Betriebswirtschaftliche Gesundheit

Wie es dem Gesundheitstsystem im Kapitalismus ergeht, beschreibt anschaulich der Mannheimer Morgen. Ceterum censeo: Alles verstaatlichen und wie in Kuba organisieren!




Enteignen!

Es gibt da einen fast vergessenen Artikel im Grundgesetz, an ich ich erinnern möchte. Im Artikel 14 steht:
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Eigentum soll dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Ach? Und das ist noch gültig?

In Venezuela ist es grad aktuell. America21.de berichtet:
Venezuelas Regierung hat die Entscheidung des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) im Streit mit dem US-amerikanischen Erdölkonzern Exxon als Erfolg bewertet. Das ICSID, das der Weltbankgruppe angehört, hatte den südamerikanischen Staat wegen der Nationalisierung von Exxon-Anlagen und Liegenschaften zu einer Entschädigungszahlung von 1,6 Milliarden US-Dollar verurteilt. Exxon hatte mit Verweis auf die entgangenen möglichen Gewinne aus der Erdölförderung in Venezuela Zahlungen in Höhe von zwölf Milliarden US-Dollar verlangt. Diese „überzogenen Ansprüche“ des US-Unternehmens seien nun gescheitert…“

Die FAZ hat noch ein knackiges Zitat:
„Herren Imperialisten, das Öl gehört dem Volk.“ (…) Venezuela hatte die Ölfelder 2007 unter der Präsidentschaft des 2013 verstorbenen Hugo Chávez verstaatlicht. Zuvor war eine Partnerschaft zwischen Exxon und dem Staatsbetrieb Petroleos de Venezuela SA (PDVSA) im rohstoffreichen Orinoco-Becken im Westen des Landes gescheitert. Der US-Ölkonzern sieht sich enteignet.“

Ach. Da kommen mir die Tränen.




Niemand ist illegal

Lateinamerika-Forum Berlin / Foro de las Américas Berlín e.V. – in Kooperation mit der Botschaft Ecuadors:

Seit der Verabschiedung der Verfassung von 2008 dürfen Geflüchtete in Ecuador weder als illegal bezeichnet noch so behandelt werden. Im Zentrum des Vortrags S.E. Herr Botschafter Jurado steht Ecuadors Konzept der menschlichen Mobilität in Theorie und Praxis, und damit die gegenwärtige Realität der Asyl- und Flüchtlingspolitik dieses südamerikanischen Landes. Inwiefern könnte dieses Konzept Vorbild für die europäische Migrations- und Integrationspolitik sein?

Ecuador hat eine lange Tradition der Solidarität. In den 70er Jahren z. B. nahm das Land Zehntausende chilenische, uruguayische und argentinische Staatsangehörige auf, die vor den Schergen der Militärdiktaturen flohen.

Auch heute noch ist Ecuador Zufluchtsland. Jeden Monat suchen im Schnitt um die Tausend Menschen Schutz, überwiegend aus Kolumbien kommend. Die Abteilung für Asyl und Flüchtlinge ist inzwischen die größte innerhalb des Außenministeriums, mit mobilen Beratungsstellen insbesondere in Grenznähe.

In Ecuador bestehen keine Einschränkungen der Freizügigkeit für Asylsuchende und Flüchtlinge. Sie sind nicht in Lager eingesperrt. Ihre Rechte und Pflichten sind nach der Verfassung anerkannt, gleichgestellt mit ecuadorianischen Staatsangehörigen. Sie haben kosten losen Zugang zu Gesundheit und Bildung.

Veranstaltung Donnerstag, 21. August 2014, 19 Uhr
Lateinamerika-Forum Berlin e.V.
Bismarckstr. 101, 5. Etage (Eingang Weimarer Str.)




