Carrao de Palmarito oder: Yahoo in den Llanos, revisited

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Die Fotos eines Reiterspiels habe ich 1998 in dem winzigen Ort Palmarito in den südlichen Llanos von Venezuela gemacht (vgl. 09.10.2012). Am Vortag durften die jüngeren Leute üben, wie man einen Stier einfängt und zu Boden bringt. Am nächsten Tag waren dann die „Profis“ dran. Das Schauspiel war unblutig, und den Tieren geschah nichts.

Ich habe ein wenig herumrecherchiert – vermutlich war es die Carrao de Palmarito. Die typische Musik der Llanos, die überall ununterbrochen gespielt wurde, ist eine Art „Country“ auf venezolanisch, und die Männer sahen auch so aus. Offensichtlich bin ich immer noch der einzige Ausländer, der davon Fotos hat. (Es gibt noch ein anderes Palmarito am Maracaibo-See.)

Von Barinas über Maporal nach Palmarito, revisited

Barinas

Ich kann mein Posting „Llanos“ (26.03.2023) ergänzen. Ich war in einer preiswerten Unterkunft in Barinas abgestiegen, wo genau, kann ich leider nicht mehr nachvollziehen. Ich hatte meinen Coleman Peak 1 Multi-Benzinkocher] dabei, der hier schon oft lobend erwähnt wurde. Heute sieht das Nachfolgemodell natürlich anders aus, aber wenn ich noch einmal einen brauchte, wäre Coleman, auch wegen des Preis-Leistungsverhältnisses, erste Wahl. Ich sage nur: unkaputtbar! Getestet mit (nicht empfohlenen) Normalbenzin bei Minusgraden auf knapp 4.500 Höhenmetern!). Hier kochte ich mir – mit Blick auf den Hof – einen Kaffee. Die Herberge war in der Nähe eines Marktes.

Ich habe noch einmal in meinem Büchlein nachgesehen, in dem ich Notizen für meinen Roman gemacht hatte. Ich fand dort einen Eintrag über den Trip von Barinas nach Süden zum Rio Apure bzw. Palmarito mit der nicht geplanten Zwischenstation auf einer Ranch inmitten der Pampa Llanos.

reisetagebuch

Der Fluss, an dem uns der Fahrer absetzte, war der Rio Caparo Viejo, und das Kaff der Ort hieß Maporal. Bei Google gibt es sogar noch ein Foto der Fähre, mit der ich übersetzte – es scheint sich nicht viel geändert zu haben seit 1998. Die Ranch lag ungefähr auf halbem Weg zwischen Maporal und Palmarito. (Vielleicht hier?) Eine Straße scheint es immer noch nicht zu geben, deswegen war damals der Traktor nicht schlecht als Mitfahrgelegenheit.

Der Papagei wohnte auch in meiner „Pension“ in Palmarito. Ich bekam nur einen Platz für meine Hängematte, wurde aber überaus freundlich behandelt, vermutlich auch wegen der Empfehlung des Ranchers, mit dessen Leuten ich dort angekommen war. Auch in Palmarito war ich der einzige Ausländer…

papagei palmarito

Warum zum Rio Meta?

elorza rio arauca

Noch einmal Uferpromenade des Rio Arauca in Elorza, Venezuela, fotografiert im März 1998. Der Junge ist der Sohn meiner Hängematten-Platz-zum-Aufhängen-„Vermieterin“.

Als einziger Ausländer in einem größeren Dorf war ich natürlich eine Attraktion, und für den Jungen sowieso. Abends, wenn ich nur spazieren ging, weil es sonst nichts zu tun gab, außer sich in den wenigen Spelunken mit fragwürdigem Publikum zu besaufen, folgte er mir auf Schritt und Tritt, weil er vermutlich neugierig war – und seine Mutter auch -, was ich eigentlich in dem Örtchen wollte.

Ich hätte es selbst nicht gewusst, weil ich von Palmarito aus irgendwie in den extremen Süden Venezuelas wollte und von dort aus zum Orinoco. Von Palmarito am Rio Apure aus gibt es aber keine Verbindung nach Süden ohne eigenen Jeep. Ich musste also weit nach Westen ausweichen, bis an die kolumbianische Grenze bei Guasdualito. Da erwischte ich dann einen Bus nach Elorza.

Ich hatte irgendwann wohl erwähnt, dass ich zum Rio Meta wolle. Auf dem hätte ich per Boot nach Puerto Carreno in Kolumbien reisen können und dann weiter per Straße auf der venezolanischen Seite nach Süden nach Puerto Ayachucho.

Das war mein ursprünglicher Plan, aber es kam alles anders, weil ich mit einem weißen Jeep der Katholischen Kirche quer durch die Llanos direkt von Elorza nach Puerto Ayacucho gefahren wurden und gratis dazu. Den Rio Meta habe ich dabei passiert und gesehen.

