Maßloser Pöbel, Schnappatmung und geschlagene Esel

peasant's war

Mâze [ˈmaːsə] ist ein mittelhochdeutsches Wort für Maßhalten, Mäßigung. Es kennzeichnet die durch „zuht“ (lebenslange Selbsterziehung) erreichte Ausgewogenheit zwischen zwei Extremeigenschaften, welche die gottgewollte Ordnung zerstören.

Wir müssen uns wieder den dahingaloppierenden Weltläuften widmen. Immer nur harmlose Reisebilder geht gar nicht. Wir haben also die Bauern und die AfD, beides in den Augen der konterrevolutionären deutschen Journaille der Pöbel.

Denn der Pöbel besitzt und kennt kein Maß. (Martin Luther: Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können, 1526)
Was hätte der Bauern-Mob in Schleswig-Holstein mit Habeck gemacht, wenn sie ihn in die Finger bekommen hätten? Die Landwirte müssen sich mäßigen.“ (Taz, 2024)

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Die Sache mit der AfD ist einfach. Ich kriegte eine E-Mail von Kölner Studenten (die sich natürlich anders nennen, aber so weiß man pfeilgrad, wie man in Bayern sagt, mit welcher Mischpoke es zu tun hat): „…Auch der AStA der Universität zu Köln hat von den Rechercheergebnissen des Kollektivs correctiv zum „Masterplan Remigration“ erfahren. Wie weite Teile der Gesellschaft sind wir schockiert von dem unverhohlenen Rassismus bei diesem Treffen zahlreicher rechter Funktionäre. Leider war mit Dr. Ulich [sic] Vosgerau auch eine Person an der widerlichen Veranstaltung beteiligt, die sich damit rühmt, Privatdozent an der Uni Köln zu sein. Die Universitätsverwaltung prüft aktuell, inwieweit die Voraussetzungen dafür noch vorliegen. Wir fordern, dass sie infolgedessen die nötigen Schritte trifft, jegliche Kooperation einzustellen und seine Assoziation mit unserer Uni zu unterbinden.“

Was für widerliche Blockwarte. Sie fordern also Berufsverbot für politische Meinungen. Dafür haben wir früher immer die Rechten bekämpft. Wenn der Bundeskanzler fordert: „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“, kommt das auf die Titelseiten. Wenn braun gebrannte Pappkameraden genau das auch fordern, kriegen die üblichen Verdächtigen (die „Vorständin“ sagen) Schnappatmung.

Die Fantasien der Herrschaften auf dem Umfeld der AfD, Leute zum Auswandern zu zwingen, sind ohnehin Unfug und scheitern an der Rechtslage. Unsere arabischen Clans (wenn ich das schreibe, bin ich natürlich Rassist) bestehen vorwiegend aus deutschen Staatsbürgen, und das Grundgesetz verbietet, Deutschen die Staatsbürgerschaft zu entziehen. (Das versucht man nur bei Linken.)

Ich würde aber sofort zustimmen, dass Leute ausgewiesen werden, die sich gar nicht in Deutschland aufhalten dürfen. In Deutschland leben rund 1,2 Millionen Menschen „ohne Aufenthaltstitel“. Dazu kommen rund 700.000, die einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gestellt haben. Also so viele wie die Großstädte München und Nürnberg zusammen München. Vielleicht werden es noch mehr, wenn wir alle Antisemiten und Judenhasser aus dem Gazastreifen aufnehmen. In Berlin gibt es sogar einen kompletten Abschiebestopp, vermutlich weil es in den Ländern, in die abgeschoben werden soll, zu kalt ist.

Merke: Man darf fordern, Leute abzuschieben. Man muss es ja nicht wie Stalin machen.

Übrigens: Die am Treffen vertretenen AfD-Politiker «bekennen sich hier, unbeobachtet von aussen, frei zu völkischen Idealen; es lassen sich keine wesentlichen Unterschiede zu den Positionen extremistischer rechter Ideologen feststellen», schreibt Correctiv in dem langen Beitrag, an dem insgesamt achtzehn Personen mitgewirkt haben.

Völkische Ideale vertritt auch, wer von einem „palästinensischen Volk“ schwafelt, das ein Volk ohne Raum sei und einen eigenen Staat brauche.

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Mir reicht es zum Thema. Also die Bauern. Die Proteste sind natürlich Klassenkampf, der sich in verschiedenen Ländern verschieden äußert. Aber was soll dabei herauskommen? Das System wird nicht angekratzt, nur abgefedert. Das ist so ähnlich wie – im Bonsai-Format – bei den Fluglotsen und Lokführern, die bessere Gewerkschaftsführer haben als die Angestellten im öffentlichen Dienst.

Der Bauernprotest weist die Herrschenden in ihre Schranken, falls er Erfolg hat. Das ist immer gut. Mehr muss man nicht wissen, um solidarisch zu sein.

Auch das deutsche Volk hat seine revolutionäre Tradition. Es gab eine Zeit, wo Deutschland Charaktere hervorbrachte, die sich den besten Leuten der Revolutionen anderer Länder an die Seite stellen können, wo das deutsche Volk eine Ausdauer und Energie entwickelte, die bei einer zentralisierteren Nation die großartigsten Resultate erzeugt hätte, wo deutsche Bauern und Plebejer mit Ideen und Plänen schwanger gingen, vor denen ihre Nachkommen oft genug zurückschaudern. (Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg)

Leider sind die Zeiten vorbei.

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Drum soll hier zuschmeißen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und gedenken, dass nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann denn ein aufrührischer Mensch, gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muss. – Der Esel will Schläge haben, und der Pöbel will mit Gewalt regiert sein.“ (Martin Luther: Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, 1525)

Die KI hat Probleme, aussagekräftige Bilder zum Thema „symbolic picture depicting the German Peasants‘ War in the 16th century, rendered in the style of Renaissance painting“ zu erstellen. Beim 2. Bild von oben waren die Gesichter zum Teil entstellt, und mit den Fingern hapert es immer noch. Aber vermutlich war das vor 500 Jahren auch manchmal so. Das Ergebnis wurde erst besser, als ich ein Gemälde der Weinsberger Bluttat hochlud und das verändern ließ.




Carniceria

Mercado

Ich bin mir nicht sicher, wo ich dieses Motiv fotografiert habe, aber vermutlich war es in Pátzcuaro in Mexiko. (Eine weitere Option wäre Oaxaca.) Das Dach des Marktes würde zu Pátzcuaro passen. „Carniceria“ heißt Fleischerei. Die Ecke finde ich aber per Google nicht wieder. Wenn, dann ist es der Mercado Municipal.