Benjamin Constant am Solimões

tabatinga

Tabatinga Benjamin Constant (Brasilien) im Dreiländereck Kolumbien-Brasilien-Peru. In Leticia (Kolumbien) und Tabatinga war ich 1982 mehrere Tage und habe hier schon mehrfach darüber geschrieben, u.a.: „Am Solimões (18.01.2011) und „Am Amazonas“ (14.12.2004).




Why the Security of USB Is Fundamentally Broken

usb

Die Karte zeigt übrigens eine Reiseroute, die ich 1982 geplant hatte. Meine damalige Lebensabschnittsgefährtin wollte dann aber doch nicht durchs Darien Gap (awesome story!) marschieren. (Ja! Zu Fuß und per Boot und nicht per Jeep! Das geht!) Wir sind (leider) von Panama nach Kolumbien geflogen. Ich weiß nicht, ob ich da jemals noch hinkomme. Allein würde ich das nicht machen, aber eine Lebensabschnittsgefährtin müsste schon sehr tough sein.

Wired: „Why the Security of USB Is Fundamentally Broken“:
Computer users pass around USB sticks like silicon business cards. Although we know they often carry malware infections, we depend on antivirus scans and the occasional reformatting to keep our thumbdrives from becoming the carrier for the next digital epidemic. But the security problems with USB devices run deeper than you think: Their risk isn’t just in what they carry, it’s built into the core of how they work.

Das wäre ja noch schöner, wenn ich USD-Sticks fremder Leute an meine Rechner ließe. Autostart via USB – ohne meine jeweilige ausdrückliche Erlaubnis? Igitt. (Und natürlich ist unter Windows auch mein BIOS verrammelt und verriegelt.)

All manner of USB devices from keyboards and mice to smartphones have firmware that can be reprogrammed—in addition to USB memory sticks, Nohl and Lell say they’ve also tested their attack on an Android handset plugged into a PC.

Das Problem haben Karsten Nohl (Security Research Labs GmbH, Berlin, und Jakob Lell (Blog) aufgedeckt. Das Thema wird auch auf der Blackhat 2014 vorgestellt werden:

This talk introduces a new form of malware that operates from controller chips inside USB devices. USB sticks, as an example, can be reprogrammed to spoof various other device types in order to take control of a computer, exfiltrate data, or spy on the user. We demonstrate a full system compromise from USB and a self-replicating USB virus not detectable with current defenses.

Ich gehöre nicht zu den Leuten, die Artikel schreiben mit dem Tenor „das Ende ist nahe“. Panikmache ist fehl am Platz. Das mag daran liegen, dass ich nicht für Geheimdienste arbeite, wie mir von einigen Verschwörungstheoretikern vom CCC seit meher als einem Jahrzehnt immer wieder unterstellt wird (vermutlich arbeiten gerade die für Geheimdienste). Die meisten Artikel in deutschen Medien über das obige Thema hinterlassen Laien mit dem Gefühl zurück: Die sind schon drin in meinem Computer, und man kann eh nichts tun. Das halte ich für kontroproduktiv, defätistisch und erst recht im Sinne der Dienste.

Ich sehe gerade, dass Heise etwas zum Thema berichtet. (Hätte ich mir denken können, ich bin über Bruce Schneider zur Wired gekommen.)

Die Kommunikation zwischen PC und USB-Sticks setzt auf das altbewährte SCSI-Protokoll auf. Dabei implementieren die Controller-Chips der Sticks mehr oder weniger SCSI-konform zusätzliche Hersteller-spezifische Erweiterungen. Über die kann Software auf dem PC dann etwa die Firmware des Sticks auslesen und auch einen neue, etwas modifizierte Firmware schreiben. Sicherheitsfunktionen, die dies irgendwie absichern würden, gibt es in der Regel nicht. (…) Um dann wiederum weitere Sticks zu infizieren, benötigt der Schadcode zwar Systemrechte, doch die lassen sich in der Regel ohne allzu großen Aufwand beschaffen – insbesondere, wenn man bereits „an der Tastatur sitzt.

