Unregelmäßiges Tumultuöses

luhmann

Ja, man mag mich des Vernachlässigens des Publikums zeihen (was ist das für ein Deutsch? Der Säzzer), aber ich bin entschuldigt, weil ich sehr viel zu tun hatte und wenig Schlaf fand. Stundenlange Videokonferenzen mit Anwälten (merci, Minuskel!), unzählige Telefonate (ja, die gibt es noch!) und ebensoviele E-Mails. Fazit: Ein vorläufiger Sieg der Guten, fußend auf einer Taktik, die sich irgendwo zwischen der Schlacht bei Leuktra und der bei Roßbach ansiedeln lässt – schief, aber gegen überlegende Kräfte effektiv. Oder: Ein Scheinangriff auf der eigenen schwächeren Seite verwirrt den Gegner, dann kommt die Attacke ganz unvermutet woanders, immer eingedenk des abgewandelten Zitats eines britischen Kollegen: Der Traum jedes britischen Journalisten besteht darin, einen nichtsnutzigen Verbandsfunktionär um sein „Ehrenamt“ zu bringen. Der Traum deutscher Journalisten besteht darin, sein Pressesprecher zu werden.

schlaf

Vielleicht habe ich aber auch nur zu viel von Mao gelesen: „Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt. Es ist die gleiche Regel wie beim Bodenkehren – wo der Besen nicht hinkommt, wird der Staub nicht von selbst verschwinden.“ Demnächst mehr in diesem Theater. #vereinsmeierei

Ich lernte beim Studium juristischer Texte auch etwas Neues (immer auch das Kleingedruckte lesen!) Eine Vereinssatzung sagt zum Beispiel: Die Mitglieder haben das Recht – auf Auskunft durch den Vorstand. Unter Berücksichtigung des Datenschutzes ist ihnen Einsichtnahme in die schriftlichen Protokolle der Gremien zu gewähren. Eine Weitergabe der Informationen an Nichtmitglieder ist nicht gestattet. Dieses Recht ist nur entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu Datenschutz und Informationsfreiheit eingeschränkt.

Gesetz den Fall, ein Vereinsvorstand mauerte, mauschelte und verschanzte sich hinter dem „Datenschutz“ und schwärzte Dokumente, die man als Mitglied gern einsähe – was kann man tun? Da gibt es hübsche Urteile allerhöchster Gerichte: Mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kann nicht verhindert werden, dass personenbezogene Daten (z.B. Namen, Anschriften) von Mitgesellschaftern oder Vereinsmitgliedern an einen Gesellschafter oder Vereinsmitglied herausgegeben werden müssen. Oder anders gesprochen: Wer ein berechtigtes Interesse an den Daten geltend macht, muss diese auch von der Gesellschaft oder dem Verein/Verband erhalten. Yalla!

wine drinking woman

Schwanken Schwenken wir um zu Lifestyle-Themen. Oder auch: Wein saufen gegen Corona: „Consumption of red wine above or double above the guidelines played protective effects against the COVID-19.“ Ein Wermutstropfen (!): Gilt nur für Wein, nicht für Whisky.

Dann haben wir noch etwas über Drittanbieter-Cookies. Die üblichen Verdächtigen („Online-Publisher“ – gut, Weltnetz-Veröffentlicher hört sich shitty an) heulen auf, weil Google die schon im Browser blockieren will. Zwischenfrage: Welche Dödel erlauben denn warum „Drittanbieter-Cookies“? Am besten noch, wenn man mit Tor unterwegs ist? In welcher Welt lebt ihr denn? Vielleicht in der Welt der Qualitätsmedien, die zum Thema gequirlten Quatsch publizieren? „Google will Nutzern nicht mehr durchs Netz folgen.“ Was haben wir gelacht.

bugatti Chiron on Autobahn

Da wir bei Dödeln und Folgen sind: Auf bestimmten Strecken der deutschen Autobahnen gibt es gar kein Tempolimit. Das ist gut für Milliardäre, die gerne 417 Stundenkilometer schnell fahren. Vermutlich haben die Radarfallen sowieso laut „tilt“ gerufen. Die Polizei ermittelt. Ich würde gleich den Paragrafen 315b StGB heranziehen und die Kiste beschlagnahmen und versehentlich verschrotten.

