Löschquoten oder: Zensurweltmeister Deutschland, revisited

Telepolis: „Grüner Justizsenator will Shitstorms zur „bandenmäßigen Straftat“ machen“. „Außerdem schwebt ihm [Till Steffen] vor, dass ausländische Unternehmen deutsche „Zustellungsbevollmächtigte“ für Klagen benennen und „Löschquoten“ veröffentlichen müssen.“

Zensurquoten? Der Blitz soll ihn beim Koten treffen!




Zensurweltmeister, reloaded and revisited

censorship

CNN Money (via Fefe): „The 3 places where Facebook censors you the most. – In certain countries, Facebook is faced with a draconian dilemma: censor your posts or the company gets banned.“

Deutsch bleibt eben Deutsch, da helfen keine Pillen.




Zensurweltmeister Deutschland, revisited

gorEine der lächerlichsten Institutionen, die die deutsche Leitkultur je hervorgebracht hat, ist zweifellos die so genannte „Bundesprüfstelle“ für „jugendgefährdende“ Medien, was auch immer „jugendgefährdend“ sein mag.

Hinter diesem euphemistischen Titel verbirgt sich nichts anderes als die altbekannte Zensur, die sich aber kostümiert hat.

„Jugend“ ist ohnehin ein kulturelles Konstrukt und keine anthropologische Konstante, was wir spätestens seit Philippe Ariès „Geschichte der Kindheit“ wissen.

Die Jugend muss nicht vor Abbildungen oder Texten „geschützt“ werden, und schon gar nicht vom Staat. „Jugendschutz“ ist aber Moraltheologie – der öffentliche Diskurs darüber sperrt sich somit gegen jede rationale Argumentation.

Bei Pornoanwalt.de lesen wir über die aktuelle Situation: „Deutsche Suchmaschinen sperren mehr als 2.500 Websites, welche von der Bundesprüfstelle (BPjM) indiziert wurden.“ Deswegen benutze ich auch nie deutsche Suchmaschinen, weil deren Betreiber ein gutes Beispiel für den vorauseilenden Gehorsam sind, der den Deutschen an sich auszeichnet und dem Heinrich Mann mit dem Roman „Der Untertan“ ein literarisches Denkmal gesetzt hat.

Niemand weiß, nach welchen wissenschaftlichen (!) Kriterien die schmallippigen „Prüfer“ entscheiden, was die „Entwicklung“ von Jugendlichen „beeinträchtigt“. Ich ahne es: Es ist das so genannte „gesunde“ Volksempfinden, das bei denen offenbar die 68-er Jahre verschlafen hat und noch in der Adenauer-Ära steckengeblieben ist.

Man muss sich diesen Quatsch nur einmal ansehen:

John Norman, Die Wilden von Gor, Taschenbuch Nr.4195, Reihe Fantasy Wilhelm Heyne Verlag, München, indiziert durch Entscheidung Nr. 2681 (V) vom 16. September 1986, bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 181 vom 30. September 1986.
Das Buch wird aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen.
Entscheidung Nr. A 213/11 vom 22. August 2011 (Pr.603/11).

2011! Dieses Buch des US-amerikanischen Bestsellerautors (Trash, zugegeben!) steht in den USA in jeder Bibilothek. Und die so genannte „Bundesprüfstelle“ entscheidet hierzulande in diesem Jahr, dass die (ohnehin zensierte und harmlose) deutsche Übersetzung der Jugend zugänglich gemacht werden darf. Ja, in welchem Jahrhundert leben wir denn?

Ich habe mich entschlossen, nur noch Parteien zu wählen, denn ich zutraue zu fordern, dass diese unsägliche „Bundesprüfstelle“ ersatzlos abgewickelt wird.




Unter Cyberneusprechenden

censored

„Vertreter Chinas und Kubas haben heute ein Abkommen über Cybersicherheit [was ist das denn?] unterzeichnet, das den Willen ihrer Regierungen bestätigt, für ein Internet zu arbeiten, das auf der Entwicklung und dem Wohlergehen der Völker basiert.

