich machen und den Internetverkehr verschlüsseln. Das Bundesinnenministerium resümiert in dem Dokument, das der taz vorliegt: die Sicherheitsdienste verfügen über zu wenig neue Technik und Fachleute, um diesen Herausforderungen gerecht werden zu können.“ Das ist erstens nicht richtig, weil Anonymisierungsdienste genau dsa tun, was ihr Namen sagt und das legal ist und Schäuble auch dann ncihts mitbekäme, wenn er eine Million Bemate einstellte. Und zweitens sind Formulierungen sie „um diesen neuen Gefahren zu begegnen“ schlicht PR, weil sie suggestiv die Begriffe übernehmen, die die Schäuble-Lobby gern hätte. Die angeblichen Gefahren sind so „neu“ wie das Internet selbst. Man merkt, dass sich kein Redakteursgehirn selbständig in Bewegung gesetzt hatte. Netzpolik.org dokumentiert weitere Fehler.

Ich kann mich der Meinung des Bloggers nur anschließen: „Es stellt sich nicht nur die Frage, warum gegen den Artikel rechtliche Schritte eingeleitet oder angedroht wurden, sondern auch, warum die taz sich derart verschlossen zeigt. Wäre der Text in einem Blog statt einer Tageszeitung erschienen, hätte die Autorin ihre Leser auf die Sperrung aus rechtlichen Gründen hinweisen können und damit zu seiner Verbreitung (Streisand-Effekt) beigetragen. Dies hätte sicherlich zu heftigen Gegenreaktionen geführt und das BMI (oder wer auch immer hinter dieser Aktion steckt) zum Umdenken gezwungen oder der Lächerlichkeit preisgegeben.“

Nachtrag 30.09.: Der Artikel erschien jetzt in der Print-Ausgabe, hat sich aber nicht verbessert: „Kriminelle und Terroristen tarnen sich, indem sie ausländische Telefon- und Internetanbieter benutzen, ihre IP-Adressen durch Anonymisierung unkenntlich machen und den Internetverkehr verschlüsseln.“

Ewige volkstümliche Wahrheiten

Ein Artikel von mir in Telepolis: „Ein Sittengemälde vom innen- und kommunalpolitischen Forum der CDU in Brandenburg“.

„Ein Parteifunktionär hat ungefähr die Rolle eines Indianerhäuptlings in Südamerika zu Zeiten des Kolumbus zu spielen: Er muss das verkünden, was seine Gesinnungsgenossen ohnehin schon denken. Und er darf das nicht sagen, was zwar alle wissen, aber das Publikum irritieren würde – zum Beispiel die Wahrheit über den abzusehenden Misserfolg im Kampf gegen den Nachbarstamm. Im Gegenzug verzeiht man ihm alle Verfehlungen, weil man insgeheim weiß, dass man genau so gehandelt hätte, hätte man an seiner Stelle gesessen.

So funktioniert das System Berlusconi, so funktioniert die CDU in der Provinz wie in der Brandenburger Kiefernwälder-Pampa. Ein Sozialanthropologe hätte die Gruppendynamik zwischen dem Publikum, vor allem CDU-Bürgermeister und andere Kommunalpolitiker, und den VIPs auf dem Podium interessiert beobachtet, aber die Angelegenheit unter der Überschrift „kollektive Amnesie im gegenseitigen Einverständnis“ abgeheftet.“ [mehr…]

Ein Link ist übrigens falsch gesetzt: Der im vorletzten Absatz auf „Einladung“ gehört zum Wort „Heimat„.

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