Polyglotte Venus

Kleopatra aka Venus von Esquilin
Venus von Esqulin – vielleicht Kleopatra

Aus der Rubrik „nützliches Wissen“: Kleopatra sprach Griechisch, Ägyptisch, Aramäisch, Arabisch, Syrisch, Medisch und Parthisch.




Verkaufte Seelen

the expanse

Ich schaue The Expanse gerade zum zweiten Mal. Mir fiel auf, dass im obigen Dialog sowohl der Journalismus in Deutschland thematisiert wird als auch das formuliert, was auf meinem Grabstein stehen sollte (den es vermutlich nicht geben wird, weil ich meiner Schwester gesagt habe, sie solle meine Urne klauen und die Asche im Hixterwald verstreuen.)




The Rebel Maya

x-cacal
Credits: The Modern Maya: A Culture in Transition, X-Cacal, 1974

Frage an die aus Wokistan: War der Krieg der Maya gegen die Weißen (Guerra de castas, 1847 bis 1901) rassistisch oder ist er ein Anlass für reaktionäre völkische Romantik wie bei den Themen „Kurdistan“ und „Tibet“?




Hawara Mummies

hawara mummies

Hawara mummies created a sensation when they were discovered, and in 1997 visitors to the British Museum found the first major exhibition of the mummy portraits from the Fayum very disquieting. Some burst into tears, some had to leave, unable to bear the clear bright gaze of the living dead.

The portraits were made in the first centuries AD, at the cultural crossroads: their subjects were Roman citizens, of Greek ethnic origin – their ancestors probably Macedonian soldiers paid off in land – living in the Fayum,one of the most fertile regions of the northern Egypt.

Was ich besonders erstaunlich finde: „Realistische“ Portraits dieser Art gibt es erst wieder in der Renaissance, mehr als ein Jahrtausend später. Man müsste untersuchen, woran das genau liegt. An der Technik nicht, weil es die Materalien für Tafelmalerei immer gab. Mir schwant da etwas – vielleicht haben George Thomson und Alfred Sohn-Rethel ja doch recht.




Und der Friede regiere in euren Herzen

karl marx anime

Aus der Rubrik „nützliches Wissen“: In einer der frühesten Übertragungen des „Manifests der Kommunistischen Partei“ ins Chinesische (1899) wurde „Sozialismus“ als „eine das Volksleben stabilisierende neue Lehre“ übersetzt (an min xin xue). Das bedeutet auch „Seelenfrieden“. Danke, Konfuzius!




Ihr seid gewarnt!

louvin brothers

Die Platte kann man sogar heute noch bei der Großbourgeoisie kaufen – theoretisch.




Hinderliches, aufrührerische Massen und unabdingbare Kerne

industrieschild
Schild für alles, überall aufzustellen, insbesondere längsseits von Impfgegner-Versammlungen (oder auch vor dem Wohnhaus der Genossin Wagenknecht)

Ich muss wieder Dinge zusammenpuzzeln, die gar nicht zusammengehören.

– Just for fun: Mir fiel neulich eine Werbebroschüre aus Papier in die Hände, die ich mit Vergnügen und Interesse von vorn bis hinten durchlas, weil sie mich in deutscher Leitkultur weiterbildete: Hein® Industrieschilder (Klaus Kroschke Gruppe). Das ist ja mal sowas von „Mittelstand“. Oder: Wie entdecke ich Marktlücken und fülle sie aus?

Ich halte es nicht für Zufall, dass man mit diesen Produkten in Indien oder Pakistan oder in Arabien nicht weit käme. Es fehlt die dazu passende Affektkontrolle – ja was eigentlich? Das ist das wohlbekannte Henne-Ei-Problem: Ignorieren sie Schilder, weil Regeln sowieso überschätzt werden? Oder wirken Piktogramme weniger, weil man zu viel rumlabert und eher auf Rat und Tat der jeweiligen Peer Group hört? Oder ist alles Fatum, und man sollte nicht so ein Gewese darum machen?

Auf jeden Fall ist allen das Motto deutscher Industrieschilderhersteller (allein das Wort!) gemeinsam: Interlassen Sie einen bleibenden Eindruck bei Ihren Kunden!

lumumba
Der freie Westen und seine Werte in Aktion

Die belgische Regierung sah Lumumba als eine Gefahr an, da er als Sozialist die reichen Bergbau- und Plantagen-Gesellschaften verstaatlichen wollte. Der belgische Staat übte auf die Medien Druck aus, um das Image Lumumbas zu ruinieren. Die belgische Presse bezeichnete ihn als Kommunisten und Anti-Weißen, was er immer zurückwies. Eine westdeutsche Zeitungskarikatur bezeichnete Lumumba sogar als Negerpremier. Nach seinem Tod lautete der Titel einer belgischen Zeitung „der Tod des Satans“ (la mort de Satan).

– Aus der Vergangenheit lernt man manchmal mehr als studierte man die gegenwärtigen Weltläufte das, war gerade in den Qualitätsmedien auftaucht. In diesem Sinne: Was lese ich zurerst?

