Google nutzt kein Windows mehr

Golem.de: „Neue Mitarbeiter können zwischen Mac OS und Linux-PCs als Arbeitsgerät wählen. Wer weiterhin Windows einsetzen will, braucht eine Genehmigung vom „oberen Management“. Wer einen neuen PC bekommt und darauf Windows benötigt, braucht dazu sogar die Zustimmung des IT-Chefs des Konzerns. “

Die Original-Nachricht stammt von FT.com: „Google is phasing out the internal use of Microsoft’s ubiquitous Windows operating system because of security concerns, according to several Google employees.“

Das sollte so auch in allen deutschen Schulen und vor allem in Medienhäusern gelten…. Aber es gibt sogar deutsche Fernsehsender, in denen es den Mitarbeitern untersagt ist, einen anderen Browser als den Internet Explorer aus dem Hause Kleinweich zu benutzen.

Das grosse Löschen

WDR

„Die Fehlerseite „Fehler HTTP 404 – Seite nicht gefunden“ wird von Juni an die wohl am häufigsten aufgerufene Seite im WDR-Online-Angebot sein. 80 bis 90 Prozent der Internetbeiträge werden dann von den WDR-Servern gelöscht, viele Texte, Fotos, Videos und Audios werden nicht mehr abrufbar sein“, heisst es beim WDR.

„So sind dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor einem Jahr enge Grenzen im Internet gesetzt worden. Seitdem regelt der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dass in gebührenfinanzierten Angeboten viele Inhalte verboten sind und die erlaubten nur noch für begrenzte Zeit online bleiben dürfen.“

Man muss sich diesen „Rundfunkänderungsstaatsvertrag“ mal im Detail durchlesen. „Deutscher“ geht’s nimmer. Sehr hübsch sind diese Definitionen:

„unter Information insbesondere Folgendes zu verstehen: Nachrichten und Zeitgeschehen, politische Information, Wirtschaft, Auslandsberichte, Religiöses, Sport, Regionales, Gesellschaftliches, Service und Zeitgeschichtliches,
15. unter Bildung insbesondere Folgendes zu verstehen: Wissenschaft und Technik, Alltag und Ratgeber, Theologie und Ethik, Tiere und Natur, Gesellschaft, Kinder und Jugend, Erziehung, Geschichte und andere Länder,
16. unter Kultur insbesondere Folgendes zu verstehen: Bühnenstücke, Musik, Fernsehspiele, Fernsehfilme und Hörspiele, bildende Kunst, Architektur, Philosophie und Religion, Literatur und Kino,
17. unter Unterhaltung insbesondere Folgendes zu verstehen: Kabarett und Comedy, Filme, Serien, Shows, Talk-Shows, Spiele, Musik“.

Bloggt Bohlen?

killed baby whale

Ich muss die wohlwollenden Stammleserinnen und die geneigten Stammleser warnen. Heute beschäftigen wir uns mit dem gemeinen Volk, der Masse und deren Geschmack. So viele Flieg…. Leute können bekanntlich ja nicht irren. Was der Deutsche liebt, beginnt meistens mit dem Buchstaben B (nein, Burkhard ist blöderweise nicht gemeint!) – als da wären: BILD und Bohlen.

Ich empfehle Bild Online oft, weil die beim Boulevard im Gegensatz zum boulevardesken Magazin Focus wissen, was „online“ bedeutet: Bild.de setzt Links ins berüchtigte weltweite Internet! Ja, die tun was! Dazu sind bekanntlich die anderen Holzmedien zu faul, zu dumm, zu ignorant, zu belehrungsresistent ([x] Zutreffendes bitte ankreuzen).

Bild Online schreibt heute: „Genau das hat Bohlen erwartet, steht auf, schreit ‚Hey, hey, hey‘ zum Publikum – und rudert mit den Armen.“

Warum Bohlen mit den Armen rudert, interessiert uns hier nicht, sondern warum Bild Online welche Links warum setzt, zum Beispiel hier zu dieter-bohlen.net: „Dieter Bohlen – die offizielle Homepage – fuer Musik Talente sowie Talentfreie!“ („Domains by Proxy, Inc“). Dort gibt es ein „Gastebuch“ (sic) und einen Link zu einem „Dieter Bohlen Musik Talente Blog Bohlenblog“ (mit den Meta Tags „Sexy Bilder“, „Dicke Frauen“, Casinospiele“)

Ach und o je, Bild Online! Wo Bohlen draufsteht, ist nicht immer Bohlen drin! Auch wenn auf einer „Internet-Seite“ das typisch deutsche Wort „offiziell“ steht, muss das auch nicht automatisch das Schöne, Gute und Wahre sein! Hättet ihr’s gewusst? Wetten, dass Bohlen euch die Hammelbeine langziehen würde, wenn er wüsste, was ihr als seine „offizielle“ Homepage ausgebt?

Die Ente nach Schweizer Rezept

Wie sich die Textbausteine der DAUs doch gleichen. „Staat will Zugriff auf Schweizer Festplatten“, formuliert die Basler Zeitung unkritisch und ahnunglos. Natürlich kommt im gesamten Artikel kein Wort darüber vor, ob das überhaupt machbar sei, was das Bundesamt für Justiz dort will. Danach fragt niemand mehr. Es ist wie bei Schopenhauer – die digitale Alpenwelt als Wille und Vorstellung.

