Schreiben und Anziehen

„Wenn manche Autoren sich sich so nachlässig anzögen wie sie schreiben, würden sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet.“ (Mary Douglas: „Ritual, Tabu und Körpersymbolik. Sozialanthropologische Studien in Industriegesellschaft und Stammeskultur“. Frankfurt am Main 1974, S. 108)

Medientrojaner

Der dümmste anzunehmende Historiker nennt das Pferd, mit dem sich laut Homer die Griechen in die Stadt Troja schmuggelten, „Trojaner“ bzw. er nennt die Griechen Trojaner, obwohl die Trojaner draussen waren und die Griechen drinnen. Man kann ja auch die Deutschen Franzosen nennen oder die Russen Amerikaner, ist irgendwie sowieso egal.

So falsch, schräg und unpassend die Metapher „Trojaner“ für eine Software ist, die – so stellt sich das Klein Fritzchen vor – irgendwie auf einen fremden Rechner geschmuggelt wird, etwa mit Hilfe von Zauberformeln, die ein Beamter in Wiesbaden beim BKA vor sich hin murmelt, während er eine ausführbare Datei an einen verdächtigen Menschen schickt, in der Hoffnung, der benutze das Betriebssystem Windows und würde alles per Mausklick und per Admin-Account installieren, was nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist – es hindert die Holzmedien dennoch nicht, diesen Quatsch wieder und wieder zu verbreiten.

Aktueller Fall, Zitat Spiegel online: Das Münchener Justizministerium habe eingeräumt, „dass die [welche? B.S.] umstrittene [!] Spionage-Software zwischen 2009 und 2010 insgesamt fünfmal [sic] in Augsburg, Nürnberg, München und Landshut zur Anwendung kam.“

Man merkt schon bei diesem Deutsch des Grauens, dass hier irgendjemand irgendwelche Behörden-Agitprop abgekupfert hat – so redet kein Mensch: „zur Anwendung kam“? Das Gehirn des Schreibers kam offenbar nicht zur Anwendung. Wer wendete was an – und vor allem wie?

Und nur ganz nebenbei: „banden- und gewerbsmäßiger Betrug“ und „Handel mit Betäubungs-und Arzneimittel“ sind keine Straftatsbestände, bei denen das Bundesverfassungsgericht den Einsatz von Spionage-Software auf Computern erlaubt hätte. Den Bayern scheint das legal, illegal, scheissegal zu sein. Wundert mich nicht.

Jetzt aber die Pointe:
„Die Fahnder fanden trickreiche Wege, zum Aufspielen der Trojaner: einmal half der Zoll am Münchener Flughafen, einmal wurde der Spion per Remote-Installation aufgespielt, dreimal nutzen die Ermittler das Durcheinander einer Hausdurchsuchung.“

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Zum ersten, liebe Spiegel-Redakteure, gibt es hier sowieso nicht mindestens zwei unabhängige Quellen, sondern nur das, was die Behörde von sich zu geben beliebt. Ihr hättet das überprüfen oder anmerken müssen: „Die Behörde behauptet das.“

Zum zweiten und mal ganz langsam von vorn: Hier handelt es sich um Software zum Mithören von Skype. Das ist etwas ganz anderes als die real nicht existierende Online-Durchsuchung. Und mehr als Internet-Telefonie zu belauschen kann die Software nicht. Wann kapiert ihr das endlich?

Lauschen wir Gulli.com: „Die Installation des so genannten Bayerntrojaners soll wahlweise durch einen Einsatz der Polizei vor Ort oder remote per E-Mail geschehen. (…) Die Schadsoftware kann Daten an und über einen Rechner außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes versenden. Dabei kann Zugriff auf interne Merkmale des Skypeclients und auf SSL-verschlüsselte Websites genommen werden.“

O ja. Per Mail? Wie soll das gehen? Wenn der Verdächtige so bescheuert ist wie die Leute, die diesen Unfug wiederholen, ohne auch nur ein Milligramm Gehirnschmalz zu aktivieren, dann wird er auch zu dämlich sein, um ein Programm zu installieren (und das müsste er).

Bei der so genannten Online-Durchsuchung geht es mitnichten um das Belauschen von Internet-Telefonie, und Skype ist sowieso nicht sicher! Wie ich schon am 04.01.2008 in der Netzeitung schrieb:

Skype hat aber nicht nur ein Problem. In vielen Unternehmen ist es verboten, weil das Sicherheitsrisiko zu groß erscheint. Die Software verhält sich zu Firewalls und Routern wie ein Nashorn, wenn es in Wut gerät: Sie bohrt Löcher hinein, damit auch der dümmste anzunehmende Nutzer bequem plaudern kann und nicht erst in den digitalen Eingeweiden fummeln muss.

Wer sich um die Konfiguration der Privatsphäre nicht kümmert, könnte sich versehentlich von fremden Menschen abhören lassen. Eine Firma, die Skype einsetzte, verlöre auch die Kontrolle über den Datenverkehr. Deshalb raten Wirtschaftsverbände davon ab.

Der größte Nachteil von Skype ist prinzipieller Natur: Das Programm ist proprietär – also nicht kompatibel mit freier Software -, und der Gesprächspartner darf keine andere VoIP-Software nutzen. Die Innereien von Skype – der Quellcode – sind ohnehin ein Betriebsgeheimnis. «Security by obscurity» nennt man das System im Hacker-Milieu. Im Internet kursieren detaillierte Analysen wie «Silver Needle in the Skype», die die Schwachstellen der Software aufzeigen.

Für politisch denkende Zeitgenossen ist Skype ähnlich igitt wie Googles E-Mail-Dienst: Nutzer von Skype aus China bekommen einen Textfilter vorgesetzt, der bestimmte Worte nicht durchlässt. «Falun Gong» und «Dalai Lama» sind als verboten gesetzt. Diese Zensur kann nur funktionieren, weil die Betreiberfirma die Möglichkeit ab Werk eingebaut hat, die Gespräche mitzuprotokollieren und zu belauschen.

Das alles wird den normalen Nutzer nicht abschrecken. Der installiert manchmal sogar eine Webcam im Schlafzimmer, weil er nichts zu verbergen hat und nutzt das bekannte Betriebssystem eines rothaarigen Multimilliardärs, bei dem alle relevanten Sicherheitsfeatures ab Werk ausgestellt sind.

Welche „trickreichen Wege“ nutzten also die Beamten ganz legal, illegal, scheissegal? „Per Remote-Installation aufgespielt“ – könntet ihr hier mal ins Detail gehen? Welche IP-Adresse attackieren sie denn, oder wurde dem Verdächtigen eine per Einschreiben mit Rückschein vorher aufgezwungen?

„Nutzen die Ermittler das Durcheinander einer Hausdurchsuchung“ – ach ja? So geht das also in Bayern zu, das überrascht mich nicht. Da kann ich ja froh sein, dass die Beamten, die meine Wohnung durchsuchten, nicht alle Buchregale umgeworfen, das Geschirr auf den Boden und die Monitore mal eben so umgestoßen haben? Wie kann man so etwas als Journalist einfach kritiklos „vermelden“, wie es in grauenhaften Journalisten-Neusprech heutzutage heißt? Wenn das in China passierte – „die Ermittler nutzen das Durcheinander einer Hausdurchsuchung“ -, dann würdet ihr alle heuchlerisch jammern und klagen.

Verlogenes unkritisches obrigkeitshöriges Pack! Das kotzt mich wirklich an. Und ihr habt keinen Schimmer von dem, wovon ihr schreibt.