Bildungskanon




Kleopatra öffnen, nicht ausziehen

kleopatra

Manchmal, wenn man improvisieren muss, gibt es überraschend dann doch ein gutes Ende. Ich habe hier einen Laptop, der aus zweitberuflichen Gründen mit Windows läuft. Ich hatte mir ursprünglich vorgenommen, keine Mails mit Windows-Rechnern oder -Programmen zu schreiben. Auf einem weiteren Windows-Rechner, den ich nur für Second Life brauche, ist gar kein E-Mail-Programm. Auf jenem (der am weitesten von diesem Satzanfang weg ist) hatte ich aus kaltduscherischen Gründen Claws Mail installiert: Das zeigt keine HTML-Mails an, und Attachments muss man gesondert handhaben. Eigentlich optimal für Neulinge, um zu lernen und zu verstehen, was E-Mail-Sicherheit bedeutet. Und ich muss mich nicht rumärgern.

Aber Verschlüsseln mit Claws Mail sollte man, falls man zum Beispiel Thunderbird gewohnt ist, gar nicht erst versuchen. Eine Dröselei sondergleichen, und letztlich funktioniert es nicht. Schlüsselpaare von woanders importieren? Wo kämen wir denn da hin?

Es geht aber ganz einfach. Text (Text! Nicht Word!) schreiben. Kleopatra öffnen (nicht ausziehen!). Text in das Notizbuch importieren. Verschlüsseln. Verschlüsselten Text in den Body der E-Mail kopieren. Absenden. Fertig.

Ich hatte zum Thema „Dateien verschlüsseln mit Kleopatra“ schon ein Tutorial geschrieben. Da die Nachgeborenen, wie mir berichtet wurde, keine Texte mehr lesen (können), sollte ich das als Video anbieten. Aber wie? Sollte ich ein lustiges Gesicht machen dazu? Und mit welcher Musik unterlegen? Dramatisch? Beruhigend? Aufpeitschend? Old School? Oder gar mit Frauenmusik (- la cantante es una belleza!)?

Muss ich Verschlüsseln gendern – weil Kleopatra bekanntlich weiblich ist? Da wir gerade bei Frauen sind, die Männer manipulieren: Ich habe versehentlich zehn Minuten eines Films angesehen, in dem die Gadot mitspielt. Ja, sie ist extrem sexy attraktiv, obwohl klassische Schönheiten, die die Gene zufällig nach dem jeweils aktuellen Mainstream-Geschmack zusammengewürfelt haben, oft langweilig aussehen. Aber die israelische Schauspielerin strahlt eine Art lässige Power aus, die man nicht schauspielern kann, wenn man sie nicht hat. Sie würde auch gut in Fauda passen (wann endlich kommt die vierte Staffel bei Netflix?), aber vermutlich ist sie dafür zu hübsch. Man würde abgelenkt wie in Sentinelle, dessen dämlicher Propaganda-Plot für sinnlos Herumballern französische Anti-Terror-Einheiten auch durch Olga Kurylenko nicht besser und erträglicher wird.

Apropos Lächeln für Hetero-Männer: Meine persönliche Favoritin wäre zur Zeit Skade, deren realer Name ziemlich komisch ist und besser nach Schottland passte als nach Norwegen. Ihr Lächeln ist sehr süß – ich würde kaum widerstehen können -, aber immer zweideutig: Es könnte auch bedeuten, dass sie einem bald die Klöten abschneidet. Auf keinen Fall langweilig und der einzige Grund, warum man die schwachsinnige Kinderserie (keine Nacktszenen!) The Last Kingdom länger als eine Viertelstunde ertragen kann.




Neolithisches Internet

neolithikum

Ich hatte mir das sündhaft teure Spuren des Menschen: 800.000 Jahre Geschichte in Europa gegönnt (das Werk wiegt drei Kilo, hat rund 550 Seiten, Großformat mit gefühlt einer Million Fotos – aber ist jedes Gramm wert).

Darin fand ich ein doppelseitiges Luftbild (oben rechts): „…mit mehreren Gräben umwehrte neolithische Siedlung von Dryrotz [die Stelle könnt ihr bitte selbst finden!] im Havelland (Brandenburg) vom 8.7.2018″.

Und siehe: Man kann mit Google Earth bis in die Jungsteinzeit gucken (oben links)! Was mich am meisten wundert ist, dass man noch etwas erkennen kann – seit rund 7000 Jahren ist das da und noch nicht weggepflügt? Oder passiert in Brandenburg so wenig, das alles so lange erhalten bleibt? Das sagt man doch sonst eher über Meck-Pomm




Stowaway and The Silent Sea

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Ich schau(t)e gerade (Stand: 28.12.) zum Einschlafen abwechselnd zwei Science-Fiction-Filme: Stowaway – Blinder Passagier (Amazon Prime, USA/Deutschland) und „The Silent Sea“ (Netflix, Südkorea).

Da das Stammpublikum meinen Geschmack schon erahnt, zuerst die anderen: Die FAZ rezensiert „Stowaway“ für Oberstudienräte. Featured erklärt das, was die Zuschauer angeblich nicht selbst herauskriegen. Wikipedia bespricht Besprechungen unter dem abschreckenden Motto „Wissenschaftliche Aspekte und Authentizität“.

