Wer verschlüsselt, macht sich verdächtig

Beim Lesen des Artikels auf Spigel Online „Persönliche Notizen führten zur Verhaftung von Ex-Terroristin Becker“ hat es mir schier die Sprache verschlagen: „Die sichergestellten Computer sind noch nicht ausgewertet. Sie waren ein Grund für die Durchsuchungsaktion gewesen. In einem überwachten Telefongespräch hatte sich Becker nach Verschlüsselungstechnik erkundigt. Dieser Verschlüsselung wollten die Behörden zuvorkommen.“ Nur gut, das ich dazu niemanden mehr anrufen muss. Und meine Recher sind ja ohnehin immer noch beschlagnahmt.

Schäubles Abhörzentrale bei der taz [Update]

Leider kam ich für diesen hübschen Anlass zu spät, hatte das Thema schlicht überlesen, weil die taz bei allen Themen, das Internet betreffend, nicht mehr ernst nehme. Nicht nur ein Blogger hat das Thema dokumentiert: „Am 23.08.2009 veröffentlichte die taz den Artikel Schäubles Abhörzentrale von Meike Naber, mit pikanten Details über die neugeschaffene Bundesabhörzentrale in Köln. Bereits am Nachmittag ließ sich der Artikel nicht mehr abrufen, zunächst mit dem Hinweis auf rechtliche Gründe.“ Der taz-Artikel enthielt totaken Blödsinn wie „Bei E-Mails und SMS werden die Inhalte erfasst, beim Mobilfunk kommt die Funkposition hinzu.“ Typisch taz, die schreiben dort nur elektronscihe Postkartne, niemand, aber auch niemand verschlüsselt seine E-Mails und zum Thema Sicherheit im Internet hat die Redaktion ein Verhältnis wie Klaus Störtebeker zum Handelsrecht. (Auf Wikileaks ist eine Kopie des Original-Artikels und auch anderswo)

Der Blooger schreibt weiter: „Bereits am Abend des 23.08. verschwindet der Hinweis auf die “rechtlichen Gründe” von der taz-Webseite. Nunmehr ist davon die Rede, dass der Artikel von der “Redaktion aktualisiert” wird.“

Auch sonst glänzt der Artikel durch unjournalistische Propaganda: „Kriminelle und Terroristen tarnen sich, indem sie ausländische Telefon- und Internetanbieter benutzen, ihre IP-Adressen durch Anonymisierung unkenntlich machen und den Internetverkehr verschlüsseln. Das Bundesinnenministerium resümiert in dem Dokument, das der taz vorliegt: die Sicherheitsdienste verfügen über zu wenig neue Technik und Fachleute, um diesen Herausforderungen gerecht werden zu können.“ Das ist erstens nicht richtig, weil Anonymisierungsdienste genau dsa tun, was ihr Namen sagt und das legal ist und Schäuble auch dann ncihts mitbekäme, wenn er eine Million Bemate einstellte. Und zweitens sind Formulierungen sie „um diesen neuen Gefahren zu begegnen“ schlicht PR, weil sie suggestiv die Begriffe übernehmen, die die Schäuble-Lobby gern hätte. Die angeblichen Gefahren sind so „neu“ wie das Internet selbst. Man merkt, dass sich kein Redakteursgehirn selbständig in Bewegung gesetzt hatte. Netzpolik.org dokumentiert weitere Fehler.

Ich kann mich der Meinung des Bloggers nur anschließen: „Es stellt sich nicht nur die Frage, warum gegen den Artikel rechtliche Schritte eingeleitet oder angedroht wurden, sondern auch, warum die taz sich derart verschlossen zeigt. Wäre der Text in einem Blog statt einer Tageszeitung erschienen, hätte die Autorin ihre Leser auf die Sperrung aus rechtlichen Gründen hinweisen können und damit zu seiner Verbreitung (Streisand-Effekt) beigetragen. Dies hätte sicherlich zu heftigen Gegenreaktionen geführt und das BMI (oder wer auch immer hinter dieser Aktion steckt) zum Umdenken gezwungen oder der Lächerlichkeit preisgegeben.“

Nachtrag 30.09.: Der Artikel erschien jetzt in der Print-Ausgabe, hat sich aber nicht verbessert: „Kriminelle und Terroristen tarnen sich, indem sie ausländische Telefon- und Internetanbieter benutzen, ihre IP-Adressen durch Anonymisierung unkenntlich machen und den Internetverkehr verschlüsseln.“

Minipanzer und Skype

In der Heise-Meldung von gestern heisst es: „Ein Schweizer Software-Entwickler hat auf seinen Seiten den Quelltext zu einem Programm veröffentlicht, das verschlüsselte Kommunikation über Skype heimlich belauschen kann. Das Programm ist dazu vorgesehen, als Trojanisches Pferd auf einem PC eingeschmuggelt zu werden. Dort klinkt es sich nach Angaben des Autors in den laufenden Skype-Prozess ein, schneidet die Audio-Daten der Gespräche heimlich mit und lädt sie dann als MP3-Dateien auf einen externen Server.“

Ds habe ich mir genauer angesehen. Das Trojanische Pferd ist mitnichten ein „Bundestrojaner“, den es bekanntlich nicht gibt, sondern das Programm Minipanzer: „Minipanzer is a trojan horse that disguises as any kind of file type and when executed on a victims system it collects all sensitive data like account information etc. and sends it to an email address owned by the attacker. It is a one-shot-trojan. It doesn’t install on a target system but only executes its payload and removes itself afterwards.“

Im dazugehörigen Blog heisst es: „The code is simple and straightforward. You have know malware development is no rocket science and if you expect big magic you are at the wrong place.“ Am besten hat mir der Kommentar „Giovannis“ gefallen: „Despite what some people say, Skype has never been secure. It is relatively easy to hack skype accounts, skype does not even check if the same user logs in simultaneusly on different machines and what is worst, the second user can get a copy of all the chats .
Skype is good for housewifes that want to chat a bit with their kids, but for confidential conversations the use of strong voice encryption is required. In our company we tested many of them, we now keep with PhoneCrypt from securstar as it proved to be very good, stable, and with an excellent voice quality.“

Ich verweise auf mein hiesiges Posting „“Bayerntrojaner” zum Abhören von Internet-Telefonie?“ sowie auf meinen Artikel in der Netzeitung: „Wenn der Laptop zweimal klingelt“.