Nur ganz nebenbei: Wie hätte denn bei mir jemand während der Hausdurchsuchung etwas auf meine Rechner „spielen“ können? Die waren ausgeschaltet, und ich hätte notfalls einfach die Stecker rausgezogen, wenn dem nicht so gewesen wäre.

Unstrittig ist, dass, wenn man den physischen Zugriff auf einen Rechner hat und wenn der eingeschaltet ist und/oder von Fremdmedien bootet, recht viel möglich ist. Aber das geht bei Leuten nicht, die einen Rechner von einem Videorecorder unterscheiden können. Aber vielleicht irre ich mich ja, und meine Mitmenschen sind noch dämlicher als ich eh schon annehme.

Exakte Zielansprache für gefühlt erlesene Ichs

„Das erlesene ich“ heißt ein Artikel im Tagesspiegel vom Peter-André Alt, der nicht nur als Feuilletonist dilettiert, sondern auch in der FU Berlin präsidiert. Da kann ich natürlich nicht widerstehen, zumal mich schon der Untertitel stutzen lies: „Identitäten“? Aber Herr Professor, „Identität“ kennt so wenig einen Plural wie „Aktivität“, wenn man die deutsche Sprache ernst nimmt – und wer war hier noch mal identisch mit wem oder was?

Helm ab zum deutschen Feuilleton für den Oberstudienrat, nein, lesen wir einfach gemeinsam und gedenken derer, die wussten, dass sogar die deutsche Sprache Melodie und Rhythmus besitzt, wüsste man denn, wie dieselben anzuwenden wären:

Das moderne Ich, dessen Geburtstunde in der Aufklärung schlug, stützt sich auf unterschiedliche Rollen- und Identitätsentwürfe. Es ist so angelegt, dass es sich in Prozessen der Reflexion, der Einbildung, der Selbststilisierung, der Maskerade und Täuschung vervielfältigen kann. Lesen initiiert solche Formen der Anreicherung, indem es dazu beiträgt, das Ich mit seinen unentdeckten Möglichkeiten zu konfrontieren.

Ung, ung, ung, ung, tönet das Echo im Sprachwalde in der Hoffnung auf Erlösung vom Nominalstil. Diese gespreizte Bläh- und Furzdeutsch wollen wir jetzt übersetzen, liebe Kinder.

Der moderne Ich – wieso eigentlich „modern“? Meint der Kerl den Bürger und wie er sich im Kapitalismus formte, angefangen bei Norbert Elias und dem „Prozess der Zivilisation“ bis zu Max Weber, der, weil ein ehrlicher Wissenschaftler, sich noch traute, das böse Wort „Kapitalismus“ auszusprechen: „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus„?

Es gab mal einen Präsidenten der FU Berlin, der schützte seine Studenten persönlich vor der Polizei (ich war damals Augenzeuge). Es versteht sich nicht von selbst für einen Wissenschaftler, die Theorie zu vertreten, es gebe eine soziale Rolle. Damals, als man noch nachdachte und kritisch war, sah man das anders – guckst du hier:

Wo „Theorien der Gesellschaft“ von „soziologischen Theorien“ unterschieden werden, etwa im Marxismus oder in der Systemtheorie, da wird „Rolle“ entweder als gefährlicher Konkurrenzbegriff vehement zurückgewiesen, oder er wird einfach übergangen: Frigga Haug beanstandete als Marxistin, dass sowohl die Geschichte der Gesellschaft und ihre ökonomischen Bedingungen als auch das dialektische Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft mit dem Begriff „Rolle“ in das Individuum verlegt werden; die Theatermetapher „Rolle“ erleichtere zudem die Selbsttäuschung. Rollenforderungen stellen demnach eine äußere Übermacht dar, bei der die Gefahr besteht, dass das Individuum sich in die „innere Emigration“ zurückzieht …. Gesellschaftliche Verhältnisse erscheinen dementsprechend fälschlich als unveränderbar.[24] Eine systemtheoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Rolle“ steht noch aus.

Quod erat demonstrandum (sagt derjenige, der auch Bücher interessant findet, deren Titel moderne Glotzentalkshowseher selbst dann nicht verstünden, wenn man ihnen das Werk um die Ohren haute.) Wer „Rolle“ sagt, outet sich damit als jemand, der den Lesern eine Ideologie subtil unterjubeln will – die des modernen Ichs Kapitalismus, also known als die Gesellschaftsform, die wie alle lieben, die uns alle reich und glücklich macht und die das Ende der Geschichte bedeutet.

Verdammt, wir sind immer noch beim ersten Satz. Unterschiedliche Rollen- und Identitätsentwürfe“ – also Synonyme oder was? Das Ich ist nicht eingelegt, etwa in Sprachaspik, sondern angelegt dergestalt, das es gleich mehrere ist. Wie meinen? Wir sind viele? Noch einmal ganz langsam zu Mitschreiben – und jetzt benutzen wir Verben also known as Tuwörter:

Das Ich denkt, bildet sich etwas ein, stilisiert sich, maskiert sich und täuscht sich, und währenddessen das Ich all dieses tut, wird es viele.

„Lesen initiiert solche Formen der Anreicherung“. Ach wirklich. Lesen reichert an – was aber genau? Das Tun des Denkens, sich Einbildens, sich Stilisierens, sich Maskierens und sich Täuschens? Ich schlage vor:

Alt: Lesen initiiert solche Formen der Anreicherung, indem es dazu beiträgt, das Ich mit seinen unentdeckten Möglichkeiten zu konfrontieren.
Neu: Lesen bildet: Man merkt, wenn man liest, dass man mehr kann als man dachte.

Wer hätte das gedacht. Aber wenn man so schriebe wie Bertold Brecht, dann kriegte man das deutsche Feuilleton eben nicht voll. Da aber der Tagesspiegel das Zentralorgan des berliner Bildungsbürgertums ist, soweit vorhanden, werden die Leser zusätzlich mit dem Privaten, das bekanntlich immer politisch ist, des Feuilletonisten angesprochen; die LeserIinen sollen sich wiedererkennen:

Bitte beschreiben Sie Ihre Identität in einem Satz: Ich plane gern und freue mich dennoch über Zufälle, weil sie das Leben unberechenbar, schön und gefährlich machen.
Ich würde antworten: Cogito, ergo sum.

Drei Bücher, die Sie zuletzt mit Begeisterung gelesen haben
Niklas Luhmann, Universität als Milieu; Franz Werfel, Verdi. Roman der Oper; David Lodge, Author, Author.

Ich würde antworten: Mary Douglas: Ritual, Tabu und Körpersymbolik. Sozialanthropologische Studien in Industriegesellschaft und Stammeskultur. Hertha von Dechend: Die Mühle des Hamlet. Ein Essay über Mythos und das Gerüst der Zeit. Burkhard Schröder: Die Konquistadoren (har har).

Drei kulturelle Höhepunkte in diesem Jahr: Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker mit Mahlers erster Sinfonie, Hector Berlioz’ „Die Trojaner“ in der Deutschen Oper und Darren Aronofskys „Black Swan“.
Habt Ihr euch beim Tagesspiegel eigentlich mal gefragt, ob das jemand arrogant nennen würde? Diese Art kultureller Orgasmen muss man sich auch leisten können. Ich würde schon aus Trotz antworten: Deutschland sucht den Superstar. Eurovision Song Contest‎. Der Kachelmann-Prozess.