Übrigens wollen die Nachgeborenen nicht mehr Lehrer werden. Warum, ist kaum zu fassen: Nur jeder Achte habe Spaß, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und nur ein Viertel fühle sich fit für das digitale Arbeiten. Den Interessenten fehlen demnach auch noch andere Fähigkeiten, die für den Lehrerberuf benötigt werden: Nur zehn bis 13 Prozent der Befragten zählen demnach hohes Selbstvertrauen, Resilienz gegenüber Rückschlägen oder die Fähigkeit, vor Gruppen zu reden, zu ihren besonderen Stärken.

WTF? Alle wollen nur noch Influencen und Sozialmedien. Vielleicht hilft ja noch mehr Saufen? Oder das pädagogische Angebot in den Schulen zu diversifizieren? Dazu hätte ich spontan ein paar Ideen.

lehrerin

Im Schützengraben

medien

Von der Taz bis zum Spiegel – die deutschen Qualitätsmedien liegen schon im Schützengraben und schreiben im Schießschartenmodus. Wenn man Journalismus ernst nähme, müsste es doch mindestens heißen „Wie weit geht die NATO?“ Oder: „Wie weit gehen die NATO und Putin?“

Dramatische Verrottung

Da ist aber jemand mächtig sauer. Wolf Reiser tritt aus dem DJV aus und haut auf Rubikon (na ja, ein „Internetportal mit Verschwörungstheoretiker-Groove“) noch mal auf den Putz:

Ganz im Sinne der Überall‘schen Transformation des Journalismus in keimfreien PR-Service werden jenseits der alternativen Szene am Fließband Gefälligkeitsartikel, Junkskripte, Haltungskitsch, NGO-Content und Wir-schaffen-das-Lobbypopulismus zur neuen Normalität umdekoriert.

Wie meinte unlängst der Ringier-Chef Marc Walder:
„Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen.“

In der Nacht vom 22. auf den 23. Dezember 21 löschte YouTube den gesamten Kanal von Henryk M. Broders „Achse des Guten„. Ob man widerspenstige Kollegen wie unter vielen anderen Mathias Bröckers, Boris Reitschuster, Paul Schreyer, Roland Tichy, Ramin Peymani, Michael Klonovsky, Peter Hahne, Volker Herres oder eben Broder und seine Mischpoke schätzt oder nicht, tut überhaupt nichts zur Sache.

Bei einem derart massiven Eingriff in die Pressefreiheit hätte sich der einstige DJV bedingungslos für sein Mitglied verwendet, dessen Gefährdung mit allen Klauen eliminiert und sämtlich verfügbare juristische Geschütze aufgefahren. An Tagen wie diesen meldet sich Mika Beuster zu Wort, der zum einen als Reporterchef des Usinger Anzeigers bekannt ist und darüber hinaus dem Bundesvorstand des DJV angehört. Gegenüber dem MDR bezog er — natürlich im Namen aller unser — Stellung:

„Wir — WIR — stehen für kritischen Journalismus, und wir — WIR — sind das Bollwerk gegen Angriffe auf den kritischen Journalismus. Aber es ist wirklich fraglich, ob es sich hier um kritischen Journalismus handelt. Die Pressefreiheit ist hier nicht in Gefahr.“

Harmful Social Consequences

Spermaschmuggler
Spermaschmuggler in der Karibik (Symbolbild)

Zuerst wollte ich etwas über Spermaschmuggler schreiben, aber das funktionierte nicht, weil ich weinend auf meinem Schemel saß: Fast vierzig Personen hatten mich auf Fratzenbuch „entfreundet“. Ich hatte gepostet: „Annalena Baerbock wird vermutlich die schlechteste Außenministerin seit Joachim von Ribbentrop werden.“

„Entfreunden“ – das schmerzt unsäglich. Als ich mich wieder beruhigt hatte, las ich Henryk M. Broder (Paywall), dass das Amt an sich völlig überflüssig sei und ohnehin der Kanzler die Außenpolitik bestimme. Als Außenminister ist Baerbock eine Art Briefbote. Sie kann nicht viel Unheil anrichten. Stimmt: Diplomatische Verstimmungen könnte man auch faxen.

Der Guardian berichtet über regierungsamtliches „Entfreunden“ in SüdKorea: The government invests heavily to remove human contact from many aspects of life but fears of harmful social consequences persist. Mir wäre es auch lieber, wenn eine freundliche Roboterin den Kaffee brächte, falls dieser gut schmeckte, oder wenn diese silikonisch aussähe.