„Der Staat will künftig auf die Festplatten verdächtiger Personen zugreifen können. Mithilfe von Trojanern sollen Strafverfolgungsbehörden sich auf den Harddisks umsehen dürfen.“ Mit „Trojanern„? Halt. Bitte jetzt zunächst das Gehirn einschalten. So dämlich ist ja noch nicht einmal Ziercke. („Sie können sich die abstrakten Möglichkeiten vorstellen, mit dem man über einen Trojaner, über eine Mail oder über eine Internetseite jemanden aufsucht.“) Der möchte mittlerweile schon gern vorher in die Wohnung des Verdächtigen einbrechen lassen, um zu versuchen, ob man physisch auf den Rechner zugreifen kann.

Wie will man erstens die IP-Adresse der Zielperson herausfinden? Wie will man zweitens einen „Trojaner“ genau auf deren Rechner schleusen, wenn die auch nur einmal die Ratschläge des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechik beherzigt hat? Das geht nicht.

„Im Falle eines Verdachts sollen dank den Überwachungsprogrammen alle Mails, Fotos und Filme für die Untersuchungsbehörden zugänglich sein.“ Was soll dieser Unfug: Was ist, wenn die Person ihre E-Mail verschlüsselt? Das „Abhören“ digitaler Postkarten ist ja ohnehin leicht möglich. Was also noch? Wie will man von außen einen Keylogger installieren? Und wie will man unbemerkt und beweissicher abgefangene Informationen verschicken?

Basler Zeitung, es interessiert mich nicht die Bohne, was jemand „will“ und was sein „soll“, sondern nur, wie das geschehen könnte. Das wisst ihr nicht? Ihr habt noch nicht einmal diese doch nicht unwesentliche Frage gestellt? Dann solltet ihr euer journalistisches Selbstverständnis mal updaten.

„Das Bundesamt für Justiz rechtfertigt diesen Schritt damit, dass im Internet vermehrt über Verschlüsselung kommuniziert werde. Gerade Straffällige würden sich dies zunutze machen. Trojaner, die, einmal installiert, jede Tastatureingabe mitverfolgen können und die Informationen an den Urheber des Überwachungsprogramms schicken, sollen diese Lücke schliessen.“ Also doch Keylogger. Noch mal zum Mitschreiben: Wie wollt ihr den auf die (!) Rechner der Zielperson bekommen? Und gerade „Straffällige“ verschlüsseln? Beweise dafür?

„Oder des Vertriebs von verbotener Pornografie.“ Nun, das ist kein deutscher Satz. Wir versuchen ihn dennoch zu verstehen. Diese suggestive Wortwohl suggeriert uns, dass das Böse (auf dem die menschliche Fortpflanzung beruhgt) in bildlicher Form auf den berüchtigen „Internet-Festplatten“ lauert. Darf ich mich mal kurz selbst zitieren (06.02.2007)? Danke.

„In Wahrheit hat es eine „Online-Durchsuchung“ oder gar den „Bundestrojaner“, der seit geraumer Zeit durch die Medien geistert und sogar einen eigenen Eintrag bei Wikipedia bekommen hat, nie gegeben – und es wird ihn auch nie geben. Er ist ein Hoax und beruht auf dem mangelnden Sachverstand eines Oberstaatsanwaltes, jeweils einer Falschmeldung der taz und der Süddeutschen und der Tatsache, dass alle deutschen Medien, ohne die Fakten zu recherchieren, voneinander abgeschrieben haben. Nach dem Prinzip „Stille Post“ steht am Ende der Berichterstattung dann der „behördliche“ Hacker, vom dem am Anfang nie die Rede war.“

Was mich am meisten aufregt, sind die merkbefreiten „Kritiker“. Sie kritisieren die Verschwörungstheoretiker des Bundesamtes für Justiz nur, anstatt laut zu rufen: „Der Kaiser ist nackt! Es gibt keine ‚Bundestrojaner'“!

700.000 Euro für eine Ente

Die wohlwollenden Leserinnen und Leser ahnen bestimmt schon, was heute unser Thema sein wird. Der Tagessspiegel meldet: „Als wichtiges Instrument im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wurde sie gepriesen, doch bisher hat das Bundeskriminalamt (BKA) keine einzige Online-Durchsuchung durchgeführt.“ Heise dazu: „BKA nahm bislang keine Online-Durchsuchung vor“.

Schon klar. Wie ich schon in meinem Buch behauptete: Es hat noch keine gegeben (und wird es auch nicht geben). Wie sollte das auch funktionieren….

„Demnach investierte das BKA bislang knapp 700.000 Euro in Online-Durchsuchungen. Davon entfallen rund 581.000 Euro auf Personalkosten“. Und auf was entfiel die restlichen 119.000 Euro? Auf den Kauf von neuen Computern vermutlich. Die Ente kann man wahrhaftig in reinem Gold aufwiegen.