Die letzten drei Urlaubsorte: Kalifornien, Sylt, Türkei.
Venezuela. Mallorca, Gor in Second Life – das können Sie nicht mithalten, Herr Professor! Aber das wollen sie auch gar nicht, denn sonst würde sich der Oberstudienrat, der gefühlt nur Erlesenes konsumiert, im Feuilleton des Tagesspiegel gar nicht mehr wohl fühlen. Habe die Ehre!

Ich bin ein Nicht-Neger

Wenn es nach den Grünen in Sachsen geht, werden Schwule und Lesben umbenannt. Sie heißen jetzt „Nicht-Heterosexuelle“.

Was demnächst kommt: Juden sind Nicht-Christen, Krieg ist Nicht-Frieden und Petting ist Nicht-Sex.

Neue Market-Apps receivt

Was lese ich in der aktuellen c’t? „Da auf den neuen Receivern von AZBox nur Apps vernünftig laufen, die die Steuerung per Fernbedienung ermöglichen, wird es einen speziellen Market geben.“

Sehr hübsch und sprachpädagogisch wertvoll: Das ist mindestens grottenschlechtes, wenn nicht gar grottenolmschlechtes Deutsch. Schlechtes Deutsch verhält sich zu gutem Deutsch wie der Inhalt zur Form oder die TKÜV zur VDS. (Bescheuerter Vergleich).

Schlecht ist Deutsch dann, wenn man es nicht versteht. „Man“ meint nicht den des Denglischen mächtigen Geek und Nerd, sondern alle. Der oben zitierte Satz bedarf einer Korrektur (ich drücke mich nur so geschraubt aus, weil ich möglichst viele Verben verbrauchen will, die des Genitivs bedürfen.)

Weil Opa nur ein Bein hat, kann er nicht schnell laufen. Ein Kausalsatz am Anfang führt die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser meistens in die logische Irre: Weil irgendetwas so ist – jetzt schwärmt der in Jahrmillionen der Evolution spezialisierte Intellekt des Homo Sapiens wie ein Ameisenhaufen assoziativ aus -, kann alles mögliche passieren: Weil Opa nur ein Bein hat, kann vielleicht auch ein Säbelzahntiger um die Ecke biegen, was dieses oder jenes höhere Wesen verhüten möge. Besser ist es, zunächst das, was geschieht, dem Publikum mitzuteilen, und danach mit der dialektischen Logik, welche Folgen das Seiende nach sich zöge, fortzufahren.

Wer tut was? Auf den neuen Receivern – o je, was ist das denn? Rehßiever? Empänger? Der Begünstigte eines Seefrachtvertrages scheidet aus; also nehmen wir an, es handelt sich um ein „ein Gerät oder eine spezifische Baugruppe, die ein Antennensignal entstört, verstärkt und demoduliert“. Grandios erklärt, versteht nur immer noch keiner.

„Apps“ ist – das weiß nur ein des Englischen kundiger Mensch – eine Kurzform für „Anwendungssoftware (kurz ‚Anwendung‘, engl. ‚application software‘, auch kurz ‚App‘ oder Anwendungsprogramm)“.

Jetzt geraten wir sprachlich immer mehr in die Bredouille (Ja! Das ist eingedeutschtes Französisch! Hugenotten! Napoleon! Chaiselongue! Friseur! Trottoir!)

Worte, die auf -ung, -ät und -keit enden, sind ohnehin verboten, weil sie hässlich sind und sich so anhören, als hätte sie der Arsch der Sprache ausgeschieden (wie das Wort „hinterfragen“). Das Wort „Schwierigkeit“ fällt daher weg; in Frage käme eventuell „in Bedrängnis geraten“. In der Hoffnung auf Erlösung vom Nominalstil…

„Programme“ verhalten sich zu „Anwendungsprogrammen“ wie die Schule zum „schulischen Bereich“; ersteres ist Deutsch, letzteres Bläh- oder Furzdeutsch.

Auf den Geräten, die man braucht, um digitales Fernsehen zu empfangen, laufen Programme. So weit klar? Puls und Atmung noch normal?

Auch dieser Satz, obwohl korrekt, gefällt mir nicht, weil er etwas suggeriert, was gar nicht wahr ist. Die Content-Mafia: Das sind die Leute, die Unterhaltung und Informationen nur erlauben wollen, wenn sie damit Profit machen können (vergleichbar mit der Katholischen Kirche, bevor der Buchdruck erfunden wurde – nur dass der Profit damals aus Macht bestand und daraus, die Menschen in nicht selbst verschuldeter Unmündigkeit zu belassen – Nominalstil ist übrigens, falls es sich um ein Zitat handelt, erlaubt). Diese Mafia will dem Volk einreden, es brauchte gesonderte Volksempfänger („Receiver“ genannt, damit man die historische Kontinuität nicht bemerkt), die jeder zwangsweise auf eigene Kosten kaufen muss, um die gequirlte Scheiße, die täglich aus der Glotze quillt Comedyalexanderholdtalkshowsbigbrotherdsdsmusikantenstadlfussball, auch gestochen scharf sehen zu können.

Auf den Geräten, ohne die man in naher Zukunft gar kein Fernsehen mehr empfangen können wird (wenn es nach den Wünschen der Content-Mafia geht), laufen Programme. Fernbedienung ung ung und (Echo off) – wie kann man diese hässliche Wortungetüm nur umschiffen? „Als Fernbedienung bezeichnet man üblicherweise ein elektronisches Handgerät, mit dem sich über kurze bis mittlere Entfernungen (etwa 6 bis 20 m) Geräte oder Maschinen bedienen lassen.“

Ein Gerät ist ein elektronisches Gerät. Aha. Mit diesem Gerät bedient man die Glotze von fern, ohne auf deren Knöpfe drücken zu müssen. Nein, das geht nicht.

Mir fällt erst jetzt auf, dass ich den obigen Satz, mit dem wir uns schon seit Stunden beschäftigen, gar nicht verstanden habe. „Apps, die die Steuerung per Fernbedienung ermöglichen“ – was heißt das? Wer steuert wen? um mit Lenin zu fragen. Die Steuerung ung ung und (Echo off) wessen? Die Programme auf dem Volksempfänger kann man nur mit der Fernbedienung steuern? Alle – oder nur einige? Und nur die laufen ohne zu Ruckeln und zu Zuckeln? Welche denn jetzt? Steuern die Apps die Fernbedienung oder umgekehrt? Oder steuert die Fernbedienung die Glotze und braucht dazu Apps?

Ich gebe es auf. Warum soll ich mich ärgern… Wird es einen speziellen Market geben. Wird es einen special Markt geben. Wird es einen besonderen Markt geben? Es ist hoffnungslos.

Der grösste grösste anzunehmende Unfall

Der Reaktor 1 in Fukushima ist schon geschmolzen. Spiegel „Online“ und andere Medien melden ohne korrekte Quellenangabe auch eine Kernschmelze in Reaktor 2 und 3. Focus „Online“ suggeriert, dass sei nur eine „Befürchtung“ der Betreiberfirma. Die FTD Ftd.de titelt ganz richtig: „Super-GAU“ (obwohl der GAU schon der größte anzunehmende Unfall ist, etwas Größeres als den Superlativ gibt es nicht.)

Südosteuropäische Herkunft

NDR: „Bei einer Massenschlägerei zwischen Mitgliedern des rechten Spektrums und Südeuropäern sind in der Nacht zum Sonntag in Lübeck fünf Personen zum Teil schwer verletzt worden. (…) Offenbar hatte eine Gruppe von Rechtsradikalen in einer Gaststätte gefeiert und dabei auch rechtsradikale Lieder gesungen. Das hatte einige Männer südosteuropäischer Herkunft auf den Plan gerufen“.