Also ich weiß nicht. Das ist ja alles logisch, aber funktioniert nur unter bestimmten Voraussetzungen. Wie will jemand zum Beispiel an mein System-Passwort kommen?

Der Heise-Artikel zeigt auch anschaulich, dass Antiviren-Software Schlangenöl ist. Quod erat demonstrandum.




Argentinien: Die Hedgefonds haben sich verzockt

Ich habe viele Jahre damit verbracht, den Journalismus und die intellektuelle Korruption, die von ihm ausgeht, mit ganzer Seelenkraft zu verabscheuen. (Karl Kraus)

Ich schrob am 08.08.2012 („Wertpapiere, oder: Banken im Kapitalismus, revisited“):

„Kurzes Intermezzo: Wie war das mit dem Staatsbankrott Argentiniens 2002?
Am Höhepunkt der Krise (Mitte 2002) stieg die Armutsrate auf 57 %, die Arbeitslosenrate erreichte 23 %. (…) Eine Privatisierungswelle Anfang der 90er Jahre, bei der viele Staatsbetriebe zum Teil unter Wert verkauft wurden, führte dazu, dass weite Teile der argentinischen Wirtschaft vom Ausland abhängig wurden. Dies machte das Land anfällig für Spekulation und Kapitalflucht, ein Phänomen, das Ende 2001 maßgeblich zur Bankenkrise beitrug.“

Übrigens: Griechenland wird zur Zeit dazugezwungen, alle Staatsbetriebe zum Teil weit unter Wert zu privatisieren. Kommt das irgendjemandem jetzt bekannt vor?

Im Jahr 2004 wurden den Vertretungen der Gläubiger mehrmals Vorschläge unterbreitet, die einen Kapitalschnitt von 75%, später 65% vorsahen. Sie stießen zunächst besonders bei den ausländischen Gläubigern, die mehr als 55% des Schuldenvolumens reklamieren, allgemein auf Ablehnung und trübten auch Argentiniens Verhältnis mit dem IWF. Durch mehrere diplomatische Missionen gelang es jedoch Argentinien, die meisten Gläubigergruppen zu überzeugen, Widerstand gab es bis zum Ende noch von den deutschen und vor allem von den italienischen Gläubigern.

Die Währung Argentiniens wurde nach dem Staatsbankrott gegenüber dem Dollar extrem abgewertet. Aber: „Das Wachstum in Argentinien blieb seit Mitte des Jahres 2003 stetig hoch. Dieses Wirtschaftswachstum kann vor allem durch die positiven Erfolge der Abwertung begründet werden.“

Abwertung = Wirtschaftswachsum. Alles klar soweit? Puls und Atmung noch normal?“

Es war nicht anders zu erwarten, wie die deutschen Mainstream-Medien titeln würden: „Argentinien zockt sich in den Staatsbankrott“ und „Das südamerikanische Land ist ein fiskalischer Serientäter“ (Welt online). Die Fakten werden zwar aufgezählt, aber suggestiv bewertet. Dazu bietet uns Welt online die umwerfende Erkenntnis an: „Pleiten erfolgen meistens in Wellen entlang historischer Ereignisse wie Kriege, Revolutionen oder globaler Wirtschaftskrisen.“ Ach.

America21.de eröffent mit der Schlagzeile: „Argentinien beugt sich Hedgefonds nicht“. Das ist korrekt. Im Artikel auf Welt online steht das weit unten:
Denn das Land hat durchaus noch genügend Geld, um die Gläubiger zu bedienen. Die Währungsreserven betragen knapp 30 Milliarden Dollar – genug, um die Pleite abzuwenden.
Die Regierung in Buenos Aires hatte sich geweigert, den Hedgefonds die von einem New Yorker Gericht zugesprochenen 1,33 Milliarden Dollar plus Zinsen auszuzahlen. Die Hedgefonds hatten die Anleihen mit einem kräftigen Preisnachlass erworben, einen Schuldenschnitt verweigert und dann auf volle Auszahlung geklagt. Der New Yorker Richter hatte geurteilt, dass ohne die Lösung dieses Konflikt [sic] auch die Besitzer der restlichen Anleihen nicht bedient werden dürfen.