Indien hat COVID-19 fast besiegt: Studien zeigen, dass die Mehrheit der 1,4 Milliarden Menschen im Land bereits Antikörper gegen das Coronavirus entwickelt hat. Der Virologe Jacob John, emeritierter Professor am Christian Medical College im südindischen Vellore, ist überzeugt, dass Indien als erstes Land der Welt die Pandemie besiegt hat und in die „endemische Phase“ übergegangen ist. „Dieser Zustand ist erreicht, wenn sich die Neuinfektionen auf einem niedrigen Niveau stabilisieren“, sagt John. Und genau an diesem Punkt befindet sich Indien jetzt.

Die Gründe kann man sich denken: Demografie, vorhandene Infrastruktur, was Impfen angeht, eigener Impfstoff, der nicht unzählige bürokratische Hürden überspringen musste, um eingesetzt zu werden.

[Einschub: Ich habe es aufgegeben, die deutschen Qualitätsmedien zu mahnen, dass man Links ins Internet setzen könne. Es ist zwecklos, und ich bin nicht Don Quichotte. Dann geht doch sterben.]

By the way; Sieben junge Deutsche infizieren sich in Südafrika trotz Dritt-Impfung. Vierte Corona-Impfung rückt näher. Und: Es wird nicht besser werden, weil die Misere des Gesundheitswesens endemisch ist.

Der Traum deutscher Journalisten

Der frühere Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner soll einer der beiden stellvertretenden Regierungssprecher werden.

„Die Berliner Republik kanalisiert ihre Informationen über Hintergrundgespräche und Stammtische, über informelle Netzwerke, über Vereinbarungen zwischen einzelnen Politikern und einzelnen Verlagsgruppen. Der Traum vieler deutscher Journalisten scheint immer noch darin zu bestehen, eines Tages selbst Politiker, Pressesprecher oder Redenschreiber zu werden. Der Traum jedes britischen Journalisten besteht darin, einen nichtsnutzigen Politiker um seinen Job zu bringen.“ (Roger Boyes, The Times, London)

Die Lage am Freitag

geschwurbel

– Das pseudojournalistische Geschwurbel des Tages kommt vom Tagesspiegel: „Geschlechtergerechte Kriterien sichern Frieden und Nachhaltigkeit.“ Hieß das nicht früher „Krieg ist Frieden“?

– Der designierte Kanzler sagt (via Fefe): „Jetzt geht es um eine klare entschiedene Politik, die dafür sorgt, dass wir tagtäglich die Lage beobachten….“ Mein Vorschlag: „Jetzt geht es um eine klare entschiedene Politik, die dafür sorgt, dass wir tagtäglich burks.de beobachten.“ Kommt ungefähr auf das Gleiche hinaus.

– Wer das alles nicht mehr hören und lesen will – wie ich: Klassenkampf in Indien – auch ein schönes Thema, aber weniger für deutsche Qualitätsmedien. Klassenkampf ist nachhaltig!

– Ein grüner „Experte“ möchte Olympia in China boykottieren. Schon klar: Der Bütikofer ist Mitglied im Deutsch-Chinesische Dialogforum. Boykott ist Dialog!

Qualitätsmedien, revisited

poschardt

Motto: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? (via Fefe)

Das buntscheckige Volk der Panzaleo-sprechenden Rothäute

quechua-Ethnie

Immer und immer wieder nehme ich mir vor, bein sonntäglichen Frühstück keine deutschen Medien zu konsumieren. Und immer, wenn ich rückfällig werden, bestätigt sich mein VorUrteil: Entweder verfassen die Praktikanten Quatsch, oder die Redakteure sind genau so blöd wie jene. Und ich muss mich dann ärgern und blogge über meinen Ärger statt über etwas Interessantes.

Wenn jemand hierzulande etwas Völkischen daherfaselt, wird es um so schlimmer. Zudem zwingt die Mischung aus political correctness, Opportunismus und Feigheit oft zu sprachlichen Volten, die nicht nur im wörtlichen Sinn unaussprechlich, sondern auch unverständlich sind (wie das Wort „Volte“).