Lübecker Nachrichten: „Mehrere Südosteuropäer waren in eine Kneipe gestürmt, in der eine Gruppe von Neo-Nazis gefeiert hatte. Die Polizei musste mit zehn Streifenwagen anrücken. Fünf Personen wurden teils schwer verletzt und mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. ‚Die Hintergründe der Auseinandersetzung sind noch völlig unklar‘, sagt Frank Doblinski von der Polizeidirektion Lübeck.“

„‚Es ist alarmierend, dass so etwas im Jahr 2011 noch passieren kann‘, sagt der innenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Rüdiger Hinrichs.“ Innenpolitischer Sprecher der CDU – da schlägt mein Pappnasen-Indikator stark an. Was kann nicht passieren? Dass Männer „südosteuropäischer“ Herkunft Neonazis nordwestdeutscher Herkunft verhauen? Oder umgekehrt?

Und was zum Teufel ist eine „südosteuropäische Herkunft“? Serben? Albaner? Rumänen? Vermutlich verhunzen die politisch korrekten Lichterkettenträger in deutschen Redaktionen den Sachverhalt, weil sie befürchten, dass die Realität den Leser beunruhigen könnte. Rumänische Zigeuner verprügeln einheimische Neonazis! Serben machen einen Hufeisenplan und schlagen deutsche Neonazis zusammen! Die albanische Mafia hilft den Deutschen beim Kampf gegen Rechts!

Bei burks.de (wolhyniendeutsche-westpreußische Herkunft) würde „Einwanderer vom Balkan“ zu lesen sein. Aber warum ist das in diesem Zusammenhang überhaupt erwähnenswert, liebe Journaillle?

Migrationshintergrund

Deutsch des Grauens bei der Süddeutschen und auch anderswo : Migrationshintergrund.

Wenn ich demnächst innerhalb von Berlin umziehen sollte, dann habe ich einen Umzugshintergrund. Gespräch zwischen Urlaubern: Haben Sie auch einen Reisehintergrund? Gespräch zwischen Pfaffen: Es ist schade, dass so wenige Menschen einen Religionshintergrund haben. Zwei Kinder im Kindergarten: Hast du auch einen Erziehungshintergrund?

Die Vorfahren sind nach Deutschland eingewandert. Das will man sagen. Warum sagt man es dann nicht so?

Ich habe einen Vogel

tarn

…müsste ich zu mir selbst sagen, da ich bei wunderschönem Osterwetter vom Joggen heimkehre und jetzt hungrig bin, aber auch eine Dusche brauche, dennoch vor dem Rechner sitze, obzwar mir nichts einfällt zur Weltlage und zu den Weltläuften (kennt jemand das Wort oder weiß gar, was es bedeutet? Bitte melden!), und versuche zu bloggen, was mir inhaltlich ohnehin misslingt, da ein Tarn (liebe Kinder – den gibt es nicht wirklich, obwohl ich bzw. mein Avatar – der Kerl rechts – darauf sitzen und herumfliegen kann!) in Gor (nein, Gor gibt es auch nicht, obwohl einige Idioten das missverstanden haben!) nicht wirklich für einen literarisch und bloggerisch anspruchsvollen Inhalt steht, sonder das Missfallen der wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser auf sich ziehen wird, da diese zu Recht annehmen, der Autor dieses kleinen familienfreundlichen und zensurfeindlichen Blogs sollte sich lieber diesem und jenem anspruchsvollem journalistischen Sujet (bedaure, auch dieses Wort gehört zu meinem francophilem – nein, nicht der Diktator, sondern die Sprache – aber heißt das so? – Wortschatz), wenn nicht gar einem literarischen Projekt widmen, das, wie das Publikum zu Recht vermutet, schon seit langem in meinem Kopf schlummert, wenn nicht gar davon mehrere, aber partout (zum drei Mal geschwänzten sarrazinischem Hugenotten: gleich sage ich auch noch Chaiselonge!) nicht hinauswill, was zwar bedauerlich, aber durch Gewalt jedweder Form nicht zu ändern ist (Herrschaftszeiten, will denn dieser vermaledeite Satz nie aufhören!?) dergestalt, dass ich mich selbst nicht in den Allerwertesten treten, sondern nur auf eine Muse hoffen kann, wobei mir einfällt, dass ich noch jemanden anrufen wollte.

Polizeiliche „Ingewahrsamnahme“

Pressemeldung des Bundesverfassungsgerichts: „Zur polizeilichen Ingewahrsamnahme eines Beschuldigten zwecks Feststellung seiner Identität und Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen“

In deutscher Sprache hieße die Überschrift: Wie lange darf die Polizei jemanden vorläufig festnehmen, um herauszufinden, wer diese Person ist?

„Die Beschwerdeführer betraten zusammen mit einer Gruppe von etwa 100 Personen aus dem Umfeld der sogenannten Bauwagenszene ohne Erlaubnis ein Grundstück, um das Gelände als neuen Wohnsitz und Abstellort für mehrere mitgeführte Bauwagen zu nutzen. Nachdem gegen sie seitens der Grundstückseigentümerin Strafantrag gestellt worden war, stellte die Polizei vor Ort die Identität der noch anwesenden Personen fest, umstellte die Gruppe und teilte ihnen mit, dass sie wegen Verdachts des Hausfriedensbruchs vorläufig festgenommen seien. Sowohl vor als auch während der anschließenden polizeilichen Räumung des Platzes wiesen die Beschwerdeführer sich unter Vorlage von gültigen Ausweispapieren aus. Sie wurden sodann zunächst auf die Polizeiwache und später auf das Polizeipräsidium gebracht, wo sie jeweils in einer Zelle eingeschlossen waren. Zur erkennungsdienstlichen Behandlung, die in der Anfertigung von zwei bzw. drei Lichtbildern bestand, befanden sie sich mehr als fünf bzw. mehr als acht Stunden im Polizeigewahrsam.

Die Anträge der Beschwerdeführer auf gerichtliche Feststellung, dass Grund, Dauer und Durchführung der Freiheitsentziehung rechtswidrig waren, hatten im Berufungsverfahren vor dem Landgericht bzw. bereits vor dem Amtsgericht keinen Erfolg. (…)Für eine eindeutige Beweisführung sei es erforderlich gewesen, das tatsächliche damalige Aussehen der Beschwerdeführer zu dokumentieren. Die Dauer der Ingewahrsamnahme sei der Vielzahl der zu erfassenden Personen geschuldet. Eine Freiheitsentziehung sei darin nicht zu sehen.

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die fachgerichtlichen Beschlüsse, soweit sie die Maßnahmen der Polizeibehörden auch nach Vorlage und Überprüfung der Ausweispapiere für rechtmäßig erklären, die Beschwerdeführer insbesondere in ihrem Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzen. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht die angegriffenen Beschlüsse aufgehoben und die Sachen zur erneuten Entscheidung an das Landgericht bzw. Amtsgericht zurückverwiesen.“

„Ingewahrsamnahme“ kommt ins Horrorkabinett direkt neben „friedenserzwingende Maßnahme“, „Durchführungsverordnung“, „Abmahnung“, „andenken“, „Präzisionsluftschlag“, „Nichtanwendungserlass für das Zugangserschwerungsgesetz“, „Sicherungsverwahrung“ und „Ausländerfeindlichkeit“.

