Ferrocarriles Ecuatorianos

san lorenzosan lorenzosan lorenzosan lorenzo

Wir waren mit Schmugglern vom kolumbianischen Tumaco nach San Lorenzo (San Lorenzo (Youtube) in Ecuador gereist. (Vgl. Am Rio Mira, Januar 2015). Damals war San Lorenzo ein verschlafenes und schwülwarmes Tropennest. Viel wird sich seitdem nicht geändert haben.

Von dort sollte es mit der berühmten Eisenbahn nach Ibarra hoch in die Anden gehen. Der Bahnhof (3. Foto) war nicht sehr vielversprechend, er existierte gar nicht, nur die Gleise. Immerhin. Ein Zug fuhr auch nicht, aber endlich setzte sich ein Güterzug in Bewegung, alle Passagiere auf den Wagendächern. Der Schaffner hüpfte wie bei einem Stunt von Waggon zu Waggon, um zu kassieren.

Wenn einem auf einer eingleisigen Strecke ein Zug entgegenkommt, ist das immer unpraktisch. Hier war das offenbar mehr oder weniger geplant. Irgendwann begegnete uns ein Schienenbus, und alle stiegen um. Der Schienenbus fuhr zurück, und der Güterzug hinterher. So einfach kann es sein.




Sonnenschutz

sonnenschutz

Quito, Ecuador, 1979




Dschungel

Dschungel

Echter, unverfälschter, fast undurchdringlicher Dschungel. Man kann den knietief matschigen schmalen Pfad gerade noch erkennen. (Ecuador 1979)

Ich habe mal geprüft, wo das gewesen sein könnte. Nördlich von Misuahalli am Rio Napo, drei Stunden Fußmarsch flussaufwärts. Ich war damals allein und nur neugierig, wohin der Pfad führte (mehr Bilder). Diese Foto hatte ich schon vor fünf Jahren hier gepostet, ich mag es immer noch.

Auf halbem Weg ist heute eine Lodge, die ausgerechnet „El Jardin Aleman“ heißt. Damals war da nur Urwald.




Vulkanismus

Tungurahua

Der Vulkan Cotopaxi in Ecuador ist ausgebrochen. Leider fällt mir nicht mehr ein, welchen der Vulkane ich fotografiert habe, als ich 1979 den Tungurahua (5,023 m) bestiegen habe. Frage an die Ecuador-Spezialisten: Ist der Berg im Hintergrund der Chimborazo (was ich annehme) oder der Cotopaxi? ich meine mich erinnern zu können, dass ich nach Westen fotografiert habe.




Über ein Wirtschaftssystem

Botschafter von Ecuador

Foto: Embajada del Ecuador en Alemania

Es gibt normalerweise keinen Anlass, hier Pressemeldungen zu publizieren, schon gar nicht die von Regierungen. Heute mache ich eine Ausnahme und habe einen guten Grund.

Pressemitteilung der Botschaft von Ecuador in Berlin vom 19.11.2014 über eine Rede des Botschafters in Tübingen:

Botschafter Jurado dekonstruiert Huntingtons „Clash of Civilizations“ als „intellektuellen Trick“ um die eigentliche weltweite Konfliktursache Nr. 1 der sozialen Ungerechtigkeit zwischen Nord und Süd zu kaschieren“, ein Wirtschaftssystem, „das die Unterdrückung und die Ausbeutung des Menschen sowie ganzer Nationen und Regionen fortsetzt.“

Der Herr sieht nicht nur so aus wie Karl Marx, sondern teilt offenbar auch dessen Meinung – sehr sympathisch!

Man müsste sich nur vorstellen, wie ein Botschafter Deutschlands im Ausland bei demselben Thema auftreten und was er sagen würde. Dem würde noch nicht einmal der Begriff „Wirtschaftssystem“ über die Lippen kommen, da unsere Prediger der „Volkswirtschaftslehre“, deren Aufghabe es ist, affirmative Propaganda für das Kapital zu machen und die die Testbausteine zuliefern, es sogar ablehnen, von einem „System“ zu reden, wenn sie Ökonomie meinen, da „der Markt“ für sie eine anthropologische Konstante seit dem Neolithikum ist und ansonsten Wirtschaft wie das Wetter funktioniere: Man beobachtet, und machmal treffen die Vorhersagen zu und manchmal nicht. (Ich rede nicht von Meteorologen – dieser Vergleich würde sie beleidigen -, sondern von normalen Leuten, die in den Himmel starren, um entscheiden zu können, ob sie einen Schirm mitnehmen müssen.)