Im aktuellen „Spiegel“ (S. 80) haben wir hier eine „Quetschua-Ethnie“. Nun ist Quechua eine Sprache und sonst nichts. Ethnie heißt im Deutschen „Volk“, es sei denn, man plante eine ethnologische Diskussion vom Feinsten, die so ausufert, dass man die letzten 6000 Jahre Weltgeschichte betrachten muss. „Volk“ hat im Deutschen aus Gründen einen Beigeschmack, so dass oft lieber englische Wörter benutzt werden. Redakteure und Praktikanten erheben sich selten bei etwas, was sie nicht wirklich interessiert, über das Wikipedia-Niveau, das sie hier recht haben lässt – auch dort sind die, die Quechua sprechen, eine „Ethnie“.

pielroja

Im Detail wird das natürlich extrem lustig und lächerlich, weil es mittlerweile bei den Mittelklassen der lateinamerikanischen Staaten Mode geworden ist, Quechua und auch Aymara zu sprechen (was zu einer Renaissance der eingeborenen „indigenen“ Musik geführt hat). Man kann das irgendwie vergleichen mit Kanak Attak: Wer rassistisch diskrimiert wurde, dreht den Spieß verbal um.

In Wahrheit geht es immer nur um die Klassenfrage. (Über den „Indianerismus“ in Ecuador hatte ich schon geschrieben.) Jemand wird nicht abschätzend beurteilt, weil er oder sie Quechua spricht, sondern weil das vorwiegend die Bauern und Armen tun, von denen die Mittelklassen sich abgrenzen wollen. Das ist bekanntlich auch die primäre Idee der klassistischen Gendersprache.

Das galt auch für die „Tracht“, die keine ist, sondern der Landbevölkerung von den Spaniern aufgezwungen wurde oder – wie die Cholita auf dem obigen Bild – eine buntscheckige Mischung aus allen möglichen Moden Europas und Lateinamerikas. In Bolivien ist die Chola ein Zeichen für „Tradition“, auch bei Mestizen.

Ich habe das selbst in Bolivien erlebt. Der Fahrer des LKW, mit dem wir unterwegs warn, selbst Aymara-Indio, machte sich über die Dorfbewohner lustig und nannte sie „pielroja“ („Rothäute“), wieder ein Beweis, dass „indianisch“ oder die Sprache nichts mit der Haut oder der Abstammung oder gar einem „Volk“ zu tun haebn, sondern eine Lebensweise im Verhältnis zum Mainstream meint.

quito taxistas catedral

Das Foto habe ich 1979 in Quito, Ecuador, gemacht. Ich kann leider die Perspektive nicht wiederfinden, aber das im Hintergrund sollte die Kathedrale sein.

Resistance is futile

gendern

Man muss sich wehren. Irgendjemand muss damit anfangen. Aber solange es nicht ums Geld geht, bleibt die Sache Feuilleton, ist also irrelevant. Ich habe jetzt den Newsletter Netzwerk Recherche abbestellt, den ich, seitdem es ihn gab, abonniert hatte, weil ich nicht mit Genderdoppelpunkten inmitten unschuldiger Wörter belästigt werden will. Denen ist es egal, warum man das nicht mehr lesen will, und sie haben auch die Abonnenten nicht gefragt.

Zum Thema auch: Welt online: „Autorin klagt gegen Gendern ihres Textes“. Der Verein Deutsche Sprache (VDS) unterstützt die Klage. Man muss den Verein nicht mögen, aber es gibt keine organisatorische Alternative, gegen den identitären Unsinn vorzugehen.

Rundfunk bringt Freude

rundfunk

Unter Disgustlern

disgust

Manche Themen sind einfach so schmierig, das sich mich damit nicht befassen möchte. Man nicht über Davidsterne reden, die vielleicht gar nicht getragen wurden, aber dennoch ein großes Getöse bei den üblichen Verdächtigen verursachen, die weder den korrekten Genitiv noch die Maxime, man möge auch die andere Seite hören, beherrschen und beherzigen.

Sex am Arbeitsplatz finde ich nicht eklig, aber das hat immer so ein Geschmäckle, vor allem, wenn die Hierarchie nicht stimmt. Man könnte auch hier als Advocatus diaboli meinen, entweder hätten die Damen die Beine breit gemacht – oder welcher sexuellen Praxis man heutzutage frönen mag – in gegenseitigem Einvernehmen oder, wenn nicht, dann sei es schlicht eine strafbare Vergewaltigung, die aber bisher nicht in Form eine Anzeige vorgekommen ist. Was macht Frau nicht alles, um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren? Wirklich? Das soll ich glauben?