Die wegen Strahlung Todgeweihten grüssen dich

Frankfurter Rundschau: „Doch die wegen Strahlung dem Tode geweihten Techniker vor Ort erzielen kleine Fortschritte.“

Es ist immer schwierig, wenn man alles, was man sagen will, in einen Satz packt, vor allem dann, wenn es sowohl eine gute als auch eine schlechte Nachricht ist. (Außerdem steht nach „wegen“ der Genitiv.)

Die Techniker sind dem Tod geweiht – dem „Geweihten“ ist eine pathetische-religiöse Schwere zu eigen, um es philosophisch zu sagen; man müsste diesen Stil beibehalten, sonst wäre es ein Stilbruch. Der Leser soll, nachdem ihm mitgeteilt wurde, etwas sei geweiht worden, sozusagen in den moraltheologischen Zeitlupen-Modus umschalten. Ab jetzt wird’s feierlich. Während der Verehrung höherer Wesen darf man auch nicht herumrennen. Der Laufstil -das gemessene Schreiten – trennt symbolisch das Religiöse vom Profanen.

Jetzt haben wir die Leser soweit, dass sie die Nachricht, die Techniker müssten bald sterben, verarbeitet haben. Sie trauern und fühlen mit den Angehörigen.

Und jetzt zu etwas ganz Anderem: Die Todgeweihten haben Fortschritte gemacht! Hurra! Lasset uns jauchzen und frohlocken! Wie beim Focus: Die Lage an der Ostfront scheint stabilisiert! Radioaktives Material muss nun aber nicht abgelassen werden! Wir atmen alle gemeinsam erleichtert auf.

Nun lesen wir weiter: „Die Strahlung hat derweil weitere Nahrungsmittel erreicht.“ Äh – ist das jetzt gut oder schlecht? Was soll ich jetzt fühlen – etwas kognitiv Dissonantes?

Schnell noch drei unabhängige journalistische Quellen nachgelegt, um nach guter deutscher journalistischer Tradition, der sich der Focus bekanntlich verpflichtet fühlt, die Leserschaft hin- und ausreichend zu informieren: „Regierungsvertreter beteuerten aber, dass die Belastung unbedenklich sei.“

By the way: Wer hat euch eigentlich ins Hirn geschissen, mit Verlaub?

Vorratsdatenspeicherung hätte Reaktorunfall in Japan verhindern können

Godzilla

Der Streit um die derzeit ausgesetzte Vorratsdatenspeicherung verschärft sich. Der Innenminister Niedersachsens, Uwe Schünemann (CDU), beklagte, seit vergangenen Sommer seien 527 Straftaten allein in seinem Bundesland deswegen nicht aufgeklärt worden. Dabei handele es sich um schwere Straftaten, unter anderem um [bitte selbst ausfüllen, drei Mal dürfen sie raten]

Nach einer Sitzung der Innenminister der unionsgeführten Länder kündigte der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Freitag an, in der kommenden Woche mit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die umstrittene Vorratsdatenspeicherung zu sprechen [In Deutsch hieße es: sprechen zu wollen.] Auch Friedrichs Amtsvorgänger Thomas de Maizière (CDU) hatte diverse Male betont, die Vorratsdatenspeicherung müsse wieder eingeführt werden.

Daten aus besonders sensiblen Bereichen, beispielsweise dem Verfassen wissenschaftlicher Doktorarbeiten, sollen dabei nicht gespeichert werden und nur bei einem richterlichen Beschluss herausgegeben werden. Zudem soll dieses Verfahren nur bei schwerwiegenden Straftaten wie dem Betrieb von Atomkraftwerken angewendet werden.

Politiker der Unionsfraktion und von CDU und CSU geführten Bundesländern drängen seit Monaten auf die verdachtsunabhängige Vollerfassung der Kommunikationsdaten aller Internet- und Telefonnutzer in Deutschland. Das sei insbesondere vor dem Hintergrund des Reaktor-Katastrophe in Japan unumgänglich. Der Innenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jakob Maria Mierscheid betonte: Wäre die Vorratsdatenspeicherung in Japan angewendet worden, hätte man den Unfall im Kernkraftwerk Fukushima rechtzeitig verhindern können.

Zugunglück in Hordorf

Fahrplan HEX

Zeit offline (der Artikel ist linkfrei): „Mit einer Geschwindigkeit um die 100 Stundenkilometer prallte der Nahverkehrszug des Harz-Elbe-Express (HEX) frontal auf einen entgegenkommenden Güterzug. Kurz vor der Haltestelle in Hordorf nahe Oschersleben hat sich in der Nacht eines der schwersten Zugunglücke in Deutschland seit Jahren ereignet. Gegen 22.30 Uhr am Samstagabend kollidierten die Züge, mindestens zehn Menschen starben, rund 40 weitere wurden zum Teil schwer verletzt, sagte die Polizei.“

Daraus könnte man journalistisch etwas machen. Wikipedia: „Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt GmbH lautet der offizielle Name eines Eisenbahnunternehmens, das seit Dezember 2005 unter dem Namen HEX (HarzElbeExpress) die Beförderungsleistungen im Personenverkehr des Nordharznetzes erbringt.“

Der Güterzug gehörte den Verkehrsbetrieben Peine-Salzgitter GmbH (VPS) – die „sind ein öffentliches, nichtbundeseigenes Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in Salzgitter-Hallendorf, das als Tochterunternehmen der Salzgitter AG im Schienengüterverkehr tätig ist. Im Jahr 2005 wurde die Eisenbahninfrastruktur an die VPS Infrastruktur GmbH (VPSI) ausgegliedert.“

Was hat ein privates Eisenbahnunternehmen aus Salzgitter in Hordorf zu suchen? „Weiterhin transportieren die VPS Eisenerz aus dem Hafen Hamburg nach Salzgitter, sowie Kalk aus Rübeland….“ Rübeland liegt im Oberharz. Der Güterzug muss also mit Kalk beladen gewesen sein.

„Momentan gibt es keine aktuellen Fahrplanänderungen“, steht auf der Website des Unternehmens Harz-Elbe-Express (HEX) (11.17, 30.01.). Das ist eine Informationspolitik wie in Ägypten – aber eben typisch deutsch. Passt zum Journalismus. Die Leser sollen umfassend informiert werden. Das heisst also nicht, dass ich Informationen zurückhalte oder aus Faulheit weglasse.

Von einem journalistischen Text erwarte ich zum Beispiel einen Link zu maps.google.com, damit ich mir den Ort von oben anschauen kann. Wer kennt Hordorf? Niemand. Ich erwarte Informationen darüber, welche Unternehmen in diesem Fall am Unglück beteiligt isnd – und vielleicht warum. Hat das Unglück vielleicht etwas mit der Privatisierung der Bahnstrecken zu tun? Es wurde in der Vergangenheit dieses und jenes „ausgegliedert“ – da wird der Betriebswirt doch gleich misstrauisch.

Da diese Hinweise aber für die Leser optional sein sollten, müssen Links gesetzt werden, sobald ein paar Buchstaben auf einem Monitor erscheinen. Links, Links, Links – wisst Ihr überhaupt, was das ist, ihr Holzköpfe bei den Holzmedien und anderen geschlossenen Anstalten?