Aus meinem Reisetagebuch, 17.10.1981, über Pátzcuaro: Alle Häuser aus Lehmziegeln, deswegen gibt es vermutlich auch Probleme, die elektrischen Leitungen zu verlegen. Auf eineinhalb Meter Höhe sind alle ockerbraun angestrichen. Am Freitag besteht die ganze Stadt aus Markt.

Wir übernachten erst im „La Blanchita“ [das finde ich nicht mehr] für 220 [Pesos], wechseln dann ins „Pátzcuaro“ für 120! [Ist heute ein Drei-Sterne-Hotel und sieht immer noch empfehlenswert aus.]

Museum für Artes Populares empfehlenswert [das heißt Museo de Artes e Industrias Populares de Pátzcuaro]. Viele Kolonialmöbel aus Kiefernholz, die aber auch von Handwerkern in der Stadt hergestellt werden; ferner grünes Porzellan, Heiligenbilder und kleine Strohfiguren – ein Motiv „Apachen“. Wir kaufen ein paar davon.

Die Ruinen mäßig, nur die Vorderfront ist wiederhergestellt [die die Pyramiden von Tzintzuntzan – Überreste des Purépecha-Reiches (Tarasken). Ich weiß, dass ich ein Foto von den Ruinen gemacht hatte, aber das ist verschwunden.] Auffallend die runten Türme.

Kirche von der Jungfrau usw. [Basílica de Nuestra Señora de la Salud]. Mexikanerinen fotografieren sich gegenseitig vor der Tante mit Blitz.

Abends auf dem Municipal-Platz Konzert der Marinekapelle, ganz schmissig, mit erklärenden Worten einer Licenciada und dem Bürgermeister.

Deutscher Forst-Student kontaktarm, Kiefern waren hier wohl schon immer, einige Täler sind schon ganz abgeholzt, Eukalyptus die Alternative, aber roter Boden, kein Sand. Der andere [Deutsche] ist wohl mit einer Mexikanerin verheiratet und spricht aus Arroganz Spanisch [mit uns].

Wir essen spartanisch Brot mit Knoblauch und Zwiebeln und Käse. (…)

Beeindruckend die öffentliche Bücherei, eine ehemalige Kirche mit guter Literatur (deutsche mit Bild von Heine, sonst keine) und riesigen Wandgemälden der Geschichte Mexikos.




Unter Puritanern

Messias
Schreibe einen englischen Prompt, um mit Midjourney ein Bild zu erzeugen, das den jüdischen Messias zeigt, wie er auf einem weißen Esel reitet.
ChatGPT: I’m sorry, but I can’t assist with that request.
Midjourney Bot: the Jewish Messiah rides a white donkey –ar 3:2 –s 750

„In New York dürfen wir, wie schon erwähnt, nicht mehr »er« oder »sie« sagen, wenn wir von unserer kulturellen Elite akzeptiert werden wollen. Es gibt kein Er, und es gibt keine Sie. Mann und Frau sind binäre Kategorien, und wer er oder sie sagt, ist eine bigotte Person, ein Faschist, ein Chauvinist, ein Homophober, ein Xenophober sowie 100 weitere Titulierungen, die den Niedrigsten der Niederen vorbehalten sind. Ein Nazi, kurz gesagt. Wenn man in diesen Tagen ein Autor, Sänger, Regisseur, Filmemacher, Philosoph oder was immer ist und jemand ankommt und behauptet, man habe ihn oder sie vor 30 Jahren unsittlich berührt, wird man sofort schuldig gesprochen. Was immer man geschaffen hat, ein Buch oder einen Film, ein Lied oder eine Theorie, soll nicht mehr gelesen, gesungen oder gesehen werden. Man nennt es Cancel Culture. Und wenn Sie sich trauen, ein Dieselauto zu fahren, dann sind Sie selbstsüchtig, egoistisch, mörderisch und praktisch ein Nazi. Und wehe dir, wenn du eine Zigarette statt Marihuana rauchst. Im heutigen New York fordern uns die Puritaner auf, dass wir uns dem Kampf für Schwulenrechte, Transgenderrechte, Schwarzenrechte, die Rechte von Farbigen, Frauenrechte, Kinderrechte und Tierrechte anschließen. Diese Puritaner, deren Messias Greta ist und deren Auserwähltes Volk die Palästinenser sind (ja, sie lieben die Palästinenser), sagen uns, dass wir rassistische, misogyne, chauvinistische weiße Bastarde sind, wenn wir uns dem Kampf nicht anschließen. Sie, die berühmten New Yorker, zu denen zu gehören ich mich vor Jahren entschied, haben keinen weißen Esel und werden nie eine haben. Für sie verstößt ein Ritt auf einem Esel nämlich gegen grundlegende Tierrechte.

Sagen Sie mir, was für Sie mehr Sinn ergibt: die Charedim von Mea Schearim oder die nicht binären New Yorker?“ (Tuvia Tenenbom: Gott spricht Jiddisch)




Das Hamas-Massaker

Hamas Massacre – Documentation of Crimes Against Humanity.

Die israelische Regierung hat eine Website eingerichtet, die viele der Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober dokumentiert. Nichts für schwache Nerven oder sensible Gemüter.




Von den Schasu und Apiru und andere Räubergeschichten

books

Warum brauche ich so etwas? Ich habe jetzt Israel Finkelsteins „David und Salomo: Archäologen entschlüsseln einen Mythos“ gelesen. Das Buch vertieft die These, die ich hier schon erwähnt habe: „Bis vor einigen Jahren nahmen praktisch alle biblischen Archäologen die Beschreibung der Bibel von den beiden Bruderstaaten Juda und Israel für bare Münze. Sie stellten Juda schon zu Salomos Zeit als einen voll entwickelten Staat dar und bemühten sich nach Kräften, archäologische Beweise für die Bautätigkeit und eine effiziente regionale Verwaltung der frühen judäischen Könige zu finden. Wie jedoch weiter oben gezeigt, handelt es sich bei den vorgeblichen archäologischen Beweisen für die vereinte Monarchie um nichts anderes als Wunschdenken. Das gilt auch für die Bauwerke, die man Salomos Nachfolgern zuschrieb.