Argumente gegen Windows

Heise: „Die Free Software Foundation (FSF) hat eine Kampagne gegen Windows 7 gestartet. Auf der Seite windows7sins.org weist die Organisation auf die Gefahren von proprietärer Software und von Windows im speziellen hin.“

„Sieben Kritikpunkte führen die Aktivisten auf: Microsoft investiere viel Geld, um die eigenen Produkte im Erziehungswesen zu verankern; Schüler und Studenten würden nicht lernen, mit Computern umzugehen, sondern mit den Produkten eines Unternehmens. Microsoft dringe in die Privatsphäre der Anwender ein, wenn im Rahmen des Programms „Windows Genuine Advantage“ die Systeme der Windows-Nutzer inspiziert würden. Das Unternehmen nutze sein Monopol aus, zwinge seine Kunden zu ungewollten Upgrades und blockiere offene Standards. Windows enthalte Mechanismen zum Digital Rights Management und sei ein Sicherheitsrisiko.“

Liste der „Top 100 Dirtiest Web sites“ veröffentlicht

Norton Safe Web; „Symantec’s Web site ratings service Norton Safe Web presents the Dirtiest Web Sites of Summer 2009 – the top 100 infected sites based on number of threats detected by Norton Safe Web as of August 2009“
Da ein Leser im Heise-Forum ganz richtig (Original-Schreibweise): „skandal! mit der veröffentlichung dieser liste hat man in unverantwortlicher und mit dem deutschen rechtsstaat unvereinbarer art und weise dem mißbrauch vorschub geleistet! da gehört ein stoppschild davor und die liste sollte „jederzeit überprüfbar“ von „erfahrenen Sachbearbeitern nach dem 4-Augen-Prinzip“ verwaltet werden. aber niemals hätte diese liste öffentlich werden dürfen! die verantwortlichen müssen natürlich mit der vollen härte des deutschen gesetzes verfolgt und bestraft werden!!!“

Jugendschutzwarte

Ich ärgere mich ständig daräber, dass der Heise Newsticker die Agiptprop aka Pressemeldungen der Jugendschutzwarte von jugendschutz.net fast immer ungeprüft als journalistische Wahrheit verkauft und schlicht ohne Recherche übernimmt. So auch jetzt wieder: „Die Initiative Jugendschutz.net hat im vergangenen Jahr 3054 neue Verstöße gegen den Jugendschutz registriert.“ Na und? Ist das wahr? Was steckt dahinter? Ist das Werbung?

Ein Leser hat das getan, was Heise hätte tun müssen – recherchiert. „Träger ist nicht etwa Schindler persönlich oder ein Verein, der seine Impressumspflichten ignoriert sondern die LPR Trägergesellschaft für jugendschutz.net GmbH. Also ein privatwirtschaftliches Unternehmen, dass die Impressumspflichten ganz gewaltig mißachtet. Es fehlen Geschäftsform, HRB# und Registergericht. Na sowas.“

Kein deutsches Medium scheint in der Lage zu sein, diese einfachen Fakten irgendwie herausfinden zu können. Man muss eben nur „Jugendschutz“ brüllen, und schon geben alle ihr Gehirn an der Garderobe ab.

Der Jihad im Web 2.0

Deutsche Welle: „Seit Jahren werden Osama Bin Ladens Videobotschaften über extremistische Homepages verbreitet. Nun sickert die gewaltverherrlichende Propaganda auch immer mehr ins sogenannte Web 2.0, also in interaktive Plattformen. (…) Das Problem: Im gesamten Web 2.0 werden Islamisten nicht daran gehindert, ihre Propaganda zu verbreiten. Jugendschützer und Verfassungsschützer, die das „normale Internet“ untersuchen, kapitulieren vor dem unübersichtlichen Web 2.0-Netzwerken. Denn nach Auskunft des Berliner Internet-Spezialisten Burkhard Schröder, kostet es enorm viel Zeit, persönliche Profile anzulegen, Kontakt zu fragwürdigen Gruppen aufzunehmen und entsprechendes Material zu dokumentieren. (..) So habe ich das eigentlich nicht gesagt. Aber was soll’s..“Vor allem die virtuelle Welt ‚Second Life‘ sei hochkomplex, sagt er. ‚Ich habe ein halbes Jahr allein gebraucht, um die Software zu verstehen, die wahnsinnig viel kann. Und auch heraus zu finden, wie sich virtuelle Communities überhaupt bilden, ist gar nicht so einfach.'“- Es ging darum, dass es mehrere kleine Labels in Second Life gibt, die in den Tags (nach denen die interne Suchmaschine sucht) einschlägige Begriffe wie „Jihad“ usw. haben. Das hatte ich kurz für den Kollegen der Deutschen Welle, der anrief, recherchiert.