Nur zur Erinnerung:
– Sueddeutsche.de (07.12.2006): „‚Es gab bereits Einzelfälle in Strafverfahren, bei denen richterlich angeordnet solche Durchsuchungen stattgefunden haben‘, sagt Dietmar Müller, Pressesprecher des BKA in Wiesbaden. Das Verfahren sei relativ neu und erfolge ausschließlich in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und mit richterlichem Beschluss. Aus ‚ermittlungstechnischen Gründen‘ könne Müller nicht sagen, wie die digitale Spionage technisch funktioniert.“
– Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Kersten Naumann und der Fraktion Die Linke (22.12.2006, Drucksache 16/3787):
„Seit wann wenden deutsche Sicherheitsbehörden das Instrumentarium des ‚heimlichen Abziehens von Daten auf fremden Computern mittels spezieller Software‘ (Online-Durchsuchung) an?“ – „Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über in Ermittlungsverfahren durchgeführte Online-Durchsuchungen vor.“
– Heise Newsticker (25.04.2007): Bundesregierung gibt zu: Online-Durchsuchungen laufen schon.
„Zur Anzahl der bisher durchgeführten verdeckten Netzermittlungen gab die Bundesregierung keine Auskunft. Dem Vernehmen nach gibt es aber noch Probleme bei der praktischen Durchführung der Online-Durchsuchungen. So soll von Regierungsseite beklagt worden sein, dass so viele Daten gesammelt worden seien, dass man ihrer nicht Herr habe werden können.“
– Tagesschau.de (27.04.2007): „Seit 2005 haben deutsche Geheimdienste nach Angaben des Bundesinnenministeriums knapp ein Dutzend Privatcomputer heimlich via Internet durchsucht.“
– Tagesschau.de (28.04.2007, Wolfgang Wieland im Interview): „Wir gehen auch davon aus, dass das noch nie richtig geklappt hat. Es gab technische Schwierigkeiten. Das Einschleusen hat nicht geklappt…“
– Spiegel Online (09.07.2007, Wolfgang Schäuble im Interview): SPIEGEL: „…wie etwa die heimlichen Online-Durchsuchungen zeigen. Die haben die Sicherheitsbehörden ohne gesetzliche Grundlage jahrelang angewandt. Schäuble: Moment. Es gab einen Anwendungsfall im Inland.“
– Focus Online (05.01.2008): „Reda Seyam klickte laut FOCUS die getarnte E-mail der Verfassungsschützer an und aktivierte so die erste und bislang einzige Online-Durchsuchung in Deutschland.“
– Bundesverfassungsgericht (27.02.2008): „Vereinzelt wurden derartige Maßnahmen durch Bundesbehörden bereits ohne besondere gesetzliche Ermächtigung durchgeführt. Über die Art der praktischen Durchführung der bisherigen ‚Online-Durchsuchungen‘ und deren Erfolge ist wenig bekannt. Die von dem Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angehörten Präsidenten des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz haben mangels einer entsprechenden Aussagegenehmigung keine Ausführungen dazu gemacht.“
– Spiegel Online (01.03.2008): „Die beiden bekannten Fälle von Online-Durchsuchungen wurden gegen den Berliner Islamisten Reda S., der gute internationale Kontakte in die Dschiahd-Szene [sic] unterhält, und einen Iraner geführt, der der Proliferation verdächtigt wurde.“

Noch Fragen zum einflussreichsten Medien-Hoax des Jahrzehnts?

Causa Tauss: 3. Verhandlungstag

Hier (Schrozbergs Blog) ein interessanter Beitrag zum 3. Verhandlungstag gegen Tauss: „Tauss war lt. Zeuge auch der erste Politiker der sich, unter dem Gelächter der Kollegen und mit Unverständnis des Bundestags, einen Internetanschluss in sein Abgeordnetenbüro legen ließ. (…) Die zweite Zeugin, eine Polizeibeamtin aus Karlsruhe, die bei der Durchsuchung in der Pflugstrasse dabei war, gab zu Protokoll: ‚Auf dem Rechner von Tauss wurde kein strafrechtlich relevantes Material gefunden.‘ (…) Sie hat auch gesagt: ‚Die Polizei hat der Presse damals den Tip mit der Dursuchung nicht gegeben, dass muss die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gewesen sein‘ (…) Dann ne Runde Lästerei der Verteidigung über das BKA, weil die keine Zahlen und Statistiken über die Verbreitungswege von Kinderpornopraphie haben, aber immer so tun, als hätten sie welche.“

Demnächst Internetsperren über den Umweg Europa

Nein, die FDP ist nicht umgefallen. Das könnte sie nur tun, wenn sie jemals gestanden hätte. Golem.de meldet: „Mit Regierungsmehrheit hat der Rechtsausschuss des Bundestags verhindert, dass gegen den Plan für europaweite Internetsperren eine Rüge ausgesprochen wird. Der Antrag der Grünen wurde vertagt und kann damit nicht mehr rechtzeitig gestellt werden.“

Das kapiert so natürlich keiner. Verhindert, dass gegen etwas gerügt wird? Dreifach verneinen tut man nicht in einem deutschen Satz, weil das Publikum sich entweder mit Grausen abwendet oder gar das Gegenteil versteht, was ein höheres Wesen verhindern möge.