Und nun zu uns, ihr Sprachverhunzer. „Mit einem Gefühl, das man Abscheu nennen könnte, las Burks eure verqueren Sätze.“ Mit einer Geschwindigkeit von soundso raste ein Zug nach nirgendwo?“

Das tut man nicht. Man zerrt nicht das, was man am Wichtigsten hält, ohne Rücksicht auf die Logik des Satzbaus nach vorn, weil man hofft, so den dschungelcampverblödeten Rezipienten auf sich aufmerksam machen zu können. Nicht die Geschwindigkeit ist hier wichtig, sondern die Toten.

Hättet ihr mich korrekt informieren wollen (Quizfrage: das ist ein Konjunktiv, aber welcher?), begönne („begönne“ ist ein deutsches Wort, auch wenn ihr es nicht glaubt) der Satz: „Ein schweres Zugunglück hat Samstagabend bei Hordorf in Sachsen-Anhalt mindestens zehn Tote gefordert.“ Damit wäre der Leser hinreichend über den Sachverhalt informiert.

Anschließend könntet ihr noch etwas schreiben über die Geschwindigkeit der Züge, die Außentemperatur, darüber, warum die Signale nicht hinreichend gewartet wurden und ob das auch am Kapitalismus und am tendenziellen Fall der Profitrate liegt, über die Mimik der Politik-Arschgesichter, die da jetzt herumstehen und Trauer heucheln und andere unwichtige Dinge.

Das #neue_Twitter (bekanntes Problem): Weißer Bildschrim

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Ich kann zur Zeit nicht vernünftig twittern. Das liegt an Twitter, nicht an mir. Die verhalten sich ähnlich dämlich wie ebay: Niemand verrät mir, welche Cookies und welche Scripte ich zulassen muss, um mich vernünftig einloggen zu können. Sie setzen einfach voraus, dass jeder mit heruntergelassener Hose surft oder gar mit dem Internet Explorer. Das Problem mit dem „neuen Twitter“ geht aber tiefer und ist schon seit einer Woche bekannt (siehe Screenshot): Manche Nutzer sehen nach dem Einloggen einen weißen Bildschirm.

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Ich habe natürlich versucht, das zu ändern und sogar meinen Firefox 3.3.6 auf 3.3.11 upgedatet. Das nützt aber nichts. Auch die standardisierten Ratschläge auf der Hilfe-Seite sind mehr Gestammel als dass sie irgendetwas erklärten. Ich habe meinen einschlägigen Kommentar dort hinterlassen. Mal sehen, wie lange die „Ingenieure“ noch brauchen werden.

Natürlich wird Twitter nicht wegen mir das Geschäftsmodell ändern – Datenspionage und Ausspähen den Nutzerverhaltens und dessen Verkauf. Sicherheitsbewusste Nutzer wie ich sind eine irrelevante – weil winzige – Zielgruppe, deren Online-Verhalten so stark von dem der gewöhnlichen DAUs abweicht, dass man sie vernachlässigen kann.

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Nerdcore, die Durchführung einer Ablebensmaßnahme und andere signifikanten Kookkurrenzen

Prolog: Ich habe noch nie verstanden, warum sich das Verb abmahnen in die deutsche Sprache und die dazu passenden Gehirne geschmuggelt hat. („Signifikante Kookkurrenzen für abmahnen: kündigen (59), Arbeitgeber (55), Kündigung (52), untergrabend (49), müssen (38), Betriebsfrieden (33), gegebenenfalls (31), Wiederholungsfall (30), fristlosen (29)“)

Ich kann jemanden mahnen, dass etwas Böses einträte, täte er Dieses und Jenes und würde ihn ermahnen, unterließe er es, auf meinen Rat zu hören. Aber was – zum dreigeschwänzten Teufel – unterscheidet mahnen von abmahnen? (Bevor die Abzock- und Abmahn-Mafia sowie anderes Wegelagerer-Geschmeiß jetzt das Maul öffnen: Wir reden über die deutsche Sprache und nicht über berufsspezifischen Slang.)

Abmahnen verhält sich zu mahnen wie die „Fachtagung“ zur „Tagung“, der „schulische Bereich“ zur „Schule“ und die „Durchführung einer Ablebensmaßnahme“ zum „Erschießen“. Der Begriff ist also wie geschaffen für Juristen und Leute, die nichts zu sagen haben, das aber um so öfter und lauter.

Und jetzt zu etwas ganz Anderem. Bei Fefe las ich, dass nerdcore.de (war auch in meiner Blogroll) verschwunden sei: „Anscheinend hat die Firma Euroweb nach gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Blogger René Walter einen Titel gegen ihn erwirkt und damit dann die Domain zwangsvollstrecken lassen.“ Bei Law blog wird das ausführlich diskutiert.

Die FAZ berichtet als gefühltes reaktionäres Sprachrohr der gefühlten Großbourgeoisie aka gefühlte herrschende Klasse einschlägig (das heißt: es ist wie bei dem gefühlten „Nachrichten“-Magazin Focus: Man weiß immer schon vorher, welche Meinung die haben oder sich haben verkaufen lassen): Die Diskussionen über die umstrittene Firma werden zwar erwähnt, sogar der sinnfreie (und selbstredend linkfreie) Satz „der Mitteldeutsche Rundfunk hat darüber bereits zweimal berichtet“ taucht auf, aber um was genau es sich handelt, erfährt man bei der FAZ nicht. Burks.de hat auch schon öfter über alles Mögliche berichtet – na und? Journalismus ist nicht, wenn man unkritisch die Agitprop wiederholt, die Euroweb über sich zu verbreiten geruht (siehe auch oben).

Die FAZ schreibt: „Nachdem sich René Walter diese Präsentationen (…) – einmal angesehen hat, kam er zu dem Schluss, dass sie ‚minderwertig‘ seien und darunter ‚unverhältnismäßig viel Schrott dabei‘ und sich die Euroweb ‚mit Dreck eine goldene Nase verdiene‘. Für diese Äußerungen hat Euroweb ihn abgemahnt und, als er darauf nicht reagierte, Ende August 2010 ein Urteil vor dem Landgericht Berlin erstritten, um das er sich offenbar ebenfalls nicht kümmerte. Daraufhin wurde seine Adresse gepfändet.“

Da „Dreck“ unstrittig eine Metapher ist, hat René Walter also eine subjektive Meinung geäußert (im Juristen-Jargon: „wettbewerbswidrige Äußerungen in Bezug auf unsere Mandantin“). Juristen sahen darin öffenbar eine „Schmähkritik“ – wir sind in Deutschland. Die Schmähkritik verhält sich zur Kritik wie – aber das hatten wir schon. Abmahn-Anwälte haben oft eine ähnliche Mentalität wie die bekannten Nachbarn, die sich wegen einer Hecke, deren randständigen Blättchen sich zehn Zentimeter über die Grundstücksgrenze hinausgewagt haben, zwanzig Jahre mit zahllosen Prozessen überziehen. Dazu kommt, dass die Gier nach Geld, Geld und noch mehr Geld die zwangsläufige moraltheologische Verhaltensnorm des Kapitalismus ist (den wir alle als alleinseligmachende Gesellschaftsform und freiheitlichdemokratische Grundordnung [die Grundordnung verhält sich zur Ordnung wie usw.] lieben und verehren), Abmahnanwälte als rättische Charaktermasken dieses Triebs natürlich eingeschlossen.