Zu „The Silent Sea“ habe ich richtig relevante Rezensionen (Stabreim!) bei TVMovie und Popkultur.de gefunden.

Das alles will ich gar nicht lesen. Mich interessierten eher die subtilen kulturellen Unterschiede. Außerdem habe ich, wenn ich ehrlich bin, vermutlich eher einen Filmgeschmack wie Simon Cowell, obwohl polnische Filme mit Untertiteln auch gut sein können. Ich möchte unterhalten und nicht belehrt werden. Will ich Philosophie, dann lese ich Hegel und Marx im Original. Natürlich hätte ich nichts dagegen, wenn die großen Menschheitsfragen per Entertainment diskutiert und Antworten angeboten würden, wie etwa bei Stanislaw Lem, aber das kriegen deutsche Produktionen sowieso nie hin, weil denen die Leichtigkeit des Seins ab Werk fehlt.

Was zuerst auffällt: Die koreanische Serie ist weder woke noch divers (den Unterschied habe ich noch nie verstanden). Die Koreaner finden es völlig in Ordnung, eben nur Koreaner mitspielen zu lassen ganz ohne Quotenneger. Schon beim Filmplakat von „Stokeaway“ erkennt man hingegen, dass dort – mit der rassistischen Präzisionswaage sorgfältig austariert – jede race mitspielen musste. Mit dem Holzhammer wird mir auch noch eingebläut, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind wichtiger sind als Männer, wenn es weniger um Aktion als um protestantische Morallehre geht. Das ist so dermaßen plump inszeniert, dass vermutlich das Gegenteil erreicht wird. Hautfarbe sollte überhaupt keine Rolle spielen, und die aus Wokistan konterkarieren das.

Ich hätte nichts dagegen, mir einen guten Film anzusehen, in dem alle Schauspieler eine dunklerer Hautfarbe haben als ich. Wenn ich mich mit jemandem identifizieren will, dann nicht deshalb, weil er „weiß“ ist. Oder seit wann war Charles Bronson im realen Leben ein Indianer?

Man sollte das doch eher auf die Spitze treiben: Nur schwarze Astronautinnen und ein „Weißer“, der zum Kaffeeholen da ist oder als Sexsklave dient. Oder nur schwarze Astronauten und eine „Weiße“ (har har) – und es kommt kein Sex vor. Oder nur Aboriginals oder Indianerinnen, aber es geht weder um Fantasy noch um Ureinwohner im Rousseauschen Sinn, die immer die Guten sind, sondern etwa um künstliche Intelligenz. Lieber sehe ich die ganze Nacht lang Koreaner als diesen „diversen“ Quatsch.

Man hat ohnehin das Gefühl, dass das Science-Fiction-Ambiente bei beiden Filmen nur ein Vorwand ist. Ein Western (har har) oder ein Whodunnit-Plot hätten auch gereicht, um mich mit der Moral von der Geschicht‘ zu belästigen. Es wundert doch sehr, dass Drehbücher und Regisseure es offenbar völlig aufgegeben haben, soziale Utopien zu thematisieren. Mehr als die Postapokalypse fällt niemandem ein. Auch „The Silent Sea“ bietet nur Kapitalismus auf die Spitze getrieben – Wasser ist knapp (Chor im Hintergrund: Klima! Klima! Klima! Squid Game!), und nur mit einer goldenen Kreditkarte kommt man an genug. Da fällt mir ein: Ich wollte mehr Sci-Fi aus der Volksrepublik lesen, und Die drei Sonnen liegt immer noch unangetastet auf dem Bücherstapel auf meinem Schreibtisch.

Hollywood-Filme, die Gruppendynamik enthalten, leben meistens davon, dass die Darsteller sich völlig bescheuert benehmen und ihr jeweilige Ego auf Kosten der anderen ausleben. Das ist in „asiatischen“ Filmen natürlich anders und wird auch intelligenter gezeigt. In „The Silent Sea“ sagt man sehr oft „알겠습니다“ und stellt die Hierarchie nicht in Frage – Rebellion gegen die Hierachie, wenn nötig, ist hier immer sehr viel subtiler und zerbröselt nicht die Gemeinschaft an sich.

In koreanischen Filmen jedweder Art muss man sich als urbaner Mitteleuropäer auch über Männer wundern, wie diese mit Frauen umgehen. Frauen schlagen mir zu oft die Augen nieder, wenn jemand sie verbal angeht. Ich habe mir noch kein abschließendes Urteil gebildet: Ist der klassische „Machismo“ als Attitude in Asien verbreiteter, oder ist das dort nur anders? In „The Silent Sea“ sind die Frauen den Männern intellektuell überlegen und lassen sich nichts gefallen. Ein doch sehr von sich selbst überzeugter Kerl, der am Steuerknüppel (oder war es kein Knüppel?) des Raumschiffs Platz nimmt, wird von der hinter ihm sitzenden Kollegin angefaucht: „Wenn du keine vernünftige Landung hinkriegst, kotze ich dir den Hinterkopf voll“.