Die EU will Internet-Sperren. Die EU? Die EU-Kommissiarin Cecilia Malmström hatte der FAZ auf dem Niveau der Emma gesagt, sie wolle „Internet-Sperren“. Wie das zu bewerkstelligen sei, weiß sie selbstredend nicht, weil es sich hier um populistische Moraltheologie handelt. Der EU-Ministerrat teilt ihre Meinung und will dem Europaparlament einen „Entwurf für Schlussfolgerungen des EU-Ministerrats für einen Aktionsplan für eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung der Computerkriminalität“ vorlegen. „In dem Arbeitsentwurf vom 8. März 2010 geht es um einen Aktionsplan, den die Strafverfolgungsbehörden der EU bis spätestens 2012 umgesetzt sehen wollen“, schreibt golem.de.

Die Grünen legten im Rechtssausschuss des Bundestags einen Antrag vor, der die EU-Kommission rügen sollte, weil diese ihre Kompetenz überschritten habe. Es hätte sich um eine so genannte Subsidiaritätsrüge gehandelt:

Die Europäische Union darf nicht wahllos Gesetze erlassen. Sie muss die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beachten. Das Subsidiaritätsprinzip bedeutet, dass die EU nur dann handeln darf, „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können“ – so steht es im Vertrag von Lissabon.

Audiatur et altera pars, golem.de: Der Antrag der Grünen war nicht der einzige zum Thema. Die Grünen wie auch andere Lichterkettenträger haben nicht den Mut, schlicht gegen Internet-Zensur zu sei. Sie trauen sich das nur, wenn sie gleichzeitig den Medien-Hype „Kinderpornografie im Internet“ im Munde führen, damit auch klar ist, dass sie die Guten sind. Deswegen heisst der Antrag (Drucksache 17/1584) der Grünen: „Sexuellen Missbrauch effektiv bekämpfen – Netzsperren in Europa verhindern.“

Was hat sexueller Missbrauch mit Internet-Zensur zu tun? Wird jeder durch diese verhindert? Mitnichten, aber die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser seien versichtert, dass wir es hier nicht mit einem rationalen Diskurs zu tun haben, sondern mit den Symbolen einen öffentlichen Exorzismus – soziologisch vergleichbar mit der McCarthy-Ära in den USA -, der auf protestantischer Prüderie fußt und den man im Ausland als „Germany’s Internet Angst“ bezeichnet.

Die Linke hatte im Rechtsausschuss auch einen Antrag gestellt: „Keine Internet-Sperren in die EU-Richtlinie aufnehmen.“ Klingt doch viel besser und ehrlicher. In diesen Ausschüssen geht es aber nicht im Inhalte, sondern darum, wer gewinnt, also seinen Antrag durchbekommt. Die Grünen hätten also eher öffentlich Harakiri begangen anstatt einem ähnlichen Antrag als dem ihren zugestimmt. Das tut man nicht. Deshalb hätte golem.de mehr als die „abhängige Quelle“ Jerzy Montag befragen sollen. Auch im Bundestag haben SPD und Linke jeweile einen fast gleichlautenden Antrag gestellt; sie werden aber nie kooperieren, auch wenn der naive Bürger irrig glaubt, das sei doch der Sache angemessen. Das ist Parteipolitik: Es geht zunächst darum, wer sein Förmchen im Sandkasten am weitesten wirft.

Jetzt wieder zu Sache: Der Antrag der Grünen im Rechtsausschuss wurde auf Antrag der FDP vertagt. Ich wette auch, dass sich die Regierungsparteien CDU und FDP vorher angesprochen haben, wer diesen Antrag stellen würde. Die FDP bekam, weil sie der Juniorpartner ist, die Arschkarte.

Ganz nebenbei: Was de rechtspolitische Sprecher der Grünen sagt, ist schlicht falsch. Die Bundesregierung könnte auch im nachhinein jederzeit vor dem Europäischen Gerichtshof eine Subsidiaritätsklage führen, um ein bereits von der EU erlassenes Gesetz anzugreifen. Aber mit derartigen Petitessen wollen uns deutsche Medien nicht behelligen. Jerzy Montag hat seine Public Relations für die Grünen bekommen, und nur ein paar Querulanten wie Burks recherchieren selbst nach, was es in Wahrheit damit auf sich hat.

Die Süddeutsche und accessibility

süddeutsche

Barrierefreiheit: „Eigenschaft eines Produktes, das von möglichst allen Menschen in jedem Alter mit unterschiedlichen Fähigkeiten weitgehend gleichberechtigt und ohne Assistenz bestimmungsgemäß benutzt werden kann. (Barrierefrei ist nicht allein mit hindernisfrei im physikalischen Sinne gleichzusetzen, sondern bedeutet auch zugänglich, erreichbar und nutzbar.)“

Wieviel bekommt der Web-Designer von sueddeutsche.de im Monat an Gehalt, um so einen HTML-Scheiß zu produzieren?