Ich kann mir dieses eklige Milieu mit den Macho-Sprüchen und dem dazu passenden pseudo-leutseligem Gehabe sehr gut vorstellen, vor allem nach sechs Jahren Arbeit in einem Krankenhaus, wo die Chefs noch cheffiger tun als anderswo. Aber weniger, dass das unwidersprochen hingenommen wird, auch wenn es keine Zeugen gibt. Einfach in die Eier treten oder beißen geht nicht? Oder in das Glied?

Es mussten, wie mittlerweile überall bekannt, erst die ausländischen Medien einen Stein ins Wasser werfen, der dann ins Rollen kam.
Ich weiß auch nicht, vom wem oder was ich mich mehr angewidert abwenden soll: Von dem Verleger, der nach Gutsherrenart verhindert, dass etwas in seine Medien kommt oder von der Journaille, die darob entrüstet aufheult, als sei das nicht das normale Verhalten eines Kapitalisten, der „unabhängige“ Zeitungen besitzt und natürlich den Leuten ab und zu zeigen darf, wo Gott und die Bilanzen wohnen. Schön, dass wir darüber geredet haben.

Immobilienmief und Gendermief

unna

Soeben aus der kleinstädtischen Pampa zurückgekehrt, wirkt eben dieselbe dergestalt, dass der Medienblasenhype um dieses oder jenes wirkungslos an mir vorüberzieht, derweilen ich gewohnt eklektizistisch hier und dort die vermeintlichen Neuigkeiten konsumiere.

– Spannend ist natürlich der chinesische Immobilienmarkt, dessen Rumpeln und Pumpeln uns naturgemäß zu der Frage leitet, ob der Staatskapitalismus besser mit dem tendenziellen Fall der Profitrate klarkäme oder ob niemand weiß, ob auch dort die Blasen platzen.

– Die Berliner Initiative, bestimmte Wohnungskonzerne zu enteignen, was bekanntlich löblich und nützlich und im Sinne des Grundgesetzes und auch des höheren Ganzen ist, gerät immer mehr ins Sektenmilieu. Zitate aus dem Tagesspiegel dazu (Paywall):
Ein Mitstreiter beklagt in einer internen E-Mail, die dem Tagesspiegel vorliegt, „dass die Kampagne ein Problem mit einer autoritär agierenden Polit-Sekte hat“, deren Anhänger nicht zu geplanten Gesprächen mit dem Senat gehen sollten: Zementiere die IL ihren Einfluss in „Deutsche Wohnen & Co. enteignen„, schreibt der Aktivist, würde dies „nicht nur die demokratische Kultur nach innen weiter beschädigen, sondern auch die Kampagne nach außen delegitimieren“. (…)

Die erwähnte Ex-Aktivistin, die sich selbst als Marxistin bezeichnet, sagte dem Tagesspiegel: Die IL sei keine linksradikale, schon gar keine sozialistische Organisation. Sie rekrutiere sich aus Wohngemeinschaften in der Innenstadt und werde von „Genderfanatikern und Völkerkundlern“ dominiert. Auch die Debatten in der Kampagne drehten sich oft um sexuelle Orientierung und Hautfarbe, weniger um Mieten und Lohnarbeit. (…)

Die IL-Vertreter versuchten „Sprachgebote“ durchzusetzen, schreibt der eingangs erwähnte Aktivist. Weil er vorgeschlagen habe, in Gesprächen mit potenziellen Unterstützern der Kampagne „etwas softer zu gendern“, also alltagstauglicher zu sprechen, sei er isoliert worden.

Dazu muss man nichts mehr sagen. Wenn es nicht gelingt, das pseudolinke identitäre kleinbürgerliche Pack zu isolieren, ist die ganze Sache dem Untergang geweiht. Schade. Merke: Wo gegendert wird, ist die esoterische Politsektiererei nicht weit.

– Was ist, wenn die Franzosen sich per Abstimmung dafür aussprächen, die Immigration zu zügeln bzw. andere Regeln zu erlassen als die Deutschen (falls man hierzulande von Regeln reden kann)?

Telepolis schreibt über die eigene Zukunft, den „Zwang zur Konformität“ und die Regeln, wer schreiben darf und wer nicht. Lesenswert.