Oder könnte man sich vorstellen, dass auch nur einer der offiziellen Representanten unseres Landes überhaupt von „Unterdrückung und die Ausbeutung des Menschen sowie ganzer Nationen“ reden würde? Außer natürlich, wenn es um Terrorgruppen geht, die offenbar dann besonders erfolgreich zu sein scheinen, wenn imperialistische Staaten vorher unter fadenscheinigen Gründen ein Land überfallen haben (Afghanistan, Libyien, Irak, Syrien).

Ich meine nicht, dass Ecuador ein „sozialistischer“ Staat sei, genausowenig wie Venezuela. Der politische Druck von unten ist aber so stark, dass dort die Vertreter der herrschenden Klasse gewungen sind, um sich selbst zu legitimieren, sich ein „linkes“ weltanschauliches Kostüm überzuwerfen. (Jaja, das klingt wie Bakunin, aber ich lasse mich ungern von Phraseologie täuschen.)




Niemand ist illegal

Lateinamerika-Forum Berlin / Foro de las Américas Berlín e.V. – in Kooperation mit der Botschaft Ecuadors:

Seit der Verabschiedung der Verfassung von 2008 dürfen Geflüchtete in Ecuador weder als illegal bezeichnet noch so behandelt werden. Im Zentrum des Vortrags S.E. Herr Botschafter Jurado steht Ecuadors Konzept der menschlichen Mobilität in Theorie und Praxis, und damit die gegenwärtige Realität der Asyl- und Flüchtlingspolitik dieses südamerikanischen Landes. Inwiefern könnte dieses Konzept Vorbild für die europäische Migrations- und Integrationspolitik sein?

Ecuador hat eine lange Tradition der Solidarität. In den 70er Jahren z. B. nahm das Land Zehntausende chilenische, uruguayische und argentinische Staatsangehörige auf, die vor den Schergen der Militärdiktaturen flohen.

Auch heute noch ist Ecuador Zufluchtsland. Jeden Monat suchen im Schnitt um die Tausend Menschen Schutz, überwiegend aus Kolumbien kommend. Die Abteilung für Asyl und Flüchtlinge ist inzwischen die größte innerhalb des Außenministeriums, mit mobilen Beratungsstellen insbesondere in Grenznähe.

In Ecuador bestehen keine Einschränkungen der Freizügigkeit für Asylsuchende und Flüchtlinge. Sie sind nicht in Lager eingesperrt. Ihre Rechte und Pflichten sind nach der Verfassung anerkannt, gleichgestellt mit ecuadorianischen Staatsangehörigen. Sie haben kosten losen Zugang zu Gesundheit und Bildung.

Veranstaltung Donnerstag, 21. August 2014, 19 Uhr
Lateinamerika-Forum Berlin e.V.
Bismarckstr. 101, 5. Etage (Eingang Weimarer Str.)




Tungurahua, revisited

tungurahua

Der Vulkan Tungurahua in Ecuador ist wieder ausgebrochen. Ich darf an mein Posting vom 08.05.2011 erinnern: „Aufstieg zum Tungurahua“. Ich hatte mir damals aus dem Krater ein „Souvenir“ mitgenommen.




Ferrocarriles del Ecuador, revisited

ferrocarril

Das Foto habe ich 1979 irgendwo an der Bahnstrecke zwischen Guayaquil und Quito gemacht. (vgl. das Posting 14.05.2012)




Tschernobyl des Amazonas

brunnen

Credits: Moveglobal e.V.

Der Ekuadorianer Pablo Fajardo erzielte einen weltweit einmaligen juristischen Sieg gegen Texaco-Chevron. Der amerikanische Ölkonzern Texaco-Chevron hatte in Ecuador hochgiftige Schlämme in die Umwelt gepumpt und wild entsorgt.

Die Schäden, die am Amazonas im ecuadorianischen Amazonabecken zwischen 1964 und 1990 angerichtet wurden, gehen als das ‚Tschernobyl des Amazonas‘ in die Geschichte ein.

Vor einem ecuadorianischen Gericht war Chevron dafür bereits zu einer Geldstrafe in Höhe von 8,6 Milliarden Dollar verurteilt worden. Das Geld soll für ihre Entschädigung verwendet werden. Zudem, so befand das Gericht in seiner Urteilsverkündung, müsse sich der Konzern bei den geschädigten Einwohnern der Region entschuldigen. Die Pipeline durch das Gebiet der indigenen Bewohner/innen gehört übrigens der WestLB.