Linke Dümmste Anzunehmende Soft-und Hardware-Benutzer

Die taz versucht zu berichteten: „Der linken Rechtshilfeorganisation Rote Hilfe ist eine Festplatte mit Mitglieder- und Kontodaten gestohlen worden. (…) In einer Erklärung des Vorstandes heißt es, der Diebstahl sei möglicherweise durch einen „fahrlässigen Umgang einer anderen Gruppe mit Schlüsseln begünstigt worden“. Von einem „gezielten Einbruch“ könne „jedenfalls nicht ausgegangen werden“.

Versucht? Ja, journalistischen Maßstäben wird der Artikel der taz nicht gerecht: Er verzichtet darauf, die wesentlichen Fragen zu stellen. Was ist geschehen? Der Verein hat rund 150 Euro verloren. Mehr war die Festplatte vermutlich nicht wert. Daten sind nicht verlorengegangen: Natürlich gab es ein Backup, und die gestohlene Festplatte war mit Truecrypt so gesichert, dass die Hardware für die Diebe wertlos sein wird. Auch wird niemand irgendetwas Internes der Roten Hilfe erfahren.

Im Ernst: Ich weiß nicht, ob die Truecrypt benutzt haben. Wenn nicht, dann sind sie total bescheuert, und man sollte weder Mitleid haben noch die Veranwortlichen länger als eine Minute an ihrem Vereinspöstchen kleben lassen. Das hätte die taz sie fragen sollen. Aber ich wette, dass bei der taz auch niemand Truecrypt oder ähnliches Teufelszeug kennt oder gar nutzt.

„Es sei „unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“, dass die Diebe mit Hilfe der gestohlenen Daten unberechtigte Abbuchungen von Konten der Rote-Hilfe-Mitglieder vornehmen.“ Nicht unmöglich. Aha. Dann sitzen dort also linke dümmste anzunehmende Soft-und Hardware-Benutzer. Eine verschlüsselte E-Mail kann man ihnen auch nicht schreiben. Geschieht ihnen ganz recht.

Germany´s Internet Angst

Jeff Jarvis über die deutschen Medien und die German Internet-Angst:

„The bias that German media have toward Google. When I was at re:publica in Berlin, I got questions like these from many German reporters: “Isn’t Google too big?” they’d “ask.” Show me the law that defines “too big,” I responded. I contend that German media are merely jealous: Google understood how to make money online better than they did. And they are reflexively running to government to regulate it and can’t find a reason why. So when something like this screwup happens, they get their hopes up.

But this also shows how out of touch German media is with its audience on this point, for the German populace clearly does not mistrust and hate Google the way media do. They use Google more than just about any country on earth, giving Google search a 97.26% share of market.“ [via Schockwellenreiter]

Mitr fällt gerade auf, dass ich nicht beanspruchen kann, den Begriff German Internet-Angst erfunden haben. Das war, wie ich in einem 12 (!) Jahre alten Artikel in Telepolis lesen, die Wired: „Wiedereinmal bestätigt sich, daß die deutsche Internetseele von einer Menge „Angst“ gequält wird. Sosehr, daß David Hudson dieses deutsche Wort, für das es kein englischsprachiges Äquivalent gibt, in seiner Titelzeile von „Germany´s Internet Angst“ für eine Wired-News Story benutzte.“

Recherchieren Sie dieses und jenes

Das ist die Klausur Recherche/Netzwerkgrundlagen, die ich in meinem letzten Seminar habe schreiben lassen:

Bitte machen Sie nur ZWEI dieser vier Aufgaben!

1. Wie kann man Drive-by-Download verhindern? Für wen könnte Drive-by-Download gefährlich werden?

2. Recherchieren Sie die Hintergründe der Pressemeldung der bayerischen Staatskanzlei vpm 09.03.2010
Was könnte Ihrer Meinung nach geschehen sein? (Bitte nur die technischen Hintergründe)

3. Was wäre Ihrer Meinung nach „Medienkompetenz“ (im Internet) auf der Basis des Artikels der Technology Review „Internet for Dummies“ (02.03.2010)?

4. Was ist das hier und auf was spielt das an? Auf welches Buch bezieht sich das Dargestellte?

Schicken Sie die Artikel an burks@burks.de (Werbung in Ihrer E-Mail bedeutet Punkteabzug) oder legen Sie Ihre Aufgabe als TEXTdatei (kein Word!) auf dem Seminar-Server ab. Die Datei oder der Betreff Ihrer E-Mail müssen nach Ihrem Namen benannt sein. (Beispiel: sabine_mustermann.txt bzw. Klausur sabine mustermann daa. Bitte keine Leerzeichen im Dateinamen.)

No nipples please, we are Apple

nipples

Shinyshiny.tv berichtet: „Magazines planning to launch iPad editions for the Apple’s glossy e-Reader device will have to censor themselves to make into Apple’s No Porn app store, I heard yesterday. And we’re not just talking about Nuts; ‚edgier‘ fashion magazines like Dazed & Confused and Vice will have to seriously cut back on nudity in photography and fashion shoots.“

Ceterum censeo: Die protestantische Prüderie ist manchmal schier wahnwitzig. Warum sollten Menschen keine Brustwarzen sehen? Schadet das irgendjemandem? Und wann haben wir auf deutschen Blogs oder in deutschen Medien zum letzten Mal erigierte Brustwarzen erblickt? Ach so? Die Deutschen sind immer noch fast genauso prüde wie die Amis – trotz der 69-er? Da wäre ich jetzt nicht drauf gekommen.