Argumente gegen Zensursulaagitprop

„Wer Sperren im Internet umgehen kann, die müssen schon deutlich versierter sein, das sind die zwanzig Prozent, die sind zum Teil schwer Pädokriminelle, die sind versierte Internet-Nutzer, natürlich auch geschult im Laufe der Jahre in ihrem widerwärtigen Geschäft.“ Nur weil es das schlichte und verschwörungstheoretische Weltbild Zensursulas verdeutlicht, tu ich dem wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern das an.

Ich empfehle, diese Video anzusehen: Zensursula predigt vor ihrer eigenen Klientel über das Böse aka Kipo im Internet. Man sollte dagegen nicht argumentieren. Argumente helfen nicht gegen Populismus und Demagogie nach der Methode von der Leyens. Das geht so: Zuerst wird das Grauen aufgebaut, gegen das man nicht mehr anreden und -denken kann. Kinder werden vor laufender Kamera vergewaltigt und diese Bilder „werden dann ins Netz gestellt.“ Ins Netz“ bedeutet bei den Internetausdruckern: Jeder kann das ansehen. Dass es so etwas im WWW nicht gibt, weil es keine anonymen Web-Server gibt, darf man dann auch nicht mehr sagen. (Von der Leyen sagt dann eine Minute später: Die Nutzer verschafften sich für 50 oder für 90 Euro die Zugangsdaten – das, wovon sie spricht, ist also mitnichten „im Netz“ sichtbar. Und jemand, der 50 Euro bezahlt, würde auch vor einem virtuellen Stoppschild nicht halt machen.

„Jeden Tag werden weltweit 200 neue Blder in’s Netz gestellt.“ Woher weiß sie denn das? Es ist glatt gelogen. Gelogen ist auch der Satz: Der Weg führe über das Internet, weil diese Bilder „in Deutschland vollkommen frei angesehen“ werden könnten. Ja was denn nun?

Und jetzt alle gemeinsam Kopf ab zum Gebet: „Himmel noch mal, nun macht dem ein Ende!“ Das würde jeder sagen, der noch „einigermaßen beieinander ist“.

Zensurula behauptet, es gäbe Länder, die Kipo nicht ächteten. Dort könnte man nichts machen. Nur gibt es in den wenigen Ländern keine Server, die so etwas hosten. Wie das praktisch aussieht, zeigt der Beitrag Löschen statt verstecken: Es funktioniert!: „Bei der überwiegenden Mehrheit der Webseiten, darunter einigen aus Deutschland, zeigte sich bei der Überprüfung durch den Provider, dass die Webseiten kein kinderpornographisches, teils überhaupt kein irgendwie beanstandbares Material enthielten – die Webauftritte waren folglich zu Unrecht gesperrt. In Finnland werden zudem auch mehrere inländische Webseiten blockiert, die sich kritisch mit den dortigen Internet-Sperren auseinandersetzen.“

Sachlich argumentier der Arbeitskreis gegen Internet-sperren und Zensur: „Internet-Sperren, wie sie die Bundesregierung vorschlägt, sind in Wirklichkeit nur Sichtblenden. Seiten mit kriminellen Inhalten sollen nicht etwa gelöscht, sondern lediglich mit technischen Maßnahmen vor zufälligem Zugriff verborgen werden. Doch „zufälliges“ Auffinden solcher Seiten ist sehr selten: Der Aufwand, um an entsprechendes Material zu gelangen, ist weitaus größer als der, eine Sperre zu umgehen. Auch wird einschlägiges Material in der Regel über andere Wege als das Web verbreitet. Doch da, wo tatsächlich kriminelle Inhalte vorhanden sind, wird durch eine Sperre nichts erreicht: Die Inhalte sind weiterhin vorhanden und können weiter konsumiert werden. Daher können Internet-Sperren das angestrebte Ziel in keiner Weise erreichen.“

Es ist wie beim Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Gegen Vorturteile helfen keine Argumente. Die Statements Zensurula sind nicht nur dumm, sondern demagogisch. Aber gewählt werden wird sie trotzdem. Deutsch bleibt deutsch, da helfen keine Pillen.

Zensur: Blöder „Zufall“

Zensur

Heise: „Österreichs Justizministerium blockiert Website eines kritischen Journalisten“

„Mitarbeiter des österreichischen Justizministeriums und der Gerichte konnten tagelang nicht auf eine Website mit kritischen Inhalten zugreifen. Beim Versuch, die Website www.florianklenk.com aufzurufen, wurde ihnen sogar mit einem Disziplinarverfahren gedroht. Die Sperre trat offenbar kurz nach dem Zeitpunkt in Kraft, nach dem auf der Website ein kritischer Bericht über Vorgänge im Justizministerium veröffentlicht worden war. Das Ministerium stellt Zensur in Abrede und spricht von einem „blöden Zufall“.“ [mehr…]

Aha. Es ist sicher auch ein blöder Zufall, dass burks.de in den meisten Bibliotheken Deutschlands nicht erreichbar ist, weil die US-amerikanische Filtersoftware benutzen und ich dort als „jugendgefährdend“ eingestuft worden bin. Die hiesigen Jugendschutzwarte versuchen es mit „Extremismus“, aber Zensur als „Jugendschutz“ zu verkaufen, ist die bessere Methode, weil dann niemand mehr nachdenkt, sondern gleich alle im stillen Gebet wider die Gefahren des pöhsen Internet versinken.

