Panta rhei

avatar
Mein Avatar in Second Life denkt gerade über etwas nach. Es ist heiß, weil Wüste, und windig, weil Sandsturm. Eigene Sim, alles selbst gebaut (Screenshot von heute).

Diesen Beitrag bitte nicht lesen. Er ist nur für mich selbst. Das Blog dient auch als digitales Tagebuch, immerhin schon seit dem 01.03.2003. Wenn ich also in alten Beiträgen herum“blättere“, fällt mir so Einiges wieder ein. Was ist seitdem nicht alles passiert! Und die virtuellen Ereignisse behalte ich genauso gut.

Ich schrieb am 27.06.2008: „Nur die eingefleischten Stammleser (eine Hand voll?) werden sich für meine Traktate über Second Life interessieren. (Wer das langweilig findet: Geht doch woanders hin!).“

Nach meiner Geburt in Secondlife am 25.01.2007 habe ich zunächst nur gechattet oder Ausstellungen organisiert oder bin mit virtuellen Fahrzeugen herumgebrettert.

Second Life
Screenshot vom November 2008 – mein Avatar bei der investigativen Recherche (Social Engineering).

Gosh – the memories! Einige Qualitätsmedien waren 2008 noch in Secondlife – wie etwa die BBC. Es gab Misswahlen, über die BILD berichtete, und es gab schon die ersten Sexcam-Angebote. Ich flog mit steampunkigen Fluggeräten herum und amüsierte mich.

Der erste virtuelle Bankencrash ließ nicht lange warten. Ich verdiente Geld mit Artikeln darüber. (Ich behaupte, dass ich der einzige Mensch auf der Welt bin, der einen Screenshot von der Wirecard Bank in Secondlife hat.

Ähm. Räusper. Das wird schnell langweilig, auch der Pixelsex, den damals, als die Avatare nur so vom virtuellen Himmel regneten, weil große Medien berichteten, jeder ausprobiert hat. Ich aber beschloss, dort irgendwie Geld zu verdienen. Ich hatte gerade real geheiratet und meine Frau studierte.

Striptease

Also kaufte ich von einem Freund (hallo, M.!) einen virtuellen Puff (vgl. Screenshot oben), mit dem ich ein paar Monate Lindendollar einnahm (die man wieder in reales Geld umtauschen kann). Wie? Ich lebte vom virtuellen Verkauf virtueller Penisse und Vaginae, weil der Avatar ab Werk so etwas nicht hat, aber sich in einem virtuellen Puff irgendwie unvollständig vorkommt. Die Geschlechtsteile hingen kundenfreundlich an der Wand zum Kauf. („Welche Berufe haben Sie bisher ausgeübt?“ „Pimmelverkäufer“. „Wir melden uns“.) Das hat jetzt hoffentlich niemand gelesen.

Oh, sich sehe gerade, dass Trinity offenbar den Abgang gemacht hat – das schon vor zwei Jahren. Mit Ansage: Sex war dort verboten. Ich hatte damals einen Artikel geschrieben. Auch Exit Reality ist offline. Witzig, dass ich das als Avatar ausprobiert habe. Noch jemand außer mir? Hallo?

Space
Bevor ich das virtuelle Rollenspiel und Gor entdeckte, saß ich am liebsten in virtuellen Raumschiffen, die ich selbst steuern konnte – wie hier im November 2008. Das besitze ich noch – und es fliegt noch immer. Oder ich reiste stilvoll zum Mond. (Das Tannhauser Gate vom Oktober 2017 – also neun Jahre nach meinem ersten virtuellen Mondflug – ist aber nicht zu toppen.)

Im Oktober 2008 geriet ich zufällig in eine merkwürdige Veranstaltung. Nackte Frauen mit Halsbändern auf Knien zum Verkauf. WTF? (Das musste ich mit einem Kirchenbesuch und mit einem Artikel im Rheinischen Merkur und auf Telepolis kompensieren.)

Die spätkarolingische Georgskirche in Second Life 2009

Am 23.12.2008 war es dann soweit: „Burks Goes Gor“. Fantasy-Rollenspiel also. Zu Anfang schrieb ich viel dummes Zeug, weil ich keine Ahnung und keinen Plan hatte. Auch inworld muss man mich für total blöd gehalten haben, weil ich dort keinen blassen Schimmer von den Spielregeln hatte.