Creative commons: what a wonderful thing

Techdirt berichtet: Der Gesetzentwurf des argentinischen Politikers Gerónimo Vargas Aignasse gegen Plagiate bzw. „geistigen Diebstahl“ (englische Übersetzung stammt zu einem großen Teil von Wikipedia (via Fefe).

So sollte das Gesetz aussehen: „Shall be punished with imprisonment from three to eight years, who shall defraud another under an assumed name, quality simulated, false titles, lain influence, breach of trust or seeming goods, credit, commission, company or trading or using any other scheme or deception.“ Techdirt: „The first three paragraphs of the Spanish Wikipedia page on plagiarism are identical to three paragraphs in the explanation of the bill.“

An was erinnert uns das? An die Google-Anfrage nach „Butt“ und „Tony Blair“. Das Ergebnis ist pädagogisch wertvoll und lehrt zeigt, warum man keine Word-Attachments versenden sollte: „Microsoft Word bytes Tony Blair in the butt. (…) Back in February 2003, 10 Downing Street published a dossier on Iraq’s security and intelligence organizations. This dossier was cited by Colin Powell in his address to the United Nations the same month. Dr. Glen Rangwala, a lecturer in politics at Cambridge University, quickly discovered that much of the material in the dossier was actually plagiarized from a U.S. researcher on Iraq.“

Politiker klauen also, was das Zeug hält. Auch bei Wikipedia, was nicht gegen Wikipedia spricht. Das ist mir immer noch lieber als deutsche Politiker, die ihre Gesetze outsourcen – gegen teures Geld. Besser werden die auch nicht dadurch.

By the way: Techdirt ist ein schönes Beispiel für praktizierenden Online-Journalismus – interessante Links an der richtigen Stelle und Quellenehrlichkeit. Davon sind deutsche Medien noch Lichtjahre entfernt.

Facebook Privacy: Give him an inch and he’ll take an ell

Interessantes Posting Don Dahlmanns: „Wenn Facebook anfängt hinten herum Empfehlungen unter meinem Namen zu versenden, dann ist das ein klarer Grund meine Mitgliedschaft dort zu beenden.“ Dazu ein zutreffender zynischer User-Kommentar: „Ich nehme an, dass Facebook dich inzwischen besser kennt als du selbst und somit auch in deinem Namen Entscheidungen treffen kann.“

Vgl. auch meedia.de: „In den Mitglieder-Postfächern tauchen Freundschaftsempfehlungen auf, die jedoch vom angegeben Absender nie verschickt wurden. Zudem sprechen immer mehr Blogger und Early-Adopter darüber ihr Facebook-Account zu löschen.“

Leute, nun mal halblang. Hört auf den Volksmund, der immer Recht hat: „Wenn man dem Teufel den kleinen Finger gibt, so nimmt er die ganze Hand.“ Englisch: „Give him an inch and he’ll take an ell.“

Ihr wusstet doch, worauf ihr euch eingelassen habt? Private Daten der Nutzer an windige Spammer und Commercials zu verscherbeln ist doch das Geschäftmodell der so genannten „sozialen“ Netzwerke! Ein anderes gibt es nicht. Wer das weiß und dennoch Facebook und Konsorten naiv nutzt, ist selbst schuld und sollte im nachhinein nicht jammern.

Ein Königreich für einen Link

Spiegel Online darf heute zu Recht „Online“ genannt werden. In einem Artikel über die Privatsphäre von Facebook sind zahlreiche Links, nicht zu wenig, nicht zu viel, und nicht als selbstreferenzielles System, wie gewohnt, sondern auf externe Websites, wie es sich für professionellen Online-Journalismus gehört. Um so weniger haben die eine Entschuldigung, die schlicht ihr linkloses Papier auf den Monitor beamen wollen und das als „Online“ ausgeben. Geht also doch.

Wikipedia, protestantische Prüderie und Katie Fey

Katie Fey

„Porno-Streit in Wikipedia“ ist natürlich eine hübsche Schlagzeile. Ich muss also als Experte etwas dazu sagen. (Jedenfalls bin ich nicht mehr oder weniger Experte als andere).

„Löschung von Bildern mit sexuellen Darstellungen (…) Gegenstand des Anstoßes waren offenbar historische Erotika-Fotografien sowie Lolicon-Zeichnungen, die Kinder-Charaktere in erotischen Posen zeigen. Die Schlagzeile bei Fox lautete dementsprechend: „Wikipedia Distributing Child Porn, Co-Founder Tells FBI“. Da ist alles drin – so hätte es auch ein deutscher Jugendschutzwart formulieren können. Möglichst diffamieren – etwas bleibt immer hängen, wie auch bei der berüchtigten Falschmeldung vom Politmagazin „Report Mainz“ über Second Life.