Das nenne ich nicht „verzockt“, sondern vernünftig entschieden. Verzockt haben sich die Hedgefonds.




Cordillera Vilcanota

Ausangate

Das Foto habe ich 1984 gemacht; es zeigt ein Dorf östlich von Urcos in Peru. Der schneebedeckte Berg ist der Ausangate (6.384 m) am westlichen Rand der Cordillera Vilcanota.

Ich war mit einem LKW (illegaler Holztransport, rund 20 Personen auf der Ladefläche und ein paar Benzinkanister) unterwegs von Puerto Maldonado im Urwald von Peru nach Cusco, zwei Tage und eine Nacht, auf einer der damals gefährlichsten Straßen (Teil der Interoceanica Sur) der Welt. (Ja, das Fest Quyllur Rit’i – oder auch Qoyllur Rit’i – bei Ocongate steht auch noch auf meiner To-Do- bzw. To-Visit-Liste.)

In der Nacht hatten wir bei klirrender Kälte den Pass nördlich des Lago Sinkrinaqucha (4.377 m, spanisch: Singrenacocha) überquert. Ich weiß noch, dass der LKW gegen Mitternacht ein paar Stunden anhielt, weil der Fahrer sich nicht traute weiterzufahren, und dass ich austreten musste und fast alles anzog, was ich hatte, um nicht zu Eis zu erstarren: Zwei Pullover, Wollmütze, Wollhandschuhe. Noch vor Sonnenaufgang fuhren wir weiter und erreichten kurz darauf dieses Dorf, das ich nicht mehr identifizieren kann, zumal Google Maps dort fast nur Wolken zeigt.

Zum Glück ist diese Region für Touristen nur äußerst schwer zu erreichen und auch fast unbekannt, weil rund um Cusco so viel zu sehen ist, dass nur Leute mit sehr viel Zeit auf die Idee kommen, nach Osten zu reisen. Und umgekehrt- vom Dschungel nach Westen hoch in die Anden – kommt genausowenig vor und kann bei ungünstigen Bedingungen Wochen dauern.




Verbreitung wirtschaftlicher Kenntnisse für die Freiheit in Venezuela

Puerto Ayacucho

Das Foto habe ich 1998 in Puerto Ayacucho in Venezuela gemacht – auf dem Mercado Indígena. Dort hatte ich etwa gegessen.

America21.de über die „Opposition“ in Venezuela, die von den USA finanziert wird:
Welche Gruppen in Venezuela unterstützt werden, wird seit 2010 in den öffentlichen Jahresberichten der NED und des US-Außenministeriums nicht mehr ausgewiesen. Damals waren die hauptsächlichen Empfänger unter anderem das „Institut für Presse und Gesellschaft“ (IPYS) und die Gruppe „Führung und Vision“ (Liderazgo y Visión), die Beschäftigte des öffentlichen Sektors im Bundesstaat Carabobo agitierte. Bezuschusst wurden ebenso das „Zentrum zur Verbreitung wirtschaftlicher Kenntnisse für die Freiheit“ (CEDICE Libertad), ein neoliberal ausgerichteter Think Tank, sowie die Organisation „Súmate„, der die rechtsgerichtete Ex-Parlamentarierin María Corina Machado angehört.

„Führung und Vision“ ist vergleichbar mit der hiesigen Content-Mafia und setzt sich „für den Schutz des Privateigentums“ ein. CEDICE Libertad hält Venezuela für „kommunistisch„. Alejandro Plaz, der Gründer von Súmate, „is a Venezuelan engineer and management consultant, who holds three Master’s degrees (two from Stanford University), and was a Senior partner for McKinsey & Company in Latin America“.