Die Süddeutsche schreibt: „Euroweb ging gegen die aus Sicht der Firma diffamierenden Darstellungen anwaltlich vor, was wiederum als Versuch aufgefasst wurde, Kritiker mundtot zu machen. Zum Ärger des Unternehmens dokumentiert Google die Spuren des Konflikts bis heute. (…) Denn abgesehen von der unbegreiflichen Nachlässigkeit des Nerdcore-Erfinders René Walter, worum ging es? Doch offenbar um einen Blogeintrag, der das Preisleistungsverhältnis bei Euroweb problematisierte“. Man spielt also auf den Streisand-Effekt an – in der Blogosphäre gebraucht man auch den Begriff Shitstorm.

Was mich am Thema interessiert, ist die Pfändung einer Domain. Ich stimme mit Udo Vetter nicht überein. Zwar kann eine Domain – wie es bei Heise zu lesen ist (2004) gepfändet werden, es kommt aber auf die Umstände an. Die sind IMHO bei nerdcore.de nicht so eindeutig, mal ganz abgesehen von der Frage, ob hier die Mittel zum Zweck (eine geringe Geldsumme zu erhalten) verhältnismäßig eingesetzt wurden. Die Kommentare bei law blog sprechen für sich: „Wenn ich meinem Glaeubiger den Gerichtsvollzieher schicke, mit Titel natuerlich, und dieser pfaendet, dann geht das Pfand rechtlich gesehen in meinem Besitz ueber, aber noch lange nicht in mein Eigentum.“ – „Dabei entstehen sicherlich auch Kosten, die möglicherweise höher sind als bei einer normalen Pfändung. Wenn jetzt aber ein Fehler begangen wurde (was mir nicht völlig abwegig erscheint), muß evtl. hinterher an den Gepfändeten Schadenersatz geleistet werden. Die Frage ist doch wirklich, welche Methode zielführender war. Mal ganz abgesehen vom berechtigten Imageverlust.“

Das Landgericht München I (Beschluss vom 12.02.2001, 20 T 19368/00) hat schon vor zehn Jahren entschieden: „Die Übertragbarkeit der Domain und ihre Loslösung vom Inhaber führt nicht dazu, daß sie als pfändbares Recht anzusehen ist.“ Das Landgericht Mönchengladbach ist anderer Meinung und hat etwas vage formuliert, wann eine Domain nicht gepfändet werden kann: „Eine Unpfändbarkeit kann sich analog § 811 Nr.5 ZPO daraus ergeben, dass eine Domain zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit des Schuldners erforderlich ist. Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn sich die Domain im Rechtsverkehr durchgesetzt hat und deshalb nicht mehr ohne weiteres gegen eine andere ausgetauscht werden kann.“ Genau das ist bei nerdcore.de der Fall – allerdings darf man daran zweifeln, ob der Inhaber jemals eine relevante Summe mit seinem Blog verdient hat oder ob Bloggen Beruf ist, für den man die „eingeführte“ Domain braucht. (Bei burks.de ist ist das anders: „Burks“ hat sich als mein „Künstername“ durchgesetzt, und ich nutze mein Blog als Teil der gesamten Website u.a. zur beruflichen Eigenwerbung und zur Auftragsaquise.)

Ich würde gern darauf wetten, dass Euroweb in den höheren Instanzen verlieren wird (falls es dazu kommt). Der Bundesgerichtshof hat die Angelegenheit schon geregelt und meines Erachtens dem Landgericht Münchengladbach und anderen Vorinstanzen teilweise widersprochen: „Eine Internet-Domain ist lediglich eine technische Adresse im Internet“, vgl. BGH, Beschluss. v. 05.07.2005 – VII ZB 5/05):

a) Eine „Internet-Domain“ stellt als solche kein anderes Vermögensrecht i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO dar. Gegenstand zulässiger Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO in eine „Internet-Domain“ ist vielmehr die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem der Domainregistrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen.
b) Die Verwertung der gepfändeten Ansprüche des Domaininhabers gegen die Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag kann nach §§ 857 Abs. 1, 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlungs Statt zu einem Schätzwert erfolgen.

Die Anwälte von Euroweb sehen das jedoch anders: „Das Urteil erging im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, auf das – grundsätzlich hiergegen mögliche – Rechtsmittel der Berufung verzichtete der Schuldner. Die Hauptsacheklage ist bislang nicht anhängig. Die durch das Gerichtsverfahren entstandenen Kosten sowie weitere Beträge für Rechtsanwaltsgebühren hatte der Schuldner zu zahlen.“

Aha. Jetzt habe ich auch das juristische Geschäftsmodell begriffen. Da nützt auch nichts, wenn Euroweb den vermeintlich Guten aus dem Erlös der Domain-Versteigerung spenden will – die haben dankend abgelehnt:

„Könnte die Firma Euroweb das Geld aus dem Erlös der Versteigerung der Nerdcore-Domain tatsächlich spenden, so bräuchte sie dafür einen Empfänger, der das Geld auch annimmt. Wir aber haben das Gefühl, dass hier mit ziemlich dicken Kanonen auf zierliche Spatzen geschossen wird. Und davon möchten wir nicht profitieren. Und wir möchten auch nicht, dass sich der Kanonier mit einer Spende an Freischreiber ein moralisches Mäntelchen für eine klassische Überreaktion umhängen kann.“

Dem kann ich mich nur anschließen. Ich werde in Zukunft jeden Kontakt mit Euroweb – falls sich einer ergäbe – vermeiden.

By the way, Euroweb: Euer Deutsch des Grauens im obigen Agipprop-Video bedarf eines Updates (hoppla, das war ein Genitiv – hätten Sie’s gewusst?). „Weil ich will meine Kunden nicht warten lassen“. Nein! Um eines höheren Wesens willen – das ist Dreck, Sprachdreck. Der Satzbau im Deutschen geht anders. Ein Kausalsatz, bediente er sich des „weil“, würde lauten: „weil ich meine Kunden nicht warten lassen will.“ Aber das kann ein „Medienberater“ bei Euroweb natürlich nicht wissen.

Otavaleños

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Marktszenen in Otavalo, Ecuador (1979). Ich bin erstaunt, dass nicht nur der deutsche (da erwarte ich es nicht anders), sondern auch der englische Wikipedia-Eintrag nichtssagend und dem Thema unangemessen sind – der spanische Beitrag sieht da schon anders aus.

„Otavalo es el municipio de mayoría indígena más rico de la República de Ecuador“. Die Gemeinde ist die reichste von allen „indianischen“ Orten in Ecuador. Der Bürgermeister gehörte dem Movimiento de Unidad Plurinacional Pachakutik – Nuevo País (MUPP-NP) an. Das ist eine Partei in Ecuador, die mit der indianischen Dachorganisation CONAIE verbündet ist und die Interessen der indigenen Bevölkerung ganz Ecuadors vertritt.

Bevor sich jetzt die völkischen Romantiker und andere reaktionären Multikultis und „Kulturen“-Groupies zu Wort melden: Wer „Indianer“ ist, weiß in Südamerika kein Mensch. Das ist eine soziale Kategorie, die jemandem zugeschrieben wird – wie hierzulande „Fremder“ oder auch nicht. Ich habe selbst miterlebt, wie ein so genannter Mestize „(Karl May nannte die noch „Halbblut“) einen „indianischen“ Bauern als „Rothaut“ („pielroja“ – auch eine bekannte billige Zigarettenmarke in Bolivien) beschimpfte.