Der berühmte König David, der als Jugendlicher den Riesen Goliath erschlug, war in Wahrheit eine Art Räuberhauptmann im judäischen Bergland (südlich von Jerusalem, ca. 1000 v. Chr.). Finkelstein schreibt: …dass viele Episoden der biblischen Geschichten um David und Salomo Fiktion, historisch fragwürdig und stark übertrieben sind. (…) …werden wir beweisen, dass es ein vereinigtes Königreich Israel in der Art und Weise, wie es die Bibel beschreibt niemals gegeben hat. David und Salomo sind zwar aller Wahrscheinlichkeit nach historische Gestalten, aber sie haben keine Ähnlichkeit mit den biblischen Portraits. Wir werden zeigen, wie unwahrscheinlich es ist, dass David jemals Gebiete erobert hat, die mehr als zwei Tagesmärsche vom Kernland Juda entfernt lagen. Wir werden zeigen, dass Salomos Jerusalem nicht sonderlich groß und eindrucksvoll war, vielmehr die schlichte Bergfestung einer lokalen Dynastie bäuerlicher Stammesführer.

Arbeitshypothese: Ich will zeigen, dass der religiös begründete Zionismus, der immer mehr zunimmt und sogar bei der IDF benutzt wird, ein gefährlicher Holzweg ist, der Israel mehr schadet als nützt. Golda Meir hat nicht an höhere Wesen geglaubt. Diejenigen, die Israel aufgebaut und gegen die Araber verteidigt haben, brauchten keine Götter dafür. Auch Finkelstein geht es nicht darum, die biblischen Geschichten zu diskreditieren. Von den großen Legenden des alten Vorderen Orients und der klassischen Antike hat einzig die Bibel bis heute die Kraft bewahrt, die Träume und Hoffnungen menschlicher Gemeinschaften überall auf der Welt zu beflügeln.

Bei Finkelstein sah ich Eric Hobsbawm „Die Banditen. Räuber als Sozialrebellen“ als Quelle und Standardwerk angeben. Ein Kapitel in „David und Salomo“ heißt daher auch: „Banditengeschichten. Der Aufstieg Davids im Bergland von Juda.“ (Die Geschichte Davids wurde übrigens frühestens rund 200 Jahre nach seinem Tod aufgeschrieben.)

Eine weitere wichtige Quelle sind die Amarna-Briefe. Die Küstenregion war zur Zeit des David ägyptisch besetzt und beherrscht. Ägypten war damals eine Großmacht mit dementsprechend ausgeklügelter Verwaltung. In Jerusalem – damals noch ein kleines Dorf und Urusalim genannt – herrschte ein gewisser Abdi-Hepa, dessen Korrespondenz (in Akkadisch!) mit dem Pharao Echnaton teilweise erhalten ist. (Für mich ist das spannend wie ein Krimi: Geschichten, die mehr als 3000 Jahre alt sind, bekommen plötzlich einen historischen Kern…)

Amarna-Briefe
Amarna-Brief EA 288, von Abdi-Hepaṭ, dem König von Jerusalem, Vorderasiatisches Museum in Berlin – und ich kriege nicht wirklich heraus, ob man da jetzt hinein kann oder nicht. Was für eine beschissene Website! Ist das Vorderasiatische Museum identisch mit dem Pergamon-Museum, das vermutlich so lange geschlossen ist wie der BER gebaut wurde?

Abdi-Hepat jammert und beklagt sich nicht nur über die anderen Stadtkönige in der Gegend, die ihn bedrohten (auch Gaza!), sondern vor allem über die Schasu („Plünderer“ in Akkadisch).

Ähnliche babylonische Bezeichnungen šaggāšum, SA.GAZ, ḫabbâtum stehen möglicherweise mit dem amurritischen Apiru in Verbindung, das sich wohl auf Räuber, Wegelagerer sowie Heimatlose bezieht und vielleicht im weiteren Sinn Gesetzlose oder Rechtlose meint.

Jetzt die Pointe bei Finkelstein, über die sich auch Karl Marx gefreut hätte:
In den Amarna-Briefen tauchen wiederholt zwei Gruppen auf, die außerhalb der von den Ägyptern kontrollierten Städte und Dörfer agierten. Von den Schasu, nomadischen Hirten im Bergland und in der Steppe, war bereits die Rede. Die zweite, noch häufiger erwähnte Gruppe ist für unseren Zusammenhang von größerer Bedeutung: die Apiru. Dieser Begriff, manchmal auch als «Habiru» wiedergegeben, wurde früher mit der Bezeichnung «Hebräer» in Verbindung gebracht. Doch aus den ägyptischen Texten geht klar hervor, dass der Name keine bestimmte ethnische Gruppe, sondern eine in Krisen geratene sozioökonomische Klasse bezeichnete. Die Apiru waren entwurzelte Bauern und Hirten, die zu Banditen wurden oder sich als Söldner in den Dienst dessen stellten, der ihnen am meisten bot. Jedenfalls waren sie eine Bedrohung für die Stabilität der Herrschaft lokaler Potentaten und der ägyptischen Macht im Lande. (…) In den Augen der Lokalherren waren sie eine aufrührerische unterprivilegierte Klasse, die eingebunden, getötet oder sonstwie unter Kontrolle gebracht werden musste.

Das Buch Wolfgang Helcks: „Die Beziehungen Ägyptens zu Vorderasien im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr.“ behandelt genau dieses Thema „aus ägyptischer Sicht“. Ich habe nur dieses gefunden. Es gibt auch nicht viele Historiker, die akkadische Quellen lesen und interpretieren können.

David ging von da hinweg und rettete sich in die Höhle Adullam. Als das seine Brüder hörten und das ganze Haus seines Vaters, kamen sie dorthin zu ihm hinab. Und es sammelten sich bei ihm allerlei Männer, die in Not und Schulden und verbitterten Herzens waren, und er wurde ihr Oberster; und es waren bei ihm etwa vierhundert Mann. (Bibel, 1. Samuel 22)

Vorgemerkt für meinen nächsten Israel-Aufenthalt: Die Höhle Abdullam besichtigen.

Die Balladen, die vom Aufstieg des Räuberhauptmanns David und seiner Eroberung Jerusalems erzählen, wurden zweihundert Jahre später schriftlich fixiert, ausgeschmückt, auch mit Ortsnamen, die zu Lebzeiten Davids noch gar nicht existieren, und zu einen Gründungsmythos ausgewalzt. Es gab verstreute Gruppen; Bauern, Schafhirten und zahlreiche Clans. Erst viel später, in der Rückschau, betrachteten die Leute von Juda ihre Bestimmung zu eine Volk als eine seit jeher feststehende Gewissheit.

So wird ein Klassenkampf vor drei Jahrtausenden zu einem Mythos, der bis heute wirkt. Von all den Rebellen und Freibeutern, die die schroffen Landstriche zwischen dem Toten Meer und den Ausläufern des Berglands von Juda durchstreifte, gründete einzig und allen David eine Dynastie, die vierhundert Jahre regierte. Und auch nachdem diese Dynastie ihre politische Macht verloren hatten blieb die Erinnerung an sie über Jahrtausende hinweg lebendig.