Klenk hat Zitate eines Schreibens des Justizministeriums gebloggt: „Wie von mir vermutet beinhaltet Ihre Website Wörter und Inhalte, die in die unten angeführten Kategorien (Kategorien Sex, Chat, Gambling, und Hacking bzw. Spyware,criminal activity, violence, weapons, illegal drugs) fallen und daher gesperrt wurden. Ihre Website wurde soeben wieder freigeschaltet und steht justizintern somit wieder zur Verfügung.“

Auf so ein Schreiben deutscher Bibliotheken warte ich noch. Ich hatte schon vorsorglich ins Impressum geschrieben: „Warning: This site may contain explicit descriptions of or advocate one or more of the following: adultery, murder, morbid violence, bad grammar, deviant sexual conduct in violent contexts, or the consumption of alcohol and illegal drugs.“

By the way: Florian Klenk wurde in meine Blogroll aufgenommen.

Zensursulas Traum

Via Real Life von Torsten Kleinz (Sorry, das ist zu gut, dass musste ich jetzt ganz übernehmen)

“Guten Tag. Verdachtsunabhängige Kontrolle”
“…Tag.”
“Darf ich bitte Ihre IP-Adresse und Ihren E-Ausweis sehen?”
“Sicher, Herr Wachtmeister…”
“Unter Ihrer IP wurde vorgestern illegales Filesharing betrieben…”
“Das war ich nicht. Wie Sie sicher in ein paar Millisekunden feststellen können, habe ich eine dynamische IP-Adresse.”
“Nun gut. Sind Ihre Windows Updates und die Anti-Viren-Software auf dem neusten Stand?”
“Sicher. Heute morgen erst hat mein PC automatisch neu gestartet und eine Stunde Arbeit gelöscht.”
“Sie sollten öfter abspeichern!.”
“Ja, ich weiß das jetzt auch. Gibt es sonst etwas?”
“Wie ich sehe, haben Sie da einen Werbeblocker.”
“Der ist völlig legal. Ich kenne meine Rechte!”
“Sicher, sicher. Aber bedenken Sie, wenn das jeder machen würde…”
“Würden Sie bitte ihre Arbeit machen?”
“Öffnen Sie doch bitte Mal Ihren Cookie-Speicher…”
“Ist das wirklich nötig?”
“Wir haben Hinweise auf illegale Downloads in Ihrem IP-Bereich. Also stellen Sie sich nicht so an”
“Also gut. Aber nur unter Protest…”
“Na, was haben wir denn da: chefkoch.de, Google, Amazon, Gayromeo?”
“Stimmt etwas nicht?”
“Da sind zwei Cookies von Rapidshare…”
“Na und?”
“Sie wissen schon, was das ist?”
“Ja, ein völlig legaler Service”
“Was haben Sie denn da heruntergeladen?”
“Das geht sie nun wirklich nichts an.”
“Sie wissen schon, dass ich ruck-zuck eine Festplattenvisitation beantragen kann?”
“Ich habe nichts unrechtes getan. Wenn Sie etwas vorzuweisen haben, tun Sie das. Wenn nicht…”
“Schon gut, schon gut. Sie dürfen weitersurfen. Und denken Sie daran: beide Hände auf’s Keyboard!”
“…”

Tatort Internet: „Journalismus“ à la ZDF

Die lustige Nonsens-Meldung bei Heise: „Polizeigewerkschaft: Internet ist der ‚größte Tatort der Welt'“ habe ich mit Vergnügen und mit Vorfreude auf die Leser-Kommentare gelesen. Ärgerlich wurde ich aber dann, als klar wurde, dass die Mainstream-Medien diese inhaltlich völlig blödsinnige PR-Sprechblase der Polizei-Lobby kritik- und recherchelos übernommen haben. Besonders ekelhaft wird das in der ZDF heute-Sendung vom 14. August 2009:

„Wo es besonders gefährlich ist, sollte die Polizei eigentlich Präsenz zeigen. Doch am größten Tatort der Welt, dem Internet nämlich, kann davon keine Rede sein. Dabei betreiben dort immer mehr Betrüger, Kinderschänder und Rechtsradikale ihr Unwesen. Die Polizeigewerkschaften fordern deshalb jetzt mehr Internet-Fahnder.“

Im Heise-Forum las ich ein paar Kommentare, die durchaus journalistische Qualität besaßen. Auf den korrekten Hinweis: „ZDF – heute Sendung 19:00 – das ist Schmierenkomödie, ich sollte das nicht mehr ansehen – die haben doch tatsächlich diese Verlautbarung „Internet ist der größte Tatort der Welt“ so übernommen“ antworte jemand: „Klaus-Peter Siegloch vom ZDF ist Mitglied des Kuratoriums der Bertelsmann-Stiftung. Damit ist eigentlch alles erklärt.“ Ein weitere Leser gab den Hinweis, den man den Journalisten beim ZDF um die Ohren schlagen sollte: „Erst vorgestern die Diplomarbeit über den Einfluss der Bertelsmann Stiftung gelesen, worin auch erwähnt wurde wer da vom ZDF ebenfalls Mitglied bei der Stiftung ist.“

In dieser Diplomarbeit heisst es: „Die Stiftung hält ihren zielgerichteten ideologischen und praktischen Einfluss auf die Reformen im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich weitestgehend bedeckt, um ihr Image als neutrale Vertreterin gesellschaftlicher Interessen nicht zu gefährden. So schafft sie es, sich ihrer Verantwortung für und einer Auseinandersetzung über die gesellschaftlichen Folgen der von ihr forcierten Reformen zu entziehen. Sie muss sich nicht demokratisch legitimieren lassen, ihre Aktivitäten sind nicht an Legislaturperioden gebunden und sie muss vor keinem Parlament oder Rechnungshof Rechenschaft über ihre Vorhaben und deren Finanzierung ablegen, nur vor ihrem Stifter. Wenn es für die Durchsetzung ihrer Konstruktion von Gesellschaft notwendig ist marginalisiert, ignoriert und hintergeht sie demokratische Entscheidungen und Entscheidungsprozesse sogar.“