Den Jungen hat das Thema wohl beschäftigt. Irgendwann fragte er ganz plötzlich, als hätte er sich lange nicht getraut: „Gringo [so nannten mich alle], warum willst du zum Rio Meta?“

Was hätte ich antworten sollen? Ich hätte mit Philipp von Hutten entgegnen können, der am 31. März 1539 an seinen Vater schrieb: Weiß Gott kein Geitz Gelds hat mich bewegt, diese Reiß zu thun dann allein ein sonderlicher Lust, so ich vor langer Zeit gehabt, dünckt mich auch, wäre ich nicht mit Ruhe gestorben, wo ich Indien nicht erst gesehen. Ich hätte „Indien“ nur durch „Rio Meta“ ersetzen müssen.

Llanos

llanos venezuela

Eigentlich ein recht nichtssagendes Bild, fotografiert 1998 in den Llanos von Venezuela – ein Reiher fliegt gerade auf. Ich habe auch ein Foto am Tag davor gemacht: Ich war auf einer kleinen Farm im Süden Venezuelas gelandet, ungefähr 70 oder 80 Kilometer südlich von Barinas, also in der absoluten Pampa. Ich habe einen ganzen Tag (1998) auf Pickups von Landarbeitern gebraucht, um da hinzukommen, und von dort aus per Traktor (!) nach Palmarito am Rio Apure.

Leider habe ich mir nicht notiert, wo genau das war. Ich hatte mir eine Mitfahrgelegenheit in Barinas besorgt, irgendwie nach Süden zum Rio Apure. Ich wusste nicht, was mich erwartete, aber die Leute, die mit mir im Auto saßen, wohnten irgendwo dort. Es waren meistens Angehörige von Landarbeitern. Nach Stunden erreichten wir einen Fluß, vermutlich war es der Rio Paguey, und der Fahrer verkündete, weiter führe er nicht, und eine Brücke gab es auch nicht. Das hatte mir niemand gesagt. Ich wusste nur, wo Süden war. Eine Mann am anderen Ufer kam mit einer wackligen Fähre, und ich setzte über. Dort waren nur ein paar Häuser, und alle Leute lagen in ihren Hängematten und dösten.

Ich fragte diesen und jenen. Mir wurde gesagt, irgendwann würde in Pickup kommen, der Landarbeiter auf eine Farm brächte, die ungefähr in der Mitte zwischen ihrem Fluss und dem Apure sei. Ich hockte da ein paar Stunden tatenlos herum. Am Nachmittag fing es fürchterlich an zu regnen, und natürlich kam auch der Pickup genau dann. Da waren schon ein Dutzend Leute auf der Ladefläche, ich passte gerade noch so drauf. Wir waren alle pitschnass, und der Fahrer raste in einem Höllentempo los. Ein Straße gab es nicht, nur so eine Art Piste, die ich vermutlich nicht wiedergefunden hätte.

Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir auf der kleinen Ranch an, zu der alle gehörten. Es war wie in einem Western: Männer mit Cowboyhüten ritten auf Pferden herum, Rinder grasten, und der Rancher kam höchstpersönlich, als ihm berichtet wurde, dass sie einen merkwürdigen Gast bei sich hatten. Vermutlich konnten sich die guten Leute nicht erklären, was ich da eigentlich wollte. Als sie merkten, dass ich Spanisch sprach und sogar eine Hängematte besaß, wies mir der Rancher einen sehr schönen Raum zu, nur mit Haken an der Wand, aber ohne Möbel, und lud mich zum Abendessen ein. In der Küche der Ranch ist das Foto mit den Piranhas entstanden. Die Magd war sehr verlegen; ich war der erste Ausländer, den sie je gesehen hatte. Der Rancher war neugierig, weil sich noch nie ein Tourist dorthin verirrt hatte, und wir plauderten die halbe Nacht. Ich schenkte ihn noch eine Kopie einer Karte aus dem 19. Jahrhundert von dieser Gegend, über die er total begeistert war.

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und schaute mich um – da habe ich das obige Foto gemacht. Nach dem Frühstück – ich musste weder für die Übernachtung noch für die Mahlzeiten etwas bezahlen – gab der Rancher seinen Leuten den Befehl, mich mit dem Traktor zum Rio Apure und nach Palmarito zu bringen. Das dauerte fast den ganzen Tag, weil es keine Straße gab.

Fazit: Es ist nicht wirklich etwas passiert, es war alles gratis, und dennoch ein grandioses Abenteuer.

Yahoo in den Llanos, revisited

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Das Foto eines Reiterspiels habe ich 1998 in dem winzigen Ort Palmarito in den südlichen Llanos von Venezuela gemacht (vgl. 09.10.2012).