Ein Rezensent fasst das in der bürgerlichen Presse gut zusammen:
„Nicht um Wahrheit und Historizität Davids ging es den Redaktoren der alttestamentarischen Geschichtswerke, sondern um die religiöse und politische Normierung des Judentums ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. Finkelstein/Silberman beschreiben eindrucksvoll, wie sehr die Bibel die gesellschaftliche und kulturelle Wirklichkeit jener Epoche spiegelt, in der die beiden jüdischen Kleinstaaten zwischen den Großmächten Assyrien und Ägypten ihr Auskommen suchten und sich nicht selten gegenseitig bekriegten.

Israel, der bedeutendere von beiden, wurde 722 ein Opfer assyrischer Heere. Seitdem strebten die Könige Judas danach, das Erbe des Nordreichs anzutreten und sich als die nationale Dynastie zu präsentieren. Dabei beriefen sie sich auf ihren Ahnherrn David.“

Was für eine großartige Story!

king david
Create an image of the biblical King David, inspired by the styles and motifs found in ancient art and historical artistic representations. Depict him in a grand and symbolic setting, showcasing his royal and heroic essence. He should be adorned in majestic attire, possibly holding a scroll or wearing a crown to symbolize his kingship. Include elements that represent his achievements and character, such as a harp for his musical skills or a scene of battle to reflect his warrior nature. The composition should evoke a sense of majesty and historical significance, reminiscent of ancient period artworks –no books–ar 3:2 –s 750

Postscriptum: Ein Leser fragte nach den Gründen, warum mich das Thema Israel fasziniert. Das ist einfach zu erklären. Wenn man unter ganz speziellen Umständen aufwächst dergestalt, dass man achtzehn Jahre lang fünf Mal wöchentlich die Geschichten der Bibel rauf und runterhört und dann noch als Jugendlicher von Leon Uris Exodus liest, dann bleibt das nicht aus.




Unter arbeitenden Rentnern [Update]

rente arbeit

Warum überrascht mich das jetzt nicht? (Übrigens ist der letzte Satz der wichtigste – und das Wort „während“.)

[Update] ChatGPT hat sich von dem Schock erholt:
Der Gesetzestext kann wie folgt in einfaches und verständliches Deutsch umgeschrieben werden:

„Ein Arbeitnehmer verliert nicht automatisch seinen Job, nur weil er Anspruch auf Altersrente hat. Dies ist kein gültiger Grund für eine Kündigung durch den Arbeitgeber gemäß dem Kündigungsschutzgesetz. Wenn es eine Absprache gibt, dass das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass gekündigt wird, und dies geschieht bevor der Arbeitnehmer das normale Rentenalter erreicht hat, dann gilt diese Vereinbarung für den Arbeitnehmer erst ab dem Zeitpunkt, an dem er das normale Rentenalter erreicht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Vereinbarung in den letzten drei Jahren vor Erreichen des normalen Rentenalters abgeschlossen wurde oder der Arbeitnehmer sie in diesen letzten drei Jahren bestätigt hat. Wenn in einer Vereinbarung steht, dass das Arbeitsverhältnis endet, sobald der Arbeitnehmer das normale Rentenalter erreicht, dann können Arbeitgeber und Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses vereinbaren, diesen Zeitpunkt zu verschieben, und das auch mehrmals.“




Nachrichten von der Cyberfront

encryptet

Wir haben mehrere interessante Nachrichten von der Cyberfront.

– Was mich am meisten verblüfft ist ein – vermutlich folgenloses – Gerichtsurteil, über das Heise berichtet: „Unverschlüsselte Mail verstößt gegen die DSGVO​„.

Das Arbeitsgericht Suhl hat klargestellt, dass die von der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geforderte angemessene Sicherheit personenbezogener Daten bei einer unverschlüsselten E-Mail nicht gewährleistet ist.

Das möchte ich sehen, was passierte, wenn ich meine Firma aufforderte, mir eine verschlüsselte E-Mail zu schicken!

encryptet

– Neulich bin ich kläglich daran gescheitert, die App meiner Krankenkasse zu validieren. Nachdem ich schon drei Apps installiert hatte, die ich angeblich für Cyber E-Rezepte brauchte, gab ich entnervt auf. Ich werde die leibhaftig besuchen müssen. Dann können sie es mir vormachen.

Genauso chaotisch wird es bei der Telemedizin werden. Welche Endgeräte werden denn von den Patienten erwartet? Ein Nokia? Diese Telemedizin wurde optimiert für Windows, bitte laden Sie sich ihr Tablet woanders herunter?

Und die Schweizer überwachen dann alles. Genau. Mein Hausarzt verschreibt mir altersgerechte Chemie, und wenn ich dann in die Schweiz reise und kontrolliert werde, weil ich ab Werk verdächtig aussehe, werde ich gefragt, ob ich in meinem Alter von dem Zeug wirklich „so viel“ brauchte.

telemedicine

– Dann haben wir noch künstlich intelligent faselnde E-Bikes. Ich weiß nicht, ob ich es mögen würde, wenn mich mein Fahrrad dumm und ungefragt anquatscht? „Hallo, User. Du doof. Du Pedale drücken oder Motor an. Du verstehe?“

Beide Varianten sind mit ChatGPT und Bluetooth-Lautsprechern ausgestattet. Als smarter Assistent kann ChatGPT zum Beispiel auf Zuruf zu den Sehenswürdigkeiten einer Stadt navigieren oder ein wenig über diese erzählen, während man dort herumfährt. Die Urtopia-App wird laut Hersteller mit Strava, Google Fit und Apple Health kommunizieren, um Fitnessdaten synchronisieren zu können.

„Vorsicht! Sie fahren jetzt in den palästinensischen Staat. Legen Sie alle Davidsterne und Israelflaggen ab. Für Geiselnahmen übernehmen wir keine Haftung. Ihr Blutdruck ist normal.“

Irgendwann wissen irgendwie alle, wo ich wann womit war. Sogar zu Fuß, wenn ich nicht meine smarte Uhr ablegte. Die hält immerhin die Klappe – noch. „Health zeigt dir jetzt mehr von dir.“ Nicht nur mir.

Demnächst werde ich für konspirative Treffen das total dumme Fahrrad meines Opas benutzen.

e-bike
Künstlich intelligentes E-Bike (unten, Symboldbild). Leider kann die KI keine schönen Fahrradbilder.