Argentinien beschlagnahmt zwei Milliarden Dollar des US-Konzerns Chevron wegen Umweltschäden in Ecuador.

Klasse!




Pressefreiheit in Ecuador?

Das Portal america21.de hat einen erhellenden Hintergrundbericht über die angebliche Pressezensur in Ecuador.
Reporter ohne Grenzen (ROG) übernimmt auf ihrer Homepage fast wörtlich die Kritik der interamerikanischen Menschenrechtskommission der US-dominierten Organisation Amerikanischer Staaten, der CIDH.

Die Süddeutsche ist das einzige deutsche Medium mit einer kritischen Sicht der Dinge:
…mit den Presse-Organen der alteingesessenen Elite Ecuadors liegt der Präsident über Kreuz. Er hat sich nichts Geringeres vorgenommen, als die gesamte Medienlandschaft des Landes neu zu ordnen. Sie soll „demokratisiert“ werden, das heißt, die monopolartigen Kartelle privater Unternehmen sollen aufgebrochen werden durch mehr Konkurrenz, also durch staatliche Sender oder Bürgerradios. (…) Die Friedrich-Ebert-Stiftung in Quito analysierte, aus der Sicht der Regierung sei „Kommunikation ein öffentliches Gut, das nicht dem Privatsektor überlassen werden dürfe“.

Man fragt sich, warum die Lobby-Organisation „Reporter ohne Grenzen“ kritiklos eine Position wiederkäut, die offenbar den – und nur den – US-amerikanischen Interessen dient und verschweigt, dass es um einen Machtkonflikt zwischen dem linken Präsidenten und den alten Eliten des Landes geht?




Ouito, revisited

Quito

Aus gegebenem Anlass ein Blick auf die Altstadt von Quito, der Hauptstadt Ecuadors – das Foto habe ich 1979 gemacht. Heute sieht es da natürlich ein bisschen anders aus.




Quito

Quito

Blick auf die Altstadt von Quito, der Hauptstadt Ecuadors – ich stand beim Fotografieren am Hang des Berges, den man auf diesem Panoramafoto sieht.

Hier gibt es ein kommerzielles Foto aus ähnlicher Perspektive, nur eben rund dreißig Jahre später. Ich war 1979 in Ecuador – schon eine Weile her….




Ferrocarriles del Ecuador

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Die Fotos habe ich 1979 irgendwo an der Bahnstrecke zwischen Guayaquil und Quito gemacht.




Ambulantes

ambulantes

Straßenhändler in Ecuador – das Foto habe ich 1979 irgendwo an der Bahnstrecke zwischen Guayaquil und Quito gemacht.




Aufstieg zum Tungurahua

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Nur zwei Mal im Leben habe ich einen Fünftausender bestiegen, einer davon ist der Vulkan Tunguarahu (5,023 m) in Ecuador. Auf rund 3500 Meter Höhe stand damals eine kleine Berghütte, in der wir übernachteten – für den Auf- und Abstieg braucht man mindestens drei Tage.

Auf den Gipfel und in den damals noch erloschenen Krater bin ich allein gestiegen, mein Begleiter war zu erschöpft. Die Besteigung dieses Vulkans ist, was die Klettertechnik angeht, nicht sehr anspruchsvoll, jedoch waren die letzten 500 Meter Höhenunterschied qualvoll: Wenn der Boden aus Vulkanasche besteht, geht man zwei Schritte vorwärts und rutscht dann wieder einen Schritt zurück. Und auf knapp 5000 Meter Höhe wird die Luft schon mal knapp; zum Glück war ich damals ziemlich durchtrainiert.

Die Aussicht war natürlich grandios, kaum mit Worten zu beschreiben, auch die Vegetation an der Baumgrenze. Ringsum konnte ich die Gipfel einiger anderer Vulkane sehen, unter anderem den Chimborazo (6.267 m), den vom Erdmittelpunkt aus gesehen höchsten Berg der Welt, sowie den El Altar (5,319 m, Bild vorletzte Reihe).

Ich verrate den Namen des Ortes nicht, der dem Tungurahua am nächsten liegt. In meinen Internet-Seminaren stelle ich immer die Frage: „Der Vulkan Tungurahua ist ausgebrochen. Finden Sie in fünf Minuten die Telefonnummer eines Interview-Partners in dem Ort, der dem Vulkan am nächsten liegt!”

