Der Rohrleger und die rückwärts schwimmende Jenny

Paul Löbe haus

Gestern saßen mir die vier 12-Stunden-Schichten doch ein bisschen in den Knochen dergestalt, dass ich mich des Bloggens enthielt, sondern gleich ins Bett fiel. Das Publikum wird das Motiv, das meinen temporären Arbeitsplatz bei Kaiserwetter bei ganztägig glühender Sonne zeigt, schon nicht mehr sehen können. Nur noch ein Detail: Mein Kollege hatte seine beiden Frühstücksbrote samt Tüte auf die Bank gelegt und sich nur kurz umgedreht, als eine schlaue Krähe im Sturzflug alles an sich nahm und auf Nimmerwiedersehen mit der Beute verschwand. Ich habe mich köstlich amüsiert, zumal der Kollege ernsthaft erbost war. Am Nachmittag kam das Vögelchen noch mal vorbei, setzte sich aber vorsichtig in einiger Entfernung auf das Geländer. Es war garantiert dieselbe Krähe, weil die den Eindruck erweckte, sie wisse genau, dass die Hominiden Nahrung auf die Bank zu legen pflegen und dann unaufmerksam werden.

Toilette

Dann kam endlich eine neue Toilette, sogar mehrere, weil das Dixie-Klo von rund drei Dutzend Bauleuten und zwei Dutzend Sicherheitsmitarbeitern in drei Tagen schon so vollgeschissen worden war, dass wir wähnten, es würde alsbald sich zur Seite neigen wie der Turm von Pisa und dann umkippen.

Frage aus dem Publikum: Warum steht ihr da herum? Antwort: Die Kombination aus der Kita des Bundestags in unserem Rücken, Horden von Touristen, die sich nicht scheuen, Baustellenbarrieren selbst wegzuräumen, weil sie von fern eine Bank mitten auf einer Baustelle erspähen, auf der sie partout ihr Picknick machen wollen, und zahlreichen Gabelstaplern, die mit sperrigem Gerät durch die Gegend sausen in einer Geschwindigkeit, die zu Recht schließen darauf lässt, dass die Fahrer keine westasiatischen Fachkräfte sind, sondern Profis – diese Gemengelage ist versicherungstechnisch ein Albtraum.

Apropos Touristen: Es kursiert eine vermutlich wahre Geschichte über eine kanadischen Nationalpark, in dem die Bären permanent die Mülleimer ausräumen und die Ranger gefragt wurden, warum man keine Mülleimer konstruiere, an die die Bären nicht herankämen? Die Antwort war einleuchtend: Das funktioniere nicht, weil es eine ziemlich große Schnittmenge gebe zwischen den klügsten Bären und den dümmsten Touristen.

ToiletteToilette

Die Klos kamen mit einem langen LKW samt Kran und zweiachsigem Anhänger. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie der Fahrer die enge Kurve nehmen wollte. Aber er fuhr sogar rückwärts und rangierte so geschickt, dass er weder die Bäume abrasierte noch die zahllosen Poller umlegte – die hohe Kunst des Fahrens.

Als alles stand, erschien der Rohrleger, der dafür sorgen sollte, dass die Kacke auch ordnungsgemäß entsorgt wurde. Als Heimwerker hatte ich viele Fragen, und als der Mann mein Interesse sah, wurde er gesprächig und erklärte mir dieses und jenes, zumal ich ein Leak plante, Dichtungen einiger Abflussrohre in meiner Küche zu erneuern (was heute geschehen ist). Er hielt von Teflonband (das ich 1981 in Nicaragua zum ersten Mal benutzt habe) nicht viel, um so mehr von Hanf, aber meinte, als ich einwarf, Hanf sei eine erbärmliche Fummelei, wenn erst einmal feucht geworden, er hätte da was Besseres und zeigt mir das Tangit.

rohrlegenrohrlegen

Hätte das Publikum sofort erraten, was auf dem oberen Foto zu sehen ist? Ich nicht, aber das Ergebnis war dann selbsterklärend. Gefälle konnten bekanntlich schon die Römer.

Jenny

Am Nachmittag kam die Jenny rückwärts schwimmend vorbei, ein Schiff, das 100 Meter lang ist. Mir schwante, dass die Kurve der Spree zu eng sein würde, zumal dort immer auch Gegenverkehr ist, und bemühte schnell die künstliche Intelligenz aka ChatGPT:

Das Rückwärtsfahren sehr langer Schiffe auf schmalen Flüssen bietet einige spezifische Vorteile, die insbesondere mit Manövrierbarkeit und Sicherheit zusammenhängen:

1. Bessere Manövrierbarkeit beim Anlegen und Ablegen: Rückwärtsfahren kann es einem Schiff erleichtern, sich in Position zu bringen, vor allem in engen oder überfüllten Bereichen. Da die Steuerung eines Schiffes häufig im Heck konzentriert ist, kann das Schiff beim Rückwärtsfahren feinere Adjustierungen vornehmen, was das Anlegen sicherer und präziser macht.

2. Verbesserte Kontrolle über das Schiff: Schiffe haben oft einen besseren „Grip“ im Wasser, wenn sie rückwärts fahren, weil der Schub direkt gegen die Hauptströmungsrichtung des Wassers wirkt. Dies kann besonders hilfreich sein, wenn starke Strömungen oder Wind das Schiff beeinflussen.

3. Sicherheitsaspekte bei der Navigation: Beim Rückwärtsfahren ist das Bug des Schiffes dem entgegenkommenden Verkehr oder möglichen Hindernissen zugewandt. Dies ermöglicht es dem Kapitän, Hindernisse besser zu erkennen und darauf zu reagieren, was die Sicherheit erhöht, besonders in schmalen oder stark befahrenen Wasserstraßen.

4. Reduzierung des Risikos von Grundberührung: In flachen oder schmalen Gewässern kann das Rückwärtsfahren das Risiko verringern, dass der Bug des Schiffes auf Grund läuft, da der Tiefgang am Heck oft größer ist. Indem das Schiff rückwärts fährt, wird der tiefere Teil weiter vom Ufer entfernt gehalten.

Diese Techniken erfordern jedoch hochqualifizierte Kapitäne und Mannschaften, da das Manövrieren großer Schiffe in rückwärtiger Richtung komplex und herausfordernd sein kann.

Der Kapitän war also hochqualifiziert, weil er die Kurve nahm, ohne irgendwo anzuecken.

Jenny

Feierabend. Die Maschinen steh’n in Reih und Glied, ein Anblick, den man gerne sieht. Donnerstag noch mal, sieben Zwölf-Stunden-Schichten in neun Tagen. Aber immerhin hat meine Firma uns nicht nur Catering und Sonnenöl, sondern sogar Eis spendiert.

Jenny