Frage: Dient Zensur – wie in Deutschand und China praktiziert – dem Wohlergehen „der Völker“?




Error 931 oder: How to Bypass Geo-Restrictions

error 931

Ich las etwas über russische Bootsflüchtlinge (via Fefe), die in Alaska festgesetzt wurden. Russen sind bekanntlich weder dunkelhäutig noch Afrikaner, lösen deshalb im hiesigen Glottisschlag-Kapitäninnen-Wursthaare-Milieu keinen Robbenbaby-Effekt aus. Flüchtlinge sind eben nicht gleich Flüchtlinge. Das Motiv „Ich helfe, damit ich mich moralisch höherwertig fühle“ entfällt.

Aber nun zu etwas ganz Anderem. Manchmal ist es nützlich, etwas Gelerntes zu wiederholen. Aus welchen Gründen auch immer ist Deutschen (?) nicht erlaubt, das betreffende Video zu sehen. If you’re thinking to yourself „This is dumb“……you’re absolutely right.

Das wollen wir doch mal sehen, ist meine Reaktion in solchen Fällen. Dummerweise half mein Tor-Browser nicht weiter. Meine IP-Adresse blieb deutsch, und der Error 931 wiederholte sich. (Vielleicht sollten wir Zensurweltmeister nicht so viele Tor-Server betreiben.) Man kann natürlich so lange herumprobieren, bis man endlich einen ausländischen Tor-Server erwischt hat.

JonDo ist übrigens auch nicht mehr online. Oder? Jap läuft bei mir, aber verbindet sich nicht.

error 931

Bevor das IT-affine Publikum jetzt zu gähnen beginnt: Es ist gar nicht so einfach. Ich sitze vor einem schwachbrüstigen Windows-Rechner, der sich partout nicht mit dem VPN meiner Fritzbox verbinden will. Das ist doch eine erbärmliche Fummelei, die man einem normalen Menschen nicht zumuten kann! Ich habe schon drei VPN-Zugänge eingerichtet, weil sich per Versuch und Irrtum ergab, dass jeder Rechner je nach Betriebssystem einen eigenen haben möchte. Nachdem ich mir ein neues Smartphone angeschafft hatte, funktioniert dessen VPN auch nicht mehr – ich habe noch nicht herausgefunden, woran es liegt.

Ich vermute, dass ich irgendetwas verwechsele: Typ (IKEv2/IPSec PSK – ach so!) Vorinstallierter Schlüssel, Anmeldeinformationstyp, Benutzername (optional: Wieso optional? Der meiner Fritzbox oder der des VPN-Zugangs? Ist das mit „IPSec Identifier identisch?), Kennwort (optional – wieso optional? Ist das der IPsec Pre-shared Key?) Und wieso „können nur numerische DNS-Serveradressen für Always-on VPN verwendet werden?

Ich könnte es hier über den Firmenzugang versuchen. Das sind aber Vollprofis, und ich möchte nicht, dass die mein privates Surfverhalten protokollieren. Also nehme ich mein mobiles Modem, das über Vodafone online geht. Ort: Neustrelitz, MV DE ISP: Vodafone GmbH. Damit war ich immer noch deutsch, und der Error 931 nicht weg.

In solchen Fällen, wenn man verwirrt ist, hilft nur, dass man die bad guys heftig zurückverwirrt. Ich habe also die Verbindung des Laptops zum mobilen Modem gekappt und per Handy einen mobilen Hotspot eingerichtet und den Rechner damit verbunden. Das löste das Problem, was aber gar nicht hätte sein dürfen, denn Handy und mobiles Modem sind derselbe Account bei Vodafone. Den Geolokalisatoren, die mich zensieren wollen, machen das doch nicht anhand der Mac-Adresse? Außerdem wäre das in diesem Fall völlig sinnfrei.

