Religionsfreier Beitrag zur Weltkultur

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Ich bin niemals ein berufsmäßiger Journalist gewesen, der seine Feder an den Meistbietenden verkauft und ständig lügen muß, weil die Lüge zum Beruf gehört. Ich war immer ein völlig freier Journalist, habe immer dieselbe Meinung vertreten und habe nie meine tiefsten Überzeugungen verbergen müssen, um den Vorgesetzten oder ihren Handlangern zu gefallen. (Antonio Gramsci, 12.10.1931)

Ich habe Antonio Gramscis Briefe aus dem Kerker gelesen. Die Briefe sind eher privater Natur und sagen mehr über den Mann aus, der über Jahre im Gefängnis des faschistischen Italiens saß. Man sollte Gramsci aber kennen, um das Italien von heute einschätzen zu können. Von den italienischen Kommunisten, die Gramsci mit gründete, ist nichts außer ein paar jämmerlichen Politsekten übrig geblieben, genauso wie von den deutschen Kommunisten.

In den Briefen habe ich ein ein paar interessante Zitate gefunden über die italienische Geschichte, Religion und Juden.

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Italienische Geschichte

Von diesem Begriff der Funktion der Intellektuellen aus wird meiner Meinung nach auch der Grund oder einer der Gründe des Verfalls der mittelalterlichen Stadtstaaten deutlich, d.h. der Herrschaft einer ökonomischen Klasse, die es nicht verstand, sich eine eigene Kategorie von Intellektuellen zu schaffen und über die Zwangsherrschaft hinaus eine Hegemonie auszuüben. Die italienischen Intellektuellen besaßen keinen volkstümlich-nationalen, sondern einen kosmopolitischen Charakter nach dem Vorbild der Kirche, und Leonardo [da Vinci] verkaufte ohne Bedenken dem Herzog Valentino [a href=“https://de.wikipedia.org/wiki/Cesare_Borgia“>Valentinois] die Zeichnungen der Festungsanlagen von Florenz. Die Stadtstaaten repräsentierten also einen syndikalistischen Zustand, dem es nicht gelang, über sich hinauszuwachsen und zu einem integralen Staat zu werden, wie in vergebens Machiavelli anstrebte, der mit Hilfe der Organisation des Heeres die Hegemonie der Stadt über das Land ausüben wollte und deshalb der erste italienische Jakobiner genannt werden kann (der zweite war Carlo Cattaneo, aber mit zuviel verrückten Ideen im Kopf). Aus alledem wird deutlich, dass die Renaissance als eine reaktionäre und repressive Bewegung betrachtet werden muss. (Antonio Gramsci, 17.08.1931)

Das ist eine erstaunliche, aber sehr interessante These. Dahinter lauert die hier schon mehrfach erörterte, aber bisher ungelöste Frage: Warum entstand der Kapitalimus, der alsbald den ganzen Weltball kolonialistisch bzw. imperialistisch überrollte, ausgerechnet in Nordwesteuropa und nicht etwa in Italien, auf dem Gebiete des ehemaligen Weltreichs Rom und der Renaissance, die die herausragendsten Künstler und Intellektuellen der vor- bzw. frühkapitalistischen Zeit hervorgebracht hatte?

Wenn ich Gramsci richtig verstehe, fragt er, warum sich der Nationalstaat nicht aus den italienischen Stadtstaaten wie Venedig entwickelt habe – eine Großmacht, die sogar Kolonien besaß und dessen Handelsgüter bis nach Alaska gelangten?

Gramsci geht also davon, dass es eines Nationalstaates – der in Westeuropa aus dem Absolutismus hervorging – bedarf, damit die ökononomische Entwicklung in Richtung Kapitalismus in Schwung kommt – also von der Manufaktur zur Fabrik.

crane Leonardo da Vinci
Leonardo da Vinci: Gru girevole di brunelleschi, codice ambrosiano CA (gemeinfrei), ca. 1490

Religion

…wir nahmen ganz oder teilweise an der Bewegung der moralischen und intellektuellen Reform teil, die in Italien von Benedetto Croce propagiert wurde und die in erster Linie darin bestand, dass der moderne Mensch ohne Religion leben kann und muss, und das bedeutet: ohne geoffenbarte oder positive oder mythologische Religion oder wie man sonst sagen will. Dies scheint mir auch heute noch der größte Beitrag zur Weltkultur zu sein, den die italienischen Intellektuellen geleistet haben, eine kulturelle Eroberung, die nicht wieder verlorengehen darf.“ (17.08.1931)

Leider hat sich Gramsci geirrt bzw. ihn seine verständliche Hoffnung getrogen. Vielleicht konnte man vor einem knappen Jahrhundert auch nicht vorhersehen, dass sich die fortschrittlichen Teile der Menschheit sogar intellektuell zurückentwickeln, als zöge der Homo sapiens es vor, doch lieber auf das Niveau des Neandertalers zu sinken… Auch Lichtenberg lag im 18. Jahrhundert falsch: „Unsere Welt wird noch so fein werden, dass es so lächerlich sein wird, einen Gott zu glauben als heutzutage Gespenster.“ Das müsste man den so genannten Linken, vor allem in Deutschland, mal beibringen.