– Zum Erholen vom Mief hier unten gibt es dort auch noch einen Ausblick auf das ambitionierte chinesische Raumfahrtprogramm.

unna

Geheimrezepte oder: Carpe Diem

massener heide

Gestern bin ich rund 50 Kilometer geebiket – nicht immer auf Asphalt – und fiel nach dem abendlichen Mahle (Foto unten) schlicht ins Bett, ohne – schändlich! – gebloggt zu haben. Lob und Preis dem Küchenchef meines Hotels, dem ich persönlich meine Komplimente wegen der Bratkartoffeln, die ich bisher zwei Mal genoss, mit jeweils unterschiedlichem Arrangement, überbrachte, hoffend, er werde mir sein Geheimrezept verraten, das es aber gar nicht gab. Vermutlich nur die Erfahrung, die man um so mehr zu schätzen weiß, als man mit fortgeschrittenem Alter merkt, wie wichtig sie sein kann – und wichtiger als bloßes Faktenwissen.

bahnhof unna

In diesem kleinstädtischen Ambiente kann man natürlich anthropologische Studien betreiben, die das Chillen an sich trefflich ergänzen. Das Andere beschreiben zu können, schärft den Blick für sich selbst – ein Geheimrezept des Reisens seit Alexander von Humboldt. Ein alleinstehender Mann im Restaurant ist hier nicht vorgesehen, nur zur Nahrungsaufnahme, weil Monteur oder sonstwie dienstlich unterwegs. Noch seltener alleinstehende Frauen. Man ist und isst immer in Gesellschaft. Vermutlich fände man bei Elias Canetti mehr dazu.

restaurant camillorestaurant camillo

Das kleinkarierte Männerhemd ist hier noch nicht ausgestorben. Ohnehin macht man sich nicht fein, wenn man ausgeht, sondern wechselt noch nicht mal die Funktionskleidung. Schaut man aber genauer hin, fallen die Kontoren der sozialen Grenzen durchaus auf: Alles muss „ordentlich“ sein, keine subkulturellen Accessoires, kein Aufdonnern à la reiche Russen, keine tyrannischen Kinder mit hijabistischen Eltern, keine muslimistischen Barttrachten. Aller sind hellhäutig, obwohl Quotenneger*Innen selbtredend toleriert würden. Die Hautfarbe spielt hier und jetzt keine Rolle, weil man sich Toleranz leisten kann. (Ich möchte aber nicht wissen, was die allein reisenden Herren anstellen würden, säße eine attraktive Afrodeutsche irgendwo solo herum. Der Firnis der Ziviliation ist – wie überall – sehr dünn.)

Man weiß, was man hat und wer man ist und ruht in sich. Der Pöbel, den es natürlich auch hier gibt, kann sich die Preise des Restaurants ohnehin nicht leisten. Der jugendliche Abschaum lungert am nächtlichen Bahnhof herum und lässt sich sogar durch Stimmen, die im Notaufnahme-Modus aus dem vierten Stock des Hotels – Ruhe anmahnend – erschallen, einschüchtern, was in Berlin undenkbar wäre.

altstadt unna

Ganz nebenbei: Nach der Revolution würde Don Alphonso im obigen Haus zwangseinquartiert, zusammen mit Anabel Schunke, und beide müssten eine Weile von dort aus zusammen bloggen, nur aus ethnologischem Interesse, was dabei herauskäme. Nach ein paar Monaten würden sie wieder entlassen und dürften publizistisch an der Konterrevolution basteln.

currywurst

Die Weltläufte verfolge ich am Rande. Gut, dass ich nichts mit dem Jugendamt Neukölln zu tun haben, oder, wenn doch, würde ich meinen Füller herauskramen und schönster Schreibschrift auf Pergament formulieren. Manchmal ergötze ich mich auch am kalten Medienkrieg und noch mehr an Vertretern der Journaille, die mit Schaum vor dem Mund reagieren, wenn man sich nur über die Heuchelei der Mainstrem-Medien bürgerlichen Presse lustig macht.

Siehe die taz, die Zensur natürlich nicht verwerflich findet: „War die Löschung der Kanäle deshalb falsch? Natürlich nicht.“ Der Autor ist auch noch Vorsitzender (m)einer Journalisten-Gewerkschaft. Man fremdschämt sich in Grund und Boden. Man kann von russischen Propaganda-Sendern halten, was man will, aber wer einmal den Wirtschaftsteil deutscher Medien studiert hat, weiß, was Kapitalismus-affine Propaganda ist.