So weit die Füße radeln, reloaded

long mach
Der vorbildliche Soldat Chen Wang, Teilnehmer des Langen Marsches, lächelt nach der Konferenz von Zunyi auf’s Glücklichste.

Sehr schöne und lesenswerte Reportage in der Berliner Zeitung: „Reisen wie Mao Zedong: Zwei Berliner mit dem Fahrrad auf dem Langen Marsch“.

Ich wette, dass das Wort „Menschenrechtsverletzungen“ von der Berliner Zeitung da hineingeschmuggelt wurde. Anders geht es in deutsche Medien nicht. Und wo sind die Uiguren? Ist es überhaupt erlaubt, die nicht zu erwähnen?

Eine Postkarte hatte ich hier schon gepostet.




Voluntary Immigration, rechts-religiös

„Israeli Finance Minister Betzalel Smotrich told US Secretary of State Antony Blinken that Israel will not transfer any funds to the Palestinian Authority (PA) during Blinken’s visit to Israel on Tuesday.“

„We will not transfer a shekel to the Palestinian Authority that will go to the families of the Nazis in Gaza and we will work to allow the opening of the gates of Gaza for the voluntary immigration of refugees as the international community did for the refugees from Syria and Ukraine,“ Smotrich said in his remarks to Blinken.

Well said, dude. Ich will nicht, dass meine Schekel, die ich in Israel gelassen habe, irgendwelchen arabischen Terroristen übereignet werden.

„Smotrich leugnet die Existenz des palästinensischen Volkes“, schreibt irgendein Dödel auf Wikipedia. Ich auch. Bin ich jetzt „rechts-religiös“?




Brave new World oder: So sieht der Kommunismus also aus

brave new world

Vielleicht sollte man das Regieren Fachleuten überlassen. Aber wer könnte das sein? Im alten Rom und im heutigen China mussten bzw. müssen sich Parteifunktionäre in der Realität erst einige Jahre bewähren, bis sie dann ein paar kleine Hebelchen der Macht ergreifen durften bzw. dürfen. Damit verhindert man, dass absolute Pappnasen entscheiden. In Deutschland ist das anders: Da muss man nur am Völkerrecht geschnuppert oder eine Band erfolglos gemanagt haben oder ein Kinderbuch schreiben, ersatzweise ein abgebrochenes Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft vorweisen oder in einem Call-Center gearbeitet haben.

Apropos Fachleute. Ich habe mir das Parteiprogramm der Wagenknechte angesehen, aber nur die Wirtschaft betreffend. Alles andere ist eh Feuilleton. Ich wurde aus dem wolkigen Wortgeklingel nicht so recht schlau. Insbesondere fehlten wichtige Begriffe und Formeln wie „Kommunismus“, „die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen“, „hab Mut zu kämpfen, hab Mut zu siegen!“ sowie Hinweise darauf, wie mit der herrschenden Klasse nach der Machtübernahme zu verfahren sei. Ich fand auch nichts, was mir erläuterte, wie das Gute, Schöne und Wahre umzusetzen sei, und zwar hopplahopp und dawai.

brave new world

Also wagte ich das kühne Experiment, die Künstliche Intelligenz zu bitten: Wenn eine politische Partei in Deutschland im Parteiprogramm schreibt: „Wir streben eine innovative Wirtschaft mit fairem Wettbewerb, gut bezahlten sicheren Arbeitsplätzen, einem hohen Anteil industrieller Wertschöpfung, einem gerechten Steuersystem und einem starken Mittelstand an. Dafür wollen wir Marktmacht begrenzen und marktbeherrschende Konzerne entflechten. Wo Monopole unvermeidlich sind, müssen die Aufgaben gemeinnützigen Anbietern übertragen werden“, was müsste dann konkret getan werden, um das umzusetzen und zu verwirklichen?

Die Anwort war aber leider nicht so, wie ich sie von einem intelligenten Fachroboter erwartet hätte (ausführliche Antwort). Das Gefasel wurde munter mit anderen Textbausteinen wiederholt.

„Förderung von Innovation und Forschung“, „Stärkung des fairen Wettbewerbs“, „Mindestlohnvorschriften stärken“, „die Rechte der Arbeitnehmer ausbauen“ und die „Bedingungen für sichere Arbeitsplätze“ verbessern, „Steuerreform für mehr Gerechtigkeit“. Blahfasel, Rharbarber. Dabei hatte die Drähte und Kondensatoren der KI schon mehrere Minuten für die Antwort geglüht, als sei das kompliziert und als ob mir jetzt ein Handbuch ausgespuckt werde, so eine Art Kommunistisches Manifest 2.0, das alles erklärt und die Zukunft in dunkelroter Farbe erstrahlen lässt.

Noch schlimmer: die KI ist total Kapitalismus-affin und lässt kein dummes Klischee aus, als sei sie Mitglied der FDP. Fairer Wettbewerb? Da lacht der Kapitalist und schlägt gleich mehrere Kollegen tot. Gerechtigkeit im Kapitalismus? Da beschwert sich lauthals der tendenzielle Fall der Profitrate. Die Rechte des Proletariats stärken? Und dann? Warum nicht alles übernehmen? Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will, und Brüder und Brüderinnen, zur Sonne und Freiheit!

brave new world

Also ließ ich ChatGPT einen Prompt für Midjourney verfassen: Create an image that symbolizes an innovative economy with fair competition, well-paid jobs, and a just tax system. The scene is set in a bustling, futuristic cityscape, with skyscrapers adorned with eco-friendly technology like solar panels and green roofs. In the foreground, a diverse group of professionals in various fields – technology, healthcare, education, and arts – are engaged in their work, portraying the idea of well-paid and fulfilling jobs. Interspersed within the scene are public spaces that reflect community and equality, such as public parks and accessible education centers. Above the city, transparent holograms display graphs and statistics showing a balanced and fair tax system, with benefits being distributed equally among different social strata, very detailed, Associated Press photo, The atmosphere is vibrant, suggesting a thriving and equitable economy, –ar 3:2 –s 750

Das Ergebnis sieht aus wie ein Mix aus einer Werbebroschüre eines Esoterik-Kongresses, einem Traktat der Zeugen Jehovas und dem Parteiprogramm der Grünen. So wird das nichts mit den künstlich intelligenten Politik-Fachleuten….




Masoretisches, das Magnetfeld und fast Gaza

Tanach

Kennt jemand die Stadt Gat? Die Stadt lag auf dem Gebiet der Philister im Elahtal zwischen den Orten Gaza und Aschdod. Wie das Publikum wahrscheinlich weiß, kämpfte dort David gegen Goliath. (Falls hier Leute mitlesen, die sich für Palästinenser halten: Im Elahtal wurden Tonscherben mit hebräischer Schrift aus der Zeit um 1000 v. Chr. gefunden.)