Das nerdige Publikum wird es mir sicher erklären können.

error 931




Zensur burks.de

zensur

Aus gegebenem Anlass (gestern): die Domain burks.de (bzw. burksblog.de) ist sehr oft gesperrt bzw. wird zensiert. Nur einige Beispiele außer dem obigen: Vivantes Klinikum am Urban, Vodafone, Ullsteinhaus Berlin (bei Weiterbildungen für Journalisten!), Flughafen Kingston; Ontario, Kanada, Scansafe. Auch in öffentlichen Bibliotheken in Berlin habe ich schon gesehen, dass meine Domains angeblich „jugendgefährdend“ seien oder hate und discrimination verbreiteten.

Es gibt viele Wege, diese Zensur zu umgehen.

→ Mit dem Tor-Browser surfen (für alle Betriebssysteme)

VPN benutzen (vgl. für den Router Fritz!Box VPN-Verbindung zur FRITZ!Box unter Windows einrichten, VPN-Verbindung zur FRITZ!Box unter Apple macOS einrichten, VPN-Verbindung zur FRITZ!Box unter Linux einrichten),

JAP bzw. JonDonym nutzen.

By the way: Die Liste „jugendgefährdener Medien“ der so genannten Bundesprüfstelle ist natürlich geheim. Deutschland ist bekanntlich Zensurweltmeister, auch via Google.




Wandern gegen die Bösen [Update]

„Neue Überwachungsgesetze und Kontrolltechnologien zerstören unsere Freiheit und Selbstbestimmung. Demokratie lebt durch angstfreie Meinungsäußerung und überwachungsfreie Rückzugsräume. Diese zu verteidigen liegt in der Verantwortung von uns allen!

Das kann man auch ins Deutsche übersetzen.

Fünf Mal ung bei 27 Wörtern – das sind fast 20 Prozent des Satzes. Kein Wunder, dass das gemeine Volk sich weder dafür interessiert noch die Aussage versteht. So redet niemand. Oder kann man sich ein Kneipengespräch vorstellen, beim Bier, das so beginnt: „Neue Überwachungsgesetze und Kontrolltechnologien zerstören unsere Freiheit und Selbstbestimmung“?

Wer so faselt, hat nicht nachgedacht. Außerdem erscheinen mir auch die Inhalte fragwürdig, wenn man da genauer hinsieht.

Wer überwacht wen? Gesetze fallen nicht vom Himmel, sie werden gemacht. Dahinter stehen Interessen. Ross und Reiter müssen benannt werden. Das Parlament verabschiedet Gesetze, sonst niemand. Ich wüsste auch gern, warum die Regierung das Volk überwacht? Weil sie boshaft ist? Es bestünde doch gar kein Grund, da die Deutschen doch selbst dann nicht aufbegehren, wenn ein Drittel der Bevölkerung in Armut lebt, obwohl die so genannte „freie Marktwirtschaft“ doch durch ständiges Wachstum(TM) alle reich und glücklich macht?

„Kontrolltechnologien“? Auch wieder falsch. Das deutsche Wort „Technik“ heißt im Englischen „technology“; es besteht kein hinreichender Grund, ein englisches Wort unübersetzt ins Deutsche zu übernehmen, zumal „Technik“ vom griechischen τεχνικός (technikós) stammt und sich von téchne (Kunst, Handwerk, Kunstfertigkeit) ableitet. Wer „Technologie“ sagt, spricht eitles und gespreiztes Furzdeutsch und schaut dem Volk nicht aus Maul.


„Unsere Freiheit“? Welche eigentlich? Der Untertan ist im Kapitalismus total frei und möchte auch so bleiben? Das ist doch Schwachsinn. Ich kann nur dringend einen Blick in Jürgen Habermas „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (1972) empfehlen:

Die entfaltete bürgerliche Öffentlichkeit beruht auf der fiktiven Identität der zum Publikum versammelten Privatleute in ihren beiden Rollen als Eigentümer und Menschen schlechthin.