„Eine der größten Communities in Second Life und gleichzeitig eine, die sich hermetisch von gewöhnlichen Nutzern abschottet, sind die „Goreaner„. In „Gor“ findet ein kompliziertes und oft sexuell konnotiertes Rollenspiel statt: „Gor, the Counter-Earth, is the alternate-world setting for John Norman’s Chronicles of Gor, a series of twenty six novels that combine philosophy, erotica and science fiction.“ Wer mehr Informationen will, lese zum Beispiel den Wikipedia-Eintrag über Kajira („The phrase „la kajira“ is said to mean „I am a slave-girl“ in the Gorean language“) oder über „Male domination„. („Male dominance, or maledom, refers to BDSM activities where the dominant partner is male.“)

Es handelt sich also auf den ersten Blick um ein pseudo-mittelalterliches Fantasy-Rollenspiel anhand vorgegebener Trivialromane (deren Inhalt als bekannt vorausgesetzt wird, um überhaupt teilnehmen zu können). “

gorean Tharlarion
Ende 2008 traute ich mich zum ersten Mal, die ortsüblichen virtuellen Tierchen zu reiten.

Nach einer mehrmonatigen Pause aus privaten Gründen (u.a. der Scheidung) ging es im November 2009 weiter.

Vor zehn Jahren hatte ich zum ersten Mal eine eigene Sim – Tancred’s Landing genannt. Die gibt es heute immer noch, sieht aber ganz anders aus – und ich bin da nie.

Avatar Gor
Februar 2010

Dann fingen andere Leute an, mich mit dem Bauen von Sims zu beautragen – für rund 100-300 Dollar macht man das, aber der Stundenlohn ist eigentlich lächerlich (und noch eine, Oktober 2017).

Dadurch wird man aber bekannt. Und schon gab es die ersten Filme über das, was man gebaut hat… Wie ein Insekt im Bernstein noch zu sehen, obwohl alles schon im virtuellen Nirwana ist und die Frau, die den Film produziert hat, im realen Leben gestorben ist.

Panta rhei. Genauso wie die virtuelle Steinzeit oder der Zwinger.

avatar
Jemand hatte sich im Februar 2012 die Mühe gemacht und von meinem Avatar in Gor (Second Life) eine Art Bleistiftzeichnung angefertigt;. Damals war ich gerade Administrator einer Sim geworden und gehörte damit zur virtuell herrschenden Klasse. Auch die Tiere wurden immer dicker.

Die schönste Sim, die ich jemals gebaut habe (es waren sogar drei), war Kasra. Auch die gibt es nur noch bei Youtube.

kool door
So sieht es aus, wenn man eine Sim in Secondlife verwaltet und die Türen (hier: 131) ein Update bekommen (müssen)… Das kann einem schon den Schweiß auf die Stirn treiben. (31.03.2016)

Was habe ich nicht alles für virtuelle Dramen erlebt! Leute, die sich im Chat verfluchen und pausenlos beschimpfen. Admins, die Avatare gleich reihenweise von Sims verbannen. Zahlreiche Mordversuche und Attentate auf meine Avatar. (Gut, ich habe auch ein halbes Dutzend Leute virtuell umbringen lassen Meine angeheuerten Killer waren immer erfolgreich.) Überfälle auf und Belagerung von Städten, nur weil mein Avatar sich dort aufhielt. Mehrstündige heftige Schlachten, bis sich einem der Zeigefinger vom Mausklicken verkrampfte. Irgendwie schmeichelt es einem auch, wenn die virtuelle Präsenz andere Leute so aufregt.

Ich muss jetzt Aufhören mit dem „Herumblättern“ und Stöbern. Ich habe auch noch fast 5000 Screenshots aus Second Life seit 2007… Nein, die poste ich hier nicht.

Karawanenführer
Die virtuellen Karawanenführer können sich virtuell nicht über den virtuellen Weg zu einer virtuellen Oase einigen. (Mai 2023)