Das waren noch Zeiten, als die USA direkt einmarschierten. Heute machen sie es anders. Die Terminologie ist ähnlich wie in der Ukraine, ein Bürgerkrieg oder ein Militärputsch sind aber noch nicht in Sicht. „Verbreitung wirtschaftlicher Kenntnisse für die Freiheit“ könnte auch mit „Volkswirtschaftslehre“ übersetzt werden oder mit „das Land für die westlichen Märkte öffnen“.




Uru Chipaya

chipaya

Eine Ansichtskarte aus Boliven (1984) von Chipaya. Die Dorfbewohner wollten nicht fotografiert werden; diesen Wunsch habe ich respektiert.

Der exotischste und auch abgelegenste Ort, den ich in meinem Leben jemals besucht habe, ist zweifellos Chipaya in der Salzwüste im Westen Bolivens. Nur in diesem kleinen Dorf wohnen die letzten Ureinwohner Boliviens, also diejenigen, die vor der Eroberung Boliviens durch die Inka die Wüste besiedelten. Über die Uro Chipaya findet man im Netz nur wenige Informationen, und das was es gibt, stammt oft von christlichen Missionaren, die bald den letzten Rest dieser ursprünglichen Sprache und Kultur ausgerottet haben werden, wie an so vielen Orten der Welt.

Die Urus am Titicaca-See werden den Touristen oft als „Ureinwohner“ verkauft Das ist aber mitnichten so; sie sind meistens Aymara. „Die ursprüngliche Sprache der Urus (Urukilla bzw. Uruquilla) war mit der Chipaya-Sprache eng verwandt bzw. wird mit dieser als Uru-Chipaya zusammengefasst. Die Urus selbst bezeichneten ihre Sprache bisweilen als ‚Pukina‘; dieses darf jedoch nicht mit dem historischen Puquina (Pukina) derselben Region verwechselt werden, das eine völlig andere Sprache war.“

chipaya

Chullpas und Getreidespeicher in der Salzwüste in der Nähe von Sabaya. Im Hintergrund kann man die schneebedeckte chilenische Kordillere erkennen.

The Uru Chipaya is one of the most ancient people of South America, originating from 1500-2000 B.C. In the 16th century, the Uru Chipaya represented a quarter of the Altiplano Andean population. Nowadays, their territory represents a mere 920 km2, and the Uru Chipaya population counts little more than 2 000 individuals. The Uru Chipaya live in the Bolivian Altiplano bordering the salt desert of Coipasa, chipayaat an altitude of 3640 m. Their territory is organized in 4 ayllus (or communities): Unión Barras, Aranzaya, Manazaya and Wistrullani. The traditional habitat consists of a group of circular houses built with mud and straw. One house serves as kitchen, another one as room, and so on and so forth.

Wie ich dort hingekommen bin – von der Bergarbeiterstadt Oruro in die Salzwüste in der Nähe der chilenischen Grenze -, habe ich hier schon am 08.04.2013 („In der Salzwüste: Un poco mas Atletismo“) beschrieben.

Von Escara aus waren es noch knapp 30 Kilometer Fußmarsch. Meine damalige Freundin und ich ließen das schwere Gepäck in Escara und nahmen nur einen leichten Rucksack mit Lebensmitteln für ein paar Tage und das Nötigste mit – wie einen Schlafsack, weil es trotz der brüllenden Hitze tagsüber in der Nacht schneidend kalt sein kann. Immerhin liegt die Salar de Coipasa 3500 Meter hoch. Es gibt weder Bäume noch Büsche.