Genauer in Anmerkung 77: „Auch die öffentlich-rechtlichen Sender sind mit Bertelsmann verbandelt. So sitzt z.B. der stellvertretende ZDFChefredakteur Klaus-Peter Siegloch im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung. So auch der frühere ZDF Intendant Dieter Stolte, der z.B. 1999 eine kritische Reportage über die Rolle Bertelsmanns im Dritten Reich verhinderte. Der Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, Peter Frey, ist ‚Fellow‘ des von Bertelsmann getragenen Centrums für angewandte Politikforschung (CAP). (Vgl. Lieb 2007: o. S.).“

Das ZDF hat somit alle Grundsätze des Journalismus mit Füßen getreten, weder recherchiert noch irgendetwas nachgeprüft, sondern sich von der Polizei-Lobby missbrauchen lassen. Es dient der Moraltheologie und dem typisch deutschen kulurpessimistischen Diskurs: Es wird immer alles schlimmer, besonders im Internet. Widerlich. Das ist Schmierenjournalismus vom Feinsten.

Nachtrag: Lesenswert auch das Posting Udo Vetters: „Ich habe gerade dem Hessischen Rundfunk in einem Interview gesagt, die Forderung nach 2.000 zusätzlichen Cybercops, die im Internet auf Streife gehen, erinnere mich an Ostberlin, Teheran und Peking.“

Die Bösen nutzen das Internet, 234tes Update

Heise verbreitet heute ungefiltert die Agitation und Propaganda (aka Agitprop) der Jugendschutzwarte bzw. deren Lobbyorganisation jugendschutz.net. „Neonazis haben im vergangenen Jahr ihre Aktivitäten im Internet erneut verstärkt.“ (By the way: „Aktivitäten“ gibt es im Deutschen nicht, „Aktivität“ ist schon die Summe mehrerer Aktionen.)

Die Meldung, dass die Nazis das Netz aller Netze immer öfter nutzten, hatten wir schon vor fünf Jahren. Und dazwischen auch schon 234 Mal. Mindestens. „1707 Angebote weltweit recherchierte jugendschutz.net nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr.“ Nach eigenen Angaben – wieviele unabhängige Quellen sind das, von denen ein Journalist mindestens zwei haben sollte, bevor er etwas in die Welt hinausposaunt?

Und jetzt alle zusammen: Melden, durchführen, verbieten. Bei Zypries heisst das „Dreiklang aus Beobachtung, Löschung und Aufklärung“. (Ung, ung, ung. In der Hoffnung auf Erlösung vom Nominalstil.) „Verbreitung unzulässiger Inhalte über ihre Dienste auch eigeninitiativ zu verhindern“. „Inhalte über ihre Dienste auch eigeninitiativ zu verhindern“. Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, ergänzte: „Damit das Medium weiterhin Demokratie und Toleranz fördern kann, muss Rechtsextremen in sämtlichen Diensten die Rote Karte gezeigt werden.“ Die üblichen sinnfreien Sprechblasen eben, die man in Deutschland so hört. „23 Prozent stufte jugendschutz.net als jugendgefährdend ein. Neonazis würden dabei verstärkt wieder ausländische Dienste in Anspruch nehmen.“ Verstärkt. Immer öfter. Immer mehr.

Ich kann das Geschwurbel, auch das von Spiegel online, einfach nicht mehr hören. Kommentieren auch nicht. SpOn schämt sich nicht, direkt Werbung zu machen die Zensurfreunde und Jugendschutzwarte und das für das Melden, Durchführen und Verbieten: „Auf jeden Fall sollten Internetbenutzer, die auf rechtsextreme Webseiten stoßen, diese weiterhin melden. „Entweder bei der Polizei, beim Provider oder über das Formular bei uns auf der Seite.“

Der Spion in meinem Browser

Interessanter Artikel in der Technology Review: „Zwei IT-Security-Forscher haben nun mehrere neue Methoden gezeigt, wie sich Web-Nutzer unter Ausnutzung von Lücken im Browser ausspionieren lassen. Die Anfang August auf der Sicherheitskonferenz DEFCON 17 präsentierten Angriffsmuster zeigen auch, dass Datenschutzwerkzeuge, wie sie in immer mehr modernen Browsern stecken, kaum als Abwehrmaßnahme taugen.“ Wer jetzt wieder an meinen Thesen zur real nicht existierenden Online-Durchsuchung denkt, sollte diese Sätze des Artikels nicht überlesen: „Nutzer könnten sich zwar schützen, meint Hansen. Doch das bedinge eine Veränderung ihrer Online-Gewohnheiten. Beispielsweise müsse man sich stets genau ansehen, was die vom Browser vorgesetzten Dialogfenster bedeuten. „Was ist wichtiger, eine einfache Nutzbarkeit oder hundertprozentige Sicherheit und Privatsphäre?“

Internet-Ausweis

Noch mal langsam zum Mitschreiben. Heise: „Das Bundesinnenministerium weiß nichts von einem Vorhaben der Bundesregierung, Netzbürger identifizieren und ihren Online-Aktivitäten besser auf die Spur kommen zu wollen.“ Der aktuelle Spiegel: „Auch ließen sich Surfprotokolle der Web-Besucher anfertigen – Gesetze sind hierfür in Arbeit.“

Verstoß gegen das Waffengesetz: Berufung

Mein Freispruch wird zunächst nicht rechtskräftig werden, da die Staatsanwaltschaft jetzt Berufung eingelegt hat. Ich war wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Waffengesetz vor dem Amtsgericht Tiergarten angeklagt worden. Ich hatte es irgendwie geahnt. Jetzt wird die Sache vor dem Landgericht verhandelt werden. Meinen Rechner sehe ich also auch vorerst nicht wieder. Ich nehme die Angelegenheit so persönlich, wie sie vermutlich gemeint ist. Ich muss die Prozesskosten selbst aufbringen.