„Indigen“ (eigentlich „indianisch“) ist etwas Ähnliches wie eine „nationale Minderheit“ in Deutschland, also Sorben, Sinti und Roma, Dänen oder Friesen. Nation und Staatsangehörigkeit bedeuten nicht dasselbe, das muss man völkischen Reaktionären sie Sarrazin und Multi“kultis“, die alles Politische auf vermeintliche Folklore („Haus der Kulturen der Welt“) reduzieren, immer erst mühsam erklären. Ein „Indianer“ ist also nicht jemand, der traditionelle Tracht trägt (die in Südamerika oft spanische Bauernkleidung ist, die den „Ureinwohnern“ von den Konquistadoren aufgezwungen wurden), sondern jemand, der auf eine bestimmte Art und Weise lebt und politisch handelt und sich in eine Tradition stellt.

Eine „reine“ Kultur gibt es nur in den Köpfen deutscher Rassisten und anderer Neonazis und ihrem „linken“ Pendant, den paternalistischen Rettern der „bedrohten Völkern„. („Im Unterschied zu anderen Menschenrechtsorganisationen hat die GfbV in besonderen Situationen militärische Interventionen und Eingriffe unterstützt“.)

Im Deutschen sagt man auch nicht Volk, sondern vornehm „Ethnie“ (obwohl das genau dasselbe ist) oder, wenn man sich „grünalternativ“ gibt: „Kultur“. Besonders lächerlich verschraubt ist die Formulierung über Mario Conejo im deutschen Wikipedia: er habe einen „ethnischen Kichwa-Hintergrund“. Das entspricht dem Wortungetüm: „er hat einen Migrationshintergrund“ – statt: er ist Einwanderer oder das Kind von Einwanderern. Der Bürgermeister spricht also auch Quechua oder Runasimi, die Sprache der Inkas, so wie ein Sorbe Sorbisch spricht. (Man sagt ja auch nicht: „Er hat einen völkischen Sorbisch-Hintergrund.“) In Ecuador ist Quechau übrigens keine Amtssprache – im Gegensatz zu Peru. (Sorbisch ist in einigen Gegenden Deutschlands auch eine Amtssprache.)

Die Indigenas von Otavalho waren schon immer sehr geschäftstüchtig und wussten sich gut zu vermarkten. Die Männer erkennt man an ihrem langen Zopf und den blauen Ponchos, die sie auch im Ausland nicht ablegen. Ich habe sogar schon einen Otavalo auf einem Flohmarkt in Berlin getroffen und in einem Straßencafé in Caracas – der trug aber nur seinen Zopf, nicht den Poncho, und lachte sich kaputt, als ich ihm auf den Kopf zusagte, woher er stammte. Die Venezolaner wussten es nicht, aber der einzige Gringo weit und breit. Zuerst wollte er mir eine „indianische“ Decke verkaufen, als wir gemeinsam Kaffee schlürften, und er lachte sich noch mehr kaputt, als ich ihm sagte, von einem Otavaleno würde ich nichts kaufen, der würde mich sowie über’s Ohr hauen. Zum Abschied umarmte er mich und nannte mich „hermano“ („Bruder“), vermutlich weil wir die beiden einzigen Männer in Caracas mit einem Zopf bzw. Pferdeschwanz waren (1998).

Heute ist Otavalo (Utavalu in Quechua) auf den ersten Blick ein Ort für Touristen, die den Markt so erleben wie Schwaben oder Ossis den Türkenmarkt in Kreuzberg.

Totalüberwachtes Lob des Kommunismus

Er ist vernünftig, jeder versteht ihn. Er ist leicht.
Du bist doch kein Ausbeuter, du kannst ihn begreifen.
Er ist gut für dich, erkundige dich nach ihm.
Die Dummköpfe nennen ihn dumm, und die Schmutzigen nennen ihn schmutzig.
Er ist gegen den Schmutz und gegen die Dummheit.
Die Ausbeuter nennen ihn ein Verbrechen.
Aber wir wissen:

Er ist das Ende der Verbrechen.
Er ist keine Tollheit, sondern
Das Ende der Tollheit.
Er ist nicht das Chaos
Sondern die Ordnung.
Er ist das Einfache
Das schwer zu machen ist.

Bertolt Brecht

Ich fordere aus gegebenem Anlass, diese volksverhetzenden, empörenden und vor allem total jugendgefährdenden Inhalte aus dem Schulunterricht und auch aus Museen zu verbannen. Lehrer, die es dennoch wagen, Brecht im Deutschunterricht zu erwähnen, sollten total mit Berufsverbot belegt oder mindestens totalüberwacht werden.

Dieses Verb gab es zwar bisher nicht im Deutschen, die deutsche Sprache sollte aber den Belangen der total wahren Totalitarismus-Doktrin – der einzig erlaubten Sicht auf die deutsche Geschichte – totalangepasst werden. Zumindest sollte ein Vermerk in jedes Buch und jede Internet-Veröffentlichung, dass der „Dichter“ Brecht seine total antifreiheitlichdemokratischen Zeilen in einem Zustand geistiger Totalumnachtung verfasst hat.

Es kann nicht sein, dass die Freiheit der Rede missbraucht wird, um den Jugendschutz zu unterhöhlen und Kinder und Herwachsenden total hilflos mit diesem Schmutz und Schund allein zu lassen. Allein schon wegen Brecht brauchen wir die Vorratsdatenspeicherung jetzt und total sofort. Auch sollte die Polizei jederzeit auf alle Computer zugreifen können, um kontrollieren zu können, ob sich dort jugendgefährdende Inhalte befinden – wie etwas Bertold Brecht und anderen Formen von Kinderpornografie. Das will auch die total große Mehrheit der Deutschen.

Schützt endlich unsere Kinder vor total undeutschen Dichtern!

Auch hier lesen: „10 Gründe, warum der Kommunismus schlecht für uns wäre“.

Richtigkeit oder Falschheit haben

Richtigkeit

Manche Dinge sind falsch oder richtig. Wenn jedoch ein Sprachkünstler von Twitter dazwischenzwitschert, kann es seine Chaosheit haben. Seine Richtigkeit haben – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Klingt so wie: Das, was der Zeuge sagte, hatte seine Falschheit. Das, was Twitter uns an Deutsch zumutet, hat seine Grauenhaftigkeit.

Zensurgesetz – legal, illegal, scheissegal

In verständlichem Deutsch hieße es: Das Zensur-Gesetz sollte abgeschafft werden. Dafür plädieren Experten. In Bläh- und Furzdeutsch heisst es bei Heise: „Experten plädieren für Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes“. Warum einfach und schön, wenn es auch kompliziert und verhaspelt und verkasematuckelt geht…

„Bei einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags am heutigen Mittwoch bezeichnete die Mehrzahl der Sachverständigen den derzeitigen Schwebezustand rund um das Zugangserschwerungsgesetz als rechtswidrig. Auch das Paragraphenwerk an sich hielten viele für verfassungswidrig.“

Wen interessiert das heute noch, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist? Fast alle Gesetze, die zur Zeit durch das Parlament gejagt werden, tragen das „Kainsmal des Rechtsbruchs“, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert schon richtig anmerkte. Um so mehr gilt das für alles, was mit dem Interent im weiteren Sinn zusammenhängt – wie eben auch für das Zensurgesetz, dass nur jemand nicht Zensurgesetz nennt, der statt Krieg“ Friedenserzwingung“ sagt.

Datenausführungsverhinderung

Das schönste deutsche Wort seit langem, gelesen bei Heise: „Datenausführungsverhinderung“. Der Fahrer des Wagens gibt immer Vollgas, weil er nicht weiß, wie es anders geht, aber da ist ja noch ein Feature, das abhilft: Die Vollgasausführungsverhinderung, auch als Bremse bekannt.

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