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Judentum

Und tendiert nicht jede Gruppe oder Partei, jede Sekte oder Religion dahin, sich einen eigenen „Konformismus“ zu schaffen (nicht im Sinne einer Herde oder bloßer Mitläuferschaft? – Wichtig bei der Frage ist die Tatsache, dass die Juden erst 1848 aus dem Getto befreit wurden und fast zweitausend Jahre lang unfreiwillig, aufgrund äußeren Zwangs, im Getto und in jeder Weise getrennt von der europäischen Gesellschaft lebten. Von 1848 an verlief der Prozess der Assimilation im Westen so schnell und tiefgreifend, dass man meinen kann, nur die künstlich errichtete Trennung hätte ihre Assimilation in den verschiedenen Ländern verhindert, wenn nicht bis zur französischen Revolution das Christentum die einzige ›staatliche Kultur‹ gewesen wäre, die eben die Absonderung der unbekehrbaren Juden forderte (damals; heute nicht mehr, weil die Juden heute vom Judentum zum reinen und einfachen Deismus oder zum Atheismus übergehen). In jedem Fall ist darauf hinzuweisen, daß viele Charakterzüge, die als Rassenmerkmale angesehen wurden, in Wirklichkeit durch das in verschiedenen Ländern verschieden ausgeprägte Gettoleben verursacht wurden. Weshalb eben ein englischer Jude fast nichts mit einem galizischen Juden gemein hat. Gandhi repräsentiert heute offenbar die Hindu-Ideologie. Aber die Hindus haben die Dravida, die Ureinwohner Indiens, zu Parias gemacht. Sie waren ein kriegerisches Volk, und erst nach der mongolischen Invasion und der Eroberung durch die Engländer haben sie einen Menschen wie Gandhi hervorbringen können. Die Juden haben keinen Nationalstaat, keine Einheit der Sprache, der Kultur, des Wirtschaftslebens seit zwei Jahrtausenden. Wie könnte man also eine Aggressivität usw. bei ihnen finden? (05.10.1931)

Das ist also genau die Frage, die Isaac Deutscher nach der Shoa stellt – die „Frage jüdischer Identität jenseits von Religion und Nationalbewusstsein“.

Die einzige Weise, die Frage allgemein zu lösen, scheint mir darin zu liegen, dass der jüdischen Gemeinde das Recht auf kulturelle Autonomie (Sprache, Schule usw.) und auch auf nationale Autonomie zugestanden wird, falls es ihr in irgendeiner Weise gelänge, in einem bestimmten eigenen Land zu leben. Alles andere scheint mir Mystizismus von der schlechten Sorte zu sein, gut für die kleinen intellektuellen Juden des Zionismus, wie auch die Frage der ›Rasse‹, wenn sie in einem anderen als rein anthropologischen Sinne verstanden wird. Schon zu Christi Zeiten sprachen die Juden nicht mehr ihre Sprache, die zu einer liturgischen Sprache geworden war, sondern sie sprachen Aramäisch. (12.10.1931)

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Kommentare

2 Kommentare zu “Religionsfreier Beitrag zur Weltkultur”

  1. Godwin am Februar 11th, 2024 5:29 pm

    vor allem die Neue Rechte hat sich mit Gramsci auseinandergesetzt und seine Idee der kulturellen Hegemonie adaptiert.

    zum Zustand der „linken“ in ’schland:
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179721.konkret-in-bedraengnis-was-einmal-futsch-ist-ist-auf-dauer-verloren.html

    und olle Marx über die Araber:
    https://jacobin.de/artikel/karl-marx-arabische-welt-befreiung

  2. blu_frisbee am Februar 11th, 2024 5:48 pm

    Jesus war Jude und sprach aramäisch.
    Die Deutschen haben ihr besonderes Ding.
    https://www.youtube.com/watch?v=sOYa3NfPnTA

    Sowas wie Deutschtum mußte erst erfunden werden.
    Noch heute diskutieren AfDler endlos. Sind sicher daß es das gibt aber könnens nicht definieren.
    (Alle Deutsche esse Sauerkraut).
    Schlimmer als Pfaffen über Gott.
    https://www.youtube.com/watch?v=ZwScRYptkDI

    Was ich beim Bohei über die AfD nicht versteh: Niemand greift zentral ihren Mythos von der Volksgemeinschaft an. Das Böse der AfD ist angeblich die Herrschaftsform Autoritanismus.
    Klar, niemand will sich gerne befehlen lassen.
    Aber Eigentum ist Natur, so allgemeiner Mythos.

    Von AfD erträumter Faschismus sieht nicht aus wie Hitlerei. Schlimmstenfalls machen Demokraten Faschismus selber.
    Lanz weiß nicht wie ihm geschieht.

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