Wenn ich gewusst hätte, dass der Tungurahua einige Jahre später ausbrechen würde, wäre mir, als ich im Krater stand, ganz schön mulmig geworden. Auch damals wurden mir schon die Schuhsohlen heiß. Heute kann man ihn vermutlich nicht mehr bestiegen – zu gefährlich.




Ecuador: Am Rio Napo

rio naporio naporio naporio naporio naporio napo

Mit großem Vergnügen und mit Schadenfreude las ich Berichte diverser Holzmedien, u.a. der FAZ: „Ein Gericht in Ecuador hat den amerikanischen Ölkonzern Chevron zu einer Milliardenstrafe wegen starker Umweltverschmutzung im Amazonasgebiet verurteilt. Dort sickern seit Jahren große Mengen Öl aus einer alten Förderstätte in den Boden und verseuchen die Region.“

Das Womblog – „Nachrichten aus Lateinamerika“ – ist informativer als deutsche Zeitungen, die eh aus dem Wall Street Journal abgeschrieben oder ohne eigene Recherchen von der Nachrichtenagentur dpa übernommen haben: „Das Provinzialgericht von Sucumbíos hatte nach 17 Jahren Rechtsstreit über den Fall entschieden. Indigene Gemeinschaften hatten zunächst ihre Klage gegen das Unternehmen Texaco vor US-amerikanische Gerichten gebracht: Texaco habe zwischen 1964 und 1990 giftige Abwässer in den Boden sickern lassen, die der Umwelt und den dort lebenden Menschen großen Schaden zugefügt hätten. 2001 übernahm Chevron Texaco und der Fall wurde nach Ecuador übertragen.“

Leute, könnt ihr nicht verständlich reden? Indigene Gemeinschaften? Indianische Völker – das ist gemeint, und vor allem die Auca, eine kriegerische und passporttapfere Nation, auch Huaorani genannt, die schon die Inkas nicht unterwerfen konnten und die mir vor allen deshalb sympathisch sind, weil sie mit den modernen Konquistadoren, den christlichen Sekten mit ihrem missionarischen Eifer, kurzen Prozess machten.

Im Dezember 1979 war ich im Gebiet der Auca in Ecuador, im östlichen Dschungel des Landes. Von der Hauptstadt Quito aus ging es per Bus und Lkw – mit einigen Problemen (vgl. Fotos oben – die Brücke war eingestürzt) nach Misahualli (unteres Foto, damals noch ein winziger Ort mit echtem Dschungel-Flair).

Wer übrigens glaubt, man könnte im echten Dschungel einfach so herumwandern, der täuscht sich. Dieser kleine Pfad zum Beispiel ließ mich fast knietief im Schlamm waten. (Die Schlange, die ich auf dem Foto halte, ist eine junge Anaconda, eine Würgeschlange, die hier zwar klein ist, aber beissen kann wie ein Hund – mir war recht mulmig.) Ja, in Misuahalli habe ich ein paar Auca gesehen, die mit Pfeil und Bogen und Speeren bewaffnet waren und lange durchbohrte Ohrläppchen hatten, aber ich habe mich damals nicht getraut, die zu fotografieren.

Von dort per Boot nach Puerto Francisco de Orellana, das damals der zentrale Ausgangsort für die nach Erdöl bohrenden Firmen im Dschungel von Ecuador war (vgl. den Stempel in meinem Pass). Es gab keine Pension – wir durften freundlicherweise im örtlichen Bordell übernachten.

By the way: Wer über Orellana weiterlesen will, nach dem der Ort benannt ist: Der Bruder Pizarros ist am Mythos der Amazonen schuld; seine „Expedition“ hat die Filme Aguirre, der Zorn Gottes“ und „Indiana Jones“ inspiriert.




Otavaleños

OtavaloOtavaloOtavaloOtavalo

Marktszenen in Otavalo, Ecuador (1979). Ich bin erstaunt, dass nicht nur der deutsche (da erwarte ich es nicht anders), sondern auch der englische Wikipedia-Eintrag nichtssagend und dem Thema unangemessen sind – der spanische Beitrag sieht da schon anders aus.