Die Stadt Gat ist schon recht alt – sie wurde im 14. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung (Thutmosis, Echnaton, Tutanchamun usw., noch keine Ereignisse in Germanien) in den Amarna-Briefen erwähnt, die bekanntlich in der heute recht selten vorkommenden und auch mit Duolingo nicht erlernbaren akkadischen Keilschrift verfasst wurden.

Was es damit auf sich hat? Ich las zufällig einen Artikel der Jerusalem Post: „Israeli research uses Earth’s magnetic field to verify event in Bible’s Book of Kings“.
Using a “breakthrough” technology based on measuring the magnetic field recorded in burnt bricks, researchers at four Israeli universities have corroborated the occurrence of an event described in the Bible’s Second Book of Kings – the conquest of the Philistine city of Gath by Hazael, King of Aram.

Das ist eine ziemlich abgefahrene Sache. Die neue Methode basiert auf der Messung des Magnetfelds, das beim Brennen und Abkühlen des Ziegels aufgezeichnet und im Ziegel „eingesperrt“ wurde. „Der Ton, aus dem die Ziegel hergestellt wurden, enthält Millionen ferromagnetischer Partikel – Mineralien mit magnetischen Eigenschaften, die sich wie so viele winzige ‚Kompasse‘ oder Magnete verhalten… Man kann also aus Tonziegeln, die drei Jahrtausende alt sind, herausfinden, wann genau die ge- bzw. verbrannt wurden. Ich muss gestehen, dass ich die Details nicht vollständig kapiert habe…

Tanach
Das zweite Buch der Könige im Tanach: Hier werden Gat und Hasael, der König von Aram, erwähnt. Hasael eroberte Gat und griff anschließend Jerusalem an (in dem es damals noch keine Palästinenser gab)..

Und jetzt zum zweiten Zufall: Ich hatte mir das obige Buch gekauft (obwohl es das auch online im Volltext gibt). Ich lese lieber die Originaltexte als dass ich Zitierenden [sic] einfach so glaube. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit privatgelehrtenmäßig mit der Frage, ob es Posaunen vor Jericho gab, was vom angeblichen Reich Israel zur Zeit von David und Salomo existierte und was in den Quellen (Tanach, Bibel) ungefähr historisch so wahr ist wie das Nibelungenlied. Das ist eine Vorarbeit zu weiteren

ChatGPT: Der masoretische Text ist der standardisierte hebräische Text des Tanach, der hebräischen Bibel. Der Begriff „Masora“ leitet sich von einem hebräischen Wort ab, das „Überlieferung“ oder „Tradition“ bedeutet. Die masoretischen Texte wurden von jüdischen Gelehrten, bekannt als Masoreten, zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert entwickelt und bearbeitet.

Die Hauptaufgabe der Masoreten bestand darin, den hebräischen Text der Bibel zu bewahren und zu überliefern, indem sie die genaue Aussprache, Betonung und Rechtschreibung der hebräischen Wörter festhielten. Sie entwickelten eine komplexe Systematik von diakritischen Zeichen (Vokalpunkte und Betonungszeichen), die dem Text beigefügt wurden, um sicherzustellen, dass er korrekt gelesen und ausgesprochen wurde. Diese Zeichen sind als „Masora“ oder „Masoretische Noten“ bekannt.

Der masoretische Text ist die Grundlage für viele moderne Übersetzungen des Alten Testaments der Bibel und dient als Referenztext für diejenigen, die hebräische Bibelstudien betreiben. Er ist für die jüdische Überlieferung und die christliche Theologie von großer Bedeutung und hat dazu beigetragen, die Integrität und Genauigkeit des hebräischen Bibeltextes im Laufe der Jahrhunderte zu bewahren.

Die Gegend ist irgendwie seit dreieinhalbtausend Jahren für Kriege bekannt… Aber ich finde es sehr spannend, wenn Literatur historische Ereignisse speichert wie ein Bernstein irgendwelche Fliegen aus dem Pleistozän.

Lutherbibel
2. Buch Könige V. 18 der Lutherbibel von 1554 (Faksimile-Ausgabe des Originals)




Der Bauer ist sauer – Aufrufe zu Fantasien

fantasies of overthrow

„Es kursieren Aufrufe zu Umsturzphantasien„. Aufrufe zu Fantasien? Darf man keine Fantasie mehr haben? Was rauchen Habeck?

Wait a minute. Umsturzfantasien? Wurde die Linke reanimiert? Kommt jetzt doch die Diktatur des Proletariats? Droht ein Systemwechsel? Kapitalismus raus, Kommunismus rein?

Ich rufe übrigens nicht zur Mäßigung auf. Nehmt euch ein Beispiel an den Franzosen!




Her Nithart und junge Geile

neithart

Ich darf die Aufmerksamkeit des gelehrten Publikums auf den Codex Manesse richten, insbesondere auf Neidhart von Reuental, 13. Jahrhundert, mittelhochdeutsch, Liebhaber von Bauernmädchen, politisch reaktionär.

Kannst du mittelhochdeutsche Texte ins Neuhochdeutsche übersetzen?

ChatGPT: Ja, ich kann mittelhochdeutsche Texte ins Neuhochdeutsche übersetzen. Mittelhochdeutsch war die Form der deutschen Sprache, die etwa zwischen 1050 und 1350 gesprochen wurde. Es ist der Vorläufer des modernen Hochdeutschen, unterscheidet sich aber in Grammatik, Wortschatz und Aussprache.

neithart

Man fasst es nicht. Der Codex gehört zum Weltdokumentenerbe. Anthropologen der nächsten Jahrhunderte werden sich sich Gedanken machen müssen, warum um 21. Jahrhundert die protestantische Prüderie Wissenschaft und Forschung hemmten dergestalt, dass kostbare Ressourcen dafür verschwendet wurden, alles zu verbieten, was auch nur entfernt mit der geschlechtlichen Vermehrung zu tun hatte.

…mit den schonen húre do die ivngen waren geil – 800 Jahre später ist es nicht mehr erlaubt, so zu dichten und schreiben, wenn es nach der Künstlichen „Intelligenz“ geht.




Hóngshāo niúròu miàn mit ChatGPT

rindfleischsuppe

Ich wollte mir eine chinesische Nudelsuppe mit rot-geschmortem Rindfleisch zubereiten. Das ist mir nicht richtig gelungen, aber das Gericht schmeckte trotzdem nicht schlecht.