Nachdem ich mir fahrlässig den Plot von „Stowaway“ schon vorab durchgelesen hatte, werde ich den wohl nicht weitergucken. Bei „The Silent Sea“ bin ich mir noch nicht sicher, zumal die Hauptdarstellerin Bae Donna auch nicht mein Typ ist. Andererseits kann man auch nicht immer so ein ästhetisches Vergnügen wie bei Ho-Yeon Jung verlangen, das einen vom Plot ablenkt, weil man ständig versucht ist, von der Kleidung zu abstrahieren.




Schlefaze: The Wheel of Time

wheel of time

The Wheel of Time, except for a small and minor nude scene in the pilot episode, hardly has any sexual content, which was something that kept parents from watching Game of Thrones with their children. But what you should know is that this series still tackles some mature topics while also showing some scenes that may be too much to handle for kids under the age of 14.

Mehr muss man zu der Serie nicht sagen. Doch, eins noch: Ich stelle dem interessierten Publikum heute die schlechteste Verfilmung aller Zeiten einer Roman-Serie vor. Mir fielen spontan allerlei Titel ein: „Wokistan for the Teen Age“ wäre auch angemessen. Schuld sind die Algorithmen von Amazon Prime, die mir den Quatsch vorschlugen (vielleicht weil ich im Angebot herumgezappt habe) und meine Neugier, was und wie denn die gegenwärtige volkstümliche Popkultur für die Nachgeborenen sei.

Nein, das wird jetzt kein Fantasy-Bashing. Fantasy ist immer und ausnahmslos (nehmt dies, Game of Throne-Fans!) reaktionäre pseudoromantische Kapitalismus-Kritik, Opium für’s Volk – aber Bullshit kann erholsam sein. Ich spiele online auch so etwas, aber John Norman als Vorlage ist so absurd schlecht, dass man es schon wieder lustig findet, wenn man es als unbeabsichtigte Satire nimmt. Immerhin kann Fantasy mit BDSM Sex und Gewalt besser sein als der Angriff der Killertomaten.

Ein Plot, wenn es den überhaupt gibt, ist natürlich irrelevant. Eine Verfilmung hofft auf den Sog der Leser der Buchvorlage(n) und ist potenziell unendlich lang, weil sich das immer Gleiche ebenso oft wiederholt. Fantasy schreiben Autoren, die zu faul sind, sich mit Wissenschaft und gesellschaftlichen Utopien zu beschäftigen. Eigentlich könnte Fantasy auch zeitlos sein, und der jeweilige Plot würde sowohl zum Paläolithikum, zum Feudalismus oder auch zur Zukunft passen. Merkwürdigerweise verweisen aber fast alle Filme dieser Art ikonografisch auf das, was die Drehbuchschreiber für das Mittelalter halten, garniert mit wohlweise ein paar Zaubereien oder mit Helfen und Heilen. Um diese Absurdität auf die Spitze zu treiben: Warum ließ man „The Wheel of Time“ nicht in einem Plattenbau-Ambiente spielen? Trollocs würden da vielleicht sogar besser hinpassen.

wheel of time

The Wheel of Time treibt das Absurde noch mehr ins reaktionäre Bullshit-Bingo, weil man den ohnehin schon albernen pseudomärchenhaften Plot mit Wokeness und „Diversity“ spickt und noch ein paar modische Elemente des urban style daruntermischt, inklusive metallene Nasenpopel aka Septum. Fehlen eigentlich nur eine Kneipe mit veganem Essen und Untertitel mit Gendersternchen (aber vielleicht kommt das noch). Und, wie nicht anders zu erwarten war, trägt eine Tussy einen Hidjab.

Im Ernst: Gegen Quotennegerinnen maximalpigmentierte Schauspieler ist nichts einzuwenden, da die Hautfarbe – erst recht bei Fantasy! – nichts, aber auch rein gar nichts aussagt. Sandalenfilme sind da eher schon deshalb Quatsch, weil es sogar römische Kaiser mit dunkler Hautfarbe gab – die Römer waren weniger Rassisten als die heutigen Mitteleuropäer. Und das sollte man auch so zeigen, selbst bei purer Fiktion.

Aber muss man es mit dem Holzhammer machen? In Wahrheit ist es gar nicht so, dass die Hautfarbe unwichtig wäre, sonst würden die People of Wokistan nicht so insistieren, dass jede bekannte Farbschattierung (nur im Englischen kann man race sagen) vorkommen muss. Warum nicht ausnahmslos Dunkelhäutige nehmen? Nein? Geht nicht? Weil sich „Weiße“ so etwas nicht ansehen würden? Warum nicht ausschließlich phänotypische „Inder“ wie die Hauptdarstellerin, die aber Indigenous Australian ist? Weil Bollywood noch als fast „weiß“ gilt?

Und warum muss ein männlicher Hauptdarsteller, der japanisch/koreanisch aussieht, eine Art Katana auf dem Rücken mit sich herumschleppen? Nur weil alle Schwertkämpfer der heutigen Hollywood-Trash-Populärkultur wie Samurais aussehen müssen und keine Degen wie die Musketiere tragen? Keine Sorgen, Koreaner und Japaner sind für US-amerikanischen Geschmack im Durchschnitt viel gebildeter, verwöhnter und anspruchsvoller, als dass sie sich diesen Schund reinziehen würden. Nehmt lieber einen Bihänder!