Die Ohren der Frösche

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Während meiner Reise nach Venezuela 1998 – ich war allein unterwegs – habe ich kein richtiges Reisetagebuch geführt, sondern nur Notizen gemacht über Dinge und Fakten, die ich für meinen Roman Die Konquistadoren brauchte. Der spielt genau da, nur zwischen 1534 und 1539, in der Zeit der Eroberung des Landes durch deutsche und spanische Landsknechte. Die Konquistadoren zogen plündernd und mordend von Coro im Norden nach Südwesten, entlang der Anden, endlich über den Fluss Arauca weiter ins heutige Kolumbien.

Ich war nach sechs oder sieben Wochen und nach einigen Strapazen in Palmarito angekommen und von dort nach Amparo an der kolumbianischen Grenze gereist und hatte meine Recherchen so gut wie abgeschlossen. Der Rest der Reise war „Urlaub“, wenn man das so nennen kann.

Jetzt wollte ich nach Osten zum zum Rio Meta und zum Orinoco. Dorthin verirrt sich so gut wie nie ein Fremder. (Wie ich zum Rio Apure gelangte, habe ich hier vor zwei Jahren beschrieben.)

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In Amparo nahm ich einen Bus nach Elorza. Den (vgl. Foto unten) fand ich recht komfortabel, da ich 1979, 1982 und 1984 entweder per LKW oder Pickup gereist war oder fast immer in Bussen, die ausrangierte Schulbusse waren und für große Europäer daher nicht unbedingt bequem, zudem während der Fahrt meistens repariert werden mussten, wenn sie nicht ganz auseinanderfielen (wie 1982 ein Bus auf der brasilianischen Transamazonica). Ich war trotzdem gespannt, weil ich keinen blassen Schimmer hatte, was mich erwartete.

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Ich saß neben einer Schwarzen, die zahllose Tüten und Pakete und noch mehr Krempel um sich gestapelt hatte. Wir kamen natürlich ins Gespräch, weil ich Informationen über mein Reiseziel Elorza brauchte. Sie war bestimmt genauso neugierig, sie hatte noch nie einen Deutschen getroffen. Sie sagte mir, ich könne bei ihr im Garten meine Hängematte aufhängen, ich müsse ihr jetzt nur beim Tragen ihrer Sachen helfen.

So geschah es, es waren nur noch mehr Tüten, als ich gesehen hatte – sogar ein ziemlich ramponiertes Kinderfahrrad war dabei. Wir kamen an einem Sonntag genau gegen Mittag an, bei glühender Hitze. Mein Rucksack damals wog gut zwanzig Kilo und die Dame guckte mich fragend an. Ich ließ mich nicht lumpen und nahm die Tüten, Taschen und was es sonst noch gab, auch das Kinderfahrrad unter den Arm. Wir marschieren frohgemut los.

Elorza ist ein kleines Nest (heute 26.000 Einwohner). Ich dachte, dass es nicht weit sein könne. Das war aber nicht so. Sie wohnte in den „Slums“ im Süden des Ortes, einer ärmlichen Gegend mit roh gemauerten Häusern, meistens mit Wellblech gedeckt, oft ohne Strom und fließend Wasser. Ich weiß nicht mehr, wie lange der Fußmarsch war, nur, dass ich fast gestorben wäre. Ich war so nassgeschwitzt, als wäre ich in einen Fluss gefallen.

Ich konnte aber nicht aufgeben, denn vor den Häusern lungerten viele Leute herum, die Siesta machten oder in der Gluthölle dösten, und alle glotzten die kleine Lastenkarawane an. Die Frau kannte die meisten und plauderte angeregt auch noch ein wenig hier und da, während ich versuchte auf den Beinen zu bleiben und gute Miene zum anstrengenden Spiel machte. Sie musste unbedingt jedem erzählen, welch exotischen Kerl sie aufgegabelt hatte. Ich wurde besonders von einem Mann motiviert, die uns sah, offenbar alle seine Nachbarn herbeirief, auf mich zeigte und laut rief: „Mira, el toro!“ [etwa: Guck dir den Stier an!] Mein „Gepäck“ war gar nicht so schwer, nur unhandlich, aber die Hitze brachte mich fast um. Bei so einem „Kompliment“ musste ich natürlich durchhalten. Heute könnte ich mich kaputtlachen, aber damals fand ich das nicht lustig.