Es geht also nicht um Inhalte, sondern um das „Bild“ in den Medien. „In einer Email begründet Wales die Aktion damit, er habe unmittelbaren Image-Schaden vom Projekt abwenden müssen: „Wir waren kurz davor in sämtlichen Medien beschuldigt zu werden, harte Pornografie zu verbreiten und nichts dagegen zu tun.'“

Das klingt nach einer Eierfrage. Es könnte doch jemandem, der weiß, was er tut und lässt und warum, völlig schnutzpiepegal sein, was „die Medien“ fabulieren. Aber so ist es leider nicht, wenn nackte Haut und protestantische Moralthologie und Prüderie ins Spiel kommen. Und diese sind vor allem in den Stammländern der Bigotterie und der verkniffenen Lippen – Deutschland und die USA – der unangesprochene Mainstream.

Aktuelles Beispiel ist das ukrainische Model Evgenia Diordiychuk, auch bekannt als Katie Fey oder als „Jenya D.“ (vgl. Screenshot ganz unten von Met Art). Der Artikel im englischen Wikipedia über sie wurde gelöscht, der spanische nicht. Man kann darauf wetten, dass es nicht um Relevanz geht – die appetitliche Dame, die übrigens keine Pornos dreht, hat zahllose Fans und ist weltweit bekannt.

Katie Fey

Das Pornografie-Verdikt schwebt immer über allen, auch wenn niemand genau weiß, was das ist und ob es irgendjemandem schadet, nackte Menschen zu sehen. Erotik ist ohnehin immer kulturell definiert. In einem Vortrag heisst es:

„Einige Ältere von Ihnen werden sich noch an den Skandal um die nur sekundenwährende Nacktheit der ‚Sünderin‚ Hildegard Knef in einem Film von Willy Forst erinnern. In der Adenauer­Zeit wurde das als öbszön und gefährlich empfunden. Zwanzig Jahre später erschienen dann, von geachteten Pädagogen empfohlen, Sexualaufklärungsbücher mit Fotos nackter Männer, Frauen und Kinder bei allerlei sexuellen Handlungen oder Erkundungsversuchen. Gerade die Fotos von kindlichen ‚Doktorspielen‘ wurden als Ausdruck gesunder Sexualität empfunden, die den Familien bei der Erziehung zu einem nicht­repressiven Leben helfen würden. Heute wiederum werden sie als ‚Kinderpornographie‘ bezeichnet, und selbst ihr einfacher Besitz ist strafbar.“

Der heutige Hype um „Kinderpornografie“ ist also nichts anders als der mediale Ausdruck eines gesellschaftlichen Rückschritts und der politischen Restauration. „Dodgsons [der Autor von ‚Alice im Wunderland‘] Fotos von nackten kleinen Mädchen galten vor hundert Jahren als rein und rührend sentimental, und die ‚erwachsenen‘ Pornofotos wurden mit wütendem Eifer unterdrückt. Heute dagegen gelten umgekehrt diese letzteren als harmlos, während die Kinderfotos als hochbrisant und sittlich verderblich bei vielen Betrachtern Angst und Entrüstung auslösen.“

Schon vor vierzig Jahren plädierten Wissenschaftler für die völlige Freihabe von Pornografie. Dem stand – genau so wie heute – das gesunde Volksempfinden dagegen. Dieses „Volksempfinden“ wird von der so genannten „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ medial orchestriert: Die unsäglich bräsigen und feigne deutschen Medien würde es nie wagen, die Existenz dieser fragwürdigen Institution an sich in Frage zu stellen. Gleichschaltung ganz freiwillig – wir haben schließlich nicht nur den Obrigkeitsstaat, sondern auch den Untertanen perfektioniert. Journalisten sind keine Ausnahme.

„Bereits im Gründungsjahr der Bundesrepublik 1949 regte F. J. Strauß ein ‚Bundesgesetz gegen Schmutz und Schund‘ an, aus dem 1953 das ‚Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften‘ (GjS) hervorging. 1954 wurde dann die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPJS) gegründet.“ [Quelle] „Schmutz“ und „Schund“ – darum geht es also damals wie heute.

Man sollte sich aber keinerlei Illusionen hingeben: Ein rationaler Diskurs über Pornografie ist nicht möglich, weder bei den Grünen oder der Linken noch bei der Piratenpartei. Oder hat schon jemand auf deutschen Polit-Blogs nackte Haut gesehen? Wo kämen wir denn da hin. Die Emma lässt grüßen. Das Thema ist igitt. Was sollen denn die Leute und die Medien von uns denken? Nur darauf kommt es an. Das gesunde Volksempfinden ist immer der Maßstab.

Katie Fey

BGH schränkt Folgen der Störerhaftung für WLAN-Betreiber ein

Am heutigen Mittwoch morgen hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wegweisendes Urteil zur Störerhaftung für Waldbesitzer verkündet (Az. I ZR 121/08). Demzufolge können private Waldbesitzer „auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter Wald von unberechtigten Dritten für das Verstecken von Leichen genutzt wird.“

Die Klägerin ist Inhaberin einer Beerdigungskette. Mit Hilfe der Staatsanwaltschaft wurde ermittelt, dass Leichen im Wald des Beklagten entsorgt wurden. Der Beklagte war in der fraglichen Zeit jedoch in Urlaub und konnte nicht nachweisen, dass sein Wald in dieser Zeit gesichert war. Die Klägerin forderte vom Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten.