Und erst die Zigeuner das „fahrende Volk“ mit seinen bunten Wagen! Ein Schelm, wer da an Roma aus Transsylvanien denkt. Unerbittlich gut, die Frauen regieren, und die Männer haben Wursthaare wie die Quoten-Farbigen in „Matrix Reloaded“.

wheel of time

Fazit: Unerträglicher Kitsch. Für mich grenzt das schon an eine Gefährdung der Jugend. Jede Sekunde des Films verschwendet kostbare Lebenszeit.




Germanen

germanen

Habe ich mir selbst zu Weihnachten geschenkt: Germanen: Eine archäologische Bestandsaufnahme. Ist nicht billig, aber sehr interessant, falls jemand noch Geschenkideen braucht. Aber wer interessiert sich dafür? Ich hatte die Ausstellung leider verpasst.




Triggern und die Totengräber der Kunst

olympia
Olympia von Édouard Manet, 1863

Dazu die NZZ: „In vorauseilender Korrektheit säubern manche Verlage und Autoren ihre Werke von allem potenziell Anstössigen“.




Bare Sticks Holiday

kurasov

Heute ist Single’s Day. Und die Bilder Georgy Kurasovs würde ich, wie schon gesagt, mir alle kaufen – sie sind großartig.




Blackspace, reloaded

blackspace

Ich muss noch einmal auf Blackspace zurückkommen. Die gute Nachricht: Die Agentur von Reut Alush ist wieder online. (Hey, hier lesen doch nicht so viele mit, dass ein Link von burks.de einen DDOS-Angriff bedeutet?)

Die schlechte Nachricht: Ich muss einen Stern von meiner Bewertung wegnehmen. (Ich bemühe mich, nicht allzuviel über den Plot zu verraten.)

Erstens: Am Schluss wird es richtig konfus, und die Gründe, warum wer wen umgebracht hat und vor allem die Motive blieben mir schleierhaft. Offenbar hatten die Drehbuchschreiber zu viele Ideen auf einmal und konnten sich nicht entscheiden: Geht es darum, dass Eltern mehr Verantwortung für ihre Kinder übernehmen sollen – und was heißt das im Detail? Dass in Schulen nichts vertuscht werden soll, auch wenn das dem Ruf der Schule schadete? Der Plot schien zuerst ein Whodunit, aber später verliert er sich in Psycho-Scharmützeln. Zum Glück machen die Dialoge und die Schauspieler das wieder wett.

Zweitens: Viel zu wenig Sex. Einmal rumknutschen mit Reuth Alush ist definitiv nicht genug, und die behält auch noch den Büstenhalter an. Das wäre mit mir nicht passiert. (Das fällt mir in allen isrealischen Filmen auf: Die sind ziemlich prüde.) Aber vermutlich spekulieren sie auf mehr Staffeln, und es wäre langweilig, wenn der Hauptdarsteller (verheiratet, wird auch noch Vater) immer mit derselben vögelte.

Drittens: Wie auch schon bei Hatufim spielt sich alles in der oberen Mittelklasse ab. Ein Schüler kommt aus einem „Problemviertel“ und prügelt sich – auch ein dummes Vorurteil – herum. Immerhin haben einige Schüler Nebenjobs, was bedeuten könnte, dass sie sich die Kosten für Nachhilfeunterricht nicht leisten können oder was auch immer. (Die Lebenshaltungskosten in Israel sind hoch, vor allem die Mieten – ein Schekel ist knapp 30 Cent wert im Vergleich.) Die Armut in Israel ist auch groß. „In der Armutsstatistik der OECD gehört Israel zu den Mitgliedsländern mit den höchsten Armutsraten.“ Das kommt im Film überhaupt nicht vor. Alle wohnen in ziemlich luxuriösen Wohnungen. Vermutlich sind diese Leute auch das Publikum, an das sich die Serie richtet. Was würden die frühen sozialistischen Kibbuzim dazu sagen? (Nehmt dies, „Linke“: „Doch der Kibbutz Sasa im Norden des Landes hält an den linken Idealen fest. Der wirtschaftliche Erfolg eines Kibbutz-eigenen Rüstungsbetriebs macht es möglich.“)

Es ist dann doch wie hier: Die Mittelschicht hat moralische Probleme und thematisiert diese. Klassenkampf kommt nicht vor oder darf nicht vorkommen. Wo kämen wir denn da hin!

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Blackspace [Update]

blackspace

Wer gern Thriller-Serien schaut, kommt um Blackspace nicht herum. Die israelische Produktion fesselt mich sogar so, dass ich nicht herumzappe, wie es sonst meine Art ist. Ich werde bestimmt noch mehr dazu schreiben, habe aber erst einige Folgen gesehen.

Der Held und Kommissar Guri Alfi spielt seine Rolle wie eine Mischung aus Clint Eastwood und dem „Tatort“-Komissar Faber: Warum zwei Gesichtsausdrücke, wenn einer genügt. Man muss auch nicht immer aussprechen, dass alle anderen Idioten sind und sich ficken sollen, es reicht aus, wenn man so guckt.

