![panama](https://www.burks.de/grafik/latino_america/panama/pan2kl.jpg)
Die Grenze zwischen Costa Rica und Panama, Dezember 1981. Das dürfte ungefähr hier auf der Panamericana gewesen sein – kurz vor der Stadt David.
Die Sueddeutsche hat einen Scoop gelandet – mit Ansage vor einem Jahr. (Alle anderen schreiben nur ab.)
Vor über einem Jahr kontaktierte eine anonyme Quelle die Süddeutsche Zeitung und übermittelte auf verschlüsseltem Weg interne Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca. Eine Firma, die weltweit anonyme Briefkastenfirmen verkauft, mit deren Hilfe sich wiederum so ziemlich alle Geschäfte verschleiern lassen. Auch die schmutzigen. (…) Die Quelle verlangte dafür kein Geld und keine Gegenleistung, außer ein paar Maßnahmen zur Sicherheit.
Die Daten geben einen seltenen Einblick in eine Welt, die eigentlich nur im Verborgenen existieren kann. Sie belegen, wie eine globale Industrie, angeführt von großen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern, die Besitztümer von Politikern, Fifa-Funktionären, Betrügern und Drogenschmugglern, aber auch von Milliardären, Prominenten und Sport-Stars in aller Verschwiegenheit verwaltet.
Man lese dazu auch Markus Kompa auf Telepolis: „Panama Papers: Wie objektiv ist die Recherche?“
Ich habe den Artikel der Sueddeutschen genau durchgelesen, dabei fielen mir ein paar merkwürdige Dinge auf.
Rund 400 Journalisten von mehr als 100 Medienorganisationen in rund 80 Ländern recherchierten in den vergangenen zwölf Monaten in den Dokumenten.
Alte Journalisten-Weisheit: Einer plaudert immer. Das gilt natürlich auch für Journalisten:
Hauptsächlich handelt es sich um E-Mails, PDFs und Fotodateien sowie Auszüge aus einer internen Datenbank von Mossack Fonseca. (…) Bereits vor gut zwei Jahren hatte ein Whistleblower den deutschen Behörden interne Daten von Mossack Fonseca verkauft. (…) Dadurch war es den SZ-Journalisten aber möglich, einen Teil der Dokumente abzugleichen.
Die Journalisten glichen also die von den Behörden (!) gekauften Daten mit den neuen Dokumenten ab? Interessant.
In der Folge erklärten sich die Commerzbank, die HSH Nordbank sowie die Hypovereinsbank wegen der Geschäfte mit Mossack Fonseca zu Strafzahlungen in Millionenhöhe bereit.
![mossack fonseca](https://www.burks.de/burksblog/pix/2016/04/040416_1.jpg)
Für mich sieht es so aus, als wenn die Daten, die im letzten Jahr an zahlreiche Behörden verkauft (!) worden waren, jetzt – umfangreicher – auch die Medien erreicht haben – für lau. Spiegel online bestätigt dax indirekt: „Bei dem Geschäftsmann handelte es sich in Wahrheit um den EU-Abgeordneten Fabio de Masi (Linke). Anfang März machte er einen verdeckten Anruf bei Mossack Fonseca (…). Sie zeigt, dass die Kanzlei bis in die jüngste Vergangenheit für Anfragen deutscher Steuervermeider offen war. Dabei muss man in Panama zu diesem Zeitpunkt längst geahnt haben, was auf die Kanzlei zukommt.“
Ich bin übrigens schon gestern auf das Thema aufmerksam geworden – durch Haaretz.
Die Süddeutsche Zeitung nutzte hierfür das Programm Nuix, mit dem auch internationale Ermittlungsbehörden arbeiten. Auf hochleistungsfähigen Rechnern brachten die Süddeutsche Zeitung und das ICIJ Millionen Dokumente in eine maschinenlesbare – und vor allem leicht durchsuchbare – Form. Dieser Prozess nennt sich „optical character recognition“ (OCR), optische Zeichenerkennung.
Schade, dass die Sueddeutsche die Vorteile des Online-Journalismus nicht nutzt und uns die Links vorenthält (was ich hiermit nachholen).
„Nuix started in the year 2000, when a group of computer scientists got together with an idea: a processing engine for unstructured data, the New Universal Intelligence eXchange (NUIX). They probably didn’t realise how important this idea would be in the future. They certainly couldn’t imagine how much data organisations would come to rely on – which now measures terabytes and petabytes.“
Ich habe mir mal eine Demo bestellt – aber von Preisen lese ich nirgendwo etwas. Und eine verschlüsselte E-Mail kann man auch nicht schreiben.
Regierungen nutzen ein Feature der Banken im Kapitalismus, um Geld am Fiskus vorbei verschwinden zu lassen? „Der Besitz einer Offshore-Firma ist für sich nicht illegal. Es gibt auch eine Reihe von Geschäften, für die es logisch erscheint, zu einer Offshore-Firma zu greifen.“ Wer hätte das gedacht!
Auch das gemeine und dumme Volk wusste das schon und wählt trotzdem eine so genannte „Alternative“ für Deutschland, die zum Beispiel die betriebliche Unfallversicherung abschaffen und natürlich den Arbeitsmarkt noch mehr „flexibilisieren“ aka die Löhne senken will.
[Update 1] Was die AfD damit zu tun hat? Die Leute regen sich über Flüchtlinge auf und wollen die Rechte der Arbeiterklasse beschneiden, anstatt Steuerhinterzieher und die korrupten Vertreter der herrschenden Klassen zur Rechenschaft zu ziehen. Das nenne ich das „Radfahrer-Syndrom“: Nach oben buckeln und nach unten treten. Typisch deutsch eben und typisch AfD-Wähler.
[Update 2] Interessant zum Thema:
– Telepolis: „Was steckt hinter den „Panama Papers“? Oder auch Craig Murray: „Corporate Media Gatekeepers Protect Western 1% From Panama Leak“
The leak is being managed by the grandly but laughably named “International Consortium of Investigative Journalists”, which is funded and organised entirely by the USA’s Center for Public Integrity. Their funders include
Ford Foundation
Carnegie Endowment
Rockefeller Family Fund
W K Kellogg Foundation
Open Society Foundation (Soros)
among many others. Do not expect a genuine expose of western capitalism. The dirty secrets of western corporations will remain unpublished.
– Jacobin: „The Panama Papers and the corruption of capitalism“
– The Guardian: „How to explain offshore banking (and when it is naughty) to a five year old“ sowie dito: „All mention of Panama Papers banned from Chinese websites“
– ICIJ: „Stairway to Tax Heaven“