Der BGH hat angenommen, dass eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Verletzung der Totenruhe nicht in Betracht kommt. Dennoch obliege privaten Waldbesitzern eine Pflicht zu prüfen, ob ihr Wald durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten zur Entsorgung von Leichen missbraucht zu werden. Dem privaten Betreiber eines Waldes sei jedoch nicht zuzumuten, die Sicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfpflicht bezieht sich daher auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Waldes für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen. (Quelle)

Internet-Ausdrucker Wolf Schneider

Heute saß ich in meinem Stamm-Café in Rixdorf und las fahrlässigerweise den Tagesspiegel (weil ich mich wieder ärgern musste). „Die meisten Blogs sind Geschwätz“ sage Wolf Schneider im Interview.

„Ich benutze gar keinen Computer, aber meine Frau verfolgt ein Dutzend Blogs und Twitter und druckt mir das aus. Kein Tag, an dem ich nicht mindestens zwei Blogs lese!“ Aha. Seine Frau druckt ihm das Internet aus, und er erdreistet sich, eine Meinung über Blogs zu haben. Unglaublich und dreist.

Ergo: Ignoranz hat nichts mit Wissen zu tun oder mit dem Alter. Meine Eltern sind fast genau so alt wie Wolf Schneider und nutzen das Internet rege. Sie haben sogar schon ihre E-Mails verschlüsselt. Ignoranz ist eine Haltung und das, was Schneider von sich gibt, ist nur saudummes Geschwätz.

Jugendschutzmafia

Wer legt den so genannten „Jugendschützern“ (auch bekannt als Jugendschutzwarte) endlich das Handwerk? Ein sehr schöner Artikel bei golem klärt auf: „Der Einfluss von Politik und vermeintlichen Jugendschützern auf den Deutschen Computerspielepreis ist viel zu hoch, Qualität spielt keine Rolle.“ Quod erat demonstrandum. Jugend“schutz“ ist eben vergleichbar mit Politik – Qualität spielt keine Rolle. Es kommt nur auf die moraltheologische Attitude an.

„Aber auch aus weniger formaler Sicht hat die Jury dem Preis geschadet: Inzwischen haben alle Beobachter festgestellt, dass Spiele offenbar in erster Linie nach dem Kriterium „auf jeden Fall gewaltfrei“ ausgezeichnet werden. Spaß oder Innovation spielen so gut wie keine Rolle.“

Die Jugend“schutz“mafia spielt mittlerweile in Deutschland eine ähnliche Rolle wie das Komitee für unamerikanische Umtriebe: Aus soziologischer Sicht handelt es sich bei derartigen Pressure-Groups um einen öffentlich sanktionierten Exorzismus aus niedrigen Motiven (Angst vor dem Bösen, Gelder abzocken, um den eigenen Arbeitsplatz zu finanzieren, keine Kontrolle der erreichten Ziele).

Kein Mensch in der zivilisierten Welt würde es heute wagen, die Prohibition wieder aufleben lassen zu wollen – wenn es um Alkohol geht. Für Cannabis ist sie noch in Kraft – und genau so irrational wie das damalige Verbot von Alkohol. Ein rationaler Diskurs der Öffentlichkeit ist aber kaum möglich, weil das Thema emotional besetzt ist und sofort hysterische Reflexe auslöst.

Wie war es damals in den USA mit dem House Committee on Un-American Activities? „Die Untersuchungen brachten zuerst wenig. Das Komitee und die Medien stellten es jedoch als großen Erfolg dar“. Genau wie hierzulande mit dem „Jugendschutz“. Derartige Umtriebe von selbst ernannten „Jugendschützern“ können nur funktionieren, wenn die Medien unkritisch mitspielen. Wer würde sich denn trauen, öffentlich den Jugend“schutz“ insgesamt in Frage zu stellen, obwohl das eine ernst zu nehmende Option ist? Niemand.

Wissenschaftliche Bücher gibt es genug, die meine Meinung unterstützen. „Kindheit“ und „Jugend“ sind kulturelle Konzepte, die auf einem unausgesprochenem gesellschaftlichen Konsens beruhen. Es nicht nicht selbstverständlich, dass die „Jugend“ vor irgendetwas „geschützt“ werden müsse.

„Im 18. Jahrhundert erkannte man erstmals in der Kindheit eine eigene Lebensperiode, die gegenüber Normen und Traditionen der Erwachsenen ihren eigenen Wert hatte. Kindheit wurde hier nicht bloß ‚entdeckt‘, sondern als Konstrukt überhaupt erst ‚entworfen‘, was auf fatale Weise pädagogischen Allmachtsphantasien Vorschub leistete.“

Jugend“schutz“ basiert auf Allmachtsphantasien. Schön, dass das mal jemand klar ausspricht. Es erklärt auch Einiges. Aber hören will es niemand.

Friends Dont Let Friends Use Internet Explorer

Hier gefunden. Ein wenig Werbung für das Gute kann nicht schaden.

image_pdfimage_print

← Next entriesOlder entries