Der Plot: Massaker in einer Schule, alle sind Jugendliche und alle verdächtig, Pistolen werden ausgedruckt und man kommuniziert in geheimnisvollen Kanälen im Cyberspace (statt „Blackspace“ hätte man auch Telegram nehmen können). Die Schüler mobben sich gegenseitig bis aufs Blut und mehr, als man hierzulande gewohnt ist. Auch genderpolitisch ist alles unkorrekt. Die Kerle verhalten sich, wie man es aber aus israelischen Filmen kennt, sehr, sehr rau(h)beinig, um es vorsichtig zu formulieren. Männer haben kurze Haare, Frauen lange. Und natürlich sind die Schauspielerinnen durchweg um ein Vielfaches attraktiver als in deutschen Filmen.

Allein schon wegen der dem Kommissar zwangsweise beigeordneten „Jugendkommissarin“ (oder so ähnlich) sollte der Hetero-Mann einen Blick auf die Serie werden. Reut Alush ist das, was man unter Männern als smoking hot bezeichnet. Oder ein höheres Wesen hat sich einen Scherz erlaubt und in Form der Netflix-Algorithmen mir eine Frau vorgestellt, wegen der ich sogar Olga Kostjantyniwna Kurylenko stehen lassen würde.

Ich musste manchmal schallend lachen, weil die Dialoge zum Teil urkomisch werden. Morag Shmuel (Reut Alush, vgl. Screenshot unten) wird von Rami Davidi (Guri Alfi, dito) rüde und unhöflich behandelt – hierzulande würde die Dame zum Antidiskriminierungs-Beauftragten rennen. Aber israelische Frauen sind wohl ziemlich tough. Shmuel fragt den Internet-Experten der Einheit (der hier weder fett ist noch Popcorn frisst, sondern sogar Uniform trägt), ob der Kommissar immer so sei. Der antwortet trocken: Nein, manchmal habe der auch „schlechte Tage“. (Ich schaue den Film mit Untertiteln, das Hebräisch passt einfach vom Klang her viel besser zu dem rauen Umgangston).

Und dann erst die Schüler: Man möchte am liebsten auf das selbstverliebte nervtötende Pack einprügeln und die Mores lehren. Die Schülerinnen geben eindeutig den Ton an (herausragend: Liana Ayoun), auch wenn die Herren meinen, unentwegt den Obermacho raushängen lassen zu müssen. Sehr subtil und sehr realistisch in Szene gesetzt. Diese Art von Kommissar passt hervorragend zu Jugendlichen, die ständig den Mittelfinger gegen jeden und alles heben. Obwohl Alfi eher klein ist und nicht muskulös, spielt er so, dass vermutlich auch die Araber-Gangs in der Notaufnahme, mit denen ich zu tun hatte, artig geblieben wären. „Natürliche Autorität“ nennt man das, wurde mir gesagt. (Ab und zu kommt der Schimanski durch: Der gewalttätige Vater eines Schülers bedroht seinen Sohn und dann auch noch den zufällig anwesenden Kommissar, der einen Kopf kleiner ist. Man kann sich das Ergebnis ausmalen.)

Bis jetzt ist „Blackspace“ uneingeschränkt gut! Ich glaube auch, dass ich mein Urteil nicht revidieren werden muss.

blackspace

[Update] Wie Website der Agentur von Reut Alush [https://www.add-ca.com/talents/reut-alush/] ist nicht erreichbar. Habe ich so viele Leser? [Ein Foto bei Fracebook]




Resistance is futile

gendern

Man muss sich wehren. Irgendjemand muss damit anfangen. Aber solange es nicht ums Geld geht, bleibt die Sache Feuilleton, ist also irrelevant. Ich habe jetzt den Newsletter Netzwerk Recherche abbestellt, den ich, seitdem es ihn gab, abonniert hatte, weil ich nicht mit Genderdoppelpunkten inmitten unschuldiger Wörter belästigt werden will. Denen ist es egal, warum man das nicht mehr lesen will, und sie haben auch die Abonnenten nicht gefragt.

Zum Thema auch: Welt online: „Autorin klagt gegen Gendern ihres Textes“. Der Verein Deutsche Sprache (VDS) unterstützt die Klage. Man muss den Verein nicht mögen, aber es gibt keine organisatorische Alternative, gegen den identitären Unsinn vorzugehen.




The Voyeurs oder: Breathing new life into the forgotten genre of erotic thriller

the voyeurs

Ich empfehle The Voyeurs (Amazon Prime). Bevor mich jemand missversteht: Ich dachte auch zuerst, das sei Film, in dem es vorwiegend darum ginge, die äußerst appetitlichen und auf einschlägigen Websites oft genug erwähnten big naturals (bra size D) der Hauptdarstellerin Pippa (Sidney Sweeney) in ihrer natürlichen Umgebung – also unbekleidet – möglichst oft zu Wort kommen zu lassen darzustellen. Aber das ist mitnichten so. Der Film ist intelligent, kombiniert auf elegante Weise sex and crime, überrascht die Zuschauer mit dramatischen Zickzacks des Plots und kann auch als Parabel für die Hipster-Kardashians dienen, ohne dass irgendwo ein moralischer Holzhammer zu sehen wäre, wie in deutschen Filmen unumgänglich.