Die Hütte meine Gastwirtin war an der östlichen Seite einer nicht benannten Straße. Es gab nur einen Raum, der als Wohnzimmer, Küche und Kinderzimmer für ihre drei Sprößlinge diente. Das Grundstück war klein und hatte einen verwilderten Garten. Einen der minderjährigen Söhne habe ich nicht kennengelernt – er war gerade im Knast, und sie versuchte jeden Tag ihn herauszubekommen. Einen Mann hatte sie auch nicht, aber derjenige, von dem eines oder zwei der Kinder waren, hatte ihr wohl die Hütte geschenkt. Ein Bad existierte ebensowenig, nur ein Wasseranschluss für einen Schlauch auf einer Art Waschbecken aus Steinen. Man musste über einen Stacheldrahtzaun zu den Nachbarn klettern und dort sein Geschäft auf einem Plumpsklo verrichten, das mit Wellblech nach außen notdürftig abgeschirmt war (oberstes Foto).

Ich kann mich fast an jedes Detail erinnern, weil ich in einer Nacht Durchfall hatte, mich aus der Hängematte quälte und zu allem Überfluss in den Stacheldrahtzaun fiel, weil es trotz meiner kleinen Taschenlampe stockdunkel war, und blutete. (Irgendwo habe ich noch einen kleine Narbe davon.) Auf dem Plumpsklo erwartete mich ein unvergessliches Szenario: Hunderte kleiner Frösche saßen überall, sogar auf der hölzernen Klobrille, weil die „Toilette“ der einzige feuchte Fleck weit und breit war (es war Sommerzeit) Ich weiß heute noch, dass ich mich fragte, ob Frösche Ohren haben und durch Händeklatschen zu vertreiben wären. Irgendwie habe ich mir Platz geschaffen, ich weiß aber nicht mehr, wie.

Auf der Straße zum Hauptplatz war ein kleiner Laden mit einem ungemein freundlichen Ehepaar, das mich jedes Mal hereinwinkte, wenn ich vorbeikam, um ein Schwätzchen zu halten. Das Geschäft war so winzig, dass man sich kaum umdrehen konnte. (Die Ecke könnte an der Avenida Aeroperto sein – ich weiß noch, dass ich nach Süden fotografiert habe – im Hintergrund, wo die großen Bäume zu sehen sind, biegt die Via Caribe nach Osten ab.)

Der Inhaber kannte jede und jeden, und als ich ihm erzähle, ich wolle versuchen, zu den Guahibos zu gelangen, die Halbnomaden sind und mal hier und mal dort in den Llanos leben, fand er gleich eine Lösung. Er brüllte laut über die Straße: „Roberto, telefono!“ Der Gerufene kam herbeigerannt. Der Ladenbesitzer lachte sich kaputt und erklärte ihm, was ich wollte. Roberto Parra hatte einen Jeep und fuhr mich ein paar Tage später gratis zu den Guahibo am Rio Capanaparo, einfach, weil er nett und neugierig war, obwohl wir einen ganzen Tag unterwegs sein mussten.

Auf der halsbrecherischen Fahrt ist mein liebstes Selfie entstanden.

(Ich wollte etwas Politisches bloggen, aber ich habe ziemlich viel Zeit verplempert, um die Fotos aufzubereiten, die ich vor Jahren digitalisiert und archiviert hatte.)

Am Rio Apure [Update]

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Hier ein bisher unveröffentliches Foto aus Venezuela (1998). Wir stehen am linken Ufer des Rio Apure und warten darauf, dass uns jemand auf der anderen Seite sieht und mit einem Boot herüberpaddelt. Das geschah wenig später auch. Der Rio Apure hat dort eine starke Strömung, es ist gar nicht so einfach, ihn ohne Motor zu überqueren.

Die Vorgeschichte: Der Besitzer eine Farm in den Llanos fand mich nett und beauftragte seine Landarbeiter, mich mit einem Traktor nach Palmarito zu fahren – eine Straße gab es nicht wirklich, und es dauerte fast den ganzen Tag.

[Update] Ich habe noch ein Foto gefunden, wie wir uns mit dem Taktor den Weg bahnen:

rio apure

Esst mehr Fisch!

Piranha

Die junge Dame ist ein Dienstmädchen (früher hätte man gesagt: Magd) auf einer kleinen Farm im Süden Venezuelas, ungefähr 70 oder 80 Kilometer südlich von Barinas, also in der absoluten Pampa. Ich habe einen ganzen Tag (1998) auf Pickups von Landarbeitern gebraucht, um da hinzukommen, und von dort aus per Traktor (!) nach Palmarito am Rio Apure. Mein Motto war immer: Wo es am langweiligsten auf der Karte erscheint und worüber kein Reiseführer berichtet, dort ist es immer am Spannendsten. Was gab es zum Abendessen? Piranhas!

Yahoo in den Llanos

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Das Foto eines Reiterspiels habe ich 1998 in dem winzigen Ort Palmarito in den südlichen Llanos von Venezuela gemacht.