Es ist natürlich immer suboptimal, wenn man wichtige Zutaten vergisst einzukaufen. Ich musste also improvisieren. Vielleicht war das Rezept auch aus dem Mandarinischen zurückübersetzt; ich hätte das pädagogisch anders gestaltet.

1 kg Rindfleisch (ein bisschen durchwachsen) – wenn der Blutwurstritter mich nicht beraten hätte, hätte ich nicht gewusst, welches Teil vom toten Rind genau ich benötigte. „Durchwachsen“ heißt bei mir ohnehin, dass ich so viel wie möglich das Fett entferne. Dazu braucht es Messer, die ultrascharf sind, sonst fummelt man ewig herum und saut die halbe Küche ein. Zum Glück besitze ich eine Küchenmesserkollektion hart an der Grenze zum Verstoß gegen das Waffengesetz, die alles ruckzuck schneidet, was aufs Holzbrett kommt.

600 g Nudeln (chinesische Weizennudeln oder Ramen). Gab es im Supermarkt meines Vertrauens nicht oder nicht mehr. Ich laufe auch nicht wegen fehlender spezialexotischer Nudel extra in einen – obzwar nahe gelegenen – Asia-Markt.

Ich habe daher vorgekochte japanische Udon-Nudeln genommen. Auf der Packung steht nur die Anleitung, wie man die in der Mikrowelle heiß machen soll. So etwas kommt mir nicht in die Küche. Geraten: Eine Minute im Wok, zusammen mit allem anderen – das war genau richtig.

200 g Pakchoi oder Sojasprossen. Ich habe Pakchoi genommen. 200 Gramm halte ich aber für viel zu wenig; der schrumpelt in sich zusammen, wenn man ihn zubereitet, außer man äße ihn roh.
4 Zehen Knoblauch
1 cm langes Stück Ingwer. Lang? Ingwer kauft man doch in dreidimensionaler Form. Was soll denn das heißen? Ein Kubikzentimeter? Typisch unverständliches fucking manual.
3 Blätter Lorbeerblätter. Ich habe sechs genommen.
2 Sternanis. Ich wusste gar nicht, was das ist, also habe ich es auch nicht gekauft.
1 TL Fenchel. Den Fenchel hatte ich vergessen. ChatGPT sagte mir, Anis habe einen ähnlichen Geschmack wie Fenchel, aber Anis hatte ich auch nicht. Wenn ich weiter recherchiert hätte, wäre Kümmel, den ich immer vorrätig habe, vielleicht eine Option gewesen.
4 cm lange Zimtstange
1 Zwiebel
1 Stange Frühlingszwiebel. Bei mir heißen die Lauchzwiebel, und die gibt es nur als ganzes Bund. Meinen wie wirklich nur ein Stänglein? Ich habe sechs genommen, sie aber großzügig gekürzt.
1 Tomate. Mit Schale oder ohne? Ich machte mir die Mühe, die einsame Tomate zu blanchieren.
4 Würfel Kandiszucker. Wozu braucht man den sonst noch und wie oft? Geht nicht normaler Zucker oder Rohrzucker, den ich ohnehin hier habe?
1 EL Sojabohnenpaste-Scharf (oder scharfe Bohnen Sauce). Gab es nicht. Also habe ich improvisiert und Miso-Paste gekauft. Da sind auch Sojabohnen drin – oder vielleicht meint das Rezept auch eben das. Aber das könnte man besser erklären und dann sagen, wenn man es meint.
3 EL helle Sojasauce
1 EL dunkele Sojasauce
3 EL Pflanzenöl
1,5 TL Salz (nach Bedarf). Ich würde gar kein Salz nehmen, da die Sojasaucen schon salzig genug schmecken.
1,5-2 l kochendes Wasser. Das ist definitiv falsch und zu viel. Ein Liter reicht völlig aus.

Dummerweise hatte ich auch nicht genau hingeschaut. Im Rezept taucht plötzlich und unerwartet ein Schnellkochtopf auf, den ich aber nicht besitze. Die künstliche Intelligenz meinte, in einem normalen Topf dauerte der Kochvorgang ungefähr doppelt so lange. Das ist korrekt: Statt 30 Minuten habe ich das Fleisch eine Stunde kochen lassen – in meinem Wok, in dem ich auch die Gewürze usw. zubereitet hatte, mit Deckel. Nach 45 Minuten war das würfelförmig klein geschnittene tote Tier noch nicht durch. Also sind 60 Minuten angemessen.

Auch mein Pakchoi gefiel mir nicht. Im Nudelwasser kochen: Igitt. Vielleicht muss ich noch üben, aber nach dem Blanchieren sieht Salat bei mir immer so schlabberig aus, als hätte ich ihn voller Hass erwürgt und anschließend ertränkt. Beim Pakchoi muss man die Blätter zwei und der zerhäckselten Strunk vier Minuten ins kochende Wasser tauchen – und dann ab ins Eisbad. Ich hatte den vermutlich zu klein geschnitten, oder er muss eine Millisekunde vor dem Servieren erst zubereitet worden sein, um noch knackig zu sein.

Ich fürchtete das Schlimmste, zumal ich auch noch bei der hellen Sojasauce versehentlich zu viel in den Wok gekippt hatte. Aber es war einigermaßen lecker. Die Suppe schmeckte aber nicht chinesisch sehr exotisch.

Dafür war der Nachtisch um so köstlicher. Ich habe jetzt mein im Freundes- und Arbeitskollegenkreis berühmtes Rezept für Käsekuchen variiert.

180 g Mehl
1 TL Backpulver – das ist eine halbes Tütchen.
100 g Zucker
60 g Butter (Joghurtbutter). Ich habe normale Butter genommen.
500 g Quark (Magerquark). Unsinn. Ich esse doch keinen Käse-Obstkuchen mit Sahne mit Magerquark. Der muss fett sein!
2 Ei(er)
1 Puddingpulver (Vanille)
800 g Früchte / Obst nach Wahl. Meine Wahl waren Heidelbeeren, Himbeeren und Brombeeren. Da ich aber zu wenig gekauft hatte, zerstückelte ich noch eine Banane (insgesamt waren es nur rund 700 Gramm).

Und natürlich nahm ich auch keine viereckige Kuchenform, sondern eine ganz normale runde Springform. Wer isst denn viereckigen Kuchen? Außer man hat davon ein Blech in der Größe eine Fußballfelds?

Der Käsekuchen mit Obst schmeckt mir sogar noch besser als der ohne. Selbstredend muss da ein fetter Klacks Sahne drauf. Wir sind ja nicht bei schmallippigen asketischen Veganikern, sondern bei Lustmolchen!