„Otavalo es el municipio de mayoría indígena más rico de la República de Ecuador“. Die Gemeinde ist die reichste von allen „indianischen“ Orten in Ecuador. Der Bürgermeister gehörte dem Movimiento de Unidad Plurinacional Pachakutik – Nuevo País (MUPP-NP) an. Das ist eine Partei in Ecuador, die mit der indianischen Dachorganisation CONAIE verbündet ist und die Interessen der indigenen Bevölkerung ganz Ecuadors vertritt.

Bevor sich jetzt die völkischen Romantiker und andere reaktionären Multikultis und „Kulturen“-Groupies zu Wort melden: Wer „Indianer“ ist, weiß in Südamerika kein Mensch. Das ist eine soziale Kategorie, die jemandem zugeschrieben wird – wie hierzulande „Fremder“ oder auch nicht. Ich habe selbst miterlebt, wie ein so genannter Mestize „(Karl May nannte die noch „Halbblut“) einen „indianischen“ Bauern als „Rothaut“ („pielroja“ – auch eine bekannte billige Zigarettenmarke in Bolivien) beschimpfte.

„Indigen“ (eigentlich „indianisch“) ist etwas Ähnliches wie eine „nationale Minderheit“ in Deutschland, also Sorben, Sinti und Roma, Dänen oder Friesen. Nation und Staatsangehörigkeit bedeuten nicht dasselbe, das muss man völkischen Reaktionären sie Sarrazin und Multi“kultis“, die alles Politische auf vermeintliche Folklore („Haus der Kulturen der Welt“) reduzieren, immer erst mühsam erklären. Ein „Indianer“ ist also nicht jemand, der traditionelle Tracht trägt (die in Südamerika oft spanische Bauernkleidung ist, die den „Ureinwohnern“ von den Konquistadoren aufgezwungen wurden), sondern jemand, der auf eine bestimmte Art und Weise lebt und politisch handelt und sich in eine Tradition stellt.

Eine „reine“ Kultur gibt es nur in den Köpfen deutscher Rassisten und anderer Neonazis und ihrem „linken“ Pendant, den paternalistischen Rettern der „bedrohten Völkern„. („Im Unterschied zu anderen Menschenrechtsorganisationen hat die GfbV in besonderen Situationen militärische Interventionen und Eingriffe unterstützt“.)

Im Deutschen sagt man auch nicht Volk, sondern vornehm „Ethnie“ (obwohl das genau dasselbe ist) oder, wenn man sich „grünalternativ“ gibt: „Kultur“. Besonders lächerlich verschraubt ist die Formulierung über Mario Conejo im deutschen Wikipedia: er habe einen „ethnischen Kichwa-Hintergrund“. Das entspricht dem Wortungetüm: „er hat einen Migrationshintergrund“ – statt: er ist Einwanderer oder das Kind von Einwanderern. Der Bürgermeister spricht also auch Quechua oder Runasimi, die Sprache der Inkas, so wie ein Sorbe Sorbisch spricht. (Man sagt ja auch nicht: „Er hat einen völkischen Sorbisch-Hintergrund.“) In Ecuador ist Quechau übrigens keine Amtssprache – im Gegensatz zu Peru. (Sorbisch ist in einigen Gegenden Deutschlands auch eine Amtssprache.)

Die Indigenas von Otavalho waren schon immer sehr geschäftstüchtig und wussten sich gut zu vermarkten. Die Männer erkennt man an ihrem langen Zopf und den blauen Ponchos, die sie auch im Ausland nicht ablegen. Ich habe sogar schon einen Otavalo auf einem Flohmarkt in Berlin getroffen und in einem Straßencafé in Caracas – der trug aber nur seinen Zopf, nicht den Poncho, und lachte sich kaputt, als ich ihm auf den Kopf zusagte, woher er stammte. Die Venezolaner wussten es nicht, aber der einzige Gringo weit und breit. Zuerst wollte er mir eine „indianische“ Decke verkaufen, als wir gemeinsam Kaffee schlürften, und er lachte sich noch mehr kaputt, als ich ihm sagte, von einem Otavaleno würde ich nichts kaufen, der würde mich sowie über’s Ohr hauen. Zum Abschied umarmte er mich und nannte mich „hermano“ („Bruder“), vermutlich weil wir die beiden einzigen Männer in Caracas mit einem Zopf bzw. Pferdeschwanz waren (1998).

Heute ist Otavalo (Utavalu in Quechua) auf den ersten Blick ein Ort für Touristen, die den Markt so erleben wie Schwaben oder Ossis den Türkenmarkt in Kreuzberg.