the voyeurs

Es sei empfohlen, sich den Plot vorher nicht durchzulesen, weil das einige Überraschungsmomente weniger bedeutete. Mal so dahingeschwurbelt: Was macht sie aus, die Faszination für das Leben und die intimen Momente uns fremder Personen? In einer digitalen Zeit, in der sich Menschen auf Plattformen regelrecht zur Schau stellen, Videoüberwachung ein fast alltäglicher und unbemerkter Begleiter ist, Firmen unsere Spuren im Internet analysieren und Datenschutz ein stetig heiß diskutiertes Thema ist, erarbeiten Filme ein außerordentliches Spektrum dessen, wie Voyeurismus jeden von uns im Alltag begleiten kann. (…) Auch Michael Mohans „The Voyeurs“ spielt mit dem Reiz des Verbotenen, der lauernden Gefahr und der Sucht nach Teilhabe an einem Leben, das nicht (mehr) das eigene ist.

the voyeurs

Sidney Sweeney ist kein blondes Puttchen, das nur den Möpse-Faktor ausspielt. Ich finde Sex-Szenen in Filmen meistens peinlich und zum Fremdschämen, weil man weiß, was kommt und in welcher Reihenfolge und dass bestimmte Praktiken sowieso nicht sein dürfen. Die Sweeney spielt das, was das voyeuristische Hetero-Herz anzusehen begehrt, mit einer Mischung aus Unschuld und Schamlosigkeit, dass einem Hören und Sehen vergeht. Die Dame ist außerdem Kampfsportlerin, was für eine Frau mit solch auffälligem Busen nützlich ist, um notfalls zu aufdringliche Glotzer in das Gemächt zu treten, und betreibt Sportarten, bei denen man nicht allzu ängstlich sein darf. Tough girl, obwohl sie auf den ersten Blick nicht so wirkt.

the voyeurs

Ein Wort zur Technik im Film. Das Paar nutzt eine Art Laserpointer, um ihre Nachbarn auszuspionieren. Man kann mich gern eines Besseren belehren, aber ich halte das für Bullshit-Bingo. Alle Drucker, auch in der Nachbarschaft, sind für alle zugänglich. Kann man machen, und vermutlich agieren Hipster auch so. Aber realistisch ist das nicht. Die Rezensenten begnügen sich damit und kennen in Deutschland ohenhin nicht den Unterschied zwischen Fax und E-Mail: Pippa findet einen dramatischen Weg, um mit den Nachbarn zu kommunizieren. Sie verschafft sich offenbar Zugang zu deren Drucker und verschickt die Faxe. Wenn Julia und Seb wollen, dass die Nachbarn sie ausspionieren, würden sie sich nicht einmal darum kümmern, ein Passwort für ihr W-LAN zu vergeben. Die technische Seite des Ganzen wird jedoch im Film selbst nicht im Detail gezeigt.

Klar, weil es diese „technische Seite“ so nicht gibt, oder aber man ist extrem bekloppt, was aber dazu führte, dass man sich solche Luxus-Lofts, die im Film zu sehen sind, vermutlich dann nicht leisten könnte.

Jim Schembri schreibt: Sweeney’s magnetic performance really draws you in, making you complicit in her actions as she soft steps ever deeper into the goings on across the way.

Not only do her actions have consequences, even the consequences have consequences. Vastly underrated, The Voyeurs turns out to be a knockout piece of entertainment for adults that plays with perversion and delivers a most satisfying finale.

Ich hätte noch einen alternativen Titel: Unterschätze niemals eine Augenoptikerin mit viel Holz vor der Hütte!




Bewegte Zeiten

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Kumst vom arthaus:nowodworski, gesehen in Unna und durch eine Schaufensterscheibe fotografiert. „Unsere zentralen Themen sind die Veränderung der objektiven Realität und die Auseinandersetzung mit der Zeit.“ Interessant und schön ansehen, aber vermutlich für Leute wie mich unerschwinglich. Erinnert mich an einen weisen Satz des Glöckners von Unna: Nichts ist stärker als die Zeit.




Squid game oder: Das Richtige tun

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Credits aller Bilder: Netflix – Squid Game

Wer schon schon einmal koreanische Filme gesehen hat, was ich auf Anraten guter Freunde vor längerer Zeit schon tat, der weiß: Jetzt wird es anspruchsvoll, der Intellekt strafft und reckt sich voll Vorfreude, etwas zu tun zu bekommen, und die US-Amerikaner muss samt Hollywood draußen bleiben. Sorry, das versteht ihr nicht.

Lob und Dank den Mathematikern, die Algorithmen erfunden haben! Eben einer dieser spülte mir auf Grund meines vorher von Netflix ausspionierten Rezeptionsverhaltens Squid Game in mein peudointelligentes TV. Ich habe erst ein paar Folgen gesehen – trotzdem empfehle ich die Serie uneingeschränkt. Einer der seltenen Fälle übrigens, in den ich, den Zeigefinger pädagogisch wertvoll erhebend, rate: Nichts für schwache Nerven, und sensible Nachgeborene könnten verstört werden. (Keine Ironie!)