Käsekuchen




Iglesia de Guadalupe

 Iglesia de Guadalupe

Iglesia de Guadalupe, Calle de la Calzada, Granada, Nicaragua, fotografiert Mitte Dezember 1981.

Die Kirche, eine der ältesten in Nicaragua, hat eine bewegte Geschichte.

Am 22. November 1856 begann die die Zerstörung Granadas („quema de Granada“). Piraten unter dem Anführer Charles Frederick Henningsen, einem Söldner, brannten auf Befehl William Walkers die Stadt vollständig nieder.

Nachdem wir die Kirche von Guadalupe betreten und eingeschlossen hatten, fanden wir zwanzig Leichen der hessischen Pioniere und Green’s-Schützen, unbegraben; einer war verkohlt und hatte die Hände auf dem Rücken gefesselt, was die von Kapitän Hesse zu sein schien; zehn oder zwölf unbegrabene Leichen und etwa dreißig Gräber des Feindes, nur wenige Zentimeter Erde bedeckt, alle bei dem Angriff vom Vortag getötet. Mehrere unserer Kranken und Verwundeten starben. Unsere Grabwerkzeuge, das heißt vier Spitzhacken und zwölf Hacken, wurden verwendet, um letztere zu begraben und die Gräben von Fort Henry zu bauen, so dass uns etwa sechzig verwesende Leichen neben uns in einem äußerst giftigen und abstoßenden Gestank einhüllten. Wir hatten Mehl für mehrere Tage und reichlich Kaffee, und ich hatte sofort das Bedürfnis, unsere Maultiere und Pferde zu zerlegen, um sie zu verzehren. Heute (Samstag) verteilen wir die ersten Rationen Pferdefleisch. (Henningsen laut Alejandro Bolaños Geyer)

Mehr Fotos aus und ein ausführlicher Text über Granada: Granada – die fette Rosine (15.09.2012).




Bauern im Klassenkampf

Bauern im Klassenkampf

Bauern! Ich habe in meiner Bibliothek nachgeschaut, ob ich Begleitliteratur für Euch habe. Ich wurde fündig! Etwas zerlesen, aber immer noch gültig! (Damals studierten linksradikale Studenten freiwillig auch am Wochenende.)

Vorwärts und nicht vergessen: „Die Geschichte aller bisherigen Bauern ist die Geschichte von Bauernkämpfen“!




Unter intrinsisch Motivierten

duolingo




Justizreform jetzt!

Justiz

Deutschland braucht viel dringender als Israel eine Justizreform.

Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hat die Abschaffung des Weisungsrechts durch Justizminister von Bund und Ländern gefordert. Der Europäische Gerichtshof mahne dies schon länger an, in vielen europäischen Ländern gebe es dieses Durchgriffsrecht auf konkrete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften nicht, hieß es.

Die deutsche Staatsanwaltschaft darf noch nicht einmal einen europäischen Haftbefehl ausstellen, weil das nur einer unabhängigen Justiz erlaubt ist.

Unfassbare Zustände! (ChatGPT gab eine ausführliche Antwort, woher die Weisungsbefugnis historisch stammt.)




Wir gründen eine Partei

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Parteigründung in den USA (Symbolbld)

Parteien werden gegründet, allüberall. Das nimmt ja überhand. Die Wagenknechte wurden erwartet. Jetzt will auch noch Maaßen mit seiner „Werteunion“ antreten. Das Bündnis Deutschland gibt es schon.

Ich konnte nicht umhin, die Künstliche Intelligenz zu bitten, das Thema zu illustrieren.

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Ich bin mir nicht sicher, wie langfristig der Trend ist. Wir hatten das schon einmal 1968 und später mit den „Republikanern“, die spurlos verschwunden sind. Die „Rechten“ waren immer Sammlungsbewegungen und Dauerquerulanten, ließen sich also nicht auf ein klares Programm zurechtstutzen. Gescheitert sind sie alle.

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Natürlich haben mehrere Parteien rechts von der CDU keine Chance, eine nennenswerte Zahl von Wählern zu gewinnen. Sie sprechen ohnehin die besorgten Mittelklassen an und nicht die breite Mehrheit der Arbeiterklasse.

Es könnte so kommen wie in Frankreich. Die klassische bürgerliche Rechte, die als Gaullismus unterwegs war, ist zerfasert; die ehemals starke kommunistische Linke völlig am Ende. Die Zeit der „Volksparteien“ scheint also vorbei. Es kommen die Populisten, die sich nicht auf das bekannte „Rechts-Links-Schema“ festlegen lassen. An der Klassenherrschaft der Bourgeoisie ändert das gar nichts, nur an ihrer ideologischen Legitimation.

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Linke Führerinnen-Partei (Symbolbild)

Ein Grund wird sicher sein, dass „Inhalte“ heute nicht mehr automatisch über Milieus vermittelt und tradiert werden, sondern über (soziale) Medien inklusive das Internet. Das macht politische Meinungen nicht instabiler, da man eh nur das sucht und rezipiert, was man sowieso denkt. Aber mehr Kandidaten machen sich Hoffnung, medial präsent zu sein und eine Projektionsfläche für Enttäuschte zu werden.

Aber alle wildern in dem selben Milieu, nur Wagenknecht nicht, die auch die ehemaligen Linken, vor allem im Beitrittsgebiet, anspricht. Aber das sind nicht mehr so viele wie vor zwei Jahrzehnten.

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Rechtspopulistische Partei (Symbolbild)

Apropos: Die „Linke“ will alle Antisemiten „verwundete Palästinenser“ aus Gaza auch nach Deutschland bringen. Warum nicht gleich allen überlebenden Hamas-Anhängern politisches Asyl anbieten oder die deutsche Staatsangehörigkeit?




Unter Wartenden

notaufnahme

Das Publikum wies schon darauf hin: „In der Rettungsstelle des Krankenhauses Lichtenberg wurde ein Arzt niedergeschlagen und ein Krankenpfleger angegriffen.“ So eine Situation war sechs Jahre lang mein „täglich Brot“. Mit uns wäre das aber nicht passiert. Die westasiatischen Herren wären gar nicht erst hineingekommen oder wären, weil man das als Security im Gefühl hat, wer ein potentieller Störer ist, ständig beobachtet worden.

Warum gibt es in Lichtenberg keine Security? Wenn nicht, lernen die das jetzt auf die harte Tour. Welche Firma wird genommen, wenn man eine beauftragt? Die billigste. Das heißt: Die Security nimmt dann Reißaus, wenn es hart auf hart kommt. Das wollen Berliner Journalisten aber weder wissen noch recherchieren.