Dann haben wir noch die schrecklichen alten „weißen“ Männer. „Was wir aktuell erleben, ist die Dehnung des Rassismusbegriffs ins Unendliche.Alles wird über die Rasse definiert: Religionen, Kulturen, sexuelle Vorlieben, Ernährungspräferenzen“, sagt Pascal Bruckner. Das müsste man von den Parteifunktionären der „Linken“ diskutieren lassen, aber die Linksidentitären hüllen sich dann auch noch in trotziges Schweigen, wenn sie schon auf dem Müllhaufen der Geschichte verrotten.

altstadt unna

A propos Kleinbürgertum: Hier ist es nett, aber wehe, wenn man sich das, was das Nette ausmacht, nicht mehr leisten kann – wenn man am Tropf staatlicher Unterstützung hängt oder mit einer Minimalrente auskommen muss. Ich weiß nicht, wie lange einen die gutsituierte ehemalige peer group mit dem Façon- oder wohlondulierten Haarschnitt dann noch mit durchziehen würde. Sogar die Currywurst würde dann unbezahlbar.

camillo-Pfanne

Melden, durchführen, verbieten, reloaded

Steffen Grimberg, der Vorsitzende des DJV Berlin/JVBB, spricht sich im aktuellen Newsletter offen für Zensur seitens privater Unternehmen aus:
Facebook hat am Donnerstag rund 150 Gruppen und deren Accounts gelöscht, die den so genannten „Querdenkern“ zugeordnet werden. (…) Das haben sie ja früh bemerkt. Aber besser spät als überhaupt nicht. „Coordinated Social Harm“ (auf deutsch etwa „koordinierte Beschädigung der Gesellschaft“) heißt das im Facebook-Sprech. (…) Lassen wir uns nichts vormachen: Hier musste jemand zum Jagen getragen werden!“

Natürlich sind die Qualitätsmedien mit überwältigender Mehrheit ebenfalls für Zensur. Die Taz fordert sogar noch mehr Löschorgien: „So lobenswert der Schritt ist, so sehr kann er nur ein Anfang sein.“

Es sind nur wenige kritische Stimmen zu hören:
Der Spitzenkandidat der Linken in Baden-Württemberg für die Bundestagswahl, Bernd Riexinger, fordert, dass der Staat Entscheidungen über das Löschen von Inhalten auf Social Media treffen müsse. „Ich bin auch dagegen, dass Fakenews, Lügen oder Hetze auf den Social-Media-Kanälen verbreitet werden können, bin aber nicht dafür, dass die Plattform-Unternehmen das selber entscheiden können, das ist eine staatliche Aufgabe,“ so Riexinger.

In vergleichbaren Fällen hatte das Löschen von Accounts und Inhalten vor Gericht keinen Bestand.

Deutlich vorn geschrumpft

qualitätsmedien

Diejenigen, die im ersten Wahlgang nicht für den alten und neuen CDU-Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt gestimmt hatten, werden in den Qualitätsmedien als „Abweichler“ tituliert. Das lässt ja tief blicken. Von welcher Linie wichen die denn ab? Nur mal so zwischendurch: Abgeordnete unterliegen in Deutschland keinem Fraktionszwang, sondern sind gemäß Art. 38 Grundgesetz „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“.

Was haben wir noch – neben den Nebentätigkeiten der geldgeilen Parlamentarier? (Was für ein Wort: „Nebentätigkeit“! Da müsste ich mal drüber nachdenken.)

Aus der Rubrik „nützliches Wissen“: Masturbation ist bei Männern eine gute Vorsorge gegen Prostatakrebs. According to science: „Über die genaue Ursache der schützenden Wirkung von Selbstbefriedigung können Giles und seine Kollegen jedoch nur Vermutungen anstellen. So wäre möglich, dass mit dem Ejakulat auch krebserregende Verbindungen den Körper verlassen.“ Ouch. Das spräche wieder gegen Fellatio aka Blowjob.

Dann haben wir noch die Scripted Reality der Anstalten. Dazu wollte ich eigentlich Brüste posten, weil „Aktivistinnen“ bei solchen Anlässen gern dieselben herzeigen. Aber nicht Lifestyle-Linke in Deutschland. Leider.

fellatio

Canosserinnen

Tina Hassel
Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios (Mitte), und andere Insassen öffentlich-rechtlicher Anstalten, vor der Burg von Canossa vor den sozialen Medien.