Wir kamen vollig erschöpft am späten Nachmittag an; man hatte uns den „Weg“ beschrieben, aber die Beschreibung war nicht viel mehr als ein Fingerzeig in die richtige Himmelsrichtung. Wir waren doch froh, dass wir irgendwann am Horizont die Rundhütten sahen. Eine Frau in der Tracht der Chipaya verkaufte uns für einen Pfennigbetrag frisch im Backofen gebackenes Brot – ich denke, das war das leckerste Brot meines Lebens.

chipaya

Die traditionellen Rundhäuser der Poquina aka Uro Chipaya sind am besten für die extremen Temperaturunterschiede geeignet. Leider werden sie immer mehr, auch durch den schlechten Einfluss der Missionare, durch Wellblech ersetzt.

Da zwei Clans das Dorf regierten, gab es auch zwei „Bürgermeister“ (Alcalden), die unterschiedlicher Meinung waren, wie wir zu behandeln seien. Der eine begrüßte uns freundlich und wies und den einzigen Raum der winzigen Dorfschule als Schlafplatz. Der andere bedeutete uns mehr oder weniger höflich, das wir unerwünscht seien. Die Fotos habe ich daher auch nur heimlich gemacht.

chipaya

Der Friedhof von Chipaya ist auch via Google Maps noch gut zu erkennen. Am Fuße der Berge im Hintergrund liegt der winzige Ort Escara, vom dem aus wir losmarschiert waren.

Ich erinnere mich noch an die Nacht. Ich musste austreten, aber natürlich gab es in ganz Chipaya nichts, was auch nur annähern nach einer Toilette aussah, noch nicht einmal einen „Donnerbalken“. Man geht einfach an den Dorfrand und verrichtet sein Geschäft dort. Es war klirrend kalt und eine sternenklare Nacht, einige Hunde bellten halb im Schlaf. Sonst hörte man rein gar nichts. Das kann sich ein Mensch, der in der Stadt wohnt, nicht vorstellen. Es war unglaublich intensiv.

Wer einmal den südlichen Sternenhimmel gesehen hat, mit dem Kreuz des Südens, das man mit bloßem Auge wandern sieht, der wird das nie vergessen. Der große Wagen, den man hier gut sehen kann, verschwindet in Südamerika fast am Horizont. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie weit man von Europa weg ist.

Wir blieben einen Tag in Chipaya. Man sagte uns, am nächsten Tag käme ein Lastwagen, der wieder nach Norden führe, der würde uns mitnehmen – was auch geschah. Der Fahrer, selbst Aymara-Indio, machte sich über die Dorfbewohner lustig und nannte sie „pielroja“ („Rothäute“), wieder ein Beweis, dass „indianisch“ nichts mit der Haut oder der Abstammung zu tun hat, sondern eine Lebensweise im Verhältnis zum Mainstream meint.




Kolumbien: Frieden könnte möglich sein

Al Jazeera: „Colombian President Juan Manuel Santos has won a second term, beating right-wing challenger Oscar Ivan Zuluaga in a vote that will allow peace talks with FARC rebels to continue and seek an end to five decades of war.“

Endlich. Dazu america21.de: „Friedensgespräche mit ELN-Guerilla in Kolumbien“.




Manaus

manausmanausmanausmanausmanausmanausmanausmanausmanausmanausmanaus

Die Fotos von Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas, habe ich 1982 gemacht. Ich bin damals per Schiff von Kolumbien den Amazonas hinunter (vgl. „Am Solimões„, 18.01.2011) gereist und von per Bus dort nach Norden nach Guyana. Ich war auch schon 1980 in Manaus: Damals bin ich aber an der Grenze zu Guyana in einen Fluss gefallen, was den Film und die Bilder aus Manaus ruinierte.

1980 gab es nur wenige Hochhäuser in Manaus, und fast alle Autos waren Volkswagen. Die Brasilianer sind ähnlich dumm und gnadenlos wie US-Amerikaner, wenn es um ihre eigene Geschichte geht, und reißen architektonische Zeugnisse einfach ab, um Platz für das „Moderne“ zu schaffen. Ich glaube nicht, dass von der Kolonialarchitektur heute noch etwas übrig ist – außer von der weltberühmten Oper.