Here you go, sagt marie claire: „Would you risk your life playing kids‘ games if it meant winning a literal fortune? The surprise hit Korean drama Squid Game has captivated audiences, depicting a brutal competition for 456 billion Korean won (about $38 million). The nine-episode drama has hit No.1 on the Netflix Top 10, with millions of viewers following its cast of all-star Korean actors as they form alliances and enemies through deadly versions of Red Light, Green Light, and other children’s games.“

squid game

Die Hauptdarstellerin HoYeon Jung ist nicht nur supermodelmäßig hübsch, sondern spielt mit ihrer physischen Präsenz die meisten Kerle an die Wand. Ihr moralischer „Counterpart“ Kim Joo-Ryung macht sich hässlich und gibt die zänkische amoralische Zicke, aber ist als Schauspielerin ebenso herausragend. Die dritte auffällige Mimin Lee Yoo Mihat leider nur einen kurzen Auftritt, von ihr hätte ich gern mehr gesehen.

Forbes falls den eigentlich simplen Plot so zusammen: „If you told me a Korean drama where people compete in murderous children’s games would become the number one offering on Netflix in the US, I probably wouldn’t have believed you. But that’s what Squid Game has just accomplished, unseating Sex Education season 3 for the top spot, and securing itself as what may be Netflix’s most popular Korean series ever.“

Oder, in einem Satz, bei kinofans.com: Die Serie sei „Sie ist im Grunde eine fiese Übersteigerung dessen, was Reality-Shows wie das Dschungelcamp bieten.“ Das ist stark untertrieben, Squid Game ist noch zynischer, noch schwärzer, noch aufwühlender als alle Filme, die ich mit einem ähnlichen Plot jemand gesehen habe. Dagegen ist „1984“ ein Kindergarten. Gewalttätig und trotzdem sehr unterhaltsam!

Bitte, bitte, bitte: Wenn sich das Publikum durch meine Eloge ungeturnt fühlt – schaut den auf Koreanisch mit Untertiteln! Nur so kriegt man das Gefühl richtig mit, und die Töne und Sprache passend zur Mimik. Das macht alles ziemlich fremd, verfremdet das, was man erwartet: Nein, die Akteure handeln mitnichten so, wie man das kennt, und auch die Geschichte wäre von deutschen Filmemachern unmöglich – sie würden sich das nicht trauen.

squid game

Um zu beruhigen: Der Film ist eine Art Science Fiction, die in einem „totalitären“ Ambiente spielt – das aber auch als Parabel für den Kapitalismus durchgehen könnte: Das Spiel, bei dem nach und nach alle Verlierer eliminiert werden, soll „fair“ ablaufen: In einer Szene sieht man blutüberströmte Gehängte, die aber zum Sicherheitspersonal gehörten und die Regeln gebrochen hatte. Fairer Sozialdarwinismus – und dann sieht man, wie die Wachmannschaft die Särge der Getöteten in Öfen schiebt in einem Ambiente, was einen sofort an Konzentrationslager denken lässt. Zum Gruseln, und ich grusele mich eigentlich fast nie.

squid game

Das ist aber noch nicht alles. Koreanisch klingt nicht nur wie eine Alien-Sprache, auch die Mimik und Körpersprache hat nur wenig mit dem zu tun, was bei uns üblich ist. Damit muss man erst einmal klarkommen (daher noch einmal: Eine Synchronisation ruiniert das alles!) Mit großer Spannung studierte ich die Gruppendynamik: Wer macht was warum? Auch hier: Von Dschungelcamp (kenne ich nur vom Hörensagen) oder „Lost“ keine Spur. Eine dröge deutsche Rezension versucht, das Unübliche auf den Punkt zu bringen: „Für eine Serie mit einer relativ abgedroschenen Prämisse schafft es das “Squid Game” von Netflix tatsächlich, eine Menge Überraschungen in seinen Schluss zu packen. Das liegt vor allem daran, dass der Erfolg der Serie nicht so sehr davon abhängt, wer das Spiel gewinnt, sondern davon, wie sie es gewinnen und was das alles bedeutet.“

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Was soll das alles also bedeuten? Der Held ist zu Beginn ein Tunichtgut der allerdämlichsten Art; man hofft inständig, dass ihn irgendetwas wieder auf die Bahn oder was auch immer bringen wird. Squid Game kommt aber nicht mit dem moralischen Holzhammer, wie das hierzulande im „Tatort“ üblich ist. Die Protagonisten lassen das Finsterste und Ekelhafteste aus sich heraus, und die, von denen man das nicht erwartet, agieren ganz unerwartet und für uns auch nicht immer logisch – aber dennoch nicht inkonsequent. Absolut grandios: der alte Mann Oh Young-soo – noch besser als der Hauptdarsteller.

Bei jeder Zeile, die ich schreibe, fällt mir noch mehr ein, aber das würde dem Publikum zu viel verraten. Hausaufgabe: Warum verhalten sich Koreaner wann und wie oft ganz anders als Europäer, und wie könnte man das beschreiben?

Das Finale habe ich noch nicht gesehen. Aber ich weiß schon, dass ich mir alle Staffeln, wie viele es auch sein mögen, anschauen werde.