Journalisten, die sich für Fragen entschuldigen, sind entweder unentschuldbar dämlich, weil sie vor dem Fragen nicht nachdenken, haben somit den Beruf verfehlt, oder sind ekelhafte Feiglinge und Opportunisten und haben somit den Beruf verfehlt.

Geschichte ist zu voll, und was sonst so geschah

regal

Ich musste fünf Tage arbeiten und gleichzeitig auch noch an meinen Regalen werkeln. Jetzt sind Nummer vier und fünf endlich aufgerichtet (Geschichte, Ökonomie, „Rechtsextremismus“), aber trotz zwei Regalmetern mehr ist immer noch nicht Platz genug. Also morgen weiter… (Und den Fußboden muss ich auch noch weiterstreichen.)

Was sonst noch geschah: – Am 06. August 1945 warfen die US-Amerikaner Atombomben auf Hiroshima, drei Tage später auf Nagasaki. Bis heute sterben damalige Einwohner an Krebserkrankungen als Langzeitfolge der Strahlung. Aber das interessiert die Kriegstreiber von heute bekanntlich nicht.

– Ja, ab und zu darf man auch Krawallmedien zitieren: „So tendenziös berichten ARD und ZDF“. (Man hört irgendwie zugleich Glas klirren.)
Als eine Umfrage des ZDF-Politbarometers ergab, dass 71 Prozent der Menschen GEGEN Gendersternchen und Sprechpausen in den Nachrichtensendungen sind, versteckte der Sender das Ergebnis in einer Bildergalerie zur Umfrage, ohne es im Text zu erwähnen.
Aber Kritik interessiert die deutschen Medien bekanntlich nicht.

– Die Berliner Zeitung über die Unruhen in Frankreich: „Die Linke wird nicht mehr ernstgenommen“, sagt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Sozusagen eine Vorschau auf das, was auch in Deutschland genau so kommen wird, vielleicht schon bei der nächsten Wahl. Aber das interessiert die „Linke“ bekanntlich nicht.

– Afghanistan verstehen heisst die Biografie von Abdul Raschid Dostum lesen und verstehen. Der ist gerade dorthin zurückgekehrt. Der ist vermutlich der einzige Warlord, der etwas gegen die Taliban ausrichten kann. Aber das interessiert bekanntlich die Russen die US-Amerikaner und ihre Verbündeten nicht.

– Es gibt in Deutschland 200 Lehrstühle für „Genderforschung“ (!), aber nur 17 für Wasserbau und Hydrologie. Aber das interessiert bekanntlich niemanden.

– Kanadische Forscher wollen Völkerball verbieten. Völkerball sei „unterdrückend“ und „entmenschlichend“. Vielleicht sollte man stattdessen 99 Luftballons zum Werfen nehmen: Aber die geistige Gesundheit von „Forschern“ dieser Art interessiert bekanntlich niemanden.

„Ich mache 49 Jahre Politik und habe mir im angeblichen Land der Dichter und Denker nicht vorstellen können, welches Ausmaß an Hetze es gibt.“ (Wolfgang Bosbach)
Ich hätte nie gedacht, dass ich Bosbach jemals bei irgend etwas zustimmen würde. Aber Kritik interessiert die CDU bekanntlich nicht.

Wo sind nur die Männer hin?

männer weg
Symbolfoto für #RepresentationMatters #Diversity

Was machen die PR-Leute der Grünen in Berlin-Mitte eigentlich beruflich?

Kollidierende Grundrechte

bgh facebook

Interessante Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook zur Löschung von Beiträgen und zur Sperrung von Nutzern sind unwirksam.

Wurde aufgrund der unwirksamen Geschäftsbedingungen der Beitrag eines Nutzers gelöscht und dessen Konto vorübergehend mit einer Teilsperrung belegt, hat der Nutzer einen Anspruch auf Freischaltung des gelöschten Beitrags und gegebenenfalls auch auf Unterlassung einer erneuten Kontosperrung und Löschung des Beitrags bei dessen erneuter Einstellung.

Hol die Spaghettifresser!

Dieselben Medien, die früher penetrant von „Ausländerfeindlichkeit“ faselten, wenn ein Afrodeutscher rassistisch angepöbelt wurde, sprechen heute inflationär von „Rassismus“, wenn es nur eine dumme Beleidigung ist. Das Wort „Kameltreiber“ ist beleidigend und bescheuert, aber keinesfalls „Rassismus“. „Froschfresser“ ist auch nicht „rassistisch“. #moster #olympia

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