„Fiktiv“ deshalb, weil die Mehrheit des Publikums auf dem Markt nichts mehr zu verkaufen hat als denn die eigene Arbeitskraft, die von den Eigentümern der Produktionsmittel genommen und benötigt wird, um damit Profit zu erwirtschaften. Der Proletarier ist zwar frei und darf selbst bestimmen, wem er seine Ware Arbeitskraft verkauft; verweigert er sich aber dem Markt, muss er verhungern oder ist heute in Deutschland Hartz-IV-Empfänger. Diese Art, frei zu sein, zu bejubeln, ist zynisch.

„Demokratie lebt durch angstfreie Meinungsäußerung“. Allein schon das holperige „Meinungsäußerung“ lässt sich mir die Rückenhaare sträuben. Ich meine etwas, aber ich „außere“ nicht eine Ung. Kann ich auch eine Ung verinneren? Was ist das für eine verquaste Sprache? Ich darf etwas sagen, ohne befürchten zu müssen, dafür bestraft zu werden. Das ist aber in Deutschland nicht unbedingt so. Wir sind Zensurweltmeister. Ein Hartz-IV-Empfänger dürfte sogar meinen, dass der Sozialismus eine bemerkenswerte Idee sei, aber niemand würde das drucken, noch nicht mal als Leserbrief.

„Rückzugsräume“ – auch ein Wort, das niemand so sagt, höchstens in einem Soziologie-Seminar. Ist damit mein Schlafzimmer gemeint? Meine Truecrypt-Container? Was meinen Einwanderer aus Bangladesh oder Rumänien dazu? Oder ist das ein Zauberwort für einen bestimmten Teil der Kleinbourgeoisie und der „alternativen“ neuen Mittelschichten und nur für die, weil alle anderen nur Bahnhof verstehen? Kann man sich die Luther-Bibel oder das Kommunistische Manifest mit dem Wort „Rückzugsraum“ vorstellen?

„In der Verantwortung von uns allen“. O mein höheres Wesen – das hat garantiert ein Pfaffe formuliert. Wir verantworten was? Wir müssen [bitte selbst ausfüllen] etwas verteidigen. Und das veranworten wir – wem gegenüber? Wie meinen?

Burks‘ Rat: Wer die Leute aufhetzen will, das Gute zu tun und das Böse zu lassen (der Sinn einer Demonstration), der benutze Tuwörter!

[Update] „Ungefähr 5000 Demonstranten waren dabei, die Veranstalter sprechen von 6500. Die Mitte der Gesellschaft hatte offenbar etwas anderes vor.“ (Spiegel online)




Internet-Zensur bedenklich?

Heise: „Im Zeitraum von Juli bis Dezember 2011 hat Suchmaschinenriese Google weltweit 1028 staatliche Anfragen zum Löschen von Netzinhalten bekommen. Das geht aus dem aktuellen „Transparency Report“ des Unternehmens hervor. (…) In einem Blogbeitrag vom Montag bezeichnete Google-Mitarbeiterin Dorothy Chou die Zahlen als „alarmierend“. Insbesondere dass wiederholt aus westlichen Demokratien Anfragen gegen politische Äußerungen gekommen seien, wertete sie als bedenklich.“

Man sieht, wie dünn der Firnis der Zivilisation in den „westlichen“ Ländern ist. Regierungen wollen immer missliebige Meinungen zensieren, ganz gleich ob es sich um Nordkora oder um eine so genannte Demokratie wie Polen handelt.

Und warum zensiert Google überhaupt? Aus den Postings geht doch hervor, dass sie Zensuranfragen auch ablehnen (können). Nach welche Kriterien akzeptiert Google Zensur – zum Beispiel vom Zensurweltmeister Deutschland? Heuchler!