Netz mit und ohne Gesetz

„Netz ohne Gesetz! – allein die Überschrift der aktuellen Spiegel-Titelstory ist Unfug. Im „Netz“ gibt es so wenig oder so viel Gesetze wie in der Realität auch. Das Problem, über das die Internetausdrucker hierzulande räsonnieren (meistens ohne Raison) ist ein typisch deutscher: Zensur und paternalistisches Getue, aus der Idee des doitschen Obrigkeitsstaats gespeist, funtkionieren eben nicht, wenn es andere Länder gibt, in denen es dem Staat per definitionem verboten ist zu zensieren. Diese Idee ist so ungeheuerlich, dass die Mainstream-Medien – auch der Spiegel – noch nicht einmal die Courage haben zu fragen, ob dieser Weg gangbar wäre und mit welchen Folgen.

Natürlich beginnt der Artikel mit Kipo. Ein Kommissiar nutzt eine Software, die angeblich in der Lage ist, einschlägige Bilder aufzuspüren. Der erste Mythos – verifiziert wird uns das nicht. Es bleibt der Glaube daran, und ich bin ungläubig. Auch der dramatische Einstieg, die Software habe „Beweismittel für rund 9000 Ermittlungsverfahren geliefert – ich glaube kein Wort davon. Ich erinnere nur an die „Operation Himmel“ aka Operation heiße Luft, von der noch nicht einmal eine leichte Brise übrig blieb. Mit Journalismus hat das nichts zu tun. Das ist moraltheologische Propaganda.

„Kann der Staat das Netz sich selbst überlassen?“ Auch das ist eine lustige Frage. In meinen Seminaren über „Recherche im Internet“ (Nein, nicht im Word Wide Web) gebe ich immer wieder das schon etwas abgedroschene Bonmot zum besten: Wenn die Deutschen das Internet erfunden hätten, gäbe es einen behördlich verwalteten Zentralrechner. Zum Glück waren es die Amerikaner, die das Internet (nein, nicht das World Wide Web) geschaffen haben. „Der“ Staat – hinter dieser Formulierung steckt die Idee, dass das Internet am deutschen Wesen genesen möge. Man hätte ja auch „die Staaten“ schreiben können – aber das hätte die Absurdität des Gedankens gleich bloßgestellt: Deutschland, Saudi Arabien, Nordkorea und China ziehen an einem Zensurstrang – das kann man sich noch vorstellen. Aber ein kleinstes gemeinsames Vielfaches an Gesetzen der Staaten Kongo, Schweiz, Tadschikistan, USA und Burma?

Das Internet sei ein „Massenspeicher für alle Übel“, schreibt der Spiegel. Bisher waren das die Bücher. Gegenargumement von Zensurula, Stasi, Katholische Kirche und Konsorten: Zum Glück wurde nicht alles gedruckt. Auch das ist falsch: Wo eine Nachfrage ist, ist auch ein Angebot. Man nennt das auch Kapitalismus aka „freie Marktwirtschaft“, die Gesellschaftsform, die wir alle lieben, verehren und bewundern. Man kam an das Böse nur früher nicht so leicht heran. Und deshalb gab es immer wieder Versuche, das jeweils von den Herrschenden definierte Böse ganz ausschalten zu wollten – wie etwa in der Prohibition. Mit den bekannten Folgen, dass das Böse stärker war als je zuvor.

„So ist es technisch möglich, Europa vom Rest der Welt zu isolieren, Jugendliche jedes Alters von der Nutzung beliebiger Inhalte im Netz abzuklemmen, die Identifizierung jedes Nutzers mit Namen, Adresse, Hautfarbe und Einkommen sicherzustellen.“ Potztausend, Spiegel-Redakteure, seid Ihr jetzt von allen guten Geistern verlassen? Wer hat Euch denn diesen groben Unfug eingeflüstert? Das kann man vielleicht bei dümmsten anzunehmenden Nutzern, zu denen offenbar die Journaille großer Nachrichtenmagazine gehört, machen, aber doch nicht bei Leuten, die das nötige Grundlagenwissen für den Internet-Führerschein haben. „Wer in Deutschland (nein – Ihr meint: wer mit der deutschen Google-Suchmaske!) nach Pornos sucht, demn wird vieles vorenthalten, was anderswo zu sehen ist.“ Wer hätte das gedacht: wer in China mit Google etwas sucht, der sieht auch etwas anderes. Habt ihr denn, liebe KollegInnen beim SpOn, schon einmal versucht, google.com aufzurufen? Kriegt Ihr das hin, oder habt Ihr Euch damit abgefunden, immer nur mit google.de arbeiten zu müssen? Zuzutrauen wäre Euch das, wenn man das Geschreibsel über das Internet so liest.