Das oberste Foto zeigt den Hafen, das dritte von oben eine alte Markthalle ebendort (also nicht den Mercado Municipal Manaus). In den Bars dort habe ich Stunden verbracht – bei Mittags 45 Grad im Schatten.




Dangriga, revisited

dangriga

Das Foto habe ich 1981 gemacht, es zeigt die Kreuzung des Hummingbird Highway mit dem Southern Highway, nicht weit von Dangriga, formerly know as Stann Creek, in Belize, Mittelamerika. Der Southern Highway führt nach Punta Gorda. Heute scheinen da Felder rund um die Kreuzung zu sein.

Das Foto lässt mich irgendwie schmunzeln. Wir haben da den halben Tag verbracht, um zu trampen, zusammen mit einigen anderen Leuten, die alle mindestens viersprachig waren: Englisch sowieso, Patois, Spanisch, Garifuna, und einige Frauen sprachen Maya. Plautdietsch verstehen in Belize ja auch viele, aber die trampen nicht, sondern haben alle eigene Pickups.

Das erste Auto hat uns mitgenommen, aber das kam erst nach fünf oder sechs Stunden oder so. Heute wird es wohl anders sein, vermutlich haben sie jetzt Busse.




Punta Gorda

Belize

Die „West Street“ von Punta Gorda, Belize. Das Foto habe ich 1981 aufgenommen. Damals sah der winzige Ort natürlich ganz anders aus: Keine einzige geteerte Straße, fast keine Fahrzeuge, nur Holzhäuser. Ich bin mit einem Schmuggler per Boot in der Nacht hinüber nach Guatemala. Darüber habe ich hier schon am 29.07.2012 geschrieben („Just a Beach in Guatemala“).




Wamanqa aka Mamitas

mamitas

Das Foto habe ich 1984 irgendwo in Bolivien gemacht. „Wamanqa“ ist Quechua aka runa simi und bedeutet eigentlich „Mütterchen“. Im südamerikanischen Spanisch ist das Diminutiv von „mamá“ (madre, Mutter) „mamitas“ (Plural).

Immerhin habe ich in der Überschrift mit drei Wörtern drei Sprachen untergebracht (wenn man das Akronymaka“ für ein „Wort“ nimmt).




Caranavi oder : Run through the Jungle, revisited

caranavi

Das Foto zeigt die bolivianische Kleinstadt Caranavi in den Yungas. Caranavi – damals rund 5000 Einwohner – ist das Tor zum Dschungel und war voller Siedler und Glücksritter. Von dort aus ging es per LKW zum Alto Beni. Im April 2012 hatte ich schon etwa hierzu gepostet („Run through the Jungle“). Das Foto habe ich im Mai 1984 gemacht.




Lieber Bürgerkrieg als Verhandlungen oder: Die größten Kritiker der Elche sind oft selber welche

BogotaBogota

Die Fotos sind 1982 in Bogota, Kolumbien auf genommen worden. Das untere Bild zeigt mich.

Kolumbien bleibt weiterhin das einzige Land Lateinamerikas, das mehrheitlich rechts wählt. amerika21.de:

Die Abstimmung zwischen den beiden Kandidaten kommt einem Referendum über den Fortgang der Friedensverhandlungen mit der FARC-Guerilla in Havanna gleich. Präsident Santos, der die Friedensgespräche mit der FARC im September 2012 initiierte, hat den Friedensprozess zu seinem persönlichen Projekt gemacht und die Wahlkampfkampagne fast ausschließlich darauf aufgebaut. Zuluaga folgt seinem größten Unterstützer, dem Ex-Präsidenten Álvaro Uribe, und fordert einen Abbruch der Gespräche. Er spricht sich für einen militärischen Sieg über die Guerilla aus.

Die USA wird es freuen. Bei Wikipedia findet man die interessanten Sätze:

Álvaro Uribe Vélez ist der erste von fünf Söhnen des Großgrundbesitzers Alberto Uribe Sierra und seiner Frau Laura Vélez. (…) Sein Vater wurde 1983 unter unerklärten Umständen ermordet. Laut Álvaro Uribes eigenen Angaben wurde sein Vater von der FARC-Guerilla ermordet, als er versuchte, einer drohenden Entführung zu entkommen. Ein Bericht von Mitarbeitern der U.S. Defense Intelligence Agency DIA von 1991 nennt jedoch seine Verbindungen zum Drogenhandel als Grund für seine Ermordung. Der Bericht über „die wichtigsten kolumbianischen Drogenhändler, die von den kolumbianischen Drogenkartellen für Sicherheit, Transport, Vertrieb, Sammlung und Stärkung von Drogenoperationen, angestellt wurden“, führt Álvaro Uribe als Nummer 82.

Über den Klassenkampf in Kolumbien („Leftist Extremists?“) hatte ich hier schon geschrieben.




Boda

Havanna

Hochzeitsgesellschaft in Havanna. Das Foto habe ich 1984 gemacht.




Am Rio Meta

rio meta

Das Foto (1998) zeigt den Rio Meta auf der venezolanischen Seite, nicht weit von Puerto Carreño in Kolumbien. Ich sitze hinten im Jeep, der einem katholischen Pater aus Elorza gehörte, der aus Polen stammte und mit dem ich mich über die Situation der Guahibo unterhalten hatte – und der auch Klartext redete. Der Pater entschloss sich spontan, seinen Bischof in Puerto Ayacucho am Orinoco besuchen zu wollen, und ich wollte auch dorthin. Mit dem Flugzeug sind das nur 266 Kilometer, mit dem Auto aber mehr als 500 – wir waren den ganzen Tag unterwegs. Gekostet hat es mich nichts, und ein Mittagessen bekam ich auch ausgegeben.

Wenigstens in meiner Phantasie muss ich mich von dem verlogenen Mist, den ich ständig in den Medien lese, erholen. Ich gäbe etwas darum, jetzt am Rio Meta zu sein…




Machu Picchu, revisited

Machu Picchu

Angesichts des mich traurig stimmenden Artikels bei Spiegel online erinnere ich an meine Artikel und Fotos vom 03.12.2012, vom 29.08.2011 („Machu Picchu“) und vor allem vom 04.01.1012 („El camino de los Incas“).

Ich bin froh, das Weltwunder schon 1980 und 1984 gesehen zu haben, damals waren nur wenige Touristen da und wir konnten die Bergstadt der Inkas fast ungestört erkunden. Beim zweiten Mal habe ich sogar am Sonnentor oberhalb Machu Picchu – auf halbem Weg von Wiñay Wayna – übernachtet und konnte den Sonnenuntergang und -aufgang über der Stadt erleben.




Ein Reaktionär mit guter Frisur

Portal america21.de: „In der Europäischen Union wächst der Widerstand gegen die aggressive Haltung deutscher Diplomaten gegen die linksgerichtete Regierung von Venezuela. Nach vertraulichen EU-Dokumenten, die amerika21.de vorliegen, sind deutsche Diplomaten in Fachgremien des Europäischen Rates mit dem Versuch gescheitert, politische Sanktionen gegen das südamerikanische Land zu erlassen.“

Das dortige Außenministerium hatte sich laut diplomatischen Quellen bereits vor Wochen bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier über den deutschen Botschafter Walter Lindner beschwert. Nach Ansicht des venezolanischen Außenamtes hatte der gebürtige Münchner in Interviews mit den regierungskritischen Tageszeitungen El Nacional und El Universal Vergleiche zwischen der aktuellen Lage in Venezuela und dem NSDAP-Regime gezogen.

Bei solchem diplomatischen Personal muss man sich im Ausland manchmal schämen, ein Deutscher zu sein. Man sieht: Auch Menschen mit guter Frisur können Reaktionäre sein.