Clankriege

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Ceterum censeo: Der Übergang von der römischen Republik zum Kaiserreich ist immer noch ein Beispiel wie aus dem Lehrbuch der dialektisch-materialistischen Geschichtstheorie dafür, dass die herrschende(n) Klasse(n) sich nicht einig sein müssen, wie die Unterdrückten am besten an der Kandare (kleine Wortschatzübung!) zu halten seien.

Man musste sich schon damals fragen, ob es rational sei, dass die Herrschenden permanent Bürgerkriege anzettelten und sich gegenseitig abmurksten. Aber eine Charaktermaske handelt eben nicht unbedingt psychologisch vernünftig.

Aktuell: Welche Fraktionen der herrschenden Klasse in den USA unterstützen Biden und Trump und jeweils: warum?

Ich darf das Publikum an zwei Fakten erinnern:

– 1981 stieß der Steuerfahnder Klaus Förster nach hartnäckigen Ermittlungen, ausgehend von rechtswidrigen Transaktionen der Soverdia, einem gemeinnützigen Unternehmen der Steyler Missionare, in Schließfächern der Dresdner-Bank-Filiale Nordstraße in Düsseldorf-Pempelfort auf ein Kassenbuch des Flick-Generalbuchhalters Rudolf Diehl, in dem Bargeldzahlungen an Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien verzeichnet waren.

– Ich schrieb am 18.11.2017 über Karsten Schönbachs Buch „Die deutschen Konzerne und der Nationalsozialismus 1926–1943“: „Äußerst interessant fand ich auch die Passagen, die anhand zahlreicher Firmenakten, Augenzeugenberichten, Briefen und Protokollen belegen, dass Hitler und die NSDAP-Führung bewusst „sozialistische“ Parolen übernahmen, um Wähler zu bekommen, das aber gegenüber den Vertretern des Kapitals zurücknahmen und relativierten. Alle Kapitalisten, die Geld gaben, wussten, dass es den Nazis damit nicht ernst war. Die NSDAP wir sogar schon pleite und hätte ohne die großzügigen Spenden des Kapitals keinen Wahlkampf mehr machen können.“

Was lehrt uns das?

– Schon in der Weimarer Republik gab es unterschiedliche Fraktionen der Bourgeoisie, die sich nicht darüber einig waren, ob die Nazis unterstützt werden sollen oder nicht. Diejenigen, die die NSDAP vor dem finanziellen Bankrott retteten und Hitler den Weg ebneten, waren gar nicht in der Mehrheit – sie wussten nur genau, was sie wollten.

– Die Vertreter der herrschenden Klasse, die dafür kandidieren, den Ausschuss zu leiten, der die gemeinsamen Geschäfte der Bourgeoisie organisiert, müssen sich durchaus dem anpassen, was die Mehrheit will, sonst werden sie nicht gewählt. Daher kostümieren sie sich mehr oder weniger oder verkleiden sich, um ihre wahren Interessen zu verbergen.

Trump ist nicht gegen die herrschende Klasse, weil er selbst zu ihr gehört, sondern posaunt herum, er sei gegen „die Eliten“, von denen man naturgemäß nicht weiß, wer das eigentlich ist, weil alles geheim bleiben muss. Der Fuchs warnt also die Hühner und Gänse vor den Mardern.

Der Flick-Skandal hat vorgeführt, dass die herrschende Klasse alle Parteien gewichtet unterstützt, die ihnen nützlich sein können. Das ist damals nicht anders als heute.

rt.de

Die russischen Medien sind oft sehr amüsant mit ihrem verschwörungstheoretischem Geraume. Sie unterscheiden sich aber in der „Tiefenschärfe“ nicht von den QualitätsMedien der USA. Man kann Fraktionen der herrschenden Klasse „Clans“ nennen – das war im alten Rom genauso. Die Absicht ist immer, den Lesern zu suggerieren, sie müssten sich mit den Vertretern der „Clans“ solidarisieren, statt ganz abgebrüht zu sagen: Es ist egal, wer uns regiert.

Wenn es darauf ankommt, sind sich dann ohnehin alle einig. Der Kapitalismus muss erhalten bleiben, ganz gleich, um welchen Preis. Deswegen werden auch alle bei der „politischen Landschaftspflege“ bedacht.

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