Ja, dann ab und zu schöne Zitate, damit man nicht ganz aufhört, das kulturpessimistische Gejammere des Artikels zu konsumieren: „Manchmal..entsteht Fortschritt durch zivilen Ungehorsam. “ Sehr wahr. „Diese rechtlose (sic!) Gesellschaft ist zuerst in den vereinigten Staaten aufgeblüht. Die neue Welt, in deren Verfassungsordnung die ‚freedom of speech‚ einen noch höheren (sic!) Rang genießt als in Deutschland, war von Beginn an der ideale Nährboden für eine Gegenwelt unter der Flagge der Meinungsfreiheit.“ Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Meinungsfreiheit scheint das gesunde deutsche Volksempfinden, wie es sich im Spiegel-Artikel zeigt, gleichzusetzen mit „rechtlose Gesellschaft“. Ich sagte es bereits: Meinungsfreiheit ist für Spiegel-Redakteure eine so fern liegende Ideen, dass es ihnen die Sprache verschlägt.

Mit welcher Idee sympathisiert der Spiegel? Mit dem starken Staat. „Einem Staat, der die Kontrolle über die Parallelwelt des Internets (sic) zurückgewinnen (sic!) will, bleibt ein letzten Mittel: Ausweiskontrolle. (In Großbritannien gibt es keine Ausweise – auch das ist eine typisch deutsche Idee. Burks) Bevor die Staatsbürger in den Cyberspace abschweben, müssen sie sich mit Name und Adresse identifizieren. Die deutsche Justizministerin, die solche Modell prüfen lässt,…“ Ich kann nicht glauben, dass das Zitierte geschrieben worden ist, ohne das bewusstseinsveränderende Drogen im Spiel waren. Wie soll man sich das technisch vorstellen? So ein Quatsch kommt zustande, wenn man nicht recherchiert, sondern das Getratsche in der Kantine wiederkäut. Nicht die Vorratssdatenspeicherung macht es möglich, „IP-Nummern bis zum Anschlussinhaber zurückzuverfolgen.“ Blödsinn, das war schon immer möglich. „Auch ließen sich Surfprotokolle der Web-Besucher anfertigen – Gesetze sind hierfür in Arbeit.“ Auch das ist der reine Nonsens. Weder ist das möglich noch sind derartige Gesetze in Arbeit.

Die Verschwörungstheorien habe ich dann nur noch flüchtig überlesen. „Das Bundeskriminalamt darf mit Hacker-Technik (mit welcher, bitteschön? Ich hätte es gern ein wenig genauer!) in die Privatrechner Verdächtiger eindringen, dort heimlich Spitzelprogramme installieren, die jeden Tastendruck mitprotokollieren – etwa um Passwörter und andere Geheiminformationen auszuspionieren.“ Ach ja: Ich habe hier einen Keylogger, von dem ich nichts weiß? Und der ist mir „online“ aufgespielt worden? Ist bei Euch noch alles ganz richtig im Oberstübchen?

Ein Satz ist nett und zeigt die Geisteshaltung des Spiegel: „Es geht nicht. Es muss aber.“ Nein. Es muss nicht. Der Spiegel-Artikel ist gerade gut genug für die Klientel der Von-der-Leyen-Wählerinnen: alt, weiblich, reaktionär und Internet-abstinent. Und die jungen Leute, die den Blödsinn verfasst haben? Die erinnern mich an den Berliner Rabbiner Stein, mit dem ich vor rund 20 Jahren als junger Journalist über das Thema Beschneidung diskutierte. Er riet mir, gar nichts zu schreiben: „Halbwissen ist schlimmer als gar keins.“ Er hatte Recht. Neben der Generation der Internetausdrucker wie Schäuble gibt es noch eine weitere Generation, die für das Internet verloren scheint – die Jungen, die glauben, sie wüssten, was das Internet sei, aber weder den Charakter noch die Zivilcourage haben, kritisch zu fragen, wie man Zensur umgehen könnte und die das ihre KollegInnen lehren könnten.

Erschröcklich: Neonazis nutzen immer öfter das Internet

So beginnen E-Mail großer deutscher Medien an mich, die um ein Hintergrundgespräch bitten: „Sehr geehrter Herr Burks, Die Bundeszentrale fÃŒr politische Bildung veröffentlicht kommende Woche den Jahresbericht von jugendschutz.net zum Thema „Rechtsextreme im Internet“ und weist auf einen erschreckenden Anstieg rechtsextremer Seiten hin.“ (Alles im Original und selbstredend unverschlüsselt.)

Bevor ich auch nur ein Wort gesagt habe, bin ich also schon auf 180. Aber da es sich um ein etwas Erschröckliches handelt, muss hiesigerseits auch politisch, semantisch, wenn nicht gar philosophisch-moraltheologisch kommentiert werden. Natürlich betreben die Jugenschutzwarte und Zensurfreunde von jugendschutz.net Propaganda. Es geht um Lobbyismus und um Geld. nicht um Inhalte. Und selbstredend ist die PR-Meldung, Neonazis nutzten immer öfter das Internet, sinnfreies Gefasel ohne irgendeinen Informationswert. Wir haben das seit ungefähr 1994 mindestens 4991 Mal gehört. Aber warum das kleine Wort „erschreckend“, das den suggestiven Halb-Komparativ umschlängelt („Anstieg“)? Es fällt mir schwer, mich in die Gedankenwelt dieser schmallippigen Fanatiker hineinzuversetzen, die in ihrer eigenen Traum- und Scheinwelt leben, in der ihrer Meinung nach die Zensur noch hilft. Wer erschrickt, hat es etwas nicht erwartet. Aber da alle Welt immer öfter das Internet nutzt ( außer den weniger extremen Rechten wie Schäuble und von der Leyen), wundert es nicht, das auch die kackbraunen Kameraden das tun. Erschröcklich ist das nciht, und schlechte Werbung zudem, weil uninteressant und eine total ausgeleierte und abgenudelte Phrase.

ich habe mit der Kollegin dann doch kurz telefoniert und gewann den Eindrock, dass meine doch etwas zynische Meinung zum Thema nicht Mainstream-Kompatibel ist und dem normalen Publikum, das das Altgergebrachte und Gewohnte hören und sehen will, nicht zugemutet werden kann, weil es erschröcklich wirkte, wenn jemand sagte: Es wird immer alles besser, weil die Neonazis gegenüber dem Internet auf verlorenem Posten stehen – zu viele gute und wahre Meinungen nur einen Mausklick entfernt von der braunen Kacke. Das wäre zwar wahr, aber die Jugendschutzwarte könnten mit der Wahrheit eben keine Staatsknete abzocken.

Hemmungsloser Blödsinn

„Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann.“ Wer sagte das? Interessant das Update: „Die Bundesfamilienministerin hat keineswegs eine Ausweitung der Internetsperren oder ein anders geartetes konkretes Vorgehen gegen weitere rechtwidrige Inhalte als Kinderpornografie angekündigt.“ Die Zahnpasta ist aus der Tube und ich glaube kein Wort.

By the way – Welt online gänzt mit einer suggestiven Bildunterschrift: „Eine der markantesten Politikerinnen der Republik: Ursula von der Leyen (CDU), Bundesfamilienministerin.“ Jawoll. Einer der markantesten Religionsgründer der USA: L. Ron Hubbar. Oder: Einer der bekanntesten Propaganda-Minister (nein, keine Nazi-Vergleiche heute). Einer der markantesten Bösewichte in der Hölle: Des Teufels Großmutter. Wenn jemand ganz besonders bescheutert ist, gilt das als „markant. “ Ja, markant bin ich auch, nur ohne Kinder.

Ein Stück aus dem Tollhaus

Man muss sich nur einmal die Kommentare der Juristen im Beckblog zum Thema „Internet-Zensur“ aka Zugangserschwernisgesetz ansehen. Ein Jura-Professor schreibt z.B.: „Das Thema ist ein Stück aus dem Tollhaus. Heute morgen wurde in Brüssel der Eintrag beim TRIS-Rechner unter der Hand geändert. Unter der Rubrik „Entwurfsdokument“ Deutsch taucht jetzt das Zugangserschwerungsgesetz auf. Die Word-Datei trägt aber den Datumszusatz: 31 Juli. Die anderen Dokumente zum Gesetz (etwa die englischen und französischen Übersetzungen sprechen noch von § 8a TMG). Hier hat also jemand im Ministerium gemerkt, dass man da die alte Fassung nach Brüssel geschickt hat und hat „im kleinen Dienstweg“ den neuen Text nachgereicht. Das ist aber europarechtswidrig.“ Usw.

Zensur heisst jetzt Zugangserschwernis, revisited

Mir passt schon der Terminus Web-Sperren. nichts. Man könnte haarspaltereien und korrekt behaupten, das World Wide Web sei bekanntlich nur eine Methode, auf Daten weltweilt zuzugreifen und mitnichten ein Synonym für das Internet. Aber rationale Argumentation oder gar ein Bezug zur Realität hilft bei den merkbefreiten Undemokraten wie von der Leyen und Dampfplauderern wie dem braungrünen Güldner bekanntlich nicht. Es geht um Zensur. Basta. Und er ist dafür.

Zensurfreund Güldner hat natürlich recht: „Es geht vielmehr knallhart um Definitionsmacht in Zeiten der Virtualisierung der Welt.“ Deswegen heißt bei ihm Zensur nicht Zensur, sondern Zugangserschwernis. Der Kampf gegen „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ ist nur ein heuchlerischer, dummdreister und und verlogener Vorwand, das alte obrigkeitsstaatliche Weltbild vom paternalistischen Staat aufrechtzuerhalten, der den Untertanen meint vorschreiben zu müssen, was sie zu denken haben und welche Informationen zu bekommen können. Güldner und von der Leyern passten hervorragend in ein zukünftiges Ministerium der Wahrheit, das die Todesstrafe als „sozialverträgliches Ableben“, das Atommülllager als „Entsorgungspark“ und den Kapitalismus gewohnt suggestiv und moraltheologisch als „wunderbarfreiheitlichdemokratischsoziale Marktwirtschaft“ definiert.

„Die Tatsache, dass diese Community viel Zeit in virtuellen Räumen verbringt, spielt dabei eine große Rolle. “ Jau. Wo sitzt denn Zensurfreund Güldner den lieben langen Tag seinen Hintern viereckig? Wikipedia: „Er promovierte in Politikwissenschaft an der Universität Bremen. Hiernach war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Tropenhygiene und öffentliches Gesundheitswesen der Universität Heidelberg“. Ähm. „Matthias Güldner ist Mitglied des Kuratoriums des Evangelisches Bildungswerk Bremen“. Ein Evangele also, ein Verehrer höherer Wesen. Das erklärt natürlich so Einiges.

Der Fairness halber muss man erwähnen, dass es auch andere Grüne gibt: „Die Abwendung vieler Bürgerinnen und Bürger von den etablierten Parteien hat ihren Ursprung vor allem in zunehmender Entfremdung zwischen PolitikerInnen und Bürgerinnen und Bürgern. Wer eine Petition mit über 134.000 UnterzeichnerInnen nicht im Ansatz ernst nimmt, wer das Netz als glorifizierten Trend abtut, geht selbstherrlich über die Lebensrealität vieler Millionen Menschen hinweg.“. Ja, die Grünen sind eine etablierte Partei und ich habe mich abgewandt. Ich habe nämlich keinen Kabelschaden. By the way, urgent business oroposal: Güldner: Wittgenstein lesen – „wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“. Also